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VfGH vom 29.06.2017, E875/2017 ua

VfGH vom 29.06.2017, E875/2017 ua

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer dritten Piste für den Flughafen Wien-Schwechat wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage; Einbeziehung des umfassenden Umweltschutzes bei der Interpretation und Bewertung der nach dem Luftfahrtgesetz wahrzunehmenden öffentlichen Interessen zwar geboten; jedoch kein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen; fehlerhafte Feststellungen betreffend die Zunahme der CO2-Emissionen; willkürliche Heranziehung nicht unmittelbar anwendbarer Rechtsquellen bzw einfachgesetzlicher, für Emissionen durch Luftfahrzeuge nicht anwendbarer Vorschriften für die Bewertung der festgestellten Emissionen; grobe Verkennung der Rechtslage durch Miteinbeziehung der Interessen "Klimaschutz" und "Bodeninanspruchnahme" in die Interessenabwägung

Spruch

I.Die beschwerdeführenden Parteien sind durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II.Das Land Niederösterreich ist schuldig, der erstbeschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.Mit Schriftsatz vom beantragten die Flughafen Wien AG (in der Folge: erstbeschwerdeführende Partei) die Genehmigung für das Vorhaben "Parallelpiste 11R/29L" und das Land Niederösterreich (in der Folge: zweitbeschwerdeführende Partei) die Genehmigung für den Vorhabensbestandteil "Verlegung der Landesstraße B10" gemäß § 5 des Bundesgesetzes über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000UVP-G 2000), BGBl 697/1993 idF BGBl I 77/2012.

2.Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde den beschwerdeführenden Parteien (unter dem Vorbehalt umfangreicher Auflagen, Bedingungen, Befristungen und sonstiger Nebenbestimmungen) die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens "Parallelpiste 11R/29L" sowie des Vorhabensbestandteiles "Verlegung der Landesstraße B10" erteilt. Dagegen wurden Berufungen (nunmehr Beschwerden) an den (damals zuständigen) Umweltsenat erhoben. Mit Erkenntnis vom wies das (nunmehr zuständige) Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden des W. P. und der U. W. sowie die Anträge auf Löschung der Sicherheitszone im Grundbuch zurück und gab den sonstigen im Verfahren gestellten Anträgen der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht Folge (Spruchpunkt A)). Gleichzeitig wies es den Antrag der nunmehr beschwerdeführenden Parteien auf Genehmigung der Errichtung und des Betriebes des Vorhabens "Parallelpiste 11R/29L" samt "Verlegung der Landesstraße B10" ab (Spruchpunkt B)) und sprach aus, dass die Revision gegen die Spruchpunkte A) und B) nicht zulässig sei (Spruchpunkt C)).

3.Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Spruchpunktes B) des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Aufhebung des gesamten angefochtenen Erkenntnisses, beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

3.1.Das Bundesverwaltungsgericht habe § 71 des Bundesgesetzes vom über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz – LFG), BGBl 253 idF BGBl I 83/2008, denkunmöglich angewendet:

3.1.1.Das Bundesverwaltungsgericht meine, Ermessen zu üben, obwohl § 71 LFG gar keine Ermessensübung normiere, sondern eine bindende Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde bzw. des Verwaltungsgerichtes vorsehe. Die genannte Bestimmung entspreche traditionellem konditionalem Verwaltungsrecht. Die Behörde habe nach dem Gesetz (§71 Abs 1 und 2 leg.cit.) zu prüfen, ob die positiven Voraussetzungen vorliegen und ob die negativen Tatbestandselemente nicht vorliegen würden. Für eine Ermessensübung – insbesondere dahingehend, welche öffentlichen Interessen dabei zu berücksichtigen oder dass und wie diese zu gewichten seien – bleibe kein Raum. Diese Auslegung werde insofern auch durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt, als dieser zu den strukturell dem § 71 Abs 1 LFG sehr ähnlich gelagerten § 17 Abs 2 des Bundesgesetzes vom , mit dem das Forstwesen geregelt wird (Forstgesetz 1975 – in der Folge: ForstG), BGBl 440 idF BGBl I 59/2002, und zu § 12 Abs 7 des Bundesgesetzes über die Waffenpolizei (Waffengesetz 1996 – WaffG), BGBl I 12/1997 idF BGBl I 161/2013, ausgesprochen habe, dass diese gerade kein Ermessen einräumen würden (; , 97/10/0036; , 95/10/0147).

3.1.2.Das Bundesverwaltungsgericht nehme eine Interessenabwägung vor, obwohl dafür nach dem eindeutigen Wortlaut des § 71 LFG kein Raum bestehe (eine Interessenabwägung sei zB in § 17 Abs 3 ForstG normiert, in dem auf ein "Überwiegen" von bestimmten Interessen abgestellt werde). Es habe die Rechtslage schon insofern verkannt, als es zwei streng voneinander zu unterscheidende Rechtsinstitute – Ermessen iSd Art 130 Abs 3 B-VG einerseits und Interessenabwägung andererseits – vermischt habe.

3.1.3.Das Bundesverwaltungsgericht wende § 71 Abs 1 litd LFG denkunmöglich an (und unterstelle der genannten Norm einen verfassungswidrigen Inhalt), indem es den Klimaschutz und die Bodeninanspruchnahme unter das Tatbestandselement "sonstige öffentliche Interessen" subsumiere. Für eine am Legalitätsprinzip des Art 18 B-VG orientierte Rechtsordnung könne die Festlegung der zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen und ihre Gewichtung nicht der Selbstbestimmung der Verwaltungsorgane bzw. Verwaltungsgerichte überlassen sein, sondern es müssten die Kriterien für die Interessengewichtung aus dem Gesetz abgeleitet werden können. Seien solche Gewichtungskriterien in einem Materiengesetz (wie dem LFG) nicht – auch nicht dem Grunde nach – vorgezeichnet, sei das Handeln einer Behörde bzw. eines Verwaltungsgerichtes in einem entscheidenden Punkt gesetzlich nicht ausreichend vorherbestimmt. Abwägungsklauseln ohne Abgrenzung der zu berücksichtigenden Interessen und ohne Kriterien für deren Gewichtung würden sich als nach Art 18 B-VG bedenklich erweisen. Das LFG – insbesondere dessen § 71 Abs 1 litd – lasse sich vor diesem Hintergrund ohne Probleme verfassungskonform auslegen. Durch systematische Interpretation ließen sich die "sonstigen öffentlichen Interessen" in nachvollziehbarer Weise determinieren und dadurch die Übereinstimmung mit dem rechtsstaatlichen Grundprinzip gewährleisten. Aus dem Wort "sonstig" sei zu schließen, dass als andere als die in den lita bis c des § 71 Abs 1 leg.cit. angeführten öffentlichen Interessen nur solche zu berücksichtigen seien, die nach dem LFG wahrzunehmen seien. Maßgeblich könnten nicht irgendwelche (wie immer geschöpften) Gesichtspunkte als "sonstige öffentliche Interessen" sein, sondern nur Gesichtspunkte, die der Luftfahrtbehörde aufgegeben seien. Nur so lasse sich die völlige Unbestimmtheit des § 71 (insbesondere dessen Abs 1 litd) leg.cit. vermeiden. Genau diesen Weg beschreite auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis VwSlg. 7913 A/1970, aus dem sich eine ständige Rechtsprechung entwickelt habe (vgl. ; , 2007/03/0181; , 2010/03/0110), der sich auch der Verfassungsgerichtshof angeschlossen habe (vgl. VfSlg 12.465/1990).

Aus der verfassungsrechtlich gebotenen Einschränkung der wahrzunehmenden Interessen auf jene, die nach dem LFG wahrzunehmen seien, folge, dass weder der Klimaschutz noch der Bodenverbrauch als "sonstige öffentliche Interessen" iSd § 71 Abs 1 litd leg.cit. herangezogen werden könnten. Im geltenden LFG finde sich nicht der geringste Hinweis darauf, dass der Luftfahrtbehörde – bzw. im Anwendungsbereich des UVP-G 2000 der UVP-Behörde – Klimaschutz oder Bodeninanspruchnahme in irgendeiner Weise als Vollzugsaufgaben oder auch nur als relevante Gesichtspunkte gesetzlich vorgegeben wären. Es sei vielmehr unzweifelhaft, dass der Klimaschutz und die Minimierung von Bodeninanspruchnahme keine Aufgabe der Luftfahrtbehörde seien.

Entgegen der verfassungsrechtlich gebotenen Interpretation verstehe das Bundesverwaltungsgericht diese Bestimmung im angefochtenen Erkenntnis als Auffangbecken für gesetzlich nicht näher determinierte Wertungen und Abwägungen jedweder Art. Es weiche daher mit seinem Erkenntnis nicht nur ohne Begründung von einer ständigen Rechtsprechung ab (was zugleich als willkürliches Verhalten qualifiziert werden könnte), sondern interpretiere die Bestimmung auch in verfassungswidriger und damit denkunmöglicher Weise.

3.1.4.§71 Abs 1 litd LFG lasse sich nach Meinung der beschwerdeführenden Parteien problemlos verfassungskonform auslegen. Sollte die genannte Norm den ihr vom Bundesverwaltungsgericht unterstellten, in höchstem Maße unbestimmten Inhalt haben, verstieße sie gegen das verfassungsgesetzliche Legalitätsprinzip und sei verfassungswidrig.

3.2.Da sich die Vertragsparteien des Übereinkommens von Paris in der Folgekonferenz in Marokko nicht auf konkrete Maßnahmen einigen hätten können und da das nationale Bundesgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz (Klimaschutzgesetz – KSG), BGBl I 106/2011 idF BGBl I 128/2015, nur zur Befassung von Kommissionen, aber nicht zu Maßnahmen führe, wolle nun das Bundesverwaltungsgericht die Initiative ergreifen und sowohl die nationale und internationale Politik als auch die verschiedenen nationalen und internationalen Gesetzgeber überholen (Phänomene der "Ungeduld des Interpreten" bzw. der "Unzufriedenheit des Rechtsanwenders mit dem Gesetz").

Wenn man Auslegungsspielräume, Interessenabwägungen und Ermessensentscheidungen in einem derart uferlosen und nicht näher determinierten Umfang und ohne Abwägungskriterien zuließe, so wäre dies mit den Grundsätzen der demokratischen Staatsorganisation Österreichs unvereinbar. In diesem System sei es die Aufgabe der demokratisch legitimierten Gesetzgebung, Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Minimierung des Bodenverbrauches festzulegen. Solange die zuständige Gesetzgebung in diesen Zusammenhängen keine Festsetzungen getroffen habe, sei es nicht die Befugnis der Verwaltung oder der Gerichte, im Einzelfall rechtssetzend tätig zu werden. Hinzu komme, dass Gerichte auch nicht mittelbar demokratisch legitimiert seien und auch keiner politischen Verantwortung unterliegen würden.

Das angefochtene Erkenntnis habe den Entscheidungsspielraum verlassen, der der Verwaltung bzw. den Gerichten in einer demokratischen Staatsorganisation zukomme.

Aufgabe der Verwaltung und der Verwaltungsgerichte sei es, den gemäß Art 1 B-VG demokratisch in Gestalt der Gesetze erzeugten Volkswillen zu vollziehen. Aus dem Legalitätsprinzip folge außerdem die Bindung der Verwaltung und der Verwaltungsgerichte an die Gesetze. Ein Handeln sei nur auf Grund des Gesetzes erlaubt. Dementsprechend müsse jedes Handeln des Staates auf ein Gesetz zurückgeführt werden können, womit gewährleistete sei, dass jede Ausprägung der Staatsgewalt demokratisch legitimiert sei. Ein Agieren im rechtsfreien Raum – so wie im vorliegenden Fall – sei dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt.

3.3.Bei den beiden im angefochtenen Erkenntnis angeführten internationalen Abkommen – dem Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen samt Anlagen (in der Folge: Kyoto-Protokoll), BGBl III 89/2005, und dem Übereinkommen von Paris, BGBl III 197/2016 – handle es sich um nicht unmittelbar anwendbare Abkommen. Diese würden umfangreiche, auf die Lastenverteilung ausgerichtete politische Prozesse in den beteiligten Staaten verlangen. Der Verwaltungsgerichtshof habe daher zutreffend festgestellt, aus dem Kyoto-Protokoll könne nicht abgeleitet werden, dass Projekte, die eine gewisse Erhöhung der Emissionen vom klimarelevanten Gasen bewirken würden, nicht zulässig wären (). Nichts anderes könne für das Übereinkommen von Paris gelten. Es bedürfe erst politischer Entscheidungen und gesetzgeberischer Akte.

Für den vorliegenden Fall komme noch hinzu, dass die internationale Luftfahrt von der Anwendbarkeit des Kyoto-Protokolls ausdrücklich ausgenommen und im Übereinkommen von Paris nicht erwähnt sei.

Entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes solle auf Grund der internationalen Vereinbarungen (einschließlich des Kyoto-Protokolls und des Übereinkommens von Paris) nicht etwa der Flugverkehr beschränkt, sondern im Zeitraum von 2020 bis 2035 ein klimaneutrales Wachstum der Luftfahrt sichergestellt werden. Zu diesem Schluss wäre das Bundesverwaltungsgericht gekommen, hätte es "CORSIA" (Beschluss eines globalen marktbasierten Systems zur Reduktion von CO2-Emissionen der internationalen Luftfahrt durch die International Civil Aviation Organization [ICAO] auf Grundlage einer Resolution der Generalversammlung) seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Außerdem lasse das Bundesverwaltungsgericht auch die Verordnung (EU) 1315/2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr 661/2010/EU (in der Folge: TEN-V-VO), ABl. 2013 L 348, 1, sowie das Weißbuch der Europäischen Kommission "Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem" (in der Folge: Weißbuch Verkehr), KOM (2011) 144 endg., und die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "Eine Luftfahrtstrategie für Europa" (in der Folge: Luftfahrtstrategie für Europa), KOM (2015) 0598 endg., völlig außer Acht. In Anhang II der TEN-V-VO werde der Flughafen Wien-Schwechat als einer der Hauptflughäfen des europäischen Kernnetzes gelistet. Diesem komme somit u.a. die Aufgabe zu, die wachsende Mobilität zu bewältigen, einen hohen Sicherheitsstandard zu gewährleisten und ein CO2-armes Verkehrssystem aufzubauen. Im Weißbuch Verkehr finde sich die Aussage, dass die Einschränkung der Mobilität keine Option sei. Weiters werde dort explizit darauf hingewiesen, dass im Luftverkehr die Steigerung der Effizienz der Flugzeuge und des Flugverkehrsmanagements angestrebt werden müsse. In der Luftfahrtstrategie für Europa werde dieser Gedanke weiter gesponnen und ausgeführt, dass die größte Herausforderung im Hinblick auf das Wachstum der europäischen Zivilluftfahrt die Verringerung der Kapazitäts- und Effizienzengpässe sei, die das Potential der europäischen Luftfahrtbranche für nachhaltiges Wachstum und internationale Wettbewerbsfähigkeit stark einschränke und zu Überlastung, Verspätungen und steigenden Kosten führen würde. Eine ineffiziente Nutzung des Luftraumes verursache höhere Preise und Verspätungen für Flugreisende sowie einen höheren Kraftstoffverbrauch und höhere CO2-Emissionen für die Betreiber. Außerdem behindere sie die Bemühungen um einen besseren Umweltschutz.

Eine Optimierung und Erhöhung der Flughafenkapazitäten sei daher erklärtes Ziel der Europäischen Union, nicht nur, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sondern auch, um die CO2-Emissionen zu reduzieren und den Umweltschutz zu verbessern.

Das Bundesverwaltungsgericht habe das Kyoto-Protokoll und das Übereinkommen von Paris fälschlicherweise auf die Luftfahrt angewendet und die stattdessen maßgeblichen internationalen Rechtsgrundlagen und Programme – insbesondere das System "CORSIA" – zu Unrecht nicht einmal erwähnt. Dieses unrichtige und unvollständige Heranziehen internationaler Rechtsgrundlagen sei – in die Verfassungssphäre reichend – qualifiziert rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht werde durch seine Annahmen selbst "gesetzgeberisch" tätig und verstoße damit gegen das Legalitätsprinzip, das Gewaltenteilungsprinzip und Art 50 B-VG.

3.4.Das Bundesverwaltungsgericht habe das KSG denkunmöglich mitangewendet und das Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011 – EZG 2011), BGBl 118 idF BGBl I 128/2015, außer Acht gelassen:

3.4.1.Das Bundesverwaltungsgericht stütze sich im angefochtenen Erkenntnis u.a. auf das KSG, obwohl dieses in Genehmigungsverfahren ganz generell nicht herangezogen werden dürfe und auf den vorliegenden Fall (für den Zeitraum nach dem Jahr 2020 und auf CO2-Emissionen der zivilen Luftfahrt) gar nicht anwendbar sei. Beim KSG handle es sich um ein Programmgesetz ohne Außenwirkung, das lediglich den Startschuss für einen politischen Planungsprozess bilde. Der zentrale Satz des Gesetzes (§3 Abs 2 leg.cit.) bestimme lediglich, dass auf politischer Ebene "Verhandlungen zu führen" seien. In den Materialien werde klargestellt, dass die auf dieser Grundlage künftig erstellten Vorschläge (Aufteilung auf Sektoren) erst eines weiteren Gesetzes bedürften (ErläutRV 1456 BlgNR 25. GP, 11). Damit habe das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage in besonderem Maße verkannt und das KSG in denkunmöglicher Weise angewendet.

Die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit dem KSG seien zudem unvollständig, weil sie nur erste Schritte bis etwa Mitte 2016 erfassen würden, das "Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie" der Bundesregierung und darauf aufbauende Prozesse aber völlig außer Acht gelassen hätten. Das Ermittlungsverfahren sei somit in willkürlicher Weise unvollständig geblieben, weil nicht einmal die Planungsschritte auf der Grundlage des KSG ordnungsgemäß erhoben worden seien. Zudem werde im angefochtenen Erkenntnis seitenlang ein einziger, nicht nachvollziehbar ausgewählter Ministerratsbeschluss aus dem Oktober 2012 erörtert, der überhaupt nichts mit dem Verfahrens- und Entscheidungsgegenstand zu tun habe, sondern der Startschuss für weitere politische Ideenfindungen und Arbeitsprozesse gewesen sei.

Das KSG habe ein "Ablaufdatum". Es regle die politisch anzustrebenden jährlichen Höchstmengen von Treibhausgasemissionen nur für den Zeitraum bis 2020. Für das Vorhaben könne jedoch antragsgemäß nur ein Zeitraum nach 2025 (tatsächlich erst nach 2030) maßgeblich sein, weil es frühestens dann in Betrieb gehen könne. Das KSG könne daher für dieses Vorhaben keinerlei Relevanz haben.

Vor allem sei das KSG auf die CO2-Emissionen des zivilen Flugverkehrs (auch sachlich) gar nicht anwendbar, was sich – sogar explizit – aus der Anlage 2 zum KSG ergebe. Das verstehe sich schon deshalb von selbst, weil der zivile Flugverkehr auf Grund internationaler und nationaler Rechtsvorschriften nicht dem Klimaschutzregime, sondern dem Emissionszertifikateregime unterliege und diese beiden Rechtsbereiche einander ausschließen würden. Unionsrechtliche Grundlage des KSG sei die Entscheidung 406/2009/EG über die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen mit Blick auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Gemeinschaft zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 (in der Folge: Effort-Sharing-Decision), ABl. 2009 L 140, 136, nach der die Treibhausgasemissionen all jener Sektoren, die nicht dem Emissionszertifikatehandel unterliegen würden, in den Jahren 2013 bis 2020 reduziert werden sollten. Da die CO2-Emissionen des Luftverkehrs dem Emissionszertifikatehandel unterliegen würden, fielen diese nicht in das Klimaschutzregime der Effort-Sharing-Decision oder des KSG. Von den beiden genannten Rechtsquellen könnten nicht der Flugverkehr, sondern nur der Flughafen und das Vorhaben "Dritte Piste" potentiell betroffen sein (dh. nur die Anlage selbst und deren Betrieb). Die argumentative Heranziehung des KSG für die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes sei daher völlig verfehlt und denkunmöglich.

Sollte es sich beim KSG um ein anwendbares und außenwirksames Gesetz handeln, wäre dieses präjudiziell und wegen Verstoßes gegen die bundesverfassungsgesetzliche Kompetenzverteilung verfassungswidrig. Es sei denklogisch, dass die Verwirklichung des Zieles des KSG, durch Verminderung von CO2-Emissionen die weitere Erderwärmung zu begrenzen, Maßnahmen in verschiedensten Bereichen erfordere (zB Energie, Landwirtschaft, Tourismus, Katastrophenschutz), sodass der Klimaschutz eine Querschnittsmaterie sei. Eine Maßnahme iSd KSG sei jede "hoheitliche und privatwirtschaftliche Maßnahme des Bundes und der Länder" (vgl. § 2 leg.cit.), sodass auf Grundlage dieses einfachen Bundesgesetzes auch solche Maßnahmen getroffen werden könnten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder gemäß Art 15 B-VG fielen (das betreffe zB den Bodenschutz, die Raumordnung oder den Grundverkehr).

3.4.2.Das Bundesverwaltungsgericht habe das EZG 2011 außer Acht gelassen. Die Berücksichtigung des genannten Gesetzes hätte erkennen lassen, dass man in diesem Regime zwischen den Emissionen aus Anlagen (hier: dem Flughafen) und solchen der Luftfahrzeuge unterscheiden müsse (vgl. § 3 Z 2 leg.cit.). Normadressat für die CO2-Emissionen des Flughafens sei der Inhaber der Anlage, während Normadressat für die CO2-Emissionen des Flugbetriebes die Luftfahrzeugbetreiber (die Fluglinien) seien (vgl. §§8, 9, 10 iVm 14 sowie 33 EZG 2011). Die CO2-Emissionen der Luftfahrzeuge würden daher nicht als CO2-Emissionen des Flughafens gelten. Dies würde sich bereits aus dem Kyoto-Protokoll und dem Übereinkommen von Paris ergeben, die beide die Luftfahrt ausgenommen und die Zuständigkeit zur Erarbeitung von Maßnahmen in diesem Bereich der UNO (konkret: der ICAO) überlassen hätten. Der Betrieb von Flugplätzen sei vom Emissionshandel nicht erfasst. Der Betrieb von Luftfahrzeugen und der Betrieb von Flugplätzen sei daher unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes strikt zu trennen. Auch die Verordnung (EU) 1031/2010 über den zeitlichen und administrativen Ablauf sowie sonstige Aspekte der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft, ABl. 2010 L 302, 1, unterscheide zwischen der Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen aus Luftverkehrstätigkeiten (an die Luftfahrzeugbetreiber) und der Zuteilung von Zertifikaten für ortsfeste Anlagen (an die Anlageninhaber).

Die in den §§4 bis 6 EZG 2011 enthaltenen und im UVP-Genehmigungsverfahren mitanzuwendenden Genehmigungsbestimmungen für Anlagen würden einerseits nicht vorsehen, eine Genehmigung aus Klimaschutzgründen zu versagen, und andererseits für Flughäfen nicht gelten (diese seien in den Anhängen 1 und 3 nicht angeführt). Da diese Regelungen des EZG 2011 hinsichtlich der Treibhausgasemissionen von Anlagen abschließend seien, sei es schon aus diesem Grund unzulässig, für Flughäfen in einem Anlagengenehmigungsverfahren überhaupt irgendwelche Vorschreibungen zu machen, gar eine Genehmigung zu versagen, und diese Rechtsvorschriften dadurch zu umgehen, dass eine nach anderen Gesetzen (hier: LFG) vorgesehene Beurteilung öffentlicher Interessen als Genehmigungshindernis hinsichtlich Treibhausgasemissionen gedeutet werde. All das sei vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis übersehen worden.

Das Bundesverwaltungsgericht rechne – wie im österreichischen Anlagenrecht häufig der Fall – das Verhalten der Benutzer einer Anlage (zB Straßenbenutzer oder hier: Luftfahrzeugbetreiber) dem Anlagenbetrieb zu. Dies gelte jedoch "nur" für den Immissionsschutz der betroffenen Bevölkerung und für sonstige lokale Auswirkungen, jedoch nicht für darüber hinausgehende (gar globale) Aspekte wie jenem des Klimaschutzes. Daher gelte dies – sogar explizit – nicht in Bezug auf Emissionen von Treibhausgasen von Luftfahrzeugen, die den Kern der Entscheidungsbegründung bilden würden. Gegenstand von Anlagengenehmigungsverfahren könnten immer nur lokale Umweltverschmutzungen sein, nicht jedoch das Weltklima. Mit der Betrachtung des Weltklimas überschreite das Bundesverwaltungsgericht den Betrachtungsgegenstand.

3.5.1. Das Bundesverwaltungsgericht stütze sich bei den herangezogen Rechtsgrundlagen u.a. auf Art 37 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge: GRC), ABl. 2016 C202, 389. Das angefochtene Erkenntnis unterlasse jedoch die notwendige Unterscheidung, inwieweit es sich bei den Bestimmungen der GRC um bloße "Grundsätze" – wie im Fall des Art 37 GRC – oder um echte "Rechte" handle. Als einzige Rechtfertigung für die Heranziehung dieser Bestimmung verweise das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass auch der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen der GRC interpretativ heranziehe. Im viel zitierten Erkenntnis VfSlg 19.632/2012 sei der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis gekommen, dass Art 47 GRC gleichsinnig mit Art 6 EMRK mitanzuwenden sei, im konkreten Fall jedoch nicht verletzt gewesen sei. Im Unterschied zu Art 37 GRC verleihe Art 47 GRC aber unzweifelhaft ein "Recht".

Dass dies bei Art 37 GRC nicht zutreffe, gehe auch aus einschlägiger Literatur hervor, die diesen als Grundsatz qualifiziere, der erst der Konkretisierung durch Unionsrecht oder den jeweiligen nationalen Gesetzgeber bedürfe, um unmittelbar zur Anwendung zu gelangen. Auch habe der Verfassungsgerichtshof – entgegen dem vom Bundesverwaltungsgericht vermittelten Eindruck – niemals Art 37 GRC als Versagungsgrund für eine Anlagengenehmigung herangezogen. Das Bundesverwaltungsgericht habe daher Art 37 GRC in denkunmöglicher Weise angewendet.

3.5.2. Als weitere Rechtsgrundlage ziehe das Bundesverwaltungsgericht das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (in der Folge: BVG Nachhaltigkeit), BGBl I 111/2013, heran, das jedoch – wie sein Vorläufer – in Anlagengenehmigungsverfahren nicht anzuwenden sei (vgl. ). In Anbetracht seiner Entstehungsgeschichte sei zudem zweifelhaft, ob der Klimaschutz von diesem Verfassungsgesetz überhaupt mitumfasst sei.

3.5.3. Schließlich führe das Bundesverwaltungsgericht auch Bestimmungen der NÖ Landesverfassung 1979 (NÖ LV 1979), LGBl 0001-21, an, in deren Art 4 Abs 2 die "besondere Bedeutung des Klimaschutzes" – im Gegensatz zum BVG Nachhaltigkeit – ausdrücklich verankert worden sei. Bei den Bestimmungen der NÖ LV 1979 handle es sich aber um bloße Staatszielbestimmungen. Zudem könne die NÖ LV 1979 schon aus verfassungsrechtlichen Kompetenzgründen nicht zur Auslegung eines Bundesgesetzes (hier: LFG) herangezogen werden.

Zwar könnten Staatszielbestimmungen als Auslegungshilfen dienen, ein Genehmigungshindernis könnten diese bei sonstiger Verfassungswidrigkeit mangels ausreichender Bestimmtheit iSd Art 18 B-VG jedoch keinesfalls bilden. Um einer Staatszielbestimmung unmittelbare Anwendbarkeit in einem Anlagengenehmigungsverfahren zu verleihen, bedürfe es eines "finalen Determinierungsaktes" (Gesetz, Verordnung), der die Staatszielbestimmung konkretisiere und eine nachvollziehbare Anwendung auf konkret bestimmbare Fälle ermögliche. Das Bundesverwaltungsgericht habe die genannten Bestimmungen somit denkunmöglich angewendet.

Es sei zudem nicht ersichtlich, warum das Bundesverwaltungsgericht gerade diese Staatszielbestimmungen heranziehe. Führe man den – wenn auch unrichtigen – Gedankengang des Bundesverwaltungsgerichtes konsequent fort, hätten auch alle übrigen Staatszielbestimmungen, die vom Vorhaben berührt würden, in die Erwägungen miteinbezogen werden müssen. Dass dies nicht die Intention des die Staatszielbestimmungen erlassenden Verfassungsgesetzgebers sei und den Rahmen eines jeden Erkenntnisses sprengen würde, sei selbstredend.

Auf diese Weise würden Regelungen, die die Berücksichtigung öffentlicher Interessen – oder gar deren Abwägung – vorsehen würden, wie dies zB im Umwelt- und Anlagenrecht regelmäßig der Fall sei, dazu führen, dass die Verwaltungsgerichte "politische" Entscheidungen zu treffen hätten; dies jedoch ohne mittelbare demokratische Legitimation und ohne politische Verantwortlichkeit. Dies würde den Grundsätzen der demokratischen Staatsorganisation widersprechen.

3.6. Was den vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis angesprochenen Aspekt der Bodeninanspruchnahme anlange, so handle es sich in rechtlicher Betrachtung um "freischwebende" Überlegungen ohne jeden gesetzlichen Konnex. Das territorial einschlägige NÖ Bodenschutzgesetz (NÖ BSG), LGBl 6160-5, regle den qualitativen Schutz des Bodens, nicht jedoch die flächenmäßige Inanspruchnahme. Das Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Bodenschutz, BGBl 236/2002 idF BGBl III 130/2006, sei aus räumlichen Gründen nicht anwendbar. Die Minimierung der Bodeninanspruchnahme sei eines der Ziele der Raumordnungsgesetze. Schließlich sei "die Erhaltung, Stärkung und Schaffung einer leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft entsprechend den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich" Ziel des NÖ Grundverkehrsgesetzes 2007 (NÖ GVG 2007), LGBl 6800 idF LGBl 96/2015.

Keine dieser Rechtsvorschriften enthalte zur Mitanwendung in UVP-Genehmigungsverfahren geeignete Genehmigungstatbestände, weshalb diese nicht mitanzuwenden seien. Das Bundesverwaltungsgericht sei bei der Berücksichtigung des flächenmäßigen Verbrauches daher so fehlerhaft bzw. begründungslos vorgegangen, dass dies iSd Rechtsprechung mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden könne.

Das Bundesverwaltungsgericht habe wohl – ohne dies darzulegen – gemeint, nur § 71 LFG anzuwenden, doch biete das genannte Gesetz keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Luftfahrtbehörde sei die Minimierung der Bodeninanspruchnahme als Aufgabe zugewiesen. Insofern habe das Bundesverwaltungsgericht § 71 LFG denkunmöglich angewendet.

Wollte man erwägen, inwieweit sich eine Verpflichtung zur Minimierung der Bodeninanspruchnahme aus dem UVP-G 2000 ergeben könnte, müsste man erkennen, dass § 17 Abs 2 litb leg.cit. nicht einschlägig sei, weil diese Bestimmung qualitative Schädigungen der Böden zum Gegenstand habe, nicht jedoch quantitative Verluste von Flächen. Denke man an den Auffangtatbestand "schwerwiegende Umweltbelastungen" in § 17 Abs 5 leg.cit., so sei festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht keine für die Anwendung dieses Sondertatbestandes erforderlichen Ermittlungen gepflogen und keine Überlegungen dazu angestellt habe.

Sofern das Kriterium eines flächenbezogenen Bodenverbrauches relevant wäre (was tatsächlich nicht der Fall sei), hätte das Bundesverwaltungsgericht dieses Kriterium in denkunmöglicher Weise berücksichtigt, weil es ein nahezu apokalyptisches Bild, nach dem bei Verwirklichung des Vorhabens die Nahrungsmittelversorgung zukünftiger Generationen gefährdet wäre, gezeichnet habe, das mit der Realität nichts zu tun habe.

3.7.1. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Differenz der Flugbewegungen in dem – fiktiv – mit "2025" bezeichneten Zeitpunkt zwischen dem 2- und dem 3-Pistensystem herangezogen, daraus – eigenständig bzw. mit Unterstützung von Beschwerdeführern vor dem Bundesverwaltungsgericht, jedoch ohne eigenen Sachverständigen – die Differenz der verursachten CO2-Emissionen aus den weltweiten Flugbewegungen berechnet und unterstelle nun, diese Differenz wäre zugleich der zusätzliche Beitrag der dritten Piste zu den globalen Treibhausgasemissionen. Dies sei grundlegend falsch, sogar denkunmöglich:

Der Umstand, dass ein Flug nicht auf der dritten Piste in Wien abgewickelt werden könne, bedeute keineswegs, dass der Flug nicht stattfinde. Die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, die Flugbewegungen, nach denen ein Bedarf bestehe, würden gleichsam in einem "schwarzen Loch" verschwinden, sei denkunmöglich. Das Bundesverwaltungsgericht hätte in einem weiteren Schritt ermitteln müssen, welche Auswirkungen der Entfall der dritten Piste auf das Verkehrsgeschehen in der Luft und zu Lande hätte. Man hätte also die Auswirkungen auf das gesamte europäische und weltweite Verkehrsnetz betrachten müssen. Erst die Beantwortung dieser Frage würde zeigen, ob der Entfall der dritten Piste zu mehr oder zu weniger CO2-Emissionen führen würde.

Das Bundesverwaltungsgericht hätte – jeweils zum Prognosezeitpunkt "2025" – die nationalen und internationalen Flugbewegungen im Nullfall (zwei Pisten) und die sich daraus ergebenden CO2-Emissionen im Planfall (drei Pisten) gegenüberstellen müssen. Hätte das Bundesverwaltungsgericht diese Ermittlungen durchgeführt, wäre es zum Ergebnis gekommen, dass der Nullfall weder zu einem Entfall der prognostizierten Flugbewegungen, noch zu einer Verbesserung des Klimas, sondern vielmehr zu einer Erhöhung der CO2-Emissionen gegenüber dem Planfall geführt hätte. Für das Weltklima mache es keinen Unterschied, wo die CO2-Emissionen stattfinden würden.

3.7.2. Das Bundesverwaltungsgericht habe weder Feststellungen getroffen noch Ermittlungsschritte gesetzt, ob (und gegebenenfalls inwiefern) der Entfall der dritten Piste am Flughafen Wien zu einer Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen für das Weltklima führen könnte, womit es in dem aus seiner Sicht entscheidungswesentlichen Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe.

Zudem sei den beschwerdeführenden Parteien weder zur Frage der Auswirkungen des internationalen Flugverkehrs auf den globalen Klimawandel, noch zur Frage, welche Folgen der Entfall der dritten Piste auf die internationalen Flugbewegungen hätte, irgendein Gehör gewährt worden. Diese gravierenden Mängel seien iSd Rechtsprechung als Willkür zu werten.

Auch zu den Folgen des Klimawandels habe es keinerlei Ermittlungen oder Gehör gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht beschränke sich dazu auf emotionale Darlegungen zu behaupteten Todesfolgen und Klimaflüchtlingen. Ebenso ohne jedwedes Ermittlungsverfahren und Gehör äußere das Bundesverwaltungsgericht die emotionale (jedoch unbegründete) Sorge um die regionale Lebensmittelversorgung des Großraumes Wien.

3.7.3. Für die beschwerdeführenden Parteien habe bis zur Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses nicht erkennbar sein können, dass die CO2-Emissionen aus den Flugbewegungen entscheidungswesentlich sein könnten. Ein Gerichtsgutachter habe die Empfehlung für eine zusätzliche Bescheidauflage abgegeben, nach der der Flughafen die ihm zurechenbaren CO2-Emissionen (von den Anlagen und Einrichtungen des Flughafens Wien) so reduzieren sollte, dass die durch die dritte Piste bedingten Zusatzemissionen (aus diesen Flughafen-Anlagen) kompensiert würden. Dazu sollte der Flughafen das Reduktionspotential darlegen. Zusätzlich habe das Bundesverwaltungsgericht auch noch explizit klargestellt, dass sich dieser Vorschlag auf das UVP-G 2000 (und nicht auf das LFG) stütze, dass CO2 als Luftschadstoff betrachtet werde (es also aus rechtlichen Gründen nicht um Klimaschutz gehe), und dass nur die vom Flughafen beeinflussbaren Anlagen, nicht jedoch der Flugverkehr, maßgeblich seien.

Den beschwerdeführenden Parteien sei zu keinem Zeitpunkt kommuniziert worden, dass sich diese Rechtsansicht geändert hätte, weshalb es für sie keinerlei Veranlassung gegeben habe, zum Klimaschutz rechtliches oder faktisches Vorbringen zu erstatten. In den nachfolgend kommunizierten Stellungnahmen des genannten Gerichtsgutachters sei es immer nur um das Kompensationspotential bei den CO2-Emissionen am Flughafen selbst gegangen. Die CO2-Emissionen der Flugzeuge seien lediglich im sog. LTO-Zyklus (dh. für landing und take off) und lediglich als Vergleichsgröße dargestellt worden.

Das Bundesverwaltungsgericht hätte den beschwerdeführenden Parteien gegenüber darlegen müssen, dass es seine klar dargelegte Rechtsansicht geändert habe, sich nicht an die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 71 LFG halten wolle und/oder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum UVP-G 2000 abgehen wolle, dass es CO2 als klimaschädigende Emission und nicht als Luftschadstoff ansehen wolle, dass es die Bestimmungen des KSG und des EZG 2011 (und die dahinter stehenden unionsrechtlichen und internationalen Rechtsvorschriften und Programme) entgegen dem Wortlaut dieser Bestimmungen auszulegen beabsichtige, dass die aufwändige Korrespondenz zur Kompensation der vom Flughafen beeinflussbaren CO2-Emissionen auf Grund eines Meinungsumschwunges Makulatur geworden sei, dass es nun um den globalen Klimaschutz gehe sowie dass es österreich- und weltweit erstmals die Genehmigungsfähigkeit eines konkreten Einzelprojektes am Maßstab des globalen Klimawandels zu prüfen gedenke. Nur so wären die beschwerdeführenden Parteien in der Lage gewesen, auf Basis dieser grundlegenden Änderung der Rechtsansicht ein entsprechendes Rechts- und Sachvorbringen zu erstatten.

Darüber hinaus habe das Bundesverwaltungsgericht die beschwerdeführenden Parteien auch im Recht auf Parteiengehör verletzt, indem es Stellungnahmen einer Verfahrenspartei und deren Privatsachverständigen sowie Ausführungen einer weiteren Partei nicht zugestellt habe. Alle diese Stellungnahmen der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht würden gerade um jene Themen (Klimawandel und Bodenverbrauch) kreisen, die das Bundesverwaltungsgericht nunmehr zu seinen tragenden Entscheidungsgründen zur Abweisung des beantragten Vorhabens erhoben habe. Damit erweise sich die Verletzung des Parteiengehörs als besonders brisant. Das Bundesverwaltungsgericht zitiere diese weiteren Stellungnahmen im angefochtenen Erkenntnis zwar nicht, bei dessen Lektüre sei jedoch klar erkennbar, dass es diese Stellungnahmen gewürdigt habe.

Wäre den beschwerdeführenden Parteien die geänderte Rechtsansicht dargelegt worden (und wäre ihnen rechtliches Gehör zu den weiteren Schriftstücken eingeräumt worden), so hätten sie u.a. darlegen können, dass

– die Nullvariante zu keiner Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen für das Weltklima führen würde, weil die prognostizierten Flugbewegungen, nach denen ein vom Bundesverwaltungsgericht festgestellter Bedarf bestehe, nicht gleichsam in einem "schwarzen Loch" verschwinden würden, sondern sich nur auf andere Flughäfen verlagern würden;

– es durch Umwege und Zwischenlandungen (mit zusätzlichen Starts und Landungen) sowie wegen Kapazitätsauslastung beim Landeanflug kreisender Flugzeuge zu vermehrten CO2-Emissionen käme;

– der Beitrag des Flughafens Wien zu den globalen Treibhausgasemissionen verschwindend gering sei;

– es weitere öffentliche Interessen gebe, die bei Entfall der dritten Piste negativ berührt wären, wie zB

der Wegfall der Hub-Funktion des Flughafens und damit der Wegfall internationaler Flugverbindungen;

ein potentieller außenpolitischer Schaden durch einen Wegzug internationaler Organisationen;

der Wegfall von Arbeitsplätzen am Flughafen wegen sich dann vom Flughafen zurückziehender Unternehmen;

ein wirtschaftlicher Schaden durch das Abziehen von Europazentralen, sonstigen Unternehmen usw. in der gesamten Ostregion;

ein damit verbundener Wegfall zehntausender Arbeitsplätze, volkswirtschaftliche Nachteile und ein Rückgang an Steueraufkommen;

eine tendenziell sinkende Flugsicherheit bei ständigem Betrieb an der Kapazitätsgrenze;

eine zusätzliche Lärmbelastung jener Menschen, die im Bereich der bestehenden Pisten leben würden;

– es weitere öffentlichen Interessen gebe, die das Bundesverwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen (vgl. zB jene, die sich für die Luftfahrt aus der TEN-V-VO, aus dem Weißbuch Verkehr und aus der Luftfahrtstrategie für Europa ergeben würden).

Zudem hätten die beschwerdeführenden Parteien auch zur Bodeninanspruchnahme ein entsprechendes Rechts- und Tatsachenvorbringen erstatten können.

3.8. Das Bundesverwaltungsgericht weise im angefochtenen Erkenntnis den Antrag der zweitbeschwerdeführenden Partei zur Verlegung der Landesstraße B 10 ab. Feststellungen oder Beweiswürdigungen zur Abweisung würden fehlen, die Landesstraße B 10 werde auch in der Interessenabwägung nicht berücksichtigt. Eine Abweisung eines Straßenbauvorhabens mit der Begründung der Zunahme von CO2-Emissionen durch Flugbewegungen sei inhaltlich nicht nachvollziehbar. Auch das Argument des Flächenverbrauches könne für das bloße Verlegen einer Straße nicht ins Treffen geführt werden. Eine sonstige Begründung für die Abweisung des Straßenbauvorhabens führe das Bundesverwaltungsgericht nicht an. Es würden dazu auch keinerlei Rechtsvorschriften zitiert.

Die Abweisung des Genehmigungsantrages der zweitbeschwerdeführenden Partei zur Verlegung der Landesstraße B 10 erfolge somit ohne jede Begründung, was iSd Rechtsprechung Willkür gleichzuhalten sei.

4.Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der es dem Beschwerdevorbringen wie folgt entgegentritt:

4.1.Zur Anwendung des § 71 LFG:

Bei der Abwägung der nach § 71 LFG zu berücksichtigenden Interessen sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 7913 A/1970; ) auch die Vermeidung von Gefährdungen für Leben, Gesundheit und Eigentum (§133 LFG) sowie von Luftschadstoffen zu berücksichtigen. Beim Treibhausgas CO2 handle es sich um einen Luftschadstoff, weshalb es auch in die Abwägungen des LFG miteinzubeziehen sei (Baumgartner/Petek, UVP-G 2000 Kurzkommentar, 2010, 45). Weiters seien die in § 71 leg.cit. zu berücksichtigenden Interessen nicht auf solche des LFG eingeschränkt. So habe der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis VwSlg. 13.466 A/1991 anerkannt, dass auch Interessen des Umweltschutzes zu berücksichtigen seien (in Bezug auf die Zulässigkeit von Außenlandungen und -abflügen nach § 9 Abs 2 leg.cit.). Es sei somit nicht denkunmöglich, wenn bei der Abwägung nach § 71 LFG auch die Auswirkungen von Treibhausgasen berücksichtigt würden, zumal es sich bei der Zunahme von 1,79 bzw. 2,02 % der jährlichen Gesamtemissionen Österreichs nicht um eine vernachlässigbare Größe handle (der Sachverhalt zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2010/06/0002, zur A 5 Nordautobahn, Abschnitt Schrick – Poysbrunn, sei anders gelagert gewesen, weil die Zunahme in diesem Fall lediglich im Promillebereich gelegen gewesen sei).

Im Beschwerdeverfahren des Bundesverwaltungsgerichtes sei von den nunmehrigen beschwerdeführenden Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens die Verfassungswidrigkeit des § 71 LFG nicht vorgebracht worden. Auch das Bundesverwaltungsgericht habe keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit (gehabt).

Weiters werde darauf hingewiesen, dass die Verminderung des Klimawandels nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig im Rahmen von Abwägungsentscheidungen (zB nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG 1959, BGBl 215 idF BGBl I 54/2014) für zulässig erachtet werde (vgl. ; , Ro 2014/07/0101).

In Bezug auf die Beschwerdebehauptung, nach § 71 LFG sei keine Ermessensentscheidung möglich, werde auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

4.2.Zur Anwendung internationaler Abkommen:

Das Kyoto-Protokoll bzw. das Übereinkommen von Paris zur Begrenzung des Klimawandels seien als internationale Abkommen nicht angewendet worden (so wie im Übrigen auch das KSG), sondern lediglich im Rahmen der Abwägung berücksichtigt worden, weil die in diesen Abkommen vorgegebenen Ziele im öffentlichen Interesse liegen würden (insbesondere das Erreichen des Zwei-Grad-Zieles). Es sei somit auch zu keiner unmittelbaren Anwendung internationaler Abkommen gekommen. Auch der Österreichische Nationalrat, die Österreichische Bundesregierung und die Europäische Union hätten sich die Erreichung dieser Ziele als Priorität vorgegeben. Im Übereinkommen von Paris sei die Luftfahrt nicht ausgenommen, weil kein Emissionssektor speziell genannt sei. Gerade der Sektor Luftverkehr sei der am stärksten wachsende Bereich, bei dem es statt zu einer Reduktion zu einer Zunahme komme. Die von der ICAO angekündigten Maßnahmen würden auf freiwilligen Schritten der Mitglieder fußen; die Wirksamkeit werde bezweifelt (vgl. den Hinweis in Madner/Hollaus, Luftverkehr: Kurzupdate zur ICAO-Konferenz über die Schaffung eines internationalen Instruments zur Anwendung marktbasierter Mechanismen auf Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr, RdU 2016, 244).

4.3.Zum Bodenverbrauch:

Bei diesem Abwägungskriterium handle es sich um ein Zusatzkriterium, das ergänzend in die Gewichtung einbezogen worden sei. Der Bodenverbrauch sei somit nicht das tragende Element der angefochtenen Entscheidung, was aus dem Gesamtkontext ersichtlich sei. Auch sei das Gutachten von DI S. nicht in die Abwägung einbezogen worden.

4.4.Zu den behaupteten Verfahrensmängeln:

4.4.1.Zur behaupteten Verlagerung der Treibhausgasemissionen in das Ausland:

In Bezug auf die Beschwerdebehauptung, durch die Nichtverwirklichung der dritten Piste komme es zu keiner Reduktion von Treibhausgasen, diese würden vielmehr sodann im Ausland entstehen bzw. "verlagert", sei auszuführen, dass bei der Abwägungsentscheidung nur die durch das beantragte Vorhaben anfallenden Emissionen berücksichtigt hätten werden können. Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass sich auch die Nachbarstaaten Österreichs – so wie auch alle anderen wichtigen Staaten der Europäischen Union, in denen maßgeblich Flugverkehr stattfinde – zur Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles (im Rahmen des Übereinkommens von Paris bzw. von verschiedenen unionsrechtlichen Vorgaben) verpflichtet hätten.

4.4.2.Zum Überraschungsverbot:

Zur Behauptung der beschwerdeführenden Parteien, sie seien vom Ausgang des Verfahrens überrascht worden, sei darauf zu verweisen, dass keine Verpflichtung zur Erörterung von Rechtsfragen bestehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe wiederholt festgehalten, dass sich das Überraschungsverbot nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erstrecke, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung (; , 2010/07/0038).

Der Behauptung, die beschwerdeführenden Parteien seien in ihrem Recht auf Parteiengehör deshalb verletzt, weil ihnen Stellungnahmen von Beschwerdeführern des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht übermittelt worden seien, sei entgegenzuhalten, dass sich das Bundesverwaltungsgericht nicht auf diese Stellungnahmen gestützt habe, weshalb es auch nicht erforderlich gewesen sei, den beschwerdeführenden Parteien eine interne, nur für den gerichtlichen Gebrauch bestimmte Stellungnahme von P. S. (die deshalb auch nicht zum Akt genommen worden sei) zum Parteiengehör zu übermitteln.

4.5.Zur Verlegung der Landesstraße B10:

Die dritte Piste bilde mit der Straßenverlegung auch nach dem Willen der Antragsteller, den nunmehrigen beschwerdeführenden Parteien, ein untrennbares Ganzes. Denn nur durch die Errichtung der dritten Piste sei die Verlegung der B10 bedingt, weshalb mit der Abweisung des Hauptvorhabens "Dritte Piste" auch die Verlegung der B 10 nicht bewilligt werden könne.

4.6.Schlussbemerkungen:

Im Übrigen werde auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Die in der Beschwerde angesprochenen Punkte würden somit keine verfassungsrechtlichen Fragen berühren (Art144 Abs 2 B-VG).

5.Die Niederösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie das Beschwerdevorbringen folgendermaßen unterstützt:

5.1.Zur denkunmöglichen Mitanwendung des KSG und der Außerachtlassung des EZG 2011 sowie zur denkunmöglichen Anwendung des LFG:

Das Bundesverwaltungsgericht habe erkennbar das KSG seinem Erkenntnis zugrunde gelegt, obwohl nach Ansicht der UVP-Behörde in einem Anlagengenehmigungsverfahren kein Anwendungsbereich für das genannte Gesetz bestehe. Zudem treffe das genannte Gesetz keine Regelungen betreffend CO2-Emissionen für den Luftverkehr. Da sich der Verpflichtungszeitraum von 2013 bis 2020 erstrecke, sei das KSG auch zeitlich nicht anwendbar. Gleichzeitig werde das EZG 2011 nicht einbezogen, das die Emittierung von CO2 im Bereich der Luftfahrt abschließend regle, weshalb eine über dieses Gesetz hinausgehende Interessenabwägung in Form der Berücksichtigung der Emissionen in der UVP-Genehmigungsentscheidung nicht zulässig sei.

Auch vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Determinierungsgebotes könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Beurteilung von berücksichtigungswürdigen Interessen dem LFG unterstellt werden könne, jedwedes denkmögliche Interesse in Betracht zu ziehen. Insbesondere könne mit Blick auf die Systematik und auf die Vielzahl der im LFG selbst genannten Interessen nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber einen Auffangtatbestand schaffen habe wollen, in den alle denkmöglichen Wertungen einfließen könnten. Insoweit sei klargestellt, dass der Begriff der öffentlichen Interessen in verschiedenen Materien verschieden ausgeprägt sein könne, und dass im vorliegenden Fall nur jene öffentliche Interessen berücksichtigt werden könnten, die das LFG als solche ansehe. Die vom Bundesverwaltungsgericht zur Versagung herangezogenen Interessen würden ein übergeordnetes öffentliches Interesse darstellen, das vom Staat und seiner Gesetzgebung umzusetzen sei. Der Umwelt- und Klimaschutz sowie die Erhaltung der landwirtschaftlichen Flächen als Lebensgrundlage der Bevölkerung würden keine im vorliegenden Fall maßgebenden öffentlichen Interessen und keinen Prüfungsmaßstab für die vom Bundesverwaltungsgericht angestellte und auf § 71 LFG gegründete Interessenprüfung und -abwägung darstellen.

5.2. Zur willkürlichen Interessenabwägung nach dem LFG gegenüber einer umfassenden Gesamtschau und Berücksichtigung aller (umweltschutzbezogenen) öffentlichen Interessen gemäß § 12 und § 17 Abs 1 iVm Abs 5 UVP-G 2000:

Das Bundesverwaltungsgericht stütze seine abweisende Entscheidung auf eine Interessenabwägung, die es auf der Grundlage des LFG vornehme, nicht jedoch auf das UVP-G 2000. Im konkreten Verfahren liege ein (vom Bundesverwaltungsgericht unwidersprochenes) Umweltverträglichkeitsgutachten vor, das die Umweltverträglichkeit des Gesamtvorhabens (auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Vorhabens auf das Klima) bescheinige. Das Bundesverwaltungsgericht komme einerseits bei der Beurteilung gemäß § 12 und § 17 Abs 1 UVP-G 2000 iVm § 71 LFG zum Ergebnis, dass das Vorhaben umweltverträglich sei, weil keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, und andererseits bei der Anwendung des § 17 Abs 1 UVP-G 2000 iVm § 71 LFG dazu, dass Umweltschutzinteressen der Genehmigung entgegenstehen würden. Es sei denkunmöglich, dass bei der Anwendung derselben Bestimmungen durch dasselbe Gericht diametral abweichende Ergebnisse erzielt würden.

5.3.Zur mangelnden Rechtsgrundlage für Flächeninanspruchnahme als Versagungsgrund:

Das Bundesverwaltungsgericht führe als Begründung für die Abweisung den hohen Bodenverbrauch (Entzug des Bodens für die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion) durch das Vorhaben an. Das NÖ BSG regle den qualitativen Schutz des Bodens, nicht jedoch die flächenmäßige Inanspruchnahme. Die schonende Verwendung natürlicher Ressourcen iSe Minimierung der Bodeninanspruchnahme sei eines der generellen Ziele des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl 3/2015 idF LGBl 63/2016, das jedoch keine zur Mitanwendung in UVP-Verfahren geeignete Genehmigungstatbestände enthalte (aus kompetenzrechtlichen Gründen sei es auf Verkehrsanlagen der hier in Rede stehenden Art nicht anzuwenden). Das NÖ GVG 2007 sei zwar einschlägig, stelle jedoch explizit Rechtsgeschäfte genehmigungsfrei, wenn das land- und forstwirtschaftliche Grundstück für öffentliche Verkehrsanlagen benötigt werde und dies von der nach den Verwaltungsvorschriften zuständigen Behörde bestätigt werde. Dadurch habe der Gesetzgeber eine Interessenabwägung vorgenommen und normiert, dass das öffentliche Interesse an der Verkehrsanlage höher zu bewerten sei als das öffentliche Interesse am Erhalt der landwirtschaftlichen Fläche. Das LFG biete keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Behörde die Minimierung der Bodeninanspruchnahme als Aufgabe zugewiesen sei. Auch § 17 Abs 2 litb UVP-G 2000 habe qualitative Schädigungen der Böden zum Gegenstand und sei daher nicht einschlägig, für die Anwendung des Sondertatbestandes des § 17 Abs 5 leg.cit. habe das Bundesverwaltungsgericht nicht die erforderlichen Ermittlungen gepflegt und Überlegungen angestellt.

5.4.Zum willkürlichen Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichtes durch ein mangelhaftes Verfahren:

5.4.1.Das Bundesverwaltungsgericht habe seine durch das Begehren und die Beschwerdegründe beschränkte Kognitionsbefugnis (vgl. § 27 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte [VerwaltungsgerichtsverfahrensgesetzVwGVG], BGBl I 33/2013) überschritten, weil ein auf die nunmehrigen Versagungsgründe gerichtetes Begehren konkret nicht ersichtlich sei.

5.4.2.Das Bundesverwaltungsgericht habe keine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes der Auswirkungen der CO2-Emissionen auf das Klima und zur Erörterung der neuen strittigen Rechtsfragen durchgeführt sowie das Parteiengehör unterlassen. Insbesondere seien weder die Fragen des Bodenverbrauches, noch jene der Emission klimaschädlicher Gase Gegenstand der mündlichen Erörterung gewesen. Diese Fragen seien erst in der angefochtenen Entscheidung dargelegt worden, weshalb von den Verfahrensparteien keine sachliche und/oder rechtliche Stellungnahme dazu abgegeben habe werden können. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch keine Sachverständigen zugezogen, die einerseits die Auswirkungen der vom Vorhaben ausgehenden Treibhausgase (speziell die CO2-Emissionen) auf das Weltklima und andererseits den projektimmanenten Verlust von landwirtschaftlichen Böden beurteilt hätten. Bei der Auseinandersetzung mit der Frage nach den Auswirkungen des Vorhabens auf das Klima stütze das Bundesverwaltungsgericht seine Argumentation auf einschlägige Normen und Übereinkommen, die an den Staat und seine Gesetzgebung gerichtet seien. Auch werde nicht näher geprüft, ob die geplante Nutzungsänderung bei den vom Vorhaben beanspruchten Böden die behauptete Beeinträchtigung der Versorgung der Bevölkerung mit sich bringe. Das Bundesverwaltungsgericht habe es auch unterlassen, die Ergebnisse seiner Überlegungen dem Parteiengehör zu unterstellen, womit den Parteien die Möglichkeit genommen worden sei, zur Entscheidungsrelevanz der Feststellungen, die zum angefochtenen Erkenntnis geführt hätten, Stellung zu beziehen.

5.4.3.Das Bundesverwaltungsgericht habe auch die Auswirkungen des Vorhabens auf das Klima mangelhaft erhoben. Es habe eine rechtliche Beurteilung durchgeführt, ohne die Sachfragen durch Beiziehung eines für die rechtliche Beurteilung notwendigen Sachverständigen bzw. eine entsprechende Fragestellung zu klären, wobei dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls der Sachverstand für derartige Beurteilungen fehle. Es habe sich nicht mit den (scheinbar) widersprüchlichen Aussagen im Umweltverträglichkeitsgutachten (Fachteil Meteorologie) und den Stellungnahmen des luftreinehaltetechnischen Gutachters auseinandergesetzt, was zu einem wesentlichen Begründungsmangel des angefochtenen Erkenntnisses führe.

5.4.4.Das Bundesverwaltungsgericht habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zur CO2-Emission und zum Bodenverbrauch mangelhaft festgestellt sowie einen aktenwidrigen Sachverhalt angenommen. Dem Flughafen würden – entgegen den internationalen Regelungen und im Widerspruch zu den Aussagen in den Stellungnahmen eines Gutachters – CO2-Emissionen durch den Flugverkehr weit außerhalb von Österreich (zB bei Direktflügen nach Sydney) zugerechnet. Es sei auch nicht erhoben worden, ob sich bei der Umsetzung des Vorhabens gegenüber dessen Nichtumsetzung eine Erhöhung des (weltweiten klimarelevanten) CO2-Ausstoßes ergebe, obwohl dies beurteilungsrelevant sei. Das angefochtene Erkenntnis weise wesentliche Begründungsmängel auf, weil auch die gesetzlich verpflichtend gebotene Herstellung von ökologischen Ausgleichsflächen und Ersatzaufforstungen in der Interessenabwägung der Versiegelung von Flächen gleichgesetzt werde, was jedenfalls mangels Begründung nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht sachverständig erwiesen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht argumentierten Beeinträchtigungen auf den Umwelt- und Klimaschutz sowie auf die Erhaltung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung tatsächlich vorliegen würden, weshalb es dem angefochtenen Erkenntnis an der wesentlichen Voraussetzung des § 28 Abs 2 VwGVG mangle und dieses unzulässig und rechtswidrig ergangen sei.

6.Die beteiligte Partei Stadt Wien betont in der von ihr erstatteten Äußerung, sie habe während der gesamten Verfahrensdauer das Vorhaben "Dritte Piste" unterstützt und wiederhole die besondere Bedeutung der Verwirklichung dieses Projektes im Hinblick auf die Gewährleistung einer auch künftig leistungsfähigen und nachhaltig zeitgemäßen Verkehrsinfrastruktur, einschließlich einer adäquaten Anbindung an den nationalen und internationalen Flugverkehr. Die vorgebrachten Einwendungen hätten sich ausschließlich auf den Aspekt der Betroffenheitsminimierung bezogen und zu keinem Zeitpunkt die Notwendigkeit und Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens "Dritte Piste" in Zweifel gezogen.

Das Bundesverwaltungsgericht habe sich im angefochtenen Erkenntnis auf verfassungswidrige gesetzliche Bestimmungen gestützt sowie durch Unterlassen einer verfassungskonformen Interpretation in die Verfassungssphäre reichende Vollzugsfehler begangen, die sich folgendermaßen zusammenfassen ließen:

– Würden Art 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechend die Sachentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte ausschließlich von Effizienzgesichtspunkten (Feststehen des maßgeblichen Sachverhaltes, Zeit- bzw. Kostenersparnis bei der Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht) abhängig machen, so wären die genannten Bestimmungen wegen Verstoßes gegen das demokratische Grundprinzip verfassungswidrig, denn dieses verlange, dass Entscheidungen mit Auswirkungen auf eine erhebliche Anzahl von Personen sowie (auch politische) Wertungen erfordernde Entscheidungen entweder direkt vom Gesetzgeber oder von vor dem Parlament (mittelbar) verantwortlichen Verwaltungsorganen getroffen würden.

– Wäre § 71 Abs 1 litd LFG tatsächlich iSd Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes so zu verstehen, dass er eine Ermessensentscheidung normiere, in deren Rahmen eine Abwägung sämtlicher Gemeinwohlzielen dienender öffentlicher Interessen vorzunehmen wäre, so würde die genannte Bestimmung der Verwaltung – in verfassungswidriger Weise – schrankenloses Ermessen einräumen und wäre jedenfalls wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG verfassungswidrig, denn dieser Norminhalt lasse sich in keiner Weise aus Wortlaut, Systematik oder Entstehungsgeschichte des (§71) LFG ableiten (Ermessensentscheidungen und Interessenabwägungen wären diesfalls in keiner Weise gesetzlich determiniert).

– Das vom Bundesverwaltungsgericht angewendete und damit präjudizielle KSG sei kompetenz- und damit verfassungswidrig, weil nach diesem Bundesgesetz – entgegen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung – auch Maßnahmen getroffen werden könnten, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder gemäß Art 15 B-VG fielen (Klimaschutz sei eine Querschnittsmaterie).

– Seien Art 130 Abs 4 B-VG bzw. § 28 VwGVG im Lichte des demokratischen Grundprinzips einer baugesetzkonformen Auslegung dahingehend zugänglich, dass die dort festgelegten Effizienzkriterien nur für Entscheidungen gelten würden, die nicht inhaltlich betrachtet generellen Rechtsakten vergleichbare Wirkungen zeitigen und nicht von politischen Wertungen abhängen würden, so hätte das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis durch die Bejahung einer Sachentscheidungsbefugnis wegen des Unterlassens einer grundprinzipienkonformen Interpretation mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet.

– Das Bundesverwaltungsgericht begründe das Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG für eine Sachentscheidung damit, dass nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eines Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht der maßgebliche Sachverhalt feststehe und keiner ergänzenden Ermittlungen mehr bedürfe. Würde die genannte Bestimmung tatsächlich eine derartige Anordnung treffen, so wäre dies grob unsachlich und damit als Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu werten. Das Bundesverwaltungsgericht habe § 28 Abs 2 leg.cit. allerdings genau diesen gleichheitswidrigen Inhalt beigemessen und sein Erkenntnis daher mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet.

– Wären dem LFG tatsächlich keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, was unter "sonstigen öffentlichen Interessen" iSd § 71 Abs 1 litd leg.cit. zu verstehen sei, und würde diese Bestimmung tatsächlich gestatten, diesen Gesetzesbegriff unter Rückgriff auf nicht unmittelbar anwendbare Zielbestimmungen sowie unverbindliche Regierungsbeschlüsse und Entschließungen des Nationalrates zu konkretisieren, so wäre dies keinesfalls mit dem verfassungsrechtlichen Determinierungsgebot vereinbar. Eine solche offensichtlich verfassungswidrige Regelungsabsicht könne § 71 Abs 1 litd LFG aber nicht unterstellt werden, weil sich dafür weder auf Grund des Wortlautes, noch auf Grund der Systematik oder der Entstehungsgeschichte des LFG irgendein Anhaltspunkt finden lasse. Da das Bundesverwaltungsgericht eine verfassungskonforme Auslegung des § 71 Abs 1 litd leg.cit. unterlassen habe, nach der (iSd ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) darunter nur solche öffentlichen Interessen zu subsumieren seien, die nach dem LFG wahrzunehmen seien, habe es das angefochtene Erkenntnis mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet.

– § 71 Abs 1 LFG normiere nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes eine Ermessensentscheidung und verlange überdies eine umfassende Interessenabwägung, bei der sämtliche Gemeinwohlzielen dienende öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen seien. Dadurch, dass die das Projekt unterstützenden Parteien nach einem positiven Genehmigungsbescheid im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr als Träger subjektiver Rechte die für das Projekt sprechenden Interessen vorbringen könnten, würde das Verfahren in eine mit dem Rechtsstaatsprinzip der Verfassung unvereinbare Schieflage geraten, wenn nach § 71 Abs 1 LFG tatsächlich eine (all-)umfassende Interessenabwägung vorzunehmen wäre, weil das Rechtsstaatsprinzip der Bundesverfassung einen effektiven Rechtsschutz iSd Durchsetzbarkeit subjektiver Rechte verlange. Indem das Bundesverwaltungsgericht annehme, dass § 71 Abs 1 leg.cit. eine derartige (all-)umfassende Interessenabwägung verlange, habe es sein Erkenntnis auch aus diesem Grund mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet.

– Das Unterlassen jeglicher Feststellungen und Ermittlungsschritte zum Nullplanszenario (also der Situation bei Unterbleiben der dritten Piste) stelle einen gravierenden Verfahrensmangel dar, der wegen denkunmöglicher Gesetzesanwendung bzw. objektiver Willkür einen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler begründe.

– Weder die Gutachten und Stellungnahmen, auf die das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellung zum Klimawandel stütze, noch jene zum Bodenverbrauch seien den beschwerdeführenden Parteien (ebenso wenig der Stadt Wien) zugestellt worden, worin eine gravierende Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör liege. Zudem habe das Bundesverwaltungsgericht gegen das Überraschungsverbot verstoßen, zumal die beschwerdeführenden Parteien auf Grund des Verfahrensverlaufes und der Kommunikation des Bundesverwaltungsgerichtes zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen hätten können, dass dieses das Thema Klimawandel als genehmigungsrelevant erachten könnte.

– Obwohl das Bundesverwaltungsgericht davon ausgehe, dass nach § 71 Abs 1 LFG jedes Gemeinwohlzielen dienende öffentliche Interesse schlechthin genehmigungsrelevant sei, führe es im angefochtenen Erkenntnis lediglich einige in Frage kommende Interessen an und unterlasse eine umfassende, sämtliche in Frage kommende Interessen berücksichtigende Interessenabwägung. Würde § 71 Abs 1 leg.cit. iSd Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes eine umfassende Interessenabwägung normieren, so hätte dieses das angefochtene Erkenntnis auch dadurch mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet, dass es eine solche umfassende Interessenabwägung evidenter Maßen nicht vorgenommen habe.

7.Die beteiligten Parteien B. P. und H. H. einerseits sowie die beteiligte Partei B. L. andererseits haben gleichlautende Äußerungen erstattet, in denen sie dem Beschwerdevorbringen wie folgt entgegentreten:

7.1.Dem Vorwurf der denkunmöglichen Anwendung des § 71 LFG bzw. der Verfassungswidrigkeit des LFG sowie der Überschreitung der Entscheidungsbefugnis durch das Bundesverwaltungsgericht sei entgegenzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht § 71 leg.cit. völlig richtig iSd langjährigen Judikatur und Lehre gelesen habe (von einer denkunmöglichen Anwendung könne keine Rede sein). Auch wenn im Gesetzestext nicht von einem "Überwiegen" eines Interesses die Rede sei, sei doch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine Interessenabwägung durchzuführen. Ansonsten wäre jedes noch so geringe "sonstige" öffentliche Interesse (iSd § 71 Abs 1 litd LFG) geeignet, einen Flugplatz oder dessen Erweiterung zu verhindern. Das Entscheidende sei, dass derartige Abwägungen nicht willkürlich sein dürften, sondern auf Sachverhaltsfeststellungen fußen und nachvollziehbar sein müssten.

Schon Halbmayer/Wiesenwasser (Das österreichische Luftfahrtrecht II/1/1, 1979, § 71 LFG Anm. 6) hätten zu den "sonstige[n] öffentliche[n] Interessen" iSd § 71 Abs 1 litd leg.cit. unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 7913 A/1970 ausgeführt, "dem Wort 'sonstig' ist zu entnehmen, dass die in den lita) bis c) des § 71 Abs 1 LFG angeführten Interessen nicht darunter fallen. Es sind daher andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen, die nach dem Luftfahrtgesetz wahrzunehmen sind. Als solche öffentliche Interessen sind beispielweise anzusehen der Schutz der Allgemeinheit (§§92, 96 und 124 LFG), […] die Hintanhaltung von Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum (§133), […] die Sicherheit von Personen und Sachen auf der Erde (§128), die Fernhaltung störender Einwirkungen auf Personen und Sachen (§5) […]". Auf diese Entscheidung berufe sich auch — völlig zu Recht — das Bundesverwaltungsgericht.

Grundlegend sei auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs 2 LFG, nach der vergleichbar zu § 71 LFG zu prüfen sei, ob einer Bewilligung (von Außenabflügen und -landungen) nicht "öffentliche Interessen entgegenstehen". In seinem Erkenntnis VwSlg. 13.466 A/1991 habe der Verwaltungsgerichtshof befunden:

"Es kann der belangten Behörde aber kein rechtswidriges Vorgehen angelastet werden, wenn sie das — durch ihre Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes konkretisierte […] Umweltschutzinteresse im vorliegenden Fall als ein solches qualifizierte, welches im Sinne des § 9 Abs 2 zweiter Satz des Luftfahrtgesetzes als ein entgegenstehendes öffentliches Interesse anzusehen ist.

In dem durch § 9 Abs 2 des Luftfahrtgesetzes in Verbindung mit dem Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz gegebenen normativen Gefüge liegt die tragende Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die Ausführungen der belangten Behörde über den Wertewandel und über die durch landesgesetzliche Regelungen gestaltete Rechtslage auf dem Gebiet des Naturschutzes zu einem dieser tragenden Rechtsgrundlage widersprechenden Ergebnis geführt hätten."

Beachte also schon das LFG aus dem Jahr 1957 einen breit angelegten Fächer von öffentlichen Interessen, strahle das Bundesverfassungsgesetz vom über den umfassenden Umweltschutz (in der Folge: BVG Umweltschutz), BGBl 491, in den Begriff der öffentlichen Interessen des LFG hinein und nehme dergestalt auch die in einschlägigen einfachen Gesetzen zum Ausdruck kommenden Werte mit hinein.

Es stehe völlig außer Zweifel, dass das geltende BVG Nachhaltigkeit, nach dem "zukünftigen Generationen bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten" und die "natürliche[…] Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen" zu bewahren sei, auch den Klimaschutz inkludiere.

Das Bundesverwaltungsgericht habe das LFG im Rahmen des UVP-Verfahrens als mitanzuwendendes Materiengesetz gemäß § 17 Abs 1 UVP-G 2000 herangezogen.

Das UVP-G 2000 sehe in seinem § 17 Abs 2 allgemeine Genehmigungsvoraussetzungen vor. Würden trotz Anwendung dieser Vorgaben (wie des Gebotes der besten verfügbaren Technik, des Minimierungsgebotes usw.) noch "schwerwiegende Umweltbelastungen" mit der Projektverwirklichung einhergehen, so könne auch nach § 17 Abs 5 leg.cit. nach Abwägung aller Interessen ein Genehmigungsantrag abgewiesen werden. Wie ein Rundschreiben des BMLFUW zum UVP-G 2000 zu § 17 leg.cit. deutlich mache, seien unter Luftschadstoffen auch Treibhausgase zu verstehen und könnten diese selbst bei Anlagen, die zur Gänze dem Emissionshandel unterliegen würden, zu Auflagen führen. Seien jedoch Auflagen nicht zielführend oder möglich, so sei damit auch eine Projektabweisung aus Klimaschutzgründen gerechtfertigt.

Die Beachtung des Klimaschutzes sei daher – gerade in einem UVP-Verfahren – im Rahmen der öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs 2 UVP-G 2000 iVm § 71 LFG geboten und könne niemals als denkunmöglich angesehen werden.

Auch der Vorwurf, § 71 LFG sei dann nicht hinreichend determiniert iSd Art 18 B-VG, treffe nicht zu. Ergänzend zu den vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes zum Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG), BGBl 533/1923 idF BGBl I 170/1999, sei auf das Erkenntnis VfSlg 7879/1976 hinzuweisen, in dem der Verfassungsgerichtshof die mit § 71 LFG vergleichbare Bestimmung des § 130 leg.cit. als ausreichend determiniert erachtet habe: "Dem Begriff 'öffentliche Interessen' kommt je nach dem Zusammenhang, in dem er gebraucht wird, eine verschiedene Bedeutung zu; er ist daher je nach diesem Zusammenhang auch verfassungsrechtlich verschieden zu werten […]. Er ist nach der Meinung des VfGH in dem durch das LuftfahrtG gegebenen Zusammenhang nicht so unbestimmt, daß sein Sinn nicht ermittelt werden könnte." Der Begriff finde sich auch in vielen anderen Bestimmungen des LFG (der Verfassungsgerichtshof zähle auch § 71 Abs 1 litd leg.cit. auf) und werde so "auslegbar".

Dem Vorwurf der unzulässigen, unrichtigen und unvollständigen Heranziehung internationaler Abkommen sei entgegenzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht die genannten Abkommen nicht angewendet, sondern vielmehr aufgezeigt habe, dass Österreich mit dem Kyoto-Protokoll und dem Übereinkommen von Paris internationale Verpflichtungen im Klimaschutz übernommen habe. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht den Klimaschutz auch im Lichte dieser Abkommen als besonders wichtiges öffentliches Interesse identifiziert, welches in der Interessenabwägung nach § 71 LFG zu beachten sei. Die von der Beschwerde behauptete unmittelbare Anwendung internationaler Abkommen sei daher nicht erfolgt, und der Vorwurf, das Gericht habe denkunmöglich entschieden, sei dementsprechend verfehlt.

7.2.Dem Vorwurf der denkunmöglichen Mitanwendung des KSG bzw. dessen Verfassungswidrigkeit sowie dem Vorwurf der Außerachtlassung des Europäischen Emissionshandelssystems bzw. des EZG 2011 sei entgegenzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht das KSG in der angefochtenen Entscheidung nicht angewendet habe, sondern den Inhalt und Geltungsbereich dieses Gesetzes beschreibe und festhalte, dass es den Luftverkehr nicht betreffe. Es erwähne das KSG in seiner Begründung, wenn es aufzeige, dass Österreich Anstrengungen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen plane und führe das KSG auch an, um zu untermauern, dass der Klimaschutz in Österreich ein wichtiges öffentliches Interesse darstelle. Das Bundesverwaltungsgericht veranschauliche außerdem, dass die Erhöhung der CO2-Emissionen, die mit der Verwirklichung der geplanten dritten Piste verbunden seien, ganz beträchtlich sei, wenn man sie in Relation zu den österreichischen Gesamtemissionen setze. Es möge sein, dass nicht alle Vergleiche, die das Bundesverwaltungsgericht dazu anstelle, überzeugend seien, doch dies mache seine Erwägungen über die Bedeutung des Klimaschutzes als öffentliches Interesse nicht falsch und führe auch nicht zur Anwendung des KSG als Entscheidungsgrundlage. Es könne daher der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, das Bundesverwaltungsgericht habe das KSG angewendet und sei dabei in denkunmöglicher Weise von dessen Außenwirksamkeit ausgegangen.

Es bleibe vor dem Hintergrund, dass die Genehmigungsbestimmungen für die vom Emissionshandel betroffenen Anlagen (§§4 bis 6 EZG 2011) auf die Genehmigung von Flughäfen keine Anwendung fänden, unverständlich, weshalb die Beschwerde die Außerachtlassung des EZG 2011 moniere. Dies lasse sich allenfalls damit erklären, dass die Beschwerde das Verhältnis des Emissionshandelssystems (konkret: des EZG 2011) zu den hier relevanten Bestimmungen des LFG über die Interessenabwägung unzutreffend beurteile. Das EZG 2011 sehe in Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG (in der Folge: EmissionshandelsRL) vor, dass für Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen würden, nicht zugleich direkte Emissionsgrenzwerte für Treibhausgase vorgeschrieben werden dürften. Diese Regelung solle sicherstellen, dass Anlageninhaber, deren Anlagen dem Emissionshandel unterliegen würden, die notwendige Flexibilität hätten, darüber zu entscheiden, ob Emissionen von Treibhausgasen hintangehalten würden oder ob gegen Abgabe von Zertifikaten Treibhausgase emittiert würden. Eine andere, indirekte Art der Begrenzung der Emission von Treibhausgasen — zB durch Vorgaben betreffend die Energieeffizienz – sei jedoch selbst für diejenigen Anlagen zulässig, die dem Emissionshandel unterliegen würden. Selbst in Bezug auf Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen würden, sei es also demnach keineswegs so, dass für diese Anlagen im Genehmigungsverfahren keine Vorschreibungen getroffen werden dürften, welche Auswirkungen auf die Emissionen von Treibhausgasen hätten. Im vorliegenden Fall gehe es mit dem Flughafen jedoch gar nicht um eine Anlage, die dem Emissionshandel unterliege. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Flughafen auch nicht zum Adressaten von Vorschreibungen hinsichtlich der Treibhausgasemissionen der Airlines gemacht; es habe vielmehr die durch den Ausbau des Flughafens zu erwartenden Treibhausgasemissionen in der Interessenabwägung nach dem LFG berücksichtigt.

Der Emissionshandel sei ein wichtiges Instrument der europäischen Klimapolitik. Die EmissionshandelsRL und das diese umsetzende EZG 2011 würden es aber nicht ausschließen, dass Klimaschutzerwägungen in anderen Rechtsmaterien Berücksichtigung finden würden. Der Vorwurf der Beschwerde, das Bundesverwaltungsgericht habe das EU-Emissionshandelssystem und das EZG 2011 außer Acht gelassen bzw. die §§4 bis 6 EZG 2011 "umgangen", sei daher unbegründet und verfehlt.

7.3.Dem Vorwurf der unrichtigen Heranziehung der GRC, des BVG Nachhaltigkeit und der NÖ LV 1979 sei entgegenzuhalten, dass die genannten Normen das Gewicht des Klimaschutzes als öffentliches Interesse in Verfassungsrang dokumentieren würden. Die Beachtung des BVG Nachhaltigkeit (vormals BVG Umweltschutz) in der Anlagengenehmigung sei alles andere als denkunmöglich und könne auch zur Abweisung von Genehmigungsansuchen führen (vgl. VwSlg. 13.466 A/1991).

7.4.Dem Vorwurf der fehlerhaften und begründungslosen Berücksichtigung der Flächeninanspruchnahme sei entgegenzuhalten, dass die hohe Bodeninanspruchnahme durch die dritte Piste ein Zusatzargument des Bundesverwaltungsgerichtes sei, dem freilich nicht annähernd dasselbe Gewicht wie dem Klimaschutz zukomme, aber das eben nicht unerwähnt bleiben habe können. Würden beim Klimaschutz internationale Verträge mit konkreten quantifizierten Zielen und Zeitplan vorliegen, so fehle Vergleichbares beim Bodenschutz. Die Europäische Bodenschutzstrategie trage auf, die Landinanspruchnahme und Bodenversiegelung so weit wie möglich zu begrenzen. Die besondere Erwähnung der Bodeninanspruchnahme durch den Bau der dritten Piste sei zudem schon naheliegend, als die Folgen des Temperaturanstieges umso gravierender seien, je mehr Fläche versiegelt werde. Die Erwähnung des Bodenschutzes in der Interessenabwägung mache die Entscheidung deshalb nicht unrichtig, schon gar nicht aus verfassungsrechtlicher Sicht. Die unterschiedliche Gewichtung von Klima- und Bodenschutz in rechtlicher Hinsicht durch das Bundesverwaltungsgericht sei unschwer zu erkennen.

7.5.Dem Vorwurf gehäufter wesentlicher Verfahrensmängel sei Folgendes entgegenzuhalten:

7.5.1.Das Verlagerungsargument übersehe im Wesentlichen zwei Aspekte:

Auch die anderen Mitgliedstaaten des Übereinkommens von Paris seien an das Zwei-Grad-Ziel gebunden und hätten Anstrengungen zu unternehmen, ihre Treibhausgasemissionen zu drosseln. Die Emissionen des Flugverkehrs würden von den Mitgliedstaaten im Rahmen der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) an Hand des im jeweiligen Mitgliedstaat getankten Kraftstoffes gemeldet, diese würden demnach auch internationale Flüge umfassen. Der internationale Luftverkehr sei also nicht "exterritorial", sondern werde den einzelnen Nationen zugerechnet. Alle 195 Staaten des Übereinkommens von Paris hätten mit Flughafenerweiterungen restriktiv umzugehen, wollten sie ihre Verpflichtungen ernst nehmen. Das Verlagerungsargument ziehe also nur dann, wenn davon ausgegangen werde, dass andere Mitgliedsstaaten das Übereinkommen von Paris ignorieren würden. Eine solche Denkweise widerspreche dem Völkerrecht. Dies gelte noch viel mehr innerhalb der Europäischen Union, welche eine Rechtsgemeinschaft sei. Weitergedacht würde nämlich das vorgebrachte Verlagerungsargument jegliches Genehmigungsverfahren zu Anlagen mit grenzüberschreitenden Emissionen hinfällig machen.

Zweitens könne es schon als Stehsatz betrachtet werden, dass Angebot Nachfrage schaffe.

7.5.2.Dem Vorbringen zum Überraschungsverbot und zum Parteiengehör sei entgegenzuhalten, dass das Ermittlungsverfahren der Erhebung des Sachverhaltes und nicht der Erörterung von Rechtsfragen diene. Insofern seien "Überraschungen" nie ausgeschlossen, weil die rechtliche Beurteilung des aufgenommenen Sachverhaltes letztlich erst mit der Entscheidung der Behörde/des Verwaltungsgerichtes vollends zu Tage trete.

Die behauptete Verletzung des Parteiengehörs sei jedenfalls keine denkunmögliche Anwendung von Verfahrensvorschriften, sodass keine Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte vorliege. Ob eine bloße Gesetzesverletzung vorliege, habe der Verwaltungsgerichtshof zu prüfen, welcher ohnehin von der erstbeschwerdeführenden Partei parallel angerufen worden sei.

7.6.Dem Vorwurf der begründungslosen Abweisung der Straßenverlegung sei entgegenzuhalten, dass jede Straßenverlegung eines rechtmäßigen Zwecks bedürfe. Die Straßenverlegung sei nur durch den Bau der dritten Piste gerechtfertigt. Wenn diese nicht verwirklicht werden dürfe, sei es infolge zwingend, dass auch die beantragte Straßenverlegung abgelehnt werden müsse. Die Ablehnung sei daher sachlich begründet und in keiner Weise willkürlich.

8.Die beteiligte Partei B. F. hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen wie folgt entgegentritt:

8.1.Zum verfassungswidrigen Eingriff in die Eigentumsfreiheit, in die Erwerbsfreiheit und in das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

Die Versagung der Genehmigung der dritten Piste bewirke keine prinzipielle Änderung der derzeit mit dem Eigentum der beschwerdeführenden Parteien an den für die Verwirklichung der beiden Teilprojekte erforderlichen Liegenschaften verbundenen Ausübungsbefugnisse, was aber eine der Voraussetzungen dafür sei, dass überhaupt ein Eigentumseingriff vorliege. Das gelte auch für die erst im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren erworbenen Liegenschaften, weil sonst jeder durch Liegenschaftskäufe eine Projektgenehmigung erzwingen könne (aus diesen Gründen liege auch kein Eingriff in die Erwerbsfreiheit vor).

8.2.Zur Behauptung der denkunmöglichen Anwendung des § 71 LFG:

8.2.1.Es sei für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses unerheblich, ob man den Beurteilungsspielraum (Freiheit bei der Auswahl und Gewichtung der "sonstigen öffentlichen Interessen", die einer Bewilligung entgegenstehen können) als Ermessen (Auswahlermessen) oder sonst wie bezeichne. Selbst wenn sich das Bundesverwaltungsgericht in der Wahl eines rechtstheoretischen Terminus vergriffen hätte, führe dies nicht zur Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses. Selbst wenn man annehmen würde – was bestritten werde –, dass die "entgegenstehenden öffentlichen Interessen" unrichtig ausgewählt und bewertet worden seien, bedeute dies keinesfalls einen Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, sondern wäre allenfalls die Folge einer unrichtigen einfachgesetzlichen Anwendung des § 71 LFG, die nicht in die Verfassungssphäre reiche.

8.2.2.Die beschwerdeführenden Parteien würden auch die keine Deckung im Gesetz findende Meinung vertreten, dass eine Interessenabwägung schon deshalb nicht vorliegen könne, weil sie im Gesetz nicht angeordnet sei. § 71 LFG verlange, dass sowohl ein öffentliches Interesse an der Errichtung des Flughafens bestehe, als auch das Nichtvorliegen sonstiger öffentlicher Interessen, die der Bewilligung entgegenstehen könnten. Das öffentliche Interesse an der Errichtung und die entgegenstehenden öffentlichen Interessen müssten einander gegenübergestellt und abgewogen werden, weil nicht jedes noch so geringe öffentliche Interesse, das gegen die Errichtung eines Flughafens spreche, auch schon zur Abweisung des Ansuchens führen könne (dies wäre im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geradezu undenkbar). Die Abwägung der Interessen belaste die angefochtene Entscheidung nicht mit Verfassungswidrigkeit, während eine – nach dem Standpunkt der beschwerdeführenden Parteien – eine solche Interessenabwägung unterlassende Entscheidung verfassungswidrig wäre. Die Argumente für die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit einer Interessenabwägung würden wiederum lediglich die einfachgesetzliche Auslegung betreffen, aber keinesfalls verfassungsrechtliche Relevanz besitzen. In Wahrheit habe der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob auch öffentliche Interessen außerhalb des LFG unter § 71 Abs 1 leg.cit. zu subsumieren seien, nie verneint (das Leiterkenntnis VwSlg. 7913 A/1970 zähle die in einem Verfahren nach dem LFG zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen nur "beispielsweise" auf [vgl. auch die Aufzählung "unter anderem" in der Entscheidung ]).

Außerdem unterliege auch der Begriff des "öffentlichen Interesses" einer Entwicklung und sei nicht starr zu betrachten. Entgegen den Zielen der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts, als das im öffentlichen Interesse gelegene Wirtschaftswachstum auch das Wachstum des Flugverkehrs für alle umfasst habe, komme zwischenzeitlich der Erhaltung der Lebensgrundlagen ungleich höhere Bedeutung zu und werde auch in Verfassungs- und Staatszielbestimmungen verankert. Gerade beim Begriff des öffentlichen Interesses sei kein Platz für die Versteinerungstheorie, vielmehr sei von einem beweglichen System und einem stetigen Wandel auszugehen.

8.3.Zur Verfassungswidrigkeit des § 71 Abs 1 litd LFG:

Wie das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis schlüssig darlege, sei der Begriff der "öffentlichen Interessen" durch einen klaren Bezug zur Gemeinwohlbildung gekennzeichnet. Im Zusammenhang mit der vorgegebenen Interessenabwägung sei dieser Begriff im Einzelfall durchaus durch die Verwaltung und durch die Verwaltungsgerichte auslegbar. Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass der nicht näher eingegrenzte Begriff des "öffentlichen Interesses" in zahlreichen Rechtsvorschriften von Bund und Ländern (zB im Raumordnungs- und Naturschutzrecht) Verwendung finde und der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen habe, dieser Begriff sei in den jeweiligen Verwaltungsverfahren zu konkretisieren.

8.4.Zur demokratischen Staatsorganisation:

Dass die Verwaltungsgerichte in der Regel in der Sache entscheiden sollten, sei durch die Bundesverfassung vorgegeben und vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt bekräftigt worden. Da die Verwaltungsgerichte eine reformatorische Kognitionsbefugnis besitzen würden, könnten sie auch Ermessens- und Abwägungsentscheidungen treffen (dies entspreche auch europäischen Rechtsschutzstandards und sei durch die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten [in der Folge: UVP-RL], ABl. 2012 L 26, 1, unionsrechtlich vorgegeben). Die Gegner dieser Rechtslage und die Befürworter des Vorbehaltes von Interessenabwägungs- und Ermessensentscheidungen zugunsten "politischer Organe" würden immer wieder mit der mangelnden demokratischen Legitimation der Richter argumentieren. Diese Argumente würden einerseits keinerlei verfassungsrechtliche Relevanz aufweisen, andererseits würden sie die rechtsstaatliche Dimension der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit verkennen. Die beschwerdeführenden Parteien würden darüber hinaus übersehen, dass gemäß § 2 Abs 2 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013, die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung, somit durch ein direkt demokratisch legitimiertes Organ auf Vorschlag eines indirekt demokratisch legitimierten Organes, ernannt würden.

8.5.Zur Heranziehung internationaler Abkommen:

Die diesbezüglichen Ausführungen der beschwerdeführenden Parteien gingen insgesamt schon deshalb ins Leere, weil das Bundesverwaltungsgericht die internationalen Abkommen nicht angewendet habe, sondern deren Zielrichtung, die weltweite Reduktion von Treibhausgasen, lediglich in ihrer Finalität beschrieben habe. Für internationale Abkommen gelte (ebenso wie für die GRC), dass auch bei nicht unmittelbarer Anwendbarkeit staatliches Handeln untersagt sei, das diesen Zielbestimmungen zuwiderlaufe (sog. Frustrationsverbot; vgl. Art 4 Abs 3 EUV, ABl. 2016 C202, 13, sowie Art 18 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl 40, 1980). Diese Bestimmung verbiete es Österreich, Handlungen zu setzen, die Ziel und Zweck etwa des Übereinkommens von Paris oder des Kyoto-Protokolls zu vereiteln in der Lage seien.

Das Bundesverwaltungsgericht habe den Klimaschutz – in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – als öffentliches Interesse qualifiziert. Um die Bedeutung dieses öffentlichen Interesses zu illustrieren, seien auch die Ziele internationaler Abkommen genannt worden, von einer Anwendung könne aber keine Rede sein.

8.6.Zur behaupteten denkunmöglichen Mitanwendung des KSG und zur Außerachtlassung des EZG 2011:

Auch das KSG sei – wie der zitierte Ministerratsbeschluss – im angefochtenen Erkenntnis nicht angewendet, sondern lediglich zur Argumentation herangezogen worden. Diese Dokumente würden zeigen, dass ein Vorhaben, mit dem nachweislich und unwidersprochen eine wesentliche Erhöhung der CO2-Emissionen verbunden sei, gegen das öffentliche Interesse am Klimaschutz verstoße. Ein Projekt, nach dem zwar der Bedarf nachgewiesen werden könne, das aber diametral gegen die Interessen des Klimaschutzes verstoße, sei nicht bewilligungsfähig.

Eine Anwendung des EZG 2011 wäre im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gar nicht möglich gewesen, denn Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei die Abweisung einer Bewilligung gemäß § 71 LFG gewesen. Warum dabei das EZG 2011 eine Rolle gespielt hätte, sei rechtlich nicht nachvollziehbar.

8.7.Zur behaupteten unrichtigen Heranziehung der GRC, des BVG Nachhaltigkeit und der NÖ LV 1979 als Staatszielbestimmungen:

Das Bundesverwaltungsgericht sei nicht von der unmittelbaren Anwendbarkeit einer der genannten Bestimmungen ausgegangen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes könnten Staatsziele (insbesondere jenes über den umfassenden Umweltschutz) interpretationssteuernd wirken. Dies komme nicht nur bei Ermessensentscheidungen zum Tragen, wobei das Staatsziel eine zusätzliche Leitlinie der Ermessensübung sein könne, sondern es könne auch durchaus die Versagung einer Bewilligung und damit ein Grundrechtseingriff damit gerechtfertigt werden. Staatsziele würden für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Eingriffes eine bedeutende Rolle spielen. Gerade der Klimaschutz zähle zu den Kernelementen des umfassenden Umweltschutzes und damit zu den Schutzgütern des BVG Nachhaltigkeit.

8.8.Zur Bodeninanspruchnahme:

Angesichts der Offenheit der Begriffsbildung der "öffentlichen Interessen" in § 71 LFG könne der sparsame Bodenverbrauch durchaus als öffentliches Interesse angesehen werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe in der angefochtenen Entscheidung ausreichend begründet, dass mit der Verwirklichung des Projektes "Dritte Piste" eine ungeheure Vernichtung besten landwirtschaftlichen Kulturgrundes verbunden sei.

Das Interesse am sparsamen Umgang mit qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Flächen sei – ungeachtet der örtlichen und überörtlichen Raumordnung sowie des NÖ BSG – ein öffentliches Interesse, das auch von der Luftfahrtbehörde wahrgenommen werden könne. Es gehe im vorliegenden Fall nicht nur um rein bodenschutzrechtliche Aspekte, vielmehr erstrecke sich dieses öffentliche Interesse auch auf die – kompetenzneutrale – Regionalentwicklung, auf die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen landwirtschaftlichen Produkten und auf die Erhaltung von Grünflächen als wichtiger Beitrag zur Luftreinhaltung und zum Klimaschutz. Die Verwirklichung des geplanten Vorhabens hätte eine Zunahme der Treibhausgase bei gleichzeitiger Versiegelung des Bodens bedeutet. Durch die Abweisung dieses Ansuchens würden diese Grünflächen erhalten bleiben und neben der Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten durch die ökologische Funktion dieser Grünflächen auch zum Klimaschutz beitragen.

8.9.Zum Vorwurf der denkunmöglichen Annahme des Verschwindens von Flugbewegungen:

Der Flughafen Wien habe im Jahr 2016 um rund 40.000 Flugbewegungen weniger verzeichnet als im Spitzenjahr 2008. Bedenke man, dass die erstbeschwerdeführende Partei die dritte Piste ursprünglich im Jahr 2012 habe in Betrieb nehmen wollen, nunmehr aber den Prognosezeitpunkt für Kapazitätsengpässe auf das Jahr 2030 verlegt hätte, habe sich das Projekt bereits selbst ad absurdum geführt.

Der eigentliche Grund für die dritte Piste sei nicht ein Mangel an Kapazitäten, sondern das Schaffen derselben, um im internationalen Wettbewerb besser dazustehen und in Spitzenstunden am internationalen Markt freie Kapazitäten anbieten zu können, um so eine Verlagerung von Flugbewegungen nach Wien zu erzielen (es solle künstlich Flugverkehr angezogen werden, der in der österreichischen Klimabilanz zu verbuchen sei und in unserer Verantwortung stehe). Das bedeute mehr Luftverkehr sowie mehr Umweltvernichtung und Klimaschädigung auf Kosten der Allgemeinheit für den Profit einzelner Privater.

Diese unternehmerische Tätigkeit der erstbeschwerdeführenden Partei habe weder mit dem originären Bedarf an Flugverkehr in Österreich zu tun, noch liege sie sonst im öffentlichen Interesse. Es gehe dabei ausschließlich um privatwirtschaftliche Interessen der erstbeschwerdeführenden Partei, deren Berücksichtigung – wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht ausgeführt habe – bei der Bewilligung eines Zivilflugplatzes nach dem LFG nicht vorgesehen sei. In jedem Fall reiche dieser Beschwerdepunkt nicht in die Verfassungssphäre.

8.10.Zum Überraschungsverbot und Parteiengehör:

Selbst wenn die von den beschwerdeführenden Parteien erhobenen Vorwürfe zutreffen sollten – was ausdrücklich bestritten werde –, handle es sich um keine solchen Rechtsfehler, die Willkür iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes begründen würden, sondern um einfachgesetzliche Fragen, zu deren Klärung der Verwaltungsgerichtshof berufen sei. Dasselbe gelte für den Vorwurf, einzelne – den beschwerdeführenden Parteien ohnedies bekannte – Stellungnahmen seien ihnen nicht übermittelt worden.

8.11.Zur Abweisung der Verlegung der B10:

Da die Verlegung der Straße in unmittelbarem Kausalzusammenhang mit dem Bau der dritten Piste stehe, es aber sonst keine wie immer gearteten straßenrechtlichen oder sonstigen Gründe gebe, dieses Straßenverlegungsprojekt zu realisieren, sei die Abweisung dieses Teiles des Antrages sachlich begründet und in keiner Weise willkürlich.

9.Die beteiligten Parteien A., P. B., J. L., T. H. und B. L. haben eine Äußerung erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt entgegentreten:

9.1.Vorweg sei festzuhalten, dass die von den beschwerdeführenden Parteien gerügten Rechtsverletzungen im vorliegenden Fall nur dann vom Verfassungsgerichtshof zu prüfen wären, wenn das Bundesverwaltungsgericht tatsächlich so schwerwiegende Fehler begangen hätte, dass diese Verstöße in die Verfassungssphäre reichen würden. Eine solch grob rechtswidrige Entscheidung liege aber keinesfalls vor, weil das Bundesverwaltungsgericht die betreffenden Gesetze weder denkunmöglich angewendet, noch eine willkürliche Entscheidung getroffen habe. Das 128 Seiten starke angefochtene Erkenntnis sei umfassend begründet und fuße auf der bestehenden (Verfassungs-)Rechtslage – insbesondere auf dem BVG Nachhaltigkeit. Das Bundesverwaltungsgericht habe seine Entscheidung nach einem umfangreichen ergänzenden Ermittlungsverfahren und einer ausführlich argumentierten, gut strukturierten und nachvollziehbaren Interessenabwägung getroffen. Dabei sei der dem Gericht eingeräumte Ermessensspielraum nicht (schon gar nicht willkürlich) überschritten worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe eben nach der Gesetzeslage eine Abwägung zwischen den verschiedenen, gegenläufigen öffentlichen Interessen zu treffen und letztlich dem verfassungsrechtlich verankerten Klimaschutz sowie dem Erhalt von Ackerbauflächen den Vorzug gegeben. Alleine die bei Verwirklichung der dritten Piste gutachterlich festgestellte Erhöhung der CO2-Emissionen Österreichs um potentiell mehr als 2 % sei eben erheblich und rechtfertige die getroffene Abwägungsentscheidung allemal. Das Bundesverwaltungsgericht habe somit keinen gleichheitswidrigen Ermessensmissbrauch und jedenfalls keinen so schweren Fehler begangen, dass die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage mit Willkür belastet wäre. Das einfache Gesetz (insbesondere § 71 LFG) sei nicht denkunmöglich oder willkürlich angewendet oder verfassungswidrig ausgelegt worden.

9.2.Entgegen der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien sei das Bundesverwaltungsgericht nicht nur berechtigt, sondern gesetzlich sogar dazu verpflichtet gewesen, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Da das "Ermessen" generell eine gesetzlich eingeräumte Entscheidungs- und Gestaltungskompetenz der Verwaltung darstelle, werde der Verwaltung auch bei einer notwendigen Interpretation einer Norm oder bei der Auslegung unbestimmter Begriffe – wie etwa dem "öffentlichen Interesse" iSd § 71 LFG – vom Gesetz oftmals implizit ein Ermessensspielraum eingeräumt. Da Ermessensvorschriften vielfach den Ausgleich unterschiedlicher Belange zum Ziel hätten, seien auch gesetzlich normierte Interessenabwägungen im Einzelfall typisch für Ermessensentscheidungen. Quer über unterschiedliche Gesetzesmaterien hinweg würden unterschiedlich konzipierte Interessenabwägungsklauseln eine einzelfallbezogene Bewertung, Gewichtung und Abwägung der entscheidungsrelevanten Belange durch die Verwaltung erfordern. Der Verwaltung könne dabei – teils explizit, teils implizit – aufgetragen sein, den ihr eingeräumten Ermessensspielraum im Wege der Abwägung der betroffenen öffentlichen und/oder privaten Interessen auszufüllen. Auch in jenen Fällen, in denen die Behörde nach Prüfung der für oder gegen ein Projekt sprechenden Interessen eine Entscheidung treffen müsse, handle es sich um eine Form der Ermessensübung. Es sei daher – entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien – völlig richtig und (verfassungs-)rechtskonform gewesen, dass das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen habe, weil es dazu verpflichtet gewesen sei, die für und gegen das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interesse zu prüfen und die Zivilflugplatz-Bewilligung zu versagen, wenn dieser gewichtige öffentliche Interessen entgegenstünden (vgl. § 71 Abs 1 litd LFG). Da sich im vorliegenden Fall die verwaltungsbehördliche Ermessensübung als nicht iSd Gesetzes erwiesen habe, weil die maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder teils auch schlicht unrichtig festgestellt worden seien, und die Niederösterreichische Landesregierung die gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht berücksichtigt habe, sei das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet gewesen, in der Sache selbst eigenes Ermessen zu üben.

9.3.Der Wortlaut des § 71 Abs 1 litd LFG ("wenn keine öffentlichen Interessen entgegenstehen") sei im Vergleich zum (nach dem Erkenntnis VfSlg 11.019/1986 eine Interessenabwägung normierenden) § 5 DMSG viel eindeutiger und impliziere – entgegen der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien – zweifellos eine gebotene Interessenabwägung. Im Übrigen könne es ohnedies dahingestellt bleiben, ob § 71 LFG zu einer Interessenabwägung und einer daran anschließenden gebundenen Entscheidung ermächtige, oder ob er Ermessen iSd Art 130 Abs 3 B-VG einräume. Nach der erklärten Intention der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform und der eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes solle das Bundesverwaltungsgericht in aller Regel in der Sache selbst entscheiden und dürfe einen Bescheid sowohl bei gebundenen als auch bei Ermessensentscheidungen nur ausnahmsweise beheben und die Angelegenheit zurückverweisen.

9.4.Entgegen der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien stelle die Subsumtion von Klimaschutz und Bodeninanspruchnahme unter das Tatbestandselement "sonstige öffentliche Interessen" des § 71 Abs 1 litd LFG gerade keine denkunmögliche Gesetzesanwendung dar, sondern ergebe sich diese aus den gesellschaftlichen Wertungen, der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte und der verfassungskonformen Interpretation der Norm. Mangels weiterer gesetzlicher Festlegungen müsse der unbestimmte Gesetzesbegriff des öffentlichen Interesses bei Normen, in denen in allgemeiner Form auf einschlägige öffentliche Interessen verwiesen werde und weder taxativ noch demonstrativ die zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen normiert würden, daher im Gesamtzusammenhang der konkreten Bestimmung ausgelegt und auf die Judikatur der Gerichtshöfe zurückgegriffen werden. Bei der Erlassung der genannten Bestimmung des LFG im Jahr 1957 seien Klimaänderung und Verhinderung von Emissionen von Treibhausgasen noch nicht bedacht worden. Die Dominanz des Ausbaues der Luftfahrt und die damit verbundenen wirtschaftlichen Aspekte, wie sie in der Zeit der Erlassung des LFG typisch gewesen seien, würden seit längerer Zeit durch eine verstärkte Beachtung des Umweltschutzes abgelöst. Die Notwendigkeit des Umwelt- und Klimaschutzes gelte mittlerweile wissenschaftlich und gesellschaftlich als allgemein anerkannt, um noch größere Schäden in Zukunft zu vermeiden bzw. zumindest zu minimieren. Durch die Änderung der Gegebenheiten habe sich auch die Interpretation des Begriffes der öffentlichen Interessen (bzw. der Umfang derselben) gewandelt. Der Klimawandel sei in der heutigen Zeit eines der dringlichsten Probleme. Der Zwang zur Berücksichtigung der Zunahme an Treibhausgasen und der damit gesellschaftlichen Gesamtkosten schlage sich auch in einer Reihe von gesetzlichen Bestimmungen auf allen Ebenen des Völker- und Unionsrechtes sowie Bundes- und Landes(verfassungs-)rechtes nieder. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Judikatur zum Umweltrecht schon die unterschiedlichsten öffentlichen Interessen als schutzwürdig anerkannt (zB die Abwehr der Gefährdung von Menschen und Eigentum, den Klimaschutz, die Bodenreform, die Agrarstrukturverbesserung, die Landwirtschaft und den Naturschutz) und den Klimaschutz als ein besonders wichtiges öffentliches Interesse bezeichnet. In seiner Rechtsprechung zu § 9 Abs 2 LFG habe der Verwaltungsgerichtshof u.a. Umweltschutzinteressen, Belange des Forst- und Jagdwesens und Naturschutz als öffentliche Interessen iSd genannten Bestimmung anerkannt. Es bestehe kein Zweifel, dass Klimaschutz und der Schutz vor übermäßiger Bodeninanspruchnahme dem Schutz der Allgemeinheit und der Hintanhaltung von Gefährdungen von Leben, Gesundheit und Eigentum dienen würden, sodass diese öffentlichen Interessen auch iSd § 71 Abs 1 litd LFG berücksichtigt werden könnten.

9.5.Die gebotene verfassungskonforme Interpretation des § 71 LFG zeige, dass der umfassende Umweltschutz sowie der Klimaschutz und der Schutz des Bodens öffentliche Interessen iSd LFG seien:

9.5.1.Zwar sei der Klimaschutz in § 3 BVG Nachhaltigkeit kein explizit erwähntes Schutzgut, die Aufzählung sei jedoch bloß demonstrativ, und es lasse sich schwer bestreiten, dass der Klimaschutz ein unverzichtbares Element des modernen umfassenden Umweltschutzes und daher auch zweifelsfrei vom Staatsziel Umweltschutz erfasst sei. Außerdem könne der Klimaschutz unter die Setzung von Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft subsumiert werden. Die Staatszielbestimmung des umfassenden Umweltschutzes werde insbesondere als Auslegungsmaxime maßgeblich (niederrangiges Recht sei in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht auszulegen). Unbestimmte Gesetzesbegriffe – wie das "öffentliche Interesse" iSd § 71 Abs 1 litd LFG – seien staatszielkonform auszulegen. Die verfassungsmäßige Verankerung des Umweltschutzes verdeutliche das große öffentliche Interesse an umweltschützenden gesetzlichen Regelungen. Staatsziele seien im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen, könnten die Einschränkung von anderen Belangen von verfassungsrechtlichem Gewicht, wie etwa den Grundrechten, rechtfertigen oder im Wege der Normenkontrolle als Maßstab der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen dienen. Es gebe umfassende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, in der das BVG Umweltschutz als Auslegungsmaxime herangezogen worden sei oder Grundrechtseingriffe als gerechtfertigt angesehen worden seien, weil sie der Staatszielbestimmung Umweltschutz und damit einem besonderen öffentlichen Interessen dienen würden. Das Staatsziel Umweltschutz wirke in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auch als Begründung für die sachliche Rechtfertigung einer gesetzlichen Regelung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes.

9.5.2.Nicht zuletzt werde auch im Bereich des Unionsrechtes der Umweltschutz als gewichtiges öffentliches Interesse anerkannt (vgl. Art 3 Abs 3 EUV sowie Art 11 und Art 191 Abs 1 AEUV, ABl. 2016 C202, 47). Art 37 GRC sei in vielerlei Hinsicht mit dem österreichischen Staatsziel Umweltschutz des § 3 BVG Nachhaltigkeit vergleichbar. Es könne daher auch Bedeutung bei der Interessenabwägung und bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang mit der Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen oder Beschränkungen der Grundfreiheiten im Interesse des Umweltschutzes erlangen. Auch der EuGH habe in seiner Rechtsprechung die Bedeutung des Umweltschutzes hervorgehoben und als öffentliches Interesse anerkannt, das verhältnismäßige Beschränkungen der Grundfreiheiten und Grundrechte rechtfertigen könne.

9.6.Entgegen der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien mache es § 71 LFG nicht verfassungswidrig, wenn der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht ein gewisser Beurteilungsspielraum bei der Interessenabwägung zustehe oder unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet würden. Es liege vielmehr im (zulässigen) rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, wenn er sich dafür entscheide, der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht einen gewissen Spielraum einzuräumen, zu einer Ermessensentscheidung zu ermächtigen und die konkret zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen nicht demonstrativ oder taxativ aufzuzählen. In vielen umweltrechtlichen Gesetzen stelle die Abwägung unterschiedlicher betroffener Interessen den Kern der verwaltungsbehördlichen Entscheidung dar, weil der Bau einer Betriebsanlage regelmäßig im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen Interessen einerseits sowie ökologischen und den umfassenden Umweltschutz betreffenden Aspekten andererseits stehe. Auch wenn die gezielte Einräumung von Ermessen bzw. einer Interessenabwägung (iSd Berücksichtigung entgegenstehender öffentlicher Interessen) allenfalls Interpretationsnotwendigkeiten mit sich bringen könne, bleibe es letztlich die Konsequenz der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung, die Einräumung von Ermessen in die Hand der Gesetzgebung zu legen. Könnten einem Materiengesetz keine Gewichtungskriterien entnommen werden, so habe sich die im Einzelfall vorzunehmende Gewichtung der involvierten Interessen insbesondere an bundes- oder landesverfassungsrechtlich grundgelegten Wertgedanken zu orientieren. Im Bereich von umweltrechtlichen Entscheidungen werde die Interessenabwägung insbesondere durch die umweltpolitischen Zielsetzungen des demokratischen Gesetzgebers sowie durch die betroffenen Grundrechte determiniert. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich sehr genau mit der Bewertung der verschiedenen öffentlichen Interessen, die im konkreten Einzelfall vorliegen würden, auseinandergesetzt. Es habe bei seinen Argumenten, die gegen den Bau des geplanten Vorhabens sprechen würden, nicht pauschal auf den Umweltschutz abgestellt, sondern sich konkret mit den aus dem Bau und Betrieb verursachten negativen Auswirkungen auf die Umwelt (insbesondere dem CO2-Ausstoß und der Bodeninanspruchnahme) auseinandergesetzt und ein umfangreiches ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, um die Bewertung der öffentlichen Interessen und des Klimaschutzes empirisch zu fundieren.

9.7.Das Bundesverwaltungsgericht habe genau das gemacht, wozu es vom Gesetz aus berechtigt und verpflichtet gewesen sei. Es sei insbesondere auch nicht rechtssetzend tätig geworden, sondern habe schlichtweg die bestehenden Gesetze angewendet und sich innerhalb des ihm eingeräumten Entscheidungsspielraumes bewegt. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51, sei den Verwaltungsgerichten bewusst die Befugnis und Verpflichtung übertragen worden, bei fehlerhaften Entscheidungen der Behörden selbst zu entscheiden. Ziel sei es gewesen, die Verfahren dadurch zu beschleunigen. Sofern im Gesetz Abwägungsentscheidungen vorgesehen seien und verschiedene öffentliche Interessen abzuwägen seien (wie es etwa im Umwelt- und Naturschutzrecht regelmäßig der Fall sei), sei dies nun die Aufgabe der Gerichte. Der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Judikatur von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte aus, weswegen die in § 28 Abs 2 VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt, dass eine Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde wegen neuerlicher Ermessensübung mit zusätzlicher zeitlicher Verzögerung und zusätzlichem Aufwand verbunden gewesen wäre. Es sei daher völlig zutreffend dazu verpflichtet und berechtigt gewesen, nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens selbst eine meritorische Entscheidung zu fällen. Dadurch habe das Bundesverwaltungsgericht seine Kognitionsbefugnis aber gerade nicht überschritten, weil diese Entscheidungsbefugnis und -verpflichtung den Verwaltungsgerichten ausdrücklich vom Gesetzgeber übertragen worden sei.

9.8.Die beschwerdeführenden Parteien würden in ihrer Argumentation scheinbar bewusst verkennen, dass die Klimaschutzgesetze und -abkommen (wie das Kyoto-Protokoll oder das KSG) vom Bundesverwaltungsgericht nicht unmittelbar angewendet, sondern nur im Rahmen der zu treffenden Interessenabwägung berücksichtigt worden seien. Es sei dem Wesen nach vollkommen unerheblich, ob die internationale Luftfahrt nach den Regeln des Kyoto-Protokolls einbezogen sei oder nicht, weil es im Endeffekt für das Klima nur auf die tatsächlich verursachten Treibhausgasemissionen ankomme. Ob die Reduktion dieser Emissionen im Rahmen des Emissionshandels (betreffend den Luftverkehr) oder auf Grund der Vorgaben im KSG (betreffend den Verkehr im Allgemeinen, damit auch den Flughafen) erreicht werden solle, spiele dabei kein Rolle, weil an Hand der völkerrechtlichen, unionsrechtlichen und nationalen Verpflichtungen Österreichs feststehe, dass das Zwei-Grad-Ziel nur erreicht werden könne, wenn alle Wirtschaftssektoren (insbesondere auch der Flugverkehr) zusammenwirken und einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen leisten würden. Diese internationalen Vereinbarungen würden das große gesellschaftliche Interesse am Klimaschutz verdeutlichen, das dem Bau der dritten Piste entgegenstehe. Die Erhöhung der Flughafenkapazitäten sei auch kein erklärtes Ziel der Europäischen Union, sondern es könne ein allfälliges Wachstum in diesem Bereich nur erfolgen, wenn das öffentliche Interesse am Klimaschutz geschützt und die Erreichung des Zwei-Grad-Zieles nicht gefährdet werde.

9.9.Die Rechtsansicht der beschwerdeführenden Parteien, dass die Emissionen des Luftverkehrs dem Betrieb des Flughafens Wien beim vorliegenden UVP-Verfahren nicht zugerechnet werden dürften, widerspreche dem Gesetzeszweck des UVP-G 2000 und der UVP-RL. Auch die Behauptung, dass der Klimaschutz kein nach dem UVP-G 2000 zu berücksichtigendes öffentliches Interesse sei, sei völlig verfehlt und erscheine geradezu grotesk. Zweifellos müssten im Rahmen der UVP sowohl die mittelbaren als auch die unmittelbaren Auswirkungen und CO2-Emissionen beim Bau und Betrieb der dritten Piste berücksichtigt werden. Da gemäß § 1 Abs 1 litb UVP-G 2000 auch Auswirkungen auf das Klima zu prüfen seien, stelle der Klimaschutz auch im UVP-Verfahren ein öffentliches Interesse dar.

9.10.Der Schutz des Bodens und der Bodeninanspruchnahme seien öffentliche Interessen, die sowohl im LFG als auch im UVP-G 2000 (vgl. § 1 Abs 1 litb leg.cit.) schützenswerte Güter seien, sodass diese Aspekte vom Bundesverwaltungsgericht zu Recht im Rahmen der Interessenabwägung miteinbezogen worden seien. Der Schutz des Bodens zähle außerdem zum Umweltschutz (vgl. § 3 und § 5 BVG Nachhaltigkeit sowie Art 4 NÖ LV 1979), der als öffentliches Interesse allgemein anerkannt sei. Auch ein quantitativer Verlust von Böden stelle einen qualitativen Verlust von Böden dar.

9.11.Die angefochtene Entscheidung gebe die von der Meinung der beschwerdeführenden Parteien abweichenden Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Art in einer aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandenden Weise wieder. Sie sei in schlüssiger, sachlicher Weise begründet, und es seien alle wesentlichen Aspekte berücksichtigt worden. Sie gehe auf die den Umständen nach maßgeblichen Punkte der Rechtssache ein. Auch wenn die von der Beschwerde behaupteten Mängel zutreffen würden (was ausdrücklich bestritten werde), würden sie nicht in die Verfassungssphäre reichen und keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes begründen. Das Bundesverwaltungsgericht habe das Ermittlungsverfahren vorbildlich geführt und sogar weitreichende ergänzende Ermittlungen durchgeführt. Die vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung und Entscheidung sei nachvollziehbar und keinesfalls willkürlich.

9.11.1.Die von den beschwerdeführenden Parteien vermissten Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Auswirkungen des Entfalles der dritten Piste auf das Verkehrsgeschehen in der Luft und am Lande im gesamten europäischen und weltweiten Verkehrsnetz seien nicht Gegenstand einer UVP eines konkreten Projektes und würden den Rahmen des UVP-Verfahrens bei weitem sprengen. Gegenstand des Genehmigungsverfahrens nach dem UVP-G 2000 sei ausschließlich das konkrete, vom Projektwerber eingereichte Vorhaben, wobei sowohl die unmittelbaren als auch die mittelbaren Auswirkungen dieses konkreten Vorhabens bei der UVP maßgeblich seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe die von den beschwerdeführenden Parteien angesprochene Nullvariante ausreichend untersucht und an Hand der sachverständigen Gutachten nachvollziehbar dargelegt, wie sich die Gesamtemissionen der dem Flughafen Wien zurechenbaren Flüge im Nullplanfall (zwei Pisten) und im Vorhabensfall (drei Pisten) darstellen würden.

9.11.2.Völlig absurd sei die Behauptung der beschwerdeführenden Parteien, es sei für sie bis zur Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses nicht erkennbar gewesen, dass die CO2-Emissionen aus den Flugbewegungen entscheidungsrelevant sein könnten, wo sich doch das gesamte Ermittlungsverfahren im Kern um diese Frage gedreht habe, verschiedene Sachverständigengutachten zu diesem Thema eingeholt worden seien, sich auch die beschwerdeführenden Parteien zu diesen Gutachten äußern hätten können und sie auch selbst eine Stellungnahme zum Thema CO2-Reduktion vorgelegt hätten. Die beschwerdeführenden Parteien würden auch selbst zugestehen, dass das Thema der CO2-Emissionen beim Themenblock Luftschadstoffe in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführlich behandelt worden sei.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei unter dem von den beschwerdeführenden Parteien als verletzt angesehenen Überraschungsverbot das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbeziehe, die der Partei nicht bekannt gewesen seien; es erstrecke sich daher nicht auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung. Das Verwaltungsgericht sei daher nicht gehalten gewesen, die Partei zu der von ihr vertretenen Rechtsansicht anzuhören.

Die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete Verletzung des einfachgesetzlichen Rechtes auf Parteiengehör könne für sich allein keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes bedeuten. Die einschreitenden Parteien seien in Kenntnis des Umstandes gewesen, dass beteiligte Parteien noch fachliche Stellungnahmen abgegeben hätten, hätten es aber unterlassen, bis zur Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses im Februar 2017 noch einmal Akteneinsicht zu nehmen, was sie sich selbst zuzuschreiben hätten. Außerdem habe die mündliche Verhandlung ohnedies Gelegenheit geboten, den Amtssachverständigen zu den CO2-Emissionen aus dem Flugverkehr zu befragen und sich zum Thema Bodenverbrauch zu äußern.

9.11.3.Da es sich bei dem von den beschwerdeführenden Parteien gemeinsam beantragten Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb der "Parallelpiste 11R/29L" samt allen damit in Zusammenhang stehenden Vorhabensbestandteilen, wie u.a. der "Verlegung der Landesstraße B 10", um ein einheitliches Gesamtprojekt handle, sei über diesen Antrag selbstverständlich auch gemeinsam im Spruch zu entscheiden gewesen. Wenn der Bau der dritten Piste nicht zulässig sei, seien auch die damit in einem räumlichen oder sachlichen Zusammenhang stehenden einzelnen Vorhabensbestandteile nicht notwendig und zulässig.

10.Die beteiligte Partei W. P. hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt, indem sie v.a. auf die Gefahren der Sonnenstrahlungsverstärkung durch Kondensstreifen und hohe, dünne Wolken des Flugverkehrs hinweist.

11.Schließlich haben mehrere Standort- und Nachbargemeinden – gestützt auf ein Rechtsgutachten zur Frage ihrer Parteistellung im Berufungsverfahren und ihrer Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie unter Hinweis darauf, dass sie auf Grund der dort zitierten Judikatur aus Gründen der "Waffengleichheit" auch am Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu beteiligen seien (vgl. ) – eine Äußerung erstattet, in der sie erklären, sämtliche Bedenken der beschwerdeführenden Parteien – sowohl hinsichtlich der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, als auch hinsichtlich der Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Rechtsvorschriften – zu teilen. Sie würden das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien unterstützen, nach dem diese bei Einhaltung der verfassungsgesetzlich garantierten Verfahrensgrundsätze hätten darlegen können, dass die Nullvariante zu keiner Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen für das Weltklima führen würde, sondern es durch Umwege und Zwischenlandungen zu vermehrten CO2-Emissionen käme und wesentliche öffentliche Interessen bei Entfall der dritten Piste negativ berührt wären. Zu diesen bei Entfall der dritten Piste negativ berührten öffentlichen Interessen würden die Gemeinden insbesondere auf die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Flugsicherheit sowie zur Standortverbesserung und zu den Arbeitsplätzen verweisen.

12.Die beschwerdeführenden Parteien haben eine Replik erstattet.

II.Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.Art37 GRC lautet:

"Artikel 37

Umweltschutz

Ein hohes Umweltschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität müssen in die Politik der Union einbezogen und nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sichergestellt werden."

2.§3 BVG Nachhaltigkeit lautet:

"§3. (1) Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zum umfassenden Umweltschutz.

(2) Umfassender Umweltschutz ist die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen. Der umfassende Umweltschutz besteht insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm."

3.Art4 Z 2 NÖ LV 1979 lautet:

"Artikel 4

Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns

[…]

2. Lebensbedingungen:

Das Land Niederösterreich hat in seinem Wirkungsbereich dafür zu sorgen, dass die Lebensbedingungen der niederösterreichischen Bevölkerung in den einzelnen Gemeinden und Regionen des Landes unter Berücksichtigung der abschätzbaren, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse gewährleistet sind. Dabei kommt der Schaffung und Erhaltung von entsprechenden Arbeits- und Sozialbedingungen, der grundsätzlichen Anerkennung und Erhaltung des Sonntages als Tag der Arbeitsruhe, der bestmöglichen Sicherung der gesundheitlichen Versorgung sowie ausreichenden Wohnmöglichkeiten, dem Schutz und der Pflege von Umwelt, Natur, Landschaft und Ortsbild besondere Bedeutung zu. Wasser ist als Lebensgrundlage nachhaltig zu sichern. Dem Klimaschutz kommt besondere Bedeutung zu."

4.§17 UVP-G 2000 lautete:

"Entscheidung

§17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.

(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:

1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,

2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die

a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,

b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder

c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,

3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.

(3) Für Vorhaben der Z 9 bis 11 und Z 16 des Anhanges 1 sind an Stelle des Abs 2 die Kriterien des § 24f Abs 1 und 2 anzuwenden. Gleiches gilt für Vorhaben der Z 14, sofern sie Flughäfen gemäß § 64 des Luftfahrtgesetzes, BGBl Nr 253/1957, betreffen; für diese Vorhaben der Z 14 sowie für Vorhaben der Z 9 bis 11 des Anhanges 1 sind weiters die Bestimmungen des § 24f Abs 15 Satz 1 und 2 sowie die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes anzuwenden.

(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.

(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.

(6) In der Genehmigung können angemessene Fristen für die Fertigstellung des Vorhabens, einzelner Teile davon oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgesetzt werden. Die Behörde kann diese Fristen aus wichtigen Gründen verlängern, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin dies vor Ablauf beantragt. In diesem Fall ist der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes über die Abweisung des Verlängerungsantrages gehemmt. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens oder eines Verfahrens gemäß § 18b können die Fristen von Amts wegen geändert werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist jedenfalls bei der Behörde und in der Standortgemeinde mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Der Bescheid hat die Entscheidungsgründe sowie Angaben über die Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Beschreibung der wichtigsten Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und, soweit möglich, ausgeglichen werden, zu enthalten. Die Auflage ist in geeigneter Form, jedenfalls auch im Internet, kundzumachen.

(8) Erfolgt die Zustellung behördlicher Schriftstücke gemäß § 44f AVG durch Edikt, so ist die öffentliche Auflage abweichend von § 44f Abs 2 AVG bei der Behörde und in der Standortgemeinde vorzunehmen.

(9) Der Genehmigungsbescheid hat dingliche Wirkung. Genehmigungsbescheide betreffend Vorhaben der Z 18 des Anhanges 1 haben bindende Wirkung in Verfahren zur Genehmigung von Ausführungsprojekten nach den darauf anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.

(10) Genehmigungsbescheide betreffend Vorhaben der Z 18 des Anhanges 1 können bis zu deren Ausführung nach den Bestimmungen des § 18b geändert werden. Änderungen im Sinne von § 18b sind betreffend Vorhaben der Z 18 des Anhanges 1 nur Änderungen der Flächeninanspruchnahme oder der Bruttogeschoßfläche, des Ausmaßes der Versickerungsflächen, der Anzahl und räumlichen Verteilung der KFZ-Stellplätze, der Gebäudehöhen, der Art der Nutzung und der räumlichen Verteilung der Gesamtkontingente (Bruttogeschoßfläche samt prozentueller Anteile der Nutzungsarten), der Energieversorgung, des Verkehrs- und Erschließungssystems sowie des Systems der Abfall- und Abwasserentsorgung, soweit unter Zugrundelegung des Beurteilungsmaßstabes im durchgeführten UVP-Verfahren nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter zu erwarten sind."

5.§71 LFG lautet:

"Voraussetzungen der Zivilflugplatz-Bewilligung

§71. (1) Die Zivilflugplatz-Bewilligung ist zu erteilen, wenn

a) das Vorhaben vom technischen Standpunkt geeignet und eine sichere Betriebsführung zu erwarten ist,

b) der Bewilligungswerber verläßlich und zur Führung des Betriebes geeignet ist,

c) die finanziellen Mittel des Bewilligungswerbers die Erfüllung der aus diesem Bundesgesetz für den Flugplatzhalter sich ergebenden Verpflichtungen gewährleisten, und

d) sonstige öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(2) Voraussetzung für die Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung eines öffentlichen Flugfeldes ist außerdem, daß ein Bedarf hiefür gegeben ist. Flughäfen dürfen nur bewilligt werden, wenn ihre Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ein Flughafen ist insbesondere dann nicht im öffentlichen Interesse gelegen, wenn

a) er von einem bereits bewilligten und in Betrieb befindlichen Flughafen weniger als 100 km in der Luftlinie entfernt ist und geeignet wäre, dessen Verkehrsaufgaben zu gefährden, und

b) der Unternehmer dieses bereits bestehenden Flughafens in der Lage und gewillt ist, binnen sechs Monaten die für den geplanten Flughafen in Aussicht genommenen Aufgaben selbst zu übernehmen.

(3) Bei einem bloßen Wechsel in der Person des Zivilflugplatzhalters unter Beibehaltung des bestehenden bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges sind von der zur Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung zuständigen Behörde (§68) lediglich die Voraussetzungen gemäß Abs 1 litb und c zu prüfen. Werden diese Voraussetzungen vom Bewilligungswerber hinsichtlich des bestehenden Betriebsumfanges erfüllt, kann die zuständige Behörde die Zivilflugplatz-Bewilligung ohne weitere Prüfung gemäß Abs 1 und 2 im bisherigen Umfang erteilen."

III.Erwägungen

1.Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2.Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass das Verwaltungsgericht diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnten die beschwerdeführenden Parteien im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3.Ein solches gehäuftes Verkennen der Rechtslage, das Willkür darstellt, ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

3.1.Gemäß § 71 Abs 1 LFG ist eine Zivilflugplatz-Bewilligung zu erteilen, wenn das Vorhaben vom technischen Standpunkt geeignet und eine sichere Betriebsführung zu erwarten ist (lita), der Bewilligungswerber verlässlich und zur Führung des Betriebes geeignet ist (litb), die finanziellen Mittel des Bewilligungswerbers die Erfüllung der aus diesem Bundesgesetz für den Flugplatzhalter sich ergebenden Verpflichtungen gewährleisten (litc) und sonstige öffentliche Interessen nicht entgegenstehen (litd). Voraussetzung für die Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung eines öffentlichen Flugfeldes ist gemäß § 71 Abs 2 leg.cit. außerdem, dass ein Bedarf hiefür gegeben ist. Flughäfen dürfen nur bewilligt werden, wenn ihre Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ein Flughafen ist insbesondere dann nicht im öffentlichen Interesse gelegen, wenn er von einem bereits bewilligten und in Betrieb befindlichen Flughafen weniger als 100 km in der Luftlinie entfernt ist und geeignet wäre, dessen Verkehrsaufgaben zu gefährden (lita) und der Unternehmer dieses bereits bestehenden Flughafens in der Lage und gewillt ist, binnen sechs Monaten die für den geplanten Flughafen in Aussicht genommenen Aufgaben selbst zu übernehmen (litb).

3.2.Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem – in einem verstärkten Senat ergangenen – Erkenntnis VwSlg. 7913 A/1970 mit dem Begriff der (sonstigen) "öffentlichen Interessen" in § 71 LFG auseinandergesetzt (Hervorhebung im Original):

"Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich weiter mit der Frage zu befassen, was unter den 'sonstigen öffentlichen Interessen' im Sinne des § 71 Abs 1 litd) LFG zu verstehen ist. Aus dem Worte 'sonstig' ist zu entnehmen, daß die in den lita) bis c) des § 71 Abs 1 LFG angeführten Interessen nicht darunter fallen. Es sind daher andere öffentliche Interessen zu berücksichtigen, die nach dem Luftfahrtgesetz wahrzunehmen sind. Als solche öffentliche Interessen sind beispielsweise anzusehen der Schutz der Allgemeinheit (§§92, 96 und 124 LFG), die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§§5, 124, 126, 145), die Hintanhaltung von Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum (§133), die Gewährleistung der Sicherheit der Person und des Eigentums (§122), der Sicherheit von Personen und Sachen auf der Erde (§128), die Fernhaltung störender Einwirkungen auf Personen und Sachen (§5) und die Vermeidung vermeidbaren Geräusches (§14).

Voraussetzung für die Erteilung der Flugplatz-Bewilligung eines öffentlichen Flugfeldes ist gemäß § 71 Abs 2 LFG außerdem, daß ein Bedarf hiefür gegeben ist. Flughäfen dürfen nur bewilligt werden, wenn ihre Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ein Flughafen ist insbesondere dann nicht im öffentlichen Interesse gelegen, wenn

a) er von einem bereits bewilligten und in Betrieb befindlichen Flughafen weniger als 100 km in der Luftlinie entfernt ist und geeignet wäre, dessen Verkehrsaufgaben zu gefährden, und

b) der Unternehmer dieses bereits bestehenden Flughafens in der Lage und gewillt ist, binnen sechs Monaten die für den geplanten Flughafen in Aussicht genommenen Aufgaben selbst zu übernehmen.

Voraussetzung für die Bewilligung zur Errichtung (Erweiterung) eines Flughafens ist daher nicht nur, daß ein Bedarf vorliegt, sondern daß dieses Vorhaben überhaupt im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, daß die Errichtung eines Flughafens (ebenso die Erweiterung), nur dann bewilligt werden kann, wenn dem keine öffentlichen Interessen im Sinne des § 71 Abs 1 LFG entgegenstehen und das öffentliche Interesse im Sinne des § 71 Abs 2 LFG gegeben ist. Die Eigentümer von Liegenschaften, die für die Errichtung oder Erweiterung eines Flughafens in Anspruch genommen werden sollen, können daher einwenden, daß der Errichtung oder Erweiterung des Flughafens öffentliche Interessen entgegenstehen oder daß die Errichtung oder Erweiterung nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist. Nur wenn der Errichtung oder Erweiterung keine öffentlichen Interessen entgegenstehen (§71 Abs 1 lita bis d) und dieses Vorhaben im öffentlichen Interesse gelegen ist (§71 Abs 2 LFG), kann davon ausgegangen werden, daß auf die Beanspruchung jener Liegenschaften, die für die Errichtung oder Erweiterung des Flugplatzes vonnöten sind, im öffentlichen Interesse nicht verzichtet werden kann."

In weiterer Folge haben sowohl der Verfassungsgerichtshof (vgl. VfSlg 12.465/1990) als auch der Verwaltungsgerichtshof (vgl. ) auf dieses Verständnis des Begriffes Bezug genommen. In seinem Erkenntnis VfSlg 7879/1976 hatte der Verfassungsgerichtshof – ebenfalls in diesem Sinne – keine Bedenken im Hinblick auf Art 18 B-VG gegen den Begriff der "öffentlichen Interessen" in § 130 Abs 3 LFG, weil er ihn unter Bezugnahme auf näher genannte Bestimmungen dieses Gesetzes, aus denen sich dessen Ziele erkennen ließen, für auslegbar erachtete.

3.3.Mag der Wortlaut des § 71 Abs 1 LFG – im Gegensatz zu anderen Bestimmungen des genannten Gesetzes (vgl. zB § 9 Abs 2 oder § 86 Abs 2 leg.cit.), in denen der Behörde ausdrücklich aufgetragen wird, die jeweiligen öffentlichen Interessen einer Abwägung zu unterziehen (arg.: "überwiegen") – zunächst den Anschein erwecken, als müsste jedes dem Vorhaben entgegenstehende öffentliche Interesse unabhängig von dessen Gewicht zwangsläufig zu einer Versagung der Zivilflugplatz-Bewilligung führen, so ist diese Norm zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse so zu interpretieren, dass die sonstigen öffentlichen Interessen iSd § 71 Abs 1 litd leg.cit. und die öffentlichen Interessen iSd § 71 Abs 1 lita, b und c sowie Abs 2 leg.cit. gegeneinander abzuwägen sind, dh. eine Interessenabwägung durchzuführen ist (vgl. Halbmayer/Wiesenwasser, Luftfahrtrecht II/1/1, 1981, LFG Allg. Anm. 0.0.4.[4] aE).

3.4.Verfahren gemäß § 71 LFG erfordern die Feststellung, welcher Art und welchen Ausmaßes die Einwirkungen auf die in den nach dem LFG wahrzunehmenden öffentlichen Interessen geschützten Güter sind, die durch das zu genehmigende Projekt verursacht werden, und unter welchen Gegebenheiten, in welchem Grad und mit welcher Wahrscheinlichkeit mit konkreten Auswirkungen zu rechnen ist. Dabei bildet das österreichische Staatsgebiet (vgl. Art 3 B-VG) sowohl hinsichtlich der Feststellung der Emissionen als auch von deren Auswirkungen den äußersten Bezugsrahmen.

3.5.Mit dem BVG Umweltschutz (später mit § 3 BVG Nachhaltigkeit) hat der Verfassungsgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass ein qualifiziertes ("erhebliches, durch das [BVG Umweltschutz] verfassungsrechtlich verfestigtes" [VfSlg 13.102/1992]) öffentliches Interesse an der Wahrung der dort genannten Belange besteht (vgl. Gutknecht, BVG Umwelt, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, 1999, Rz 11, 35; Weber, Die Konkretisierung verfassungsrechtlicher Staatszielbestimmungen am Beispiel jener über den umfassenden Umweltschutz, in FS 75 Jahre B-VG, 1995, 709 [721]; vgl. auch VfSlg 12.009/1989; VwSlg. 14.323 A/1995).

3.6.Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung das BVG Umweltschutz zur Prüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungsmäßigkeit und von Verordnungen auf ihre Gesetzmäßigkeit herangezogen (vgl. VfSlg 11.990/1989, 12.009/1989, 12.485/1990, 12.486/1990, 13.102/1992, 13.718/1994, 14.551/1996 und 19.584/2011). Weder aus dem BVG Umweltschutz noch aus § 3 BVG Nachhaltigkeit ist hingegen – entgegen der zumindest missverständlichen Passage im Ergebnis der angefochtenen Entscheidung (S. 126) – ein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen gegenüber anderen, der Verwaltung obliegenden Entscheidungsdeterminanten ableitbar (vgl. VfSlg 16.242/2001).

3.7.Seit dem Inkrafttreten des BVG Umweltschutz im Jahr 1984 (seit 2013 findet sich dessen Inhalt in § 3 BVG Nachhaltigkeit) sind die in Betracht kommenden "sonstigen öffentlichen Interessen", die nach dem LFG wahrzunehmen und bei der Interessenabwägung gemäß § 71 leg.cit. zu berücksichtigen sind, auch im Lichte dieser Staatszielbestimmung auszulegen (vgl. Raschauer, Umfassender Umweltschutz und Verwaltungsrecht, in: Kerschner [Hrsg.], Staatsziel Umweltschutz, 1996, 57 [59 f.]; Sander/Schlatter, Das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, in: Baumgartner [Hrsg.], Öffentliches Recht – Jahrbuch 2014, 2014, 235 [238]; Weber, Grundrecht auf Umweltschutz, in: Heißl [Hrsg.], Handbuch Menschenrechte, 2009, Rz 27/7, 27/17).

3.8.Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den umfassenden Umweltschutz sowohl bei der Interpretation der näher in Betracht kommenden abwägungsrelevanten Interessen, die nach dem LFG wahrzunehmen sind, als auch bei der nachfolgenden Gewichtung dieser Interessen miteinzubeziehen, wenn die als maßgeblich festgestellten Interessen einen Bezug zum Umweltschutz aufweisen. Durch die genannte Staatszielbestimmung werden die zu berücksichtigenden Interessen nicht über den Kreis jener nach dem LFG wahrzunehmenden Interessen hinaus und auch nicht der Bezugsrahmen von Emissionen oder Auswirkungen erweitert, die nach dem LFG zu untersuchen sind.

3.9.Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung in nicht nachvollziehbarer Weise seinen Feststellungen neben Werten von CO2-Emissionen, die sich aus den Start- und Landevorgängen von Luftfahrzeugen ergeben (LTO-Emissionen) auch solche des internationalen Luftverkehrs (Emissionen während des Fluges, sog. "Cruise-Emissionen") zugrunde gelegt, die es zur Gänze dem Vorhaben der erstbeschwerdeführenden Partei zurechnet, und damit in Verkennung der Rechtslage seine Entscheidung mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler belastet:

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hat in seinem Gutachten hinsichtlich der Zunahme von CO2-Emissionen sowohl für den Nullplanfall als auch für die Annahme des Baus der dritten Piste, jeweils für das Bezugsjahr 2025, nur die LTO-Emissionen zugrunde gelegt und festgehalten, dass die CO2-Emissionsinventur Österreich u.a. auf Angaben zum Treibstoffverbrauch in Österreich basiere und nicht berücksichtige, wo schlussendlich dieser Treibstoffverbrauch örtlich zuordenbar anfalle. Jegliche Angabe zu prozentuellen Änderungen von CO2-Emissionen auf nationaler Basis sei daher mit "großen Unschärfen behaftet". Das Bundesverwaltungsgericht hat hingegen im Rahmen seiner Feststellungen und Beweiswürdigung die Annahme einer Zunahme von CO2-Emissionen zum Prognosezeitpunkt 2025 auch aus der Einberechnung von "Cruise-Emissionen" gewonnen (diese Emissionen werden ausgehend von der Menge getankten Treibstoffes ermittelt und fallen in der Folge zu einem Großteil nicht im österreichischen Hoheitsgebiet an).

3.10.Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung dadurch mit Verfassungswidrigkeit belastet, dass es für die Bewertung der festgestellten Emissionen und in weiterer Folge auch bei seiner Interessenabwägung in nicht nachvollziehbarer Weise Bezugsgrößen heranzieht, die nicht unmittelbar anwendbaren Rechtsquellen bzw. einfachgesetzlichen Vorschriften entnommen sind, die für andere Sektoren (als den Luftfahrtsektor) gelten bzw. ausdrücklich CO2-Emissionen von Luftfahrzeugen ausnehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht hiefür internationale und nationale Rechtsquellen heran, die Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen enthalten:

Es handelt sich dabei um das Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen samt Anlagen, BGBl III 89/2005, sowie um das Übereinkommen von Paris, BGBl III 197/2016. Zutreffend verweisen die beschwerdeführenden Parteien darauf, dass beide völkerrechtlichen Verträge unter Erfüllungsvorbehalt (Art50 Abs 2 B-VG bzw. Art 50 Abs 2 Z 4 B-VG) genehmigt worden sind, sodass sie zunächst nur eine völkerrechtliche Verpflichtung der Republik Österreich erzeugen und innerstaatlich nicht unmittelbar anwendbar sind. Es trifft auch das Beschwerdevorbringen zu, dass das Kyoto-Protokoll – das zudem nur eine rechtliche Verpflichtung bis zum Jahr 2012 schafft – die internationale Luftfahrt nicht erfasst: So wird in Art 2 Abs 2 des Kyoto-Protokolls ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vertragsparteien ihre Bemühungen um eine Begrenzung oder Reduktion der Emissionen von Treibhaugasen aus dem Luftverkehr im Rahmen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation fortsetzen (siehe dazu auch die Erläuterungen RV 987 BlgNR 21. GP, 37).

3.11.Weiters zieht das Bundesverwaltungsgericht auch das KSG heran, das zur Umsetzung der Effort-Sharing-Decision beiträgt, mit der die Mitgliedstaaten zu Emissionsreduktionen für Sektoren außerhalb des Emissionshandels verpflichtet werden; die Effort-Sharing-Decision ist jedoch auf den Luftverkehr nicht anwendbar. Auch in Erwägungsgrund 2 dieser unionsrechtlichen Grundlage wird in diesem Sinne Folgendes festgehalten: "Der Luftverkehr trägt durch seine Einbeziehung in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft […] zu diesen Reduktionen bei." Gemäß der Effort-Sharing-Decision hat Österreich seine Treibhausgasemissionen (außerhalb des Emissionshandels) um 16 % gegenüber den Werten des Jahres 2005 zu senken. In Umsetzung dieser Entscheidung wurde auch im KSG der Luftverkehr ausgenommen (siehe Anlage 2 zum KSG, Sektor Verkehr).

Das Bundesverwaltungsgericht gibt schließlich die unionsrechtlichen Grundlagen der Treibhausgasemissionszertifikate wieder:

Die EmissionshandelsRL idF der Richtlinie 2009/29/EG zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten legt eine Obergrenze für die Treibhausgasgesamtemissionen bestimmter Sektoren (im Wesentlichen Industrie und Energieaufbringung) fest. Mit der Richtlinie 2008/101/EG zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Einbeziehung des Luftverkehrs in das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft wurde auch der Luftverkehr in dieses System einbezogen. In Erwägungsgrund 15 dieser Richtlinie wird festgehalten, die Luftfahrzeugbetreiber für die Einhaltung der Verpflichtungen der EmissionshandelsRL verantwortlich zu machen, und ausgeführt, dass "[…] die Luftfahrzeugbetreiber am ehesten einen direkten Einfluss darauf haben, welche Flugzeugmuster auf welche Weise betrieben werden". Die Umsetzung in nationales Recht erfolgte durch das EZG 2011. Das Gesetz gilt im Wesentlichen für Anlagen, in denen bestimmte Tätigkeiten durchgeführt werden, bei denen die angeführten Treibhausgase (über einem gewissen Schwellenwert) emittiert werden (vgl. § 2 Abs 1 Z 1 EZG 2011) sowie – seit – auch für bestimmte Luftverkehrstätigkeiten (vgl. § 2 Abs 1 Z 2 leg.cit.). Das Gesetz nimmt diesbezüglich die Luftfahrzeugbetreiber in die Pflicht, während Flughäfen die Emissionen von Treibhausgasen, die von Luftfahrzeugen ausgehen, nach dem EZG 2011 nicht zugerechnet werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hält schließlich fest, dass die Richtlinie 2008/101/EG und das sie umsetzende EZG 2011 "zumindest in Bezug auf Österreich ihr Ziel nicht erreichen werden".

Auch bei der Bewertung der dem Vorhaben entgegenstehenden öffentlichen Interessen (S. 122 f. des angefochtenen Erkenntnisses) im Rahmen der Interessenabwägung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die festgestellten Emissionen das Ziel konterkarieren würden, österreichweit die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Österreich habe sich "gesetzlich innerstaatlich und international völkerrechtlich" verpflichtet, diese Emissionen zu reduzieren. Dieses Ziel habe Österreich weit verfehlt und werde es auch bis 2025 nicht erreichen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seine Bewertung der festgestellten CO2-Emissionen – und damit gleichsam für die Feststellung der damit verbundenen Auswirkungen – wesentlich eine Gesamtbetrachtung der Mitverantwortung der Republik Österreich für den globalen Klimaschutz einfließen lassen.

Damit beurteilt das Bundesverwaltungsgericht – in erster Linie in rechtspolitischer Weise – völkerrechtliche, unionsrechtliche und einfachgesetzliche Maßnahmen und zieht aus der Nichterreichung von Klimazielen im Ergebnis (negative) Schlussfolgerungen für die Bewilligungsfähigkeit des vorliegenden Projektes, ohne dass der zuständige (Bundes-)Gesetzgeber diesbezüglich gesetzliche Anordnungen getroffen hat.

Für die Vorgehensweise des Bundesverwaltungsgerichtes, in einem Verfahren nach § 71 LFG Normen, die zum einen aus nicht unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Übereinkommen stammen und die zum anderen für Emissionen durch Luftfahrzeuge nicht anwendbar sind, als Bezugsgrößen für die Beurteilung von Auswirkungen angenommener Emissionen heranzuziehen, besteht keine Rechtsgrundlage, sodass Willkür iSd ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vorliegt.

3.12.Das Bundesverwaltungsgericht führt in der angefochtenen Entscheidung iZm der Interpretation des § 71 LFG aus, dass im LFG nicht näher definiert sei, was unter den "sonstigen öffentlichen Interessen" zu verstehen sei. Auch finde sich im LFG keine Zielbestimmung, die zur Interpretation herangezogen werden könnte. Unter öffentlichen Interessen seien jedenfalls solche zu verstehen, die die Belange des Gemeinwohls über die Individualinteressen stellen würden. Bei der Auslegung des § 71 Abs 1 litd LFG sei es somit Sache der Verwaltung, festzulegen, welche die für diese Verwaltungsentscheidung maßgeblichen öffentlichen Interessen seien.

In der Folge gibt das Bundesverwaltungsgericht zwar die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wieder, ohne jedoch die im LFG normierten öffentlichen Interessen bei seiner Entscheidung zu interpretieren und bei seiner Interessenabwägung heranzuziehen. Vielmehr geht das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich davon aus, dass öffentliche Interessen grundsätzlich alle am Gemeinwohl orientierten Interessen gleich welcher Art sein könnten. Auf der Grundlage dieser Position kommt das Bundesverwaltungsgericht zur Annahme, dass im Verfahren über die Erteilung einer Zivilflugplatz-Bewilligung nach dem LFG etwa die eigenständigen öffentlichen Interessen "Klimaschutz" und "Bodeninanspruchnahme" in die Interessenabwägung einzubeziehen seien.

Indem das Bundesverwaltungsgericht auch solche – keine Entsprechung in den Bestimmungen des LFG findenden – Interessen in seine Abwägungsentscheidung miteinbezieht, verkennt es die Rechtslage grob und belastet damit die angefochtene Entscheidung mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsfehler.

Zudem ist in keiner Weise nachvollziehbar, welche Norm das Bundesverwaltungsgericht iZm der hohen Bodeninanspruchnahme des Vorhabens auf S. 118 f. des angefochtenen Erkenntnisses seinem Ergebnis zugrunde legt; diese widerstrebe insgesamt dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Lebensgrundlagen der Bevölkerung.

3.13.Eine im Gesetz angeordnete Interessenabwägung erfordert nach der Feststellung der maßgeblichen öffentlichen Interessen die Ermittlung der Kriterien für die Interessengewichtung. Diese sind in der Rechtsordnung dem Grunde nach vorzuzeichnen; sie ergeben sich aus den jeweils anwendbaren Materiengesetzen bzw. aus damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Staatszielbestimmungen (vgl. Lienbacher, Abwägungsentscheidungen im öffentlichen Recht, in: Khakzadeh-Leiler/Schmid/Weber [Hrsg.], Interessenabwägung und Abwägungsentscheidungen, 2014, 85 [95]; Pabel, Interessenabwägung im österreichischen Umweltrecht, in: Institut für Umweltrecht der JKU Linz/Österreichischer Wasser- und Abfallwirtschaftsverband [Hrsg.], Jahrbuch des österreichischen und europäischen Umweltrechts, 2012, 143 [149 f.]; Stolzlechner, Verwaltungsrechtliche Abwägungsentscheidung, ZfV 2000, 214 [219]). In jedem Fall hat die Ermittlung der Kriterien für die Gewichtung durch eine Interpretation positiven Rechts zu erfolgen.

3.13.1.Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass die Kriterien zur Gewichtung der öffentlichen Interessen im LFG nicht näher determiniert seien. Könnten einem Materiengesetz keine Kriterien entnommen werden, so habe die Gewichtung der Interessen durch Orientierung an Wertbekundungen demokratisch legitimierter Organe oder aus dem Stufenbau der Rechtsordnung zu erfolgen. Solche Anhaltspunkte würden sich etwa aus Beschlüssen der Bundesregierung, Entschließungen des Nationalrates, Vorgaben des Unionsrechtes sowie bundes- und landesverfassungsrechtlicher Bestimmungen ergeben. Dazu zieht das Bundesverwaltungsgericht neben dem BVG Nachhaltigkeit auch Art 37 GRC, Art 4 Z 2 NÖ LV 1979, einen Ministerratsbeschluss der Österreichischen Bundesregierung vom ("Die österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel" – Teil 2, Aktionsplan, Handlungsempfehlungen für die Umsetzungen), die vom BMVIT erarbeitete "Road Map Luftfahrt 2020", die von der Bundesregierung im Jahr 2011 zur Kenntnis genommen wurde, sowie eine Entschließung des Nationalrates vom betreffend Österreichs Beitrag zu einem ambitionierten Ergebnis auf der Klimakonferenz COP 21 in Paris (114/E 25. GP) heran.

3.13.2.Wenn das Bundesverwaltungsgericht unter der Überschrift "Abwägungsgewichtung durch das Bundes- und Landesverfassungsrecht:" (S. 123 ff. des angefochtenen Erkenntnisses) unter Hinweis darauf, dass das Vorhaben der dritten Piste im Land Niederösterreich liege, ausführt, die NÖ LV 1979 weise in deren Art 4 Z 2 dem Umweltschutz und in dessen letztem Satz dem Klimaschutz besondere Bedeutung zu, so verkennt es die Rechtslage:

Art4 NÖ LV 1979 enthält Ziele und Grundsätze staatlichen Handelns und spezifiziert diese in dessen Z 2 in Bezug auf "Lebensbedingungen" näher:

Bereits der erste Satz des Art 4 Z 2 NÖ LV 1979 lässt erkennen, dass der Niederösterreichische Landesverfassungsgesetzgeber diese Staatsziele nur auf "seinen Wirkungsbereich" bezieht. Nach der Kompetenzverteilung des B-VG können derartige Staatszielbestimmungen in Landesverfassungen der Bundesländer nur im Bereich des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder gemäß Art 15 B-VG Wirkung entfalten. Für die Auslegung des LFG kann Art 4 Z 2 NÖ LV 1979 demzufolge nicht herangezogen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Auslegung des § 71 LFG Willkür geübt, indem es im vorliegenden Zusammenhang bei der Abwägungsgewichtung nicht-normativen Akten und Wünschen des Nationalrates über die Ausübung der Vollziehung auf der Grundlage von Art 52 Abs 1 B-VG sowie dem in Art 4 Z 2 NÖ LV 1979 (und auch den in der angefochtenen Entscheidung als dem Umwelt- und Klimaschutz ebenfalls eine hervorgehobene Bedeutung gebend erwähnten Landesverfassungen von Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg) erwähnten Umwelt- bzw. Klimaschutz entscheidungsrelevante Bedeutung beimisst.

3.13.3.An dieser Beurteilung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich das Bundesverwaltungsgericht unter der Überschrift "Abwägungsgewichtung durch das Unionsrecht:" (S. 123 des angefochtenen Erkenntnisses) auf Art 37 GRC bezieht und diese Bestimmung in die Interessenabwägung einbezieht: Art 37 GRC ist im vorliegenden Fall – abgesehen davon, dass seine Bedeutung als Grundsatz in Verfahren vor einem mitgliedstaatlichen Gericht begrenzt ist (vgl. Art 52 Abs 5 GRC) – kein über das BVG Nachhaltigkeit hinausgehender Inhalt beizumessen. Im Hinblick darauf muss nicht geprüft werden, ob Art 37 GRC im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist.

IV.Ergebnis

1.Die beschwerdeführenden Parteien sind somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2.Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4.Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in Höhe von € 240,– enthalten. Ein Kostenzuspruch an die zweitbeschwerdeführende Partei kommt – obwohl auch sie obsiegt hat – schon deshalb nicht in Betracht, weil diese und das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall Organe desselben Rechtsträgers sind (vgl. VfSlg 16.501/2002).

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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:E875.2017
Schlagworte:
Luftfahrt, Umweltschutz, EU-Recht, Landesverfassung, VfGH / Kosten

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