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VfGH vom 13.06.1983, B53/81

VfGH vom 13.06.1983, B53/81

Sammlungsnummer

9707

Leitsatz

Studienförderungsgesetz; keine Bedenken gegen § 21 Abs 1 litd; keine Verletzung des Gleichheitsrechtes und des Eigentumsrechtes

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer hat zu Beginn des Wintersemesters 1979/80 um Gewährung einer Studienbeihilfe angesucht. Im Ansuchen wurde darauf hingewiesen, daß er für das laufende Studienjahr ein Stipendium in der Höhe von S 45.000,- vom Institut für Höhere Studien "erhalten hat".

Mit dem Bescheid der Studienbeihilfenbehörde Wien vom wurde der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag bewilligt und ausgesprochen, daß ihm für das Studienjahr 1979/80 eine Studienbeihilfe in der Höhe von S 27.200,- (10 Monatsraten zu je S 2.720,-) gebühre.

Der Monatsbeitrag wurde dem Beschwerdeführer für die Monate Oktober 1979 bis Juni 1980 angewiesen.

Mit dem Bescheid der Studienbeihilfenbehörde Wien vom

wurde nach dem Hinweis, daß gemäß § 9 Abs 8 des

Studienförderungsgesetzes, BGBl. 421/1969 idgF (im folgenden StudFG)

für das Studienjahr 1979/80 kein Anspruch des Beschwerdeführers auf

Studienbeihilfe bestehe, ausgesprochen, daß "der Betrag von

S 24.480,- (vierundzwangzigtausendvierhundertachzig) ... gemäß § 21

Abs1 litd StudFG ... zurückzuzahlen" ist. Der Bescheid ist wie folgt

begründet:

"Erhält der Studierende neben der Studienbeihilfe nach diesem Bundesgesetz ein Stipendium oder eine Studienbeihilfe von anderer Seite, so ist die Studienbeihilfe nach diesem Bundesgesetz soweit zu kürzen, daß die Summe der Zuwendungen ohne Anrechnung des Begabtenstipendiums die für ihn höchstmögliche Studienbeihilfe einschließlich des Zuschlages gemäß § 9 um nicht mehr als S 8.000,-

übersteigt. Vom Institut für Höhere Studien erhielten Sie für das Studienjahr 1979/80 S 48.000,- (für November und Dezember 1979 je S 5.000,- und für Jänner bis Juni 1980 je S 5.500,-). Da die für Sie höchstmögliche Studienbeihilfe (S 38.000,-) um mehr als S 8.000,-

überschritten wurde, besteht für das Studienjahr 1979 kein Anspruch auf Studienbeihilfe.

Der für das Studienjahr 1979 angewiesene Betrag (Oktober bis Dezember 1979 und Jänner bis Juni 1980; 9 Teilbeträge a S 2.720,-) ist daher zurückzuzahlen."

Auf Grund der vom Beschwerdeführer gegen den angeführten Bescheid der Studienbeihilfenbehörde erhobenen Vorstellung erging der Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde an der Universität Wien vom , in dem (unter Verwendung des im Bescheid vom enthaltenen Wortlautes) ausgesprochen wurde, daß von dem Beschwerdeführer der Betrag von S 24.480,- zurückzuzahlen ist.

Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit dem Bescheid vom keine Folge gegeben.

2. Dieser Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde. Sie wird "wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (Gleichheit und Unverletzlichkeit des Eigentums) und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§21 Abs 1 litd StudFG ...)" erhoben. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) § 9 Abs 8 StudFG in der hier maßgeblichen Fassung der Nov. BGBl. 425/1979, lautet:

"(8) Erhält der Studierende neben der Studienbeihilfe nach diesem Bundesgesetz ein Stipendium oder eine Studienbeihilfe von anderer Seite, so ist die Studienbeihilfe nach diesem Bundesgesetz soweit zu kürzen, daß die Summe der Zuwendungen ohne Anrechnung des Begabtenstipendiums die für ihn höchstmögliche Studienbeihilfe einschließlich des Zuschlages gemäß § 9a um nicht mehr als S 8.000,-

übersteigt."

b) § 21 Abs 1 litd StudFG (in der hier maßgeblichen Fassung) BGBl. 228/1977 lautet:

"(1) Der Studierende hat Studienbeihilfenbeträge zurückzuzahlen:

a) ...

d) ... wenn Sie die Kumulierungsgrenze (§9 Abs 8) übersteigen."

c) Der angefochtene Bescheid, der als Berufungsbescheid an die Stelle des (erstinstanzlichen) Bescheides des Senates der Studienbeihilfenbehörde vom tritt (vgl. VfSlg. 5358/1966) beruht auf den Überlegungen, daß es sich bei dem dem Beschwerdeführer vom Institut für Höhere Studien im Studienjahr 1979/80 gewährten und angewiesenen Stipendium in der Höhe von

S 48.000,- um einen Betrag handelt, der für sich allein höher ist, als die Summe aus der Studienbeihilfe und aus einem von anderer Seite bezogenen Stipendium - die Höhe dieser Summe dürfte beim Beschwerdeführer S 46.000,- betragen -, bei der iS des § 9 Abs 8 StudFG eine Kürzung der Studienbeihilfe nach dem StudFG vorzunehmen ist. Ferner wurde, da bei der angeführten Höhe der Betrag, den der Beschwerdeführer von anderer Seite bezogen hat, die Kumulierungsgrenze nach § 9 Abs 8 StudFG übersteigt, der Beschwerdeführer verpflichtet, im Hinblick darauf, daß eine Kürzung nicht mehr in Betracht kommen kann, den Betrag der erhaltenen Studienbeihilfe in der Höhe von S 24.480,- nach § 21 Abs 1 litd StudFG zurückzuzahlen.

2. a) Der Beschwerdeführer behauptet, die Bestimmung des § 21 Abs 1 litd StudFG sei verfassungswidrig. Er regt an, von Amts wegen gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit einzuleiten. Auf den wesentlichen Inhalt reduziert, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, es könne davon ausgegangen werden, daß eine Studienbeihilfe den notwendigen Lebensunterhalt der Studenten decke und daher zum unmittelbaren Verbrauch bestimmt sei. Sowohl im Bereich des Privatrechtes als auch im Bereich des öffentlichen Rechtes bestünden Regelungen, nach denen zur Deckung des Lebensunterhaltes empfangene Leistungen dann nicht zurückzuerstatten seien, wenn sie - obgleich irrtümlich zuerkannt - im guten Glauben empfangen worden seien.

Lediglich § 21 Abs 1 litd sehe die Verpflichtung zur Zurückzahlung der erhaltenen Studienbeihilfe auch für den Fall vor, daß sie der Studierende "in gutem Glauben" erhalten und verbraucht habe. "Weil alle anderen Gesetze den gleichen Sachverhalt so regeln, daß bei Zutreffen der gleichen Voraussetzungen die gutgläubig empfangene Zahlung nicht zurückgezahlt werden muß," sei der Beschwerdeführer "in seinem Grundrecht auf Gleichheit verletzt (Slg. 4279/62)".

b) Der Gesetzgeber geht davon aus, daß für die Beurteilung der für die Gewährung einer Studienbeihilfe erforderlichen Voraussetzungen der sozialen Bedürftigkeit der Nachweis des Einkommens und der Familienstand im Zeitpunkt der Antragstellung (§3 Abs 1 StudFG) maßgebend ist. Nach dem Vorliegen der in diesem Zeitpunkt gegebenen Voraussetzungen erfolgt die Gewährung der Studienbeihilfe und die Festsetzung ihrer Höhe (§9 StudFG) für die Anspruchsdauer von jeweils 2 Semestern (§15 StudFG).

Für den Fall einer Änderung der für die Gewährung der Studienbeihilfe maßgeblich gewesenen Voraussetzungen hat der Gesetzgeber in § 18 StudFG für den Bezieher der Studienbeihilfe die Verpflichtung normiert, binnen zwei Wochen nach Kenntnisnahme Meldungen über jeden Sachverhalt, der ein Ruhen, eine Verminderung oder eine Löschung seines Anspruches auf Studienbeihilfe oder eine Rückzahlungsverpflichtung zur Folge hat, vorzulegen.

Aus dem Zusammenhang dieser Regelung geht hervor, daß die Gewährung der Studienbeihilfe nur nach Maßgabe der im Zeitpunkt der Antragstellung gegebenen Voraussetzungen und unter der für den Bezieher im Gesetz festgelegten Verpflichtung zur Meldung eingetretener Änderung dieser Voraussetzungen für die Anspruchsdauer von zwei Semestern erfolgt. Ferner ist damit für jeden Bezieher einer Studienbeihilfe erkennbar, daß unter den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen die Verpflichtung zur Rückzahlung empfangener Studienbeihilfe begründet werden kann. Der VfGH vermag in der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung keine Unsachlichkeit zu finden, die bewirken könnte, daß die Regelung mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot in Widerspruch stünde.

Der VfGH hat gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 21 Abs 1 litd StudFG keine Bedenken. Es besteht keine Veranlassung, iS der vom Beschwerdeführer gegebenen Anregung von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit einzuleiten.

3. Die behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes und des Eigentumsrechtes ist in der Beschwerde allein mit der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 21 Abs 1 litd StudFG begründet worden.

Anhaltspunkte, daß durch ein Verhalten der belangten Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Verletzung der angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte bewirkt worden sein könnte, sind im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums hat nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.