OGH vom 06.09.2017, 13Os66/17f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wetter als Schriftführer in der Strafsache gegen Konrad M***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 29 Hv 15/17g-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Staatsanwältin Mag. Konecny, sowie des Angeklagten und seiner Verteidigerin MMag. Kathrein zu Recht erkannt:
Spruch
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie im Verfallsausspruch nach § 20 Abs 3 StGB aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:
Konrad M***** wird für die ihm zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB, Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG sowie Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zu einer
verurteilt.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die am von 7:50 Uhr bis 18:00 Uhr erlittene Vorhaft auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Gemäß § 20 Abs 3 StGB wird ein Geldbetrag des der Angeklagten von 13.950 Euro für verfallen erklärt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird verworfen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Konrad M***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, § 15 StGB (I), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (II), eines Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (III) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er vom Juni 2015 bis zum in I***** und andernorts jeweils in einer Vielzahl von Angriffen
(I) Dritte dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus dem Ausland aus- und nach dem Inland einzuführen, indem er im Darknet bei in den Niederlanden, in Deutschland und in Belgien ansässigen Händlern die Lieferung folgender Suchtgifte nach Österreich bestellte, nämlich
(a) 50 „LSD-Trips“ (enthaltend 9,55 mg [US 7:] LSD);
(b) 420 Gramm Kokain (enthaltend 287 Gramm Cocain), wobei es in Ansehung von (richtig [US 6]:) 108,68 Gramm Kokain beim Versuch blieb, weil das diese Suchtgiftquantität enthaltende, an den Angeklagten adressierte Postpaket noch vor dem Überschreiten einer Staatsgrenze von niederländischen Behörden abgefangen wurde;
(c) 2.100 Stück „Ecstasy-Pillen“ (enthaltend 336 Gramm MDMA);
(d) 10,5 Gramm „MDMA“ (enthaltend 8,5 Gramm MDMA) sowie
vorschriftswidrig Suchtgift
(II) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt jedenfalls 215 Gramm Kokain (enthaltend 126,38 Gramm Cocain), 1.000 Stück „Ecstasy-Pillen“ (enthaltend 67,21 Gramm MDMA) und „einige LSD-Trips“ anderen – im Ersturteil genannten – Personen überlassen;
(III) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt 25 „LSD-Trips“ (enthaltend 4,72 mg [US 7, 8:] LSD), 152 Gramm Kokain (enthaltend 103,95 Gramm Cocain), 1.070 Stück „Ecstasy-Pillen“ (enthaltend 171,36 Gramm MDMA) und 10,5 Gramm „MDMA“ (enthaltend 8,5 Gramm MDMA) mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde;
(IV) ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich über die zu Punkt III genannten Quantitäten hinausgehende Mengen an Cocain, MDMA und [US 7, 8:] LSD.
Rechtliche Beurteilung
Ausdrücklich nur gegen die Schuldsprüche I und II sowie gegen den Straf- und den Verfallsausspruch nach § 20 Abs 3 StGB wendet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Entgegen der Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter und vierter Fall) gründete das Erstgericht seine Feststellungen zur jeweils (insgesamt) manipulierten Reinsubstanz an Wirkstoff keineswegs „allein“ auf das den Reinheitsgrad (bloß) des im Verfahren sichergestellten Teils der tatverfangenen Quantitäten bestimmende gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten. Es stützte sie vielmehr ebenso auf das in der Hauptverhandlung abgelegte, (auch zum relevierten Punkt) umfassende Geständnis des Angeklagten (insbesondere US 10).
Indem die Beschwerde solcherart nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß nimmt, bringt sie den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zu prozessförmiger Darstellung (RIS-Justiz RS0119370).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zu verwerfen (§ 288 Abs 1 StPO).
Im Recht ist hingegen die – Nichtigkeit sowohl des Straf- als auch des Verfallsausspruchs nach § 20 Abs 3 StGB aufzeigende – Sanktionsrüge (Z 11):
Zutreffend macht sie geltend, dass die erstgerichtliche Annahme eines im Zusammentreffen verschiedener Wirkstoffe bestehenden Erschwerungsgrundes (US 12) vorliegend gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) verstößt (Z 11 zweiter Fall), weil gerade durch die Addition von Quantitäten verschiedener Wirkstoffe die Strafdrohung bestimmt wird (RIS-Justiz RS0116750).
Zum Verfallsausspruch wiederum ging das Erstgericht davon aus, dass der Angeklagte durch den Verkauf von Suchtgiften (Schuldspruch II) insgesamt 16.850 Euro einnahm, wovon sich ein Teil, nämlich (unbekämpft gemäß § 20 Abs 1 StGB für verfallen erklärtes – US 4) Bargeld im Betrag von 2.900 Euro, infolge Beschlagnahme in gerichtlicher Verwahrung befindet (US 8, 13). Indem es dennoch – nicht bloß den Differenzbetrag, nämlich 13.950 Euro, sondern – 21.450 Euro gemäß § 20 Abs 3 StGB für verfallen erklärte (US 4), überschritt es demnach die Sanktionsbefugnis (Z 11 erster Fall).
Dies führte – abermals im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 288 Abs 2 StPO).
Bei der deshalb gebotenen Strafneubemessung waren erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und der Umstand, dass der Angeklagte diese teils durch längere Zeit fortgesetzt hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB), mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), der Umstand, dass es teils beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB), die teilweise Selbststellung unter Mitnahme des insoweit tatverfangenen Suchtgifts trotz Wahrscheinlichkeit des Unentdecktbleibens (§ 34 Abs 1 Z 14 und Z 16) sowie sein reumütiges und der Wahrheitsfindung dienliches Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB).
Besonders hervorzuheben ist, dass ein Teil der vom Schuldspruch I erfassten Taten – in für die Subsumtion nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG maßgeblichem Umfang – nur dadurch entdeckt wurde, dass der Angeklagte das durch sie erlangte Suchtgift aus eigenem Antrieb den Strafverfolgungsbehörden übergab (US 6 iVm ON 11 S 6, ON 12 S 13 f und 19 f).
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die im Spruch genannte Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen.
Bedingte oder teilbedingte Strafnachsicht kam aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.
Auf Basis der Feststellungen des Erstgerichts hat der Angeklagte durch die vom Schuldspruch II erfassten Taten Vermögenswerte von – soweit nicht sichergestellt oder beschlagnahmt – 13.950 Euro erlangt. Gemäß § 20 Abs 3 StGB war daher dieser Geldbetrag für verfallen zu erklären.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00066.17F.0906.000 |
Schlagworte: | Strafrecht |
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