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OGH 11.02.1998, 9Ob11/98b

OGH 11.02.1998, 9Ob11/98b

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst P*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagten Parteien 1. Maria W*****, Gastwirtin, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, 2. Peter W*****, Gastwirt, ***** vertreten durch den Sachwalter Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom , GZ 21 R 557/96b-39, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht gemäß § 6 Abs 2 ZPO mit dem Ersuchen zurückgestellt, eine Stellungnahme des Sachwalters Dr.Rudolf Franzmayr darüber einzuholen, ob er das bisherige Verfahren hinsichtlich des prozeßunfähigen Zweitbeklagten genehmigt.

Nach Einholung der Stellungnahme sind die Akten zur Entscheidung über die außerordentliche Revision wieder vorzulegen.

Text

Begründung:

In dem am eingeleiteten Verfahren 5 C 30/96w des Bezirksgerichtes Vöcklabruck begehrt der Kläger von den Beklagten die Räumung der von ihnen titellos benützten Räumlichkeiten im Hause *****.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien schuldig, die von ihnen benutzten Räumlichkeiten im vorgenannten Objekt zu räumen und an den Kläger zu übergeben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Beklagten bekämpfen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision.

Zufolge Bedenken gegen die Prozeßfähigkeit des Zweitbeklagten wurde Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, vorerst zum einstweiligen Sachwalter und in der Folge zum Sachwalter bestellt. Zudem stellte das Erstgericht zu 3 P 20/97h-46 hinsichtlich des Zweitbeklagten fest, daß die Voraussetzungen gemäß § 273 ABGB bereits seit Anfang 1996 - sohin schon bei Einbringung der Klage - vorlagen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO ist das Urteil und das diesem vorausgegangene Verfahren nichtig, wenn eine Partei gar nicht oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, soferne die Prozeßführung nicht nachträglich genehmigt wurde.

Der bestellte Sachwalter ist daher zu einer Erklärung aufzufordern, ob er die vom Zweitbeklagten gesetzten bisherigen Prozeßschritte einschließlich der Rechtsmittel genehmigt. Der Umstand, daß der Zweitbeklagte von einem Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer vertreten war, reicht allein nicht aus, von einer ordnungsgemäßen Vertretung zu sprechen, wenn der Zweitbeklagte von Anfang an nicht in der Lage war, Realitätsbezüge herzustellen und somit den Prozeß zu überwachen (10 Ob 2159/96i).

Vor Erledigung der ao Revision ist daher ein Sanierungsversuch vorzunehmen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst P*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagten Parteien 1. Maria W*****, Gastwirtin, ***** 2. Peter W*****, Gastwirt, ebendort, Erstbeklagte vertreten durch Dr.Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, Zweitbeklagter vertreten durch den Sachwalter Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom , GZ 21 R 557/96b-39, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.) Über die außerordentliche Revision der zweitbeklagten Partei wird abgesondert entschieden.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Da mehrere titellose Benützer einer unbeweglichen Sache gegenüber dem Räumungsbegehren der Eigentümer keine notwendige Streitgenossenschaft bilden und ein selbständiger Räumungsanspruch gegen jeden einzelnen rechtsgrundlosen Benützer besteht (MietSlg 19.517; 6 Ob 616/90), kann über die außerordentliche Revision der Erstbeklagten unabhängig von der Erledigung des Rechtsmittels des Zweitbeklagten entschieden werden.

Ob der Kläger zum Zeitpunkt des Pachtvertragsabschlusses oder der Überbindung desselben an Alexandra L***** auch Alleineigentümer der Liegenschaft war, begründet weder eine erhebliche Rechtsfrage noch ist die Feststellung des Alleineigentums des Klägers eine relevante Aktenwidrigkeit. Der Pachtvertrag ist auch von der weiteren Hälfteeigentümerin Wilhelmine P***** unterfertigt und ist darin ausdrücklich darauf verwiesen worden, daß nur der Kläger Verpächter ist. Im übrigen handelt es sich im vorliegenden Fall um einen Pachtvertrag eines Unternehmens, aber nicht um einen Mietvertrag, sodaß die Wirksamkeit des Vertrages von einem Eigentumsrecht an der Liegenschaft nicht abhängig ist. Daß der Kläger nicht Alleineigentümer des verpachteten Unternehmens gewesen wäre, behaupten die Beklagten nicht. Von der von den Revisionswerbern und auch dem Berufungsgericht zitierten Judikatur zur Frage, ob ein Miteigentümer im Zweifel auch als Vertreter sämtlicher Miteigentümer einen Hauptmietvertrag abschließt, hängt die Entscheidung sohin nicht ab.

Die Bestätigung des auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehrens nicht nur hinsichtlich der Gastlokalitäten, sondern auch hinsichtlich der zum seinerzeit verpachteten Unternehmen gehörigen Fremdenzimmer widerspricht nicht der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 1548/91. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes stellen die Beklagten nicht in Abrede, Fremdenzimmer an Dritte vermietet zu haben. Diese Rechtsbeziehung wurde aber durch die Vereinnahmung des Zinses durch den Kläger allein nicht beendet noch trat der Kläger damit allein in die Mietverträge als Vermieter ein. Daß der Kläger wieder im Besitz seines Eigentums wäre, was nach der von den Revisionswerbern zitierten Entscheidung zur Abweisung des Klagebegehrens geführt hätte, steht daher nicht fest. Die Entscheidung der zweiten Instanz folgt sohin der Rechtsprechung, daß die Eigentumsklage die Gewahrsame der Beklagten oder die Innehabung durch einen Dritten im Namen der Beklagten erfordert (SZ 61/164; EvBl 1992/155 = RdW 1992, 269 ua).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst P*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr.Erich Aichinger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagten Parteien 1. Maria W*****, Gastwirtin, *****, vertreten durch Dr.Gerhard Schatzlmayr, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, 2. Peter W*****, Gastwirt, *****, vertreten durch den Sachwalter Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom , GZ 21 R 557/96b-39, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom , GZ 5 C 30/96w-29, bestätigt wurde, über die Revision der zweitbeklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision der zweitbeklagten Partei werden die Urteile der Vorinstanzen und das diesen vorausgegangene Verfahren, soweit es den Zweitbeklagten betrifft, einschließlich der an ihn erfolgten Zustellung der Klage als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht nach neuerlicher Zustellung der Klage die Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache in diesem Umfang aufgetragen.

Sämtliche bisherigen Verfahrenskosten einschließlich der des Rechtsmittelverfahrens, soweit sie den Zweitbeklagten betreffen, werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

In dem am eingeleiteten Verfahren begehrt der Kläger von den Beklagten die Räumung der von ihnen titellos benützten Räumlichkeiten im Hause R*****straße *****.

Das Erstgericht erkannte die beklagten Parteien schuldig, die von ihnen titellos benützten Räumlichkeiten im vorgenannten Objekt zu räumen und an den Kläger zu übergeben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Beide Beklagten bekämpfen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision.

Rechtliche Beurteilung

Da mehrere titellose Benützer einer unbeweglichen Sache gegenüber dem Räumungsbegehren des Eigentümers keine notwendige Streitgenossenschaft bilden und ein selbständiger Räumungsanspruch gegen jeden einzelnen rechtsgrundlosen Benützer besteht (MietSlg 19.517; 6 Ob 616/90), wurde über die außerordentliche Revision der erstbeklagten Partei unabhängig von der Erledigung des Rechtsmittels des Zweitbeklagten bereits mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom entschieden. Ihre außerordentliche Revision wurde mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Erst nach Einlangen der außerordentlichen Revision wurde in dem über Anregung der Bezirkshauptmannschaft V***** eingeleiteten Sachwalterschaftsverfahren mit Beschluß vom Dr.Rudolf Franzmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck zum Sachwalter des Zweitbeklagten zur Vertretung vor Gerichten, Behörden und Ämtern bestellt und in der Folge überdies festgestellt, daß beim Zweitbeklagten die Voraussetzungen gemäß § 273 ABGB unter anderem in diesem Streitverfahren seit Anfang 1996 (somit schon bei Einbringung der Klage) vorliegen. Der Sachwalter hat in seiner Stellungnahme vom das bisherige mit dem Zweitbeklagten abgeführte Verfahren nicht genehmigt.

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil nach ständiger Rechtsprechung der Wahrnehmung einer Nichtigkeit immer erhebliche Bedeutung zukommt (8 ObA 205/96 mwN; 1 Ob 2115/96b; 10 Ob 13/97b ua).

Da gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO Nichtigkeit des Urteils und des diesem vorausgegangenen Verfahrens vorliegt, wenn eine Partei gar nicht oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, soferne die Prozeßführung nicht nachträglich genehmigt wurde, waren die Urteile der Vorinstanzen, soweit sie den Zweitbeklagten betreffen und das diesen vorausgegangene Verfahren einschließlich der an den Zweitbeklagten erfolgten Zustellung der Klage als nichtig aufzuheben.

Nach Zustellung der Klage an den Sachwalter wird die Rechtssache hinsichtlich des Zweitbeklagten neu zu verhandeln und zu entscheiden sein.

Der Kostenausspruch beruht auf § 51 Abs 2 ZPO.

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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1998:0090OB00011.98B.0211.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAE-14179