VfGH vom 23.06.2020, E706/2020 ua
Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht und im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Abweisung eines – mit einem Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht verbundenen – vergaberechtlichen Nachprüfungsantrags mangels Mitwirkung der antragstellenden Partei; Erforderlichkeit der Interessenabwägung zwischen dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und der Wahrung des Rechts auf Akteneinsicht und Transparenz
Spruch
I.Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Entscheidungen in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs 1 B-VG) sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) verletzt worden.
Die Entscheidungen werden aufgehoben.
II.Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 3.096,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG, im Folgenden: erstbeteiligte Partei) hat im März 2019 ein offenes Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung im Oberschwellenbereich "Liefern und Versetzen von Fahrzeugrückhaltesystemen aus Stahl nach Losen österreichweit" bekannt gemacht. In diesem Vergabeverfahren legten unter anderem die beschwerdeführende Partei (mit Sitz in Deutschland) und die zweitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Österreich, Angebote.
2. Am übermittelte die erstbeteiligte Partei der beschwerdeführenden Partei Ausscheidensentscheidungen betreffend ihre Angebote für näher bezeichnete Lose und die Mitteilung, dass sie beabsichtige, die Rahmenvereinbarung über diese Lose mit der zweitbeteiligten Partei abzuschließen. Ihre Ausscheidensentscheidungen begründet die erstbeteiligte Partei mit der fehlenden (technischen) Eignung (§141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018), damit, dass die Angebote nicht den Anforderungen der Ausschreibung entsprächen (§141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018), und damit, dass eine Aufklärung der beschwerdeführenden Partei keine nachvollziehbare Begründung enthalten habe (§141 Abs 2 BVergG 2018).
3. In der Folge beantragte die beschwerdeführende Partei beim Bundesverwaltungsgericht die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen sowie der zugunsten der zweitbeteiligten Partei ergangenen Auswahlentscheidung.
4. In der Sache ist vor dem Bundesverwaltungsgericht insbesondere folgende Frage strittig: Die – nicht angefochtene und bestandsfest gewordene – Ausschreibung sieht unter anderem vor, dass Fahrzeugrückhaltesysteme den europäischen technischen Spezifikationen zu entsprechen und zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung über eine CE-Kennzeichnung zu verfügen haben. Die Ausscheidensentscheidungen stützen sich maßgeblich darauf, dass die unter Beiziehung einer externen Prüfstelle durchgeführte Angebotsprüfung ergeben habe, dass das von der beschwerdeführenden Partei angebotene Fahrzeugrückhaltesystem diesen Anforderungen nicht entspreche, weil die CE-Kennzeichnung nicht den zugrunde liegenden Regelungen entspreche. Die beschwerdeführende Partei erachtet eine solche Prüfung für vergabe- und unionsrechtswidrig.
Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass aus der genannten Festlegung in der Ausschreibung bei unionsrechtskonformer Auslegung im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH (, Rs C-6/05, Medipac-Kazantzidis, Rz 55), die auf die hier einschlägige Rechtslage nach der Bauprodukteverordnung übertragbar sei, folge, "dass die Entsprechung mit den europäischen technischen Spezifikationen, soweit sie Grundlage für eine CE-Kennzeichnung sind, durch Nachweis des Bestehens einer solchen Kennzeichnung erfolgen soll." Darüber hinaus sei aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes "aber auch der Ausschreibungstext unabhängig davon in der Weise zu lesen, dass der Nachweis der CE-Kennzeichnung ausreichend ist und sich der Auftraggeber keine weitere inhaltliche Prüfbefugnis der hinter der CE-Kennzeichnung stehenden technischen Gegebenheiten vorbehalten hat, gleich ob eine solche rechtmäßig wäre im Lichte der zitierten Judikatur des EuGH."
Daraus folgt für das Bundesverwaltungsgericht, dass die entscheidende Frage in seinem Nachprüfungsverfahren dahin geht, ob die beschwerdeführende Partei "ein Produkt angeboten hat, das[…] über eine solche Kennzeichnung verfügt."
5. Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich aber aus folgendem Grund gehindert, diese Frage zu prüfen:
Die beschwerdeführende Partei habe sich nämlich im Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auf den Standpunkt gestellt, dass große Teile ihres Nachprüfungsantrages und der einschlägigen Beilagen Geschäftsgeheimnisse beinhalten würden, deren Schutz zur Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbes auf einem ohnehin beschränkten Markt unbedingt notwendig sei. Die einzelnen Marktteilnehmer hätten einen geringen Informationsstand über die Produkte von Mitbewerbern. Insbesondere Informationen zu Zertifikaten und Prüfungen der Produkte anderer Hersteller einschließlich der Information darüber, wer einschlägige Zertifikate ausstelle, seien nicht bekannt. Daher beträfen im Wesentlichen alle im Nachprüfungsantrag vorgebrachten Argumente hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidungen sowie diese Ausscheidensentscheidungen selbst Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die gegenüber der zweitbeteiligten Partei von der Akteneinsicht auszunehmen seien.
Die beschwerdeführende Partei legte daher ihren Nachprüfungsantrag auch in zwei Fassungen vor, nämlich für das Bundesverwaltungsgericht und die erstbeteiligte Partei eine als vertraulich gekennzeichnete, ohne Einschränkungen lesbare Fassung und für die zweitbeteiligte Partei eine weitgehend geschwärzte Fassung, in der sämtliche Punkte unkenntlich gemacht sind, die die Ausscheidensgründe sowie die Bezeichnung des Produktes und Umstände betreffen, anhand derer ein Rückschluss auf das konkret angebotene Produkt möglich wäre.
Über entsprechende Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht teilte die beschwerdeführende Partei im Nachprüfungsverfahren in einer Stellungnahme vom mit, dass die wesentlichen Punkte des Nachprüfungsantrages betreffend die Ausscheidensgründe im Einzelnen Angaben zu konkreten technischen Spezifikationen der von ihr angebotenen Produkte sowie konkrete Angaben zu deren Prüfung enthielten, die einem sachverständigen Konkurrenzunternehmen Rückschlüsse auf die konkrete technische Ausführung bzw die konkreten technischen Eigenschaften der von ihr angebotenen Produkte ermöglichten. Weiters enthielten die Ausführungen im Nachprüfungsantrag äußerst sensible Informationen darüber, wie die beschwerdeführende Partei die ausschreibungsgegenständlichen Anforderungen erfüllt habe. Mit Ausnahme von einigen wenigen Punkten etwa betreffend die Vorgeschichte des Vergabeverfahrens hielt die beschwerdeführende Partei ihren umfassenden Antrag, ihr Angebot, alle Teile des Vergabeaktes, die sich auf ihr Angebot beziehen, und damit insbesondere auch die wesentlichen Ausführungen im Nachprüfungsantrag selbst einschließlich der bekämpften Ausscheidensentscheidungen durch die erstbeteiligte Partei von der Akteneinsicht durch die zweitbeteiligte Partei auszunehmen, aufrecht.
Die erstbeteiligte Partei führt zum Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht der beschwerdeführenden Partei im Nachprüfungsverfahren aus, dass diese und die übrigen Mitbewerber einander laufend in von der erstbeteiligten Partei durchgeführten Ausschreibungen als Wettbewerber gegenüberstünden. Durch die Einsichtnahme in den Vergabeakt des Auftraggebers, insbesondere Prüfgutachten und den Prüfbericht, soweit darin Angaben zur Angebotskalkulation der Mitbewerber (mit Ausnahme des bei der Angebotseröffnung bereits verlesenen Gesamtpreises) und Angaben zu den eingesetzten Produkten enthalten seien, würden die Mitbewerber in die Lage versetzt, Kenntnis von den Positionspreisen der übrigen Mitbewerber und damit deren Detailkalkulation zu nehmen. Daher sei unter anderem die Einsicht in den von der erstbeteiligten Partei vorgelegten Prüfbericht auf jene Teile zu beschränken, die die beschwerdeführende Partei selbst beträfen. Die Geheimhaltung solcher Daten sei im Betriebsinteresse jedes Unternehmers und überwiege das Interesse auf Akteneinsicht jedenfalls.
6. Mit Spruchpunkt A) I. des angefochtenen Erkenntnisses vom wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der beschwerdeführenden Partei, die ihre Angebote betreffenden Ausscheidensentscheidungen der erstbeteiligten Partei vom für nichtig zu erklären, ab. Dies begründet das Bundesverwaltungsgericht wesentlich wie folgt:
"Im konkreten Fall begehrt die Antragstellerin die Nichtigerklärung sie betreffender Entscheidungen des Auftraggebers und möchte gleichzeitig den Schutz ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Diese konkretisierte sie einerseits bereits im für die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung weitgehend geschwärzten Antrag auf Nichtigerklärung und wiederholte diesen Antrag auf Wahrung der Vertraulichkeit auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes in der Stellungnahme vom und konkretisiert, dass bestimmte, im Wesentlichen sämtliche zur Beurteilung, ob die Ausscheidensentscheidungen rechtmäßig waren, Angaben 'keinesfalls offengelegt werden dürfen'. Sie legt näher dar, warum es sich dabei um zu schützende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handelt. Zusammengefasst macht die Antragstellerin geltend, dass der Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unbedingt notwendig sei, zu Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs auf einem beschränkten Markt. Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Auffassung der Antragstellerin, dass es sich bei diesen Umständen um potentiell zu schützende Informationen handelt. Für das Bundesverwaltungsgericht sind keine Umstände erkennbar, warum das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich der Beurteilung von diesen Umständen als Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse falsch sein sollte. Nachvollziehbar wurde dargelegt, dass die genannten Informationen nicht allgemein bekannt sind und auch nicht ohne weiteres zugänglich sind. Nachdrücklich wurde bekräftigt, dass diese Informationen geheim sind, weil sie von kommerziellem Wert sind, und insgesamt ist auch erkennbar, dass Geheimhaltungsmaßnahmen gesetzt werden. Dies trifft insbesondere auf die Nennung des angebotenen Produkts sowie die Nennung jener Umstände, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat, zu (vgl insbesondere Ausscheidensgrund 6 und 5). Es handelt sich dabei also 'um Tatsachen und Erkenntnisse kommerzieller oder technischer Art, die bloß einer bestimmten und begrenzten Zahl von Personen bekannt sind, nicht über diesen Kreis hinausdringen sollen und an deren Geheimhaltung ein wirtschaftliches Interesse besteht ().'
Dabei kommt dem Umstand zentrale Bedeutung zu, dass die Nachprüfungswerberin selbst die Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse beantragt, ihr Antrag auf Nichtigerklärung gemeinsam mit dem Antrag auf Geheimhaltung der bezeichneten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse erfolgt.
Nach der zitierten Judikatur des VfGH kann es in bestimmten, außergewöhnlichen Fällen zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen.
Aus Sicht der Antragstellerin dürfen die entscheidungsrelevanten Unterlagen nur dem Bundesverwaltungsgericht und der Auftraggeberin bekannt sein, was im vorliegenden Fall auch gegeben ist. Die Stellungnahme vom darf der Auftraggeberin nicht bekannt gegeben werden.
Der Schutz von Geheimhaltungsinteressen und das Rechte auf Parteiengehör gelten nicht absolut, die hier entstehende Grundrechtskollision bedarf daher einer Interessenabwägung (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 151). Anders als in der der Rs Varec bzw der dem zitierten Erkenntnis des VwGH und auch des VfGH zu Grunde gelegenen Konstellation geht es verfahrensgegenständlich nicht darum, dass die Geheimhaltungsinteressen eines vom Antragsteller verschiedenen Dritten beeinträchtigt werden könnten. Anders als in den dort verfahrensgegenständlichen und den üblicherweise besprochenen Fallkonstellationen, in denen die Angaben einer mitbeteiligten Partei offengelegt werden sollen damit der Antragsteller mit seinem Rechtsmittel erfolgreich sein kann, kommt hier dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass die Antragstellerin den Rechtschutz gesucht hat, die Informationen sie betreffen und sie selbst die erforderlichen Unterlagen in das Verfahren aufgenommen hat bzw deren Verwendung einschränkt, sie dürfen der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht zugänglich gemacht werden.
[…] Abwägung zwischen Interesse auf Zugang der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung und dem Interesse der Antragstellerin auf Geheimhaltung
Üblicherweise wurde in der Konstellation, dass der Antragsteller das Zugangsinteresse für sich in Anspruch nimmt und der Mitbeteiligte das Interesse auf Geheimhaltung argumentiert, dass der Schutzzweck der Norm darin besteht, dass nicht ein Antrag auf Nichtigerklärung dazu verwendet wird, verwendet werden darf, um geheime Informationen zu erlangen, dass also gleichsam neben dem Rechtsschutzinteresse vom Antragsteller auch ein weiteres Interesse verfolgt wird, Informationen von einem Dritten zu bekommen (so auch in der Rs Varec). Im konkreten Fall kann dieser Schutzzweck der Norm, der üblicherweise für eine ausnahmsweise Möglichkeit der Vorenthaltung von Informationen des Mitbeteiligten als Grund herangezogen wird, unzulässige Wettbewerbsvorteile durch das Vergabeverfahren zu verhindern, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht für eine Beschneidung der Verteidigungsrechte der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung herangezogen werden, da der Rechtsschutz eben nicht dazu verwendet oder gar missbraucht wird (so wie dies für Mehrparteienverfahren im Wirtschaftsrecht als potentielle Bedrohung im Raum steht), den Schutzzweck der Norm zu untergraben, da Rechtsschutz nicht vom Träger des Rechts auf Zugang geltend gemacht wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 152f). Mit anderen Worten soll es in diesen üblicherweise behandelten Sachverhalten einem Antragsteller nicht möglich sein, im Wege eines Rechtsschutzbegehrens Informationen zu erhalten, die die Wettbewerbsstellung des Mitbeteiligten beeinträchtigen könnten. Gleichzeitig soll er aber die Möglichkeit haben, Rechtsschutz gegen Handlungen Dritter, im Vergaberecht des Auftraggebers, zu bekommen. Der Ausgleich besteht in der Konstellation darin, dass ausnahmsweise geheime Beweise geduldet werden, wiewohl dies nach der zitierten Judikatur des VwGH in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht zulässig ist. Auch der Verfassungsgerichtshof betont, wie zuvor wörtlich wiedergegeben, dass es den Grundsatz jedes rechtsstaatlich geordneten behördlichen Verfahrens darstellt, dass es keine geheimen Beweismittel geben darf. Er hält aber fest, dass es in 'bestimmten, außergewöhnlichen Fällen … zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein' kann ',den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen (vgl , Varec SA; weiters Hanslik, aaO, 139 ff.).' Diese Wertung, Rechtsschutz – üblicherweise des Antragstellers – zu ermöglichen und gleichzeitig Dritte nicht in Rechten auf Wahrung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu beeinträchtigen und deshalb ausnahmsweise geheime Beweismittel zuzulassen, lässt sich auf den vorliegenden Fall aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht uneingeschränkt übertragen. Auf der einen Seite steht das Interesse der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung sämtliche Informationen in einer gerichtlichen Entscheidung und dem zu Grunde liegenden Verfahren zu erhalten, die erforderlich sind, damit sie ein Rechtsmittel einlegen kann und ihre rechtlich geschützten Interessen in denen sie durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar nachteilig betroffen sein kann, vertreten kann. Dies ist Ausfluss des in der gesamten zitierten Judikatur betonten Erfordernisses, dass das Verfahren insgesamt fair zu sein hat. Auf der anderen Seite steht das Interesse der Antragstellerin auf Rechtsschutz – Erfolg ihres Nachprüfungsantrags – und das Interesse der Antragstellerin auf Geheinhaltung der von ihr geltend gemachten – fallbezogen weitgehenden – Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.
Das in der zitierten Literatur entwickelte Abwägungssystem passt auf den vorliegenden Fall eben nur eingeschränkt, als der Erfolg des Rechtsmittels nicht von der Einsicht in Unterlagen eines von der Antragstellerin verschiedenen Dritten abhängt, sondern von der Bereitschaft der Antragstellerin selbst Unterlagen offenzulegen. Im konkreten Fall geht es nicht um Zugang zu Informationen ohne die ein Rechtsschutz nicht möglich wäre, sondern um einen Rechtsschutz ohne eigene Informationen offenzulegen.
Auch die Antragstellerin hat ein Recht, auf Schutz ihrer geheimen Informationen in einem Verfahren, in dem sie den Rechtschutz sucht. Dieses Interesse ist aber mit dem Interesse des Mitbeteiligten auf Zugang zur Information und dem Erfordernis ein faires Verfahren zu garantieren abzuwägen. Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht einzelne Aspekte, etwa Messergebnisse oder sonstige technische Spezifikationen, als schützenswert bezeichnet. Wie dargestellt ist das gesamte Verfahren im Ergebnis der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht bekannt zu geben, da die Bekanntgabe von allen angeführten Informationen, zu erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigungen der Antragstellerin führen würde. Insbesondere in Zusammenhang mit dem Ausscheidensgrund 6 (und 5) darf der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht offengelegt werden, worin der Mangel auch nur im Ansatz bestanden hat. Die Antragstellerin begründet dies mit der Wahrung des Wettbewerbs. Auf der anderen Seite steht das Interesse der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung auf Zugang zur Information. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind keine Umstände erkennbar, die ein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung der von der Antragstellerin geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse rechtfertigen würden, im Besonderen nicht in dem von der Antragstellerin geltend gemachten Umfang. Wie gezeigt wird ist dies besonders in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 erkennbar. Diesbezüglich soll die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung über gar keine Informationen verfügen, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat. Sie kann daher in keiner Weise beurteilen, ob das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist (Die Antragstellerin verweist in der mündlichen Verhandlung selbst darauf, dass diese Beurteilung für die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung erforderlich ist – 'Dies ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, weil der Rechtsstandpunkt der Mitbeteiligten Partei ausschließlich davon abhängt, dass das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist.'). Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts mag das vorgebrachte Interesse am funktionierenden Wettbewerb nicht das Interesse auf ein faires Verfahren überwiegen, weshalb auf dieser Ebene die Interessenabwägung die ausnahmsweise Geheimhaltung der angeführten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht begründen kann. Auch der wirtschaftliche Wert der geheim zu haltenden Informationen mag in dieser spezifischen Konstellation nicht dazu führen, dass das Interesse der Antragstellerin überwiegt, da ohne Information gerade auch zu Ausscheidensgrund 6 nicht mehr von einem fairen Verfahren gesprochen werden kann, wenn die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung über keine Informationen verfügen darf, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben erfüllt hat. Es ist auch nicht ersichtlich, wie diesem Antrag in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 teilweise nachgekommen werden könnte, um einen Interessenausgleich herzustellen. Ein faires Verfahren kann bei Geheimhaltung des 'Themas' des Ausscheidensgrundes 6 nicht garantiert werden. Dabei geht es noch nicht um die Frage, ob die Erwähnung des angebotenen Produkts notwendig ist. Auch in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 5 besteht dieselbe Problematik, dass die präsumtive Partnerin keine Kenntnis darüber haben darf, wie die Ausschreibungsvorgaben erfüllt wurden, sodass auch hier kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung erkannt werden kann. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind nur bestimmte Informationen geheim zu halten und diese auf das 'unbedingt notwendige Ausmaß' zu beschränken. Im konkreten Fall kann aufgrund des Umfangs nicht mehr davon gesprochen werden, dass es nur um bestimmte Informationen geht. Für das Bundesverwaltungsgericht ist nicht erkennbar, weshalb in dieser Konstellation von einem 'bestimmten, außergewöhnlichen' Fall im Sinne der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes auszugehen ist. Im Ergebnis bedeutet dies, dass jedenfalls die Informationen, die den Ausscheidensgrund 6 und 5 betreffen nicht geheim bleiben dürfen und trotzdem verwertet werden können, da kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung erkannt werden kann. Die dort angeführten Informationen sind entscheidungswesentlich, sodass sie der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung offengelegt werden müssten und in einer Entscheidung auch verwertet würden.
In der Rs Varec hat der EuGH in der Konstellation, dass der Mitbeteiligte das Interesse auf Geheimhaltung seiner Informationen dem Antragsteller entgegen hält, eine Interessenabwägung entwickelt, die es ermöglicht, Informationen geheim zu belassen und dennoch in einer Entscheidung zu verwerten. Da im konkreten Fall kein Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses der Antragstellerin festgestellt wurde, scheidet diese Verwertung bei gleichzeitiger Geheimhaltung aus.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes liegen mit den verfahrensgegenständlichen Anträgen auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und der Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll und dem Antrag auf Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse (Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht 7.5 und 7.6 des Nachprüfungsantrags sowie dem Vorbringen auf Seite 2 des Antrags auf Nichtigerklärung) in dem von der Antragstellerin mit Stellungnahme vom konkretisierten Umfang widerstreitende Anträge vor (in diesem Punkt unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von der Rs Varec als dort nicht widerstreitende Anträge einer Partei vorgelegen sind sondern das Interesse auf Zugang zur Information des Antragsstellers dem das Interesse auf Geheimhaltung bei gleichzeitiger Verwertbarkeit der geheimen Informationen des Mitbeteiligten gegenüberstand).
Wie gezeigt kann eine ausnahmsweise Geheimhaltung, nach den vom VfGH und dem EuGH vorgegebenen Kriterien, der angeführten Informationen nicht erfolgen. Dies bedeutet, dass in diesen Punkten entweder dem Antrag auf Geheimhaltung nicht entsprochen wird und die entscheidungswesentlichen Informationen offengelegt werden oder der Antrag auf Geheimhaltung befolgt wird, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Erfolg der verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsanträge.
Nach § 17 Abs 3 AVG sind von der Akteneinsicht Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde. Die von der Antragstellerin angeführten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse können unter 'Schädigung berechtigter Interessen einer Partei' subsumiert werden (so auch VwGH 09.04.0213, Zl 2011/04/0207).
Die Antragstellerin versichert in ihrem Vorbringen nachvollziehbar, dass es sich bei den angeführten Umständen um berechtigte Interessen handelt. Für das AVG (§17 Abs 3 und § 45 Abs 3) gilt, dass wenn Beweisergebnisse nicht dargelegt werden dürfen, dürfen sie auch nicht verwendet werden ( Zl 95/12/0007). Lehofer (Lehofer, Parteienrechte in Holoubek/Lang [Hrsg], Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens [2006] 420) qualifiziert 'Aktenteile, die den Verfahrensparteien im Rahmen der Akteneinsicht nicht zugänglich gemacht werden', als nicht geeignet, 'als Grundlage von Feststellungen der Behörde zu dienen.'
Unabhängig von den Garantien auf Geheimhaltung nach dem BVergG und dem AVG muss die Antragstellerin mit Stellung ihres Nachprüfungsantrags, Informationen so darlegen, dass mit ihnen ein rechtstaatliches Verfahren im Sinne der zitierten Judikatur geführt werden kann und sie – die im konkreten Fall anwaltlich vertreten ist – entscheidet mit welchen sie betreffenden Unterlagen das Gericht die von ihr begehrte Entscheidung treffen soll, sofern diese Unterlagen zur Wahrung ihrer Rechte erforderlich sind (vgl dazu die Wertung des Gesetzgebers durch § 336 BVergG 2018).
Mit anderen Worten: Werden entscheidungsrelevante Unterlagen nicht vorgelegt oder wird beantragt, dass die Verwendung nicht umfänglich erfolgen darf, die ausschließlich aus dem Bereich der Antragstellerin stammen, und besteht keine Möglichkeit die Kenntnis zu subsituieren, geht die Nichtvorlage zu ihren Lasten. Aus der allgemeinen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (, Ra 2019/14/0153) ergibt sich, dass das Offizialprinzip die Parteien nicht davon entbindet, durch ein substantiiertes Vorbringen zur Ermittlung des Sachverhalts beizutragen, wenn es einer solchen Mitwirkung bedarf. 'Dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirkung der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Die Mitwirkungspflicht der Partei ist gerade dort von Bedeutung, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, weil die Behörde außerstande ist, sich die Kenntnis von ausschließlich in der Sphäre der Partei liegenden Umständen von Amts wegen zu beschaffen.' Im konkreten Fall wurden die für die Entscheidung relevanten Unterlagen von der Antragstellerin zwar vorgelegt aber dabei beantragt und im Laufe des Verfahrens nachdrücklich bekräftigt, dass diese Unterlagen zu einem sehr großen Teil nicht jeder Partei des Verfahrens gegenüber offengelegt und damit verwertet werden dürfen. Die dieser Judikatur zu Grunde liegende Wertung der Mitwirkungspflicht lässt sich auch auf den vorliegenden Fall übertragen, da gerade im Mehrparteienverfahren nicht erkennbar ist, weshalb das Verwaltungsgericht entgegen einem ausdrücklichen Antrag auf Geheimhaltung der Antragstellerin Umstände gegen den Willen der Antragstellerin in einem Verfahren verwerten darf, sofern durch die Befolgung dieses Begehrens nicht in die Rechte anderer Verfahrensparteien als des Antragstellers eingegriffen wird. Soweit die Antragstellerin meint, dass es Aufgabe 'des BVwG' sei 'die Notwendigkeit der Offenlegung zu beurteilen', ist ihr beizupflichten. Wie dargestellt sind die Informationen in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 und 5 entscheidungswesentlich und kann kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung festgestellt werden. Die Antragstellerin wurde in der mündlichen Verhandlung vom ausdrücklich mit diesem möglichen Widerspruch ihrer Anträge konfrontiert.
'VR: Sie haben beantragt die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung. Weiters haben sie den Antrag auf Schutz ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gestellt. Diese haben Sie durch Schwärzung der aus Ihrer Sicht relevanten Teile des Nachprüfungsantrages als auch durch Bezeichnung der Teile des Vergabeaktes, die geheim bleiben sollen, genannt. Auch in der weiteren Stellungnahme, die nach dem Nachprüfungsantrag als Replik auf die Stellungnahme der Auftraggeberin abgegeben wurde, wurden die relevanten Passagen geschwärzt.
Über Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes haben Sie dies mit Schriftsatz vom im Wesentlichen bekräftigt.
Es handelt sich dabei um zwei Anträge, die gegebenenfalls in Widerspruch zueinanderstehen können, dass also die Befolgung bzw der Erfolg des einen die Missachtung bzw die Erfolglosigkeit des anderen bedingen kann.
Antragstellerin-Vertreter: Ich möchte vorausschicken, dass der VfGH in der zitierten Entscheidung betont, dass es für die Wahrung des Rechtsstandpunktes einer Verfahrenspartei erforderlich sein muss, dass Umstände offengelegt werden. Dies ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben, weil der Rechtsstandpunkt der Mitbeteiligten Partei ausschließlich davon abhängt, dass das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist. Es ist Sache des BVwG die Notwendigkeit der Offenlegung zu beurteilen. Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.
VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation?
Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.
Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?
Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.
VR: Meinen Sie damit, dass entgegen Ihrem Antrag auf Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unter Betonung des hohen wirtschaftlichen Schadens der bei einer Offenlegung eintreten würde, das Gericht im Einzelfall jeweils zu entscheiden hätte, welches als geheim bezeichnete Faktum offengelegt wird und sich so über den Antrag auf Geheimhaltung hinwegsetzt.
Antragsteller-Vertreter: Aus unserer Sicht hat das Gericht zu entscheiden, in welchem Umfang Akteneinsicht gewährt wird.
…
VR an AST-Vertreter: Halten Sie die gestellten Anträge weiterhin für aufrecht?
AST-Vertreter: Ja.
…
VR an AST-Vertreter: Meinen Sie mit Ihrem Vorbringen heute, dass der erkennende Senat selbst beurteilen muss, welche Umstände, die als geheim bezeichnet wurden, und deren Offenlegung nach Ihrem Vorbringen einen hohen wirtschaftlichen Schaden auslösen würde, offengelegt werden, weil sie entscheidungswesentlich sind und es kein faires Verfahren wäre, wenn sie geheim blieben und trotzdem verwertet würden, damit Ihr Antrag auf Nichtigerklärung erfolgreich sein kann.
AST-Vertreter: Aus Sicht der AST liegen, wie im Schriftsatz vom ausgeführt, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor bzw hat die AST die dort angeführten Interessen an einer Geheimhaltung von Informationen. Die Interessenswägung, ob es durch eine Einsichtnahme durch die Mitbeteiligte Partei zu einer Schädigung der Interessen der AST kommen kann, ist vom erkennenden Senat vorzunehmen.'
Wie bereits dargelegt besteht für den erkennenden Senat kein Grund den Angaben der Antragstellerin zum drohenden hohen Schaden bei Offenlegung der von ihr als geheim bezeichneten Informationen zu zweifeln, da schlüssig die Marktsituation vorgebracht wurde.
Wenn die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung am darauf verweist, dass das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen kann ('Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen. VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation? Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.') ist ihr zu entgegen, dass sie auch auf Nachfrage damit in keiner Weise konkretisiert hat, welche der im konkreten Fall umfassend vorzuenthaltenden Informationen von ihr damit gemeint sind.
Auch ihr weiteres Vorbringen in der mündlichen Verhandlung dazu ('Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?
Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.
…
Antragsteller-Vertreter: Aus unserer Sicht hat das Gericht zu entscheiden, in welchem Umfang Akteneinsicht gewährt wird.'
ist nicht geeignet etwas zur Auflösung des Widerspruchs der beiden Anträge beizutragen.
Über ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom hat die Antragstellerin bekräftigt ihre Anträge aufrecht zu erhalten ('VR an AST-Vertreter: Halten Sie die gestellten Anträge weiterhin für aufrecht?
AST-Vertreter: Ja.')
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes scheidet die Annahme einer grundsätzlichen Höherwertigkeit der Nachprüfungsanträge gegenüber dem Antrag auf Geheimhaltung schon deswegen aus, als der Antrag auf Geheimhaltung intentional gestellt wird um Informationen zu schützen, denen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, der naturgemäß je nach Sachverhalt unterschiedlich hoch ist.
[…] Abwägung Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen mit dem Interesse des Antragstellers auf Rechtsschutz
Anders als in der 'Grundvariante' bei der es um die Informationen des vom Antragsteller verschiedenen Dritten geht und gegebenenfalls die Abwägung zu seinem Nachteil ausfällt – die Information also gegen seinen Willen offengelegt werden muss, damit dem Rechtsschutzbegehren nachgekommen werden kann – führt im konkreten Fall ein Überwiegen des Interesses auf Zugang zur Information nicht zwingend zur Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Die Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in der 'Grundvariante' dient keinem Selbstzweck, sondern soll ausschließlich dazu erfolgen, dass ein Rechtsschutzbegehren einer anderen Partei als der, die die Geheimhaltung von Informationen vorbringt inhaltlich in einem fairen Verfahren beurteilt werden kann. Im konkreten Fall würde als eine Variante, da die Abwägung zu Gunsten des Interesses auf Zugang - also zu Lasten des Interesses auf Geheimhaltung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse bei gleichzeitiger Verwertung (jedenfalls in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 und 5) des Antragstellers – erfolgt, vor dem Hintergrund des zuvor beschriebenen Zwecks der zwangsweisen Offenlegung schlicht in Betracht kommen, dass der Antragsteller die Konsequenz zu tragen hätte, dass sein Antrag deswegen erfolglos bleibt, weil – wie von ihm beantragt – seine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht offengelegt und daher auch nicht in einem Erkenntnis oder Beschluss verwertet werden können, sofern die nicht geheimen Informationen die beantragte Entscheidung nicht zu tragen vermögen. Soweit es sich dabei um eine entscheidungswesentliche Information handelt, wird die begehrte Entscheidung nicht im Sinne des Antragstellers getroffen werden können, als im Verfahren das erforderliche Sachsubstrat fehlt. Feststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung kann dann nur anhand der verwertbaren Informationen getroffen werden (siehe dazu allgemein Lehofer, Parteienrechte in Holoubek/Lang [Hrsg], Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgabenverfahrens [2006] 420).
Anders als in der Grundvariante – Mitbeteiligter muss Informationen offenlegen, wenn seine Geheimhaltungsinteressen nicht überwiegen – könnte daher vertreten werden, dass in dem konkreten Sachverhalt eine verpflichtende Offenlegung der Information gegen den Willen der Antragstellerin nicht erforderlich ist, da die negativen Konsequenzen einer solchen Abwägung die Antragstellerin selbst trägt und nicht wie in der Grundvariante der Dritte. Dort wird das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers gegen das Geheimhaltungsinteresse des Dritten abgewogen. In der hier relevanten Konstellation wird das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers aber nicht gegen das Geheimhaltungsinteresse eines Dritten abgewogen, sondern es geht vielmehr darum, dass beide, durch Anträge konkretisierte, Interessen bei derselben Verfahrenspartei, der Antragstellerin liegen und demgegenüber das Interesse des Dritten auf Zugang zur Information, was wiederum dem fairen Verfahren dient, steht. Die Antragstellerin will Rechtsschutz und umfassende Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.
Im konkreten Fall könnte aber auch überlegt werden, ob Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der anwaltlich vertretenen Antragstellerin gegen ihren ausdrücklichen Willen, im konkreten Fall ergibt sich dies eindeutig aus ihrer Stellungnahme vom (die Geheimhaltung ist zur Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs vor dem Hintergrund des konkreten wenig wettbewerbsintensiven Markts unbedingt notwendig), mit der sie auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes reagiert hat und dem Antrag auf Nichtigerklärung, offenzulegen sind, damit ihrem anderen Rechtsschutzinteresse und dem Interesse des fairen Verfahren insgesamt nachgekommen wird. Im konkreten Fall wird der Wille auf Geheimhaltung auch in der mündlichen Verhandlung vom unterstrichen ('AST-Vertreter: Aus Sicht der AST liegen, wie im Schriftsatz vom ausgeführt, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse vor bzw hat die AST die dort angeführten Interessen an einer Geheimhaltung von Informationen.') und die entsprechenden Anträge ausdrücklich aufrechterhalten. Dass in der mündlichen Verhandlung auch folgendes erklärt wurde, ('Das Interesse am Erfolg des Rechtsmittels kann im Einzelnen auf Grund der Bedeutung des Auftrages überwiegen.
VR: Wie meinen Sie das konkret in der verfahrensgegenständlichen Konstellation?
Antragstellerin-Vertreter: Dass das Interesse an der Nichtigerklärung höher gewertet wird, als das Interesse auf Schutz einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.
Fachkundiger LR: Und diese Beurteilung, diese Beobachtung, soll Ihrer Auffassung nach im Einzelfall durch den erkennenden Senat erfolgen?
Antragsteller-Vertreter: Ja. Es handelt sich dabei um eine Rechtsfrage. Im Einzelfall ist zu beurteilen, ob die Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen notwendig ist.') ändert daran nichts, da sie keiner Weise dargelegt hat, um welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse es sich dabei handelt.
Die Antragstellerin betont in ihrer Stellungnahme vom als auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom den hohen wirtschaftlichen Schaden, den sie durch Übermittlung der Informationen an die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung erleiden würde. Sie wiederholt ihr Begehren auf Geheimhaltung ausdrücklich in ihrer Antwort auf das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes und in der mündlichen Verhandlung vom . Sie bringt also mehrfach zum Ausdruck, dass die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse für sie einen hohen Wert besitzen (vgl 1.1.5. und 1.1.6. letzter Satz der Stellungnahme vom ). Ein Umstand, der in der Grundvariante bei einer Abwägung für das Interesse auf Geheimhaltung herangezogen wird und als mögliche Begründung für die Geheimhaltung angeführt wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 151ff.) Im konkreten Fall kann der hohe Wert die Geheimhaltung im Verhältnis zum Zugangsinteresse aber nicht rechtfertigen, da wie zuvor gezeigt, in der konkreten Konstellation das Zugangsinteresse und das Erfordernis eines fairen Verfahrens trotz des hohen Wertes der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse überwiegen (vgl die zuvor . durchgeführte Interessenabwägung). Gerade dieses Argument des hohen wirtschaftlichen Wertes zeigt auch, weshalb eine zwangsweise Offenlegung fallbezogen nicht argumentierbar ist.
Durch den Antrag auf weitgehende Ausnahme der relevanten Informationen und der ausdrücklichen Stellungnahme vom , in der von 'keinesfalls offengelegt werden dürfen', in Zusammenhang mit den Informationen zu den Ausscheidensgründen 6 und 5 (1.1.6. der Stellungnahme vom ) gesprochen wird und der wirtschaftliche Wert und der Schaden – 'Wahrung und Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs … unbedingt notwendig ist' (1.1.3. der Stellungnahme vom ) – für die Wettbewerbsstellung im Falle der Offenlegung ins Treffen geführt wird, hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin ihre Wertung, dass ihrem Antrag auf Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gefolgt werden muss ('keinesfalls offengelegt werden dürfen') eindeutig vertreten. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes dürfen daher jedenfalls die in diesem Zusammenhang behandelten Informationen nicht offengelegt werden, da das entsprechende anwaltliche Vorbringen ('keinesfalls offengelegt werden dürfen') auch in Zusammenschau mit den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wo nur allgemein von 'im Einzelnen' oder 'einzelner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse' gesprochen wird, hinreichend klar ist und keinen Interpretationsspielraum am Willen der Antragstellerin zulässt. Wollte das Bundesverwaltungsgericht von diesem Antrag – auf Nichtigerklärung bei gleichzeitiger Wahrung der geltenden gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – abweichen, müsste es sich über den ausdrücklichen Willen der Antragstellerin hinwegsetzen und die kaufmännische Beurteilung vornehmen, dass die Wertung der Antragstellerin im konkreten Fall nicht stimmt, ihr zuvor widergegebenes Vorbringen überschießend ist, und das Interesse am Rechtsschutz dem Interesse auf Geheimhaltung in diesen Punkten überwiegt. Im gesamten Verfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung vom , auch auf ausdrückliche Nachfrage, wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, das ein solches Vorgehen rechtfertigen würde.
Wie zuvor ausgeführt hat die Antragstellerin mehrfach den hohen wirtschaftlichen Schaden, der ihr durch eine Offenlegung entstehen würde und die Auswirkungen auf den Markt, betont. Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies, dass der weniger grundrechtseingriffsintensive Vorgang darin besteht, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin jedenfalls in Zusammenhang mit den Ausscheidensgründen 6 und 5 nicht offenzulegen, sondern anhand der von ihr als nicht geheim bezeichneten Angaben ein Verfahren zu gestalten.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts würde eine zwangsweise Offenlegung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der anwaltlich vertretenen Antragstellerin soweit dies erforderlich ist, um den Antrag auf Nichtigerklärung erfolgreich zu machen weiters dazu führen, dass ihr Antrag umgedeutet würde, damit er eben inhaltlich erfolgreich sein kann. Gerade auch im Mehrparteienverfahren kann nicht erkannt werden, auf welcher Grundlage ein solches Ignorieren des ausdrücklichen Antrags auf Geheimhaltung zu Lasten der anderen Parteien erfolgen könnte, da es nicht um die Konstellation geht, dass im Interesse einer anderen Partei als des Antragstellers die Offenlegung notwendig ist.
Dies entspricht auch der grundsätzlichen Wertung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 AVG (, 2012/05/0198).
Mit ihrer Stellungnahme vom sowie bereits mit dem Antrag auf Nichtigerklärung und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die angeführten Unterlagen weiterhin von der Kenntnis der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung entzogen bleiben müssen.
[…] Nachdem kein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse festgestellt wurde kann als weniger grundrechtsintensiver Eingriff geprüft werden in einem weiteren Schritt, ob die geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse so abstrakt umschrieben werden können bzw nicht entscheidungsrelevanten Sachverhalt betreffen (zumindest nicht in der konkreten Formulierung), dass dennoch Rechtsschutz möglich ist und das Verfahren trotz weitgehender Umschreibung und damit nicht erfolgter Offenlegung fair ist. In der Literatur wird zu der Grundvariante, mitbeteiligte Partei will Informationen nicht offenlegen, betont, dass es bei einer solchen Vorenthaltung von Informationen zwingend erforderlich ist, dass ein Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 16). Erfolgt eine Beschränkung des Rechts auf Information muss ein Ausgleich hergestellt werden. Wie der Ausgleich der durch eine erfolgte Ausnahme von der Akteneinsicht beschnittenen Verteidigungsrechte gewahrt werden muss und kann wird vom EuGH und auch vom VfGH nicht beantwortet (vgl zum EuGH Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 17). In der Literatur werden verschiedene Lösungsansätze zur Auflösung dieser Konstellation in der Grundvariante thematisiert (vgl Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, S 139ff). Im konkreten Fall geht es daher um die Frage, ob es zumindest möglich ist, diese Garantie des fairen Verfahrens unter gleichzeitiger Geheimhaltung und Umschreibung der von der Antragstellerin geltend gemachten Umstände und Informationen zu gewährleisten.
Die geheimen Angaben sind soweit zu abstrahieren als sie dadurch geheim bleiben. Dabei ist der präsumtive Partner der Rahmenvereinbarung in die Position zu bringen, trotz Geheimhaltung und Umschreibung Teil eines fairen Verfahrens zu sein. Zu beachten ist auch, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen 'auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen' sind, 'die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen.' Auch diese Wertung, dass es sich bei der Geheimhaltung von Angaben um einen Ausnahmefall handelt, spricht für das vorliegende Ergebnis, da wie gezeigt, die Antragstellerin Angaben über das entscheidungswesentliche Verfahren umfassend geheim halten möchte. Schon wegen dieses Ausmaßes wird klar, dass bei Geheimhaltung der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung die Verteidigungsrechte insgesamt potentiell erheblich beeinträchtigt werden.
[…] Beurteilung, ob ein faires Verfahren, trotz Geheimhaltung bzw Umschreibung der von der Antragstellerin geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse möglich ist
Es ist jedenfalls in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 1 bis 4 zumindest über weite Strecken möglich, dem Interesse auf Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch allgemeine Umschreibung der in den Schriftsätzen und Unterlagen behandelten Fragestellungen nachzukommen und gleichzeitig die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung in die Position zu bringen ihre rechtlichen Interessen wahren zu können.
Ausscheidensgrund 6
Unmöglich ist die Garantie des fairen Verfahrens bei bloß allgemeiner Umschreibung insgesamt allerdings in Zusammenhang mit den von der Antragstellerin vorgebrachten sensiblen Informationen wie sie die ausschreibungsgegenständlichen Anforderungen erfüllt hat (1.1.6 der Stellungnahme vom ). In diesem Zusammenhang dürften der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung (auch in einem Erkenntnis oder Beschluss) nur solche Informationen bekannt gegeben werden, mittels derer sie ihre Rechte nicht effektiv wahren könnte, da nichts genannt werden darf, was ersichtlich machen würde, welcher Mangel der Antragstellerin vorgeworfen wird. Ob das Angebot der Antragstellerin ausschreibungskonform ist, kann sie daher nicht beurteilen. Eine detaillierte Darstellung hat auch hier zu unterbleiben, da sonst Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse offengelegt würden, wie die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom ausdrücklich argumentiert. Die Darstellung der Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung wäre auf ein abstrakt zu umschreibendes Verfahren reduziert, ohne auf die konkreten entscheidungswesentlichen Umstände eingehen zu dürfen, da diese eben sensible und daher zu schützende Daten beinhalteten. Die Antragstellerin argumentiert in ihrem Schriftsatz vom , dass im korrespondierenden Vorbringen in '6.10 des Nachprüfungsantrags äußerst sensible Informationen … enthalten wären … .
Auch diese Informationen betreffen … damit kalkulationsrelevante Details des Angebots der Antragstellerin, die Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden dürfen.'
Mit anderen Worten, das öffentlich zu machende Substrat würde die präsumtive Partnerin in Unkenntnis darüber belassen, worum es verfahrensgegenständlich geht. Jedenfalls ist es für sie unmöglich, ihre rechtlich geschützten Interessen mit diesen Umschreibungen zu wahren. Auch unter 1.1.5 erklärt die Antragstellerin in der Stellungnahme vom ausdrücklich, weshalb vom Nachprüfungsantrag die 6.5.2, 6.6.1, 6.8.1, 6.9.2 oder 6.10.1 nicht offenzulegen sind, da konkrete Mängel dargestellt werden. In 6.10.1 wird der Ausscheidensgrund 6 abstrakt umschrieben. Da bereits dies der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung nicht bekannt gegeben werden darf, ist nicht ersichtlich, wie ein faires Verfahren garantiert sein soll. Die präsumtive Partnerin darf nicht einmal abstrakt erfahren, aus welchem Grund die Antragstellerin ausgeschieden wurde. Sie kann daher auch kein Vorbringen dazu erstatten. Mit anderen Worten ist nicht einmal die Darstellung des Mangels abstrakt möglich, sodass auch nicht argumentiert werden kann, ob er tatsächlich vorgelegen hat.
Zur Verdeutlichung, aus diesen Punkten wird ersichtlich, dass es der Antragstellerin nicht bloß um Messdaten etc geht, die nicht offengelegt werden dürfen, sondern um letztlich alles was in Zusammenhang mit Ausscheidensgrund 6 steht. Gerade im Zusammenhang mit 6.10.1 fällt dies deutlich auf, als schon aus der entscheidungsrelevanten Umschreibung, des Mangels Rückschlüsse auf die konkrete Eigenschaft (1.1.5 zweiter Absatz) und an die tatsächliche Ausgestaltung des Produktes (1.1.6) möglich sind. Schon diese Umstände (vgl dazu 1.1.6 Satz 1 in Klammer) dürfen 'Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden.'
Konkret bedeutet dies, dass eine Umschreibung des Mangels und des durchgeführten Verfahrens so abstrakt zu erfolgen hätte, dass effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet ist.
Es kann nur mittels der von der Antragstellerin zu Verfügung gestellten öffentlichen Unterlagen bzw soweit ein faires Verfahren gewährleistet ist auch mit 'vertraulichen' Unterlagen, eine Entscheidung erfolgen. Wie dargestellt ist Ausscheidensgrund 6 ohne Offenlegung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen nicht darstellbar. Ein Überwiegen des Interesses auf Geheimnisschutz bei gleichzeitiger Verwendung der geheimen Informationen ist nicht gegeben. Eine zwangsweise Offenlegung dieser Informationen ist vor dem Hintergrund des Antrags auf Geheimhaltung und des zitierten Vorbringens der Antragstellerin in der Stellungnahme vom (dürfen 'Mitbewerbern keinesfalls offengelegt werden') nicht zulässig. Dies hat zur Konsequenz, dass in diesem Zusammenhang – Ausscheidensgrund 6 – konkret daher nur solche Informationen verwertet werden dürfen, aus denen nicht abgeleitet werden kann, dass die Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden wurde. Diese Unterlagen bilden daher auch die Basis für die Feststellungen. Da die für einen Erfolg ihres Rechtsmittels nötigen Feststellungen nur anhand dieser Unterlagen getroffen werden können, muss die Antragstellerin auch die Konsequenz der begehrten Geheimhaltung tragen, dass die erforderlichen Feststellungen anhand dieser Unterlagen nicht getroffen werden können, weil die öffentlichen Unterlagen diese Feststellung nicht tragen und die nicht öffentlichen Unterlagen nicht verwendet werden können, weil insgesamt ein faires Verfahren trotz Geheimhaltung dieser Unterlagen nicht durch andere Schritte erreicht werden kann. Der nicht geheime Akteninhalt lässt keine Feststellung treffen, wie der Mangel des angebotenen Produkts aus Sicht der Auftraggeberin ausgefallen ist. Es ist insbesondere nicht erkennbar, wie eine 'Reduktion' des Sachverhaltes erfolgen könnte, damit ein faires Verfahren garantiert bleibt, da die entscheidungswesentliche Frage, wie die Antragstellerin die Ausschreibungsvorgaben in diesem Punkt erfüllt hat, nicht angegeben werden darf. Es kann daher auch nicht eine rechtliche Beurteilung vorgenommen werden, dass die Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden worden wäre. Es kann daher nur abgeleitet werden, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts die Annahme der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin auszuscheiden war, nicht rechtswidrig ist, da die Antragstellerin kein verwertbares Vorbringen erstattet hat, dass ihrem Antrag auf Nichtigerklärung zum Erfolg verhelfen würde.
Ausscheidensgrund 5
Im Zusammenhang mit dem Ausscheidensgrund 5 ergibt sich dieselbe Problematik.
Es geht auch hier im konkreten Fall nicht bloß um einzelne Daten, die vertraulich darzustellen wären, sondern um das Vorgehen der Auftraggeberin insgesamt bei der Prüfung des Angebots der Antragstellerin sowie um die tatsächliche Ausgestaltung des Produktes (1.1.6 Satz 1 in Klammer der Stellungnahme vom ). Es darf demnach nicht dargestellt werden, welche Mängel die Auftraggeberin der Antragstellerin konkret vorwirft und auch nicht abstrakt, wie die Antragstellerin das Produkt ausgestaltet hat.
Es kann daher auch in diesem Zusammenhang aus den verwertbaren Informationen nur abgeleitet werden, dass aufgrund des vorliegenden Sachverhalts die Annahme der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin auszuscheiden war, nicht rechtswidrig ist, da die Antragstellerin kein verwertbares Vorbringen erstattet hat, dass ihrem Antrag auf Nichtigerklärung zum Erfolg verhelfen würde
Ausscheidensgründe 1 bis 5
Es wären bereits aus der Angabe der Norm um deren Einhaltung es geht, Rückschlüsse auf die von der Auftraggeberin behaupteten Mängel und das durchgeführte Verfahren und dessen Ergebnisse möglich (S 6 der Stellungnahme der Antragstellerin vom ). Konkret wird in der angeführten Beilage (S 6) auf die in der Stellungnahme vom auf S 6 Bezug genommen wird, ausschließlich abstrakt der rechtliche Rahmen umschrieben, der einzuhalten ist. Da bereits diese Angabe die Antragstellerin in Rechten verletzen würde, zeigt wie eingeschränkt der Darstellungs- und Argumentationsspielraum des Bundesverwaltungsgerichtes auch in Zusammenhang mit diesen Ausscheidensgründen ist und über wie wenige Informationen die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung damit verfügen würde, um Rechtsschutz gegen eine sie allenfalls in Rechten verletzende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu suchen. Auch hier scheidet ein Ausgleich der Interessen durch anderweitige Herstellung eines fairen Verfahrens in Ermangelung von Möglichkeiten aus. Gerade die Bezugnahme auf Rechtsgrundlagen wäre auch erforderlich um zu beurteilen, ob die Auftraggeberin aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unzulässigerweise eine Prüfung des angebotenen Produktes anhand derselben Normen, die der CE-Kennzeichnung zu Grunde gelegen sind, durchgeführt hat oder ob sie zulässigerweise 'etwas anderes' beurteilt hat. Weder die angewandten Normen noch Umschreibungen der durchgeführten Verfahren (vgl etwa S 6 2.1.4 und S 3 1.1.5 der Stellungnahme der Antragstellerin vom ) sind aus Sicht der Antragstellerin zulässig, da diesfalls berechtigte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verletzt würden. Es ist an dieser Stelle nochmals zu betonen, dass es der Antragstellerin dabei nicht nur um konkrete Daten, sondern um das durchgeführte Verfahren und die Nennung der aus Sicht der Auftraggeberin nicht eingehaltenen Grundlagen geht.
Für die Frage, ob das von der Antragstellerin angebotene Produkt über eine CE-Kennzeichnung verfügt, kann im konkreten Fall anhand der vorliegenden allen Parteien bekannten Unterlagen, die notwendige Feststellung nicht getroffen werden. Es ist dem Bundesverwaltungsgericht keine Maßnahme erkennbar, wie bei Wahrung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, konkret der Bezeichnung des Dokuments auf dem die CE-Kennzeichnung fußt, die Rechte der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung gewahrt werden könnten. Eine Schwärzung sensibler Daten ist im konkreten Fall nicht möglich, da nach erfolgter Schwärzung die Verteidigungsrechte nicht gewahrt werden, da die einzig relevante Aussage, das angebotene Produkt verfüge über eine CE-Kennzeichnung damit nicht nachgewiesen werden kann. Die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung hätte nur die Möglichkeit die Aussage des Bundesverwaltungsgerichtes 'zu glauben', eine Überprüfung wäre hingegen nicht möglich. Es handelt sich daher im konkreten Fall um die Frage, wie mit einem solchen geheimen Beweismittel umzugehen ist. Für sich alleine betrachtet mag Rechtsschutz in dieser Konstellation – im Lichte der zitieren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes – durch andere Maßnahmen herstellbar sein. Aufgrund der dargestellten übrigen geheim zu haltenden Umstände kann die Vorenthaltung dieses Beweismittels und damit verbunden die nicht mögliche Anführung in einem Erkenntnis oder Beschluss nicht durch andere Maßnahmen kompensiert werden, damit ein faires Verfahren garantiert ist.
In Summe führt dies dazu, dass das Verfahren insgesamt nicht mehr als fair bezeichnet werden könnte, wenn diese Informationen der präsumtiven Partnerin der Rahmenvereinbarung vorenthalten würden. Es ist nicht möglich den entscheidungswesentlichen Sachverhalt auf jene Umstände zu reduzieren bzw zu abstrahieren, die eine weitergehende inhaltliche Beurteilung ermöglichen und dabei trotzdem das Verfahren fair ist. Einzelne der zuvor dargestellten Umstände würden vielleicht zu einer anderen Beurteilung führen, aufgrund des Ausmaßes und der Relevanz der geheim zu haltenden Informationen, ist diese Garantie in Summe aber nicht mehr möglich. Der Rechtsschutz würde soweit eingeschränkt, dass die Möglichkeit der sinnvollen Bekämpfung genommen wird. Die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung hätte keine Informationen, die sie in einem Verfahren gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verwerten könnte.
Wie zuvor ausgeführt, sind die Feststellungen daher anhand der nicht geheimen Informationen sowie jener Angaben, die zwar geheim bleiben, wo die präsumtive Partnerin der Rahmenvereinbarung aber sonst ihre Verteidigungsrechte anders gewahrt bekommt, zu treffen und kann anhand dieser Feststellungen die begehrte Entscheidung nicht getroffen werden, weshalb der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen als unbegründet abzuweisen ist."
7. In der Folge wies das Bundesverwaltungsgericht mit Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses den Antrag der beschwerdeführenden Partei, die Auswahlentscheidung der erstbeteiligten Partei, mit der zweitbeteiligten Partei die Rahmenvereinbarung für die in Rede stehenden Lose abschließen zu wollen, für nichtig zu erklären, zurück. Da mit der zuvor unter Spruchpunkt A) I. getroffenen Entscheidung feststehe, dass das Angebot der beschwerdeführenden Partei bei der Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung geschlossen werden soll, von der erstbeteiligten Partei nicht zu berücksichtigen gewesen sei, fehle es der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Auswahlentscheidung an der Antragsvoraussetzung des § 342 Abs 1 Z 2 BVergG 2018, zumal ihr als ausgeschiedener Bieterin durch diese Entscheidung kein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe.
8. Des Weiteren wies das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom den von der beschwerdeführenden Partei mit ihren Anträgen auf Nachprüfung der Ausscheidensentscheidungen und der Auswahlentscheidung zugunsten der zweitbeteiligten Partei gestellten Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren ab. Weil das Bundesverwaltungsgericht in der Hauptsache die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen ab- und die Anträge auf Nichtigerklärung der Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, zurückgewiesen habe, finde gemäß § 341 Abs 1 und 2 BVergG 2018 weder betreffend die Nachprüfungsanträge noch betreffend die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein Ersatz der Pauschalgebühren statt.
9. Gegen diese Entscheidungen, nämlich gegen das die Anträge der beschwerdeführenden Partei ab- bzw zurückweisende Erkenntnis vom und gegen den, den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühren abweisenden Beschluss vom , richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen beantragt wird.
Soweit sich die Beschwerde gegen das in der Hauptsache ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom richtet, begründet sie die antragstellende Partei wie folgt (teilweise ohne Übernahme der Hervorhebungen im Original):
"[…] Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes: Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhaltes sowie Übung von Willkür
[…] Das BVwG unterstellt – wie nachfolgend gezeigt wird – dem Gesetz (und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs) einen grob gleichheitswidrigen und somit verfassungswidrigen Inhalt.
Die Gesetzesauslegung durch das BVwG steht auch im krassen Widerspruch zu den Grundsätzen einer teleologischen Interpretation, da sie auf Überlegungen beruht, die vom Gesetzgeber keinesfalls beabsichtigt waren. Diese Auslegung erweist sich daher auch im Lichte einer verfassungskonformen Interpretation als denkunmöglich und ist mit der Übung von Willkür gleichzusetzen.
Beides (denkunmögliche Gesetzesanwendung bzw Willkür) führt nach ständiger Rechtsprechung des VfGH zu einer Verfassungswidrigkeit des Erkenntnisses des BVwG.
[…] Das BVwG hat den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschwerdeführerin 'widerstreitende Anträge' gestellt habe […], nämlich einerseits den Antrag auf Ausnahme bestimmter Aktenbestandteile von der Akteneinsicht durch die zweitmitbeteiligte Partei sowie andererseits den (verfahrenseinleitenden Haupt-)Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und der Auswahlentscheidung.
[…] Das BVwG gelangt im angefochtenen Erkenntnis zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Beschwerdeführerin an der Geheimhaltung der genannten Aktenbestandteile das Interesse der zweitmitbeteiligten Partei an einem fairen Verfahren nicht überwiege (ein solches sei ohne Offenlegung zumindest einiger der betroffenen Aktenbestandteile nach Ansicht des BVwG aber nicht möglich).
Logische Konsequenz dieser Ansicht wäre – nach ständiger verfassungsgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung – die Offenlegung jener Aktenbestandteile gewesen, hinsichtlich derer das entsprechende Geheimhaltungsinteresse der Beschwerdeführerin (nach Ansicht des BVwG) nicht überwiegt.
Dieses Ergebnis hält das BVwG auch für zumindest möglich, wenn es ausführt […]:
Wie gezeigt kann eine ausnahmsweise Geheimhaltung, nach den vom VfGH und dem EuGH vorgegebenen Kriterien, der angeführten Informationen nicht erfolgen. Dies bedeutet, dass in diesen Punkten entweder dem Antrag auf Geheimhaltung nicht entsprochen wird und die entscheidungswesentlichen Informationen offengelegt werden oder der Antrag auf Geheimhaltung befolgt wird, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Erfolg der verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsanträge.
[…] Das BVwG führt in diesem Zusammenhang in weiterer Folge […] explizit aus, dass im konkreten Fall auch der hohe Wert der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse die Geheimhaltung im Verhältnis zum Zugangsinteresse nicht rechtfertigen könne, da in der konkreten Konstellation das Zugangsinteresse und das Erfordernis eines fairen Verfahrens trotz des hohen Wertes der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse überwiegen. Völlig entgegen der offensichtlichen und einzig logischen und rechtskonformen Konsequenz (nämlich der Offenlegung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im nach Ansicht des BVwG notwendigen Umfang) sowie entgegen verfassungsgerichtlicher und verwaltungsgerichtlicher Judikatur vertritt das BVwG jedoch – ohne dies näher zu begründen – direkt anschließend die Ansicht, dass 'eine zwangsweise Offenlegung fallbezogen nicht argumentierbar' und die Anträge der Beschwerdeführerin damit ab- bzw zurückzuweisen seien (wodurch das BVwG sogar in seiner eigenen unrichtigen Rechtsansicht widersprüchlich ist).
Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, vertritt das BVwG eine Rechtsansicht, die als äußerst befremdlich bezeichnet werden muss und letztendlich eine Rechtsverweigerung darstellt (welche wiederum als eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter anzusehen ist […]).
[…] So führt das BVwG […] aus, dass die Beschwerdeführerin ihre Wertung (also jene der Beschwerdeführerin), dass ihrem Antrag auf Geheimhaltung ihrer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gefolgt werden muss, eindeutig vertreten habe. Bei der Aufrechterhaltung und nochmaligen Betonung der gestellten Anträge handelt es sich allerdings um einen völlig üblichen Vorgang in behördlichen und gerichtlichen Verfahren; ob diese Anträge am Ende des Verfahrens aber zum Erfolg führen können, hat selbstverständlich ausschließlich die zuständige Behörde – im konkreten Fall das BVwG – zu entscheiden.
Dieser Entscheidungspflicht entzieht sich das BVwG jedoch in rechtswidriger und nicht nachvollziehbarer Weise. Es vertritt nämlich die Rechtsansicht, dass jedenfalls die in diesem Zusammenhang behandelten Informationen nicht offengelegt werden dürfen, da das entsprechende Vorbringen der Beschwerdeführerin 'hinreichend klar' sei und 'keinen Interpretationsspielraum am Willen der Antragstellerin' zulasse. Demnach würde sich das BVwG nach dessen Ansicht bei (zumindest teilweiser) Abweisung des Antrags auf Ausnahme von der Akteneinsicht 'über den ausdrücklichen Willen der Antragstellerin hinwegsetzen' und 'und die kaufmännische Beurteilung vornehmen, dass […] das Interesse am Rechtsschutz dem Interesse auf Geheimhaltung in diesen Punkten überwiegt' […].
Nach Ansicht des BVwG würde eine zwangsweise Offenlegung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und damit eine (zumindest teilweise) Abweisung des Antrags auf Ausnahme von der Akteneinsicht eine Umdeutung des Antrags der Beschwerdeführerin bewirken […]. Mit anderen Worten: Nach Ansicht des BVwG ist dieses an den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausnahme von der Akteneinsicht gebunden und kann – trotz offenbar überwiegenden Interesses der zweitmitbeteiligten Partei – die Offenlegung der entsprechenden Aktenbestandteile nicht verfügen.
Dabei verkennt das BVwG die Rechtslage in gravierender Weise. Selbstverständlich wäre das BVwG befugt (und verpflichtet) gewesen, den Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht (teilweise) abzuweisen, wenn die (in § 17 Abs 3 AVG normierten) inhaltlichen Voraussetzungen für dessen Erfolg nicht vorliegen. Dabei handelt es sich keinesfalls um eine 'Umdeutung des Antrags', sondern ausschließlich um die bloße (teilweise) Abweisung eines Antrags, der primär einen verfahrensrechtlichen Charakter hat. Eine Änderung der für das Verfahren maßgeblichen materiellen 'Verwaltungssache', die alleine eine 'Umdeutung' des Antrags bedeuten könnte, liegt dabei eben genau nicht vor.
Eine solche teilweise Abweisung stellt auch einen rechtsstaatlich unbedenklichen Vorgang dar, zu dem es tagtäglich in zahlreichen behördlichen und gerichtlichen Verfahren kommt. Das BVwG entzieht sich hier aber mit einer denkunmöglichen Scheinbegründung schlicht seiner Entscheidungspflicht, wenn es offenkundig eine 'Bindung' an den Antrag der Antragstellerin annimmt, und belastet das angefochtene Erkenntnis dadurch mit Willkür (entgegen der Behauptung des BVwG würde es tatsächlich den Antrag weder 'umdeuten' noch sich 'über diesen hinwegsetzen', sondern schlicht seine gesetzliche Entscheidungspflicht durch Erlassung eines verfahrensrechtlichen Beschlusses wahrnehmen).
Das BVwG gelangt sodann zur – rechtswidrigen – Rechtsansicht, dass die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die Gegenstand des Antrags auf Ausnahme von der Akteneinsicht waren, weder der zweitmitbeteiligten Partei offengelegt noch ohne Offenlegung an die zweitmitbeteiligte Partei verwertet werden durften. Da nach Ansicht des BVwG auch eine abstrakte Umschreibung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht möglich gewesen sei, hätte anhand der möglichen Feststellungen 'die begehrte Entscheidung' nicht getroffen werden können (wobei in keiner Weise dargelegt wird, warum eine abstrakte Beschreibung hier nicht möglich sein soll). Der Rechtsschutz-Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen wurde daher seitens des BVwG aufgrund der eigenen Geheimhaltungsinteressen der Beschwerdeführerin abgewiesen. Dies erfolgte, ohne dass der Beschwerdeführerin vorher konkret vorgehalten worden wäre, welche Informationen (bzw geltend gemachten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) nach Ansicht des BVwG der zweitmitbeteiligten Partei iS des erforderlichen Parteiengehörs und eines fairen Verfahrens offenzulegen gewesen wären. Die Beschwerdeführerin hat folglich keine Gelegenheit erhalten, ihren Antrag zumindest teilweise in entsprechendem Umfang zurückzuziehen.
[…] Das angefochtene Erkenntnis steht in diametralem Widerspruch zu höchstgerichtlicher Rechtsprechung, nach der im Fall eines Antrags auf Ausnahme von der Akteneinsicht durch das Verwaltungsgericht eine Abwägung zwischen dem Interesse auf Geheimhaltung und dem Interesse auf ein faires Verfahren zu erfolgen hat; bei Überwiegen des letztgenannten Interesses (wie gegenständlich nach Rechtsansicht des BVwG der Fall) hat das Geheimhaltungsinteresse in den Hintergrund zu treten, was zu einer Offenlegung der entsprechenden Aktenbestandteile zu führen hat.
So hat sich insbesondere der Verfassungsgerichtshof in einer (vom BVwG auch zitierten) aktuellen Entscheidung zum Recht auf Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geäußert (). In dieser Entscheidung findet sich explizit die Aussage, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Zugangsrecht zu entscheidungsrelevanten Informationen (konkret also das Zugangsrecht der zweitmitbeteiligten Partei) gegen das Recht anderer Verfahrensparteien auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse (konkret das Recht der Beschwerdeführerin) abzuwägen ist.
Logische Konsequenz eines Überwiegens des Interesses am Zugang zu den relevanten Informationen kann daher nur die Stattgabe des (verfahrensrechtlichen!) Antrags auf Offenlegung jener Verfahrenspartei sein, die das entsprechende Interesse besitzt – nicht hingegen die Ab- oder Zurückweisung des an das BVwG gerichteten Nachprüfungsantrags. Überwiegt hingegen das Interesse der anderen Verfahrenspartei auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse (konkret das Recht der Beschwerdeführerin), ist der Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht (ganz oder teilweise) zurückzuweisen, wogegen diese Partei wiederum Rechtsmittel ergreifen kann, wodurch ihrem Rechtsschutzbedürfnis (und damit auch dem bundesverfassungsrechtlichen Grundprinzip der Rechtsstaatlichkeit) ausreichend Rechnung getragen ist. Diese Ansicht vertritt offenkundig auch der Verfassungsgerichtshof, wenn er ausführt, dass die Offenlegung sodann auf das 'unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken' (dh die angestrebte Akteneinsicht eben nur teilweise zu gewähren) ist.
Im Übrigen spricht der Verfassungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch explizit aus, dass weder ein absoluter Vorrang von Geheimhaltungsinteressen gegenüber verfahrensrechtlichen Gewährleistungen noch (umgekehrt) ein absoluter Vorrang verfahrensrechtlicher Gewährleistungen gegenüber Geheimhaltungsinteressen existiert. Diese Meinung (nämlich einen absoluten Vorrang von Geheimhaltungsinteressen) scheint aber das BVwG zu vertreten, wenn es die im gegenständlichen Verfahren relevanten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beschwerdeführerin nicht (im unbedingt notwendigen Ausmaß) offenlegt und dies damit begründet, dass es sich ansonsten 'über den ausdrücklichen Willen der Antragstellerin hinwegsetzen' müsse […]. Der Wille einer Verfahrenspartei kann aber nie alleiniges Entscheidungskriterium für eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung sein (das BVwG verkennt hier seine Rolle im verwaltungsgerichtlichen Verfahren offenkundig gröblich).
[…] Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Ausnahme von der Akteneinsicht in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren bietet keine Grundlage für die verfehlte Rechtsansicht des BVwG. Demnach ist Maßstab für die Ausnahme von der Akteneinsicht § 17 Abs 3 AVG (vgl ), in dessen Rahmen im Einzelfall zu beurteilen ist, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einer Verfahrenspartei bestimmte Informationen vorzuenthalten.
Bei Überwiegen des Interesses an Offenlegung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geht auch der Verwaltungsgerichtshof zumindest implizit (und nachvollziehbar) davon aus, dass diese offenzulegen sind. So hat er es beispielsweise als zulässig erachtet, dass im verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis einzelne Angaben offengelegt wurden, hinsichtlich derer – nach Ansicht des dort ebenfalls entscheidenden BVwG – das Geheimhaltungsinteresse in den Hintergrund treten musste ().
[…] Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof stützen sich in den zitierten Erkenntnissen außerdem auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Varec (). Darin hat dieser ebenfalls ausgesprochen, dass der Grundsatz eines kontradiktorischen Verfahrens den Parteien des Nachprüfungsverfahrens keinen Anspruch auf unbegrenzten und uneingeschränkten Zugang zu allen bei der Nachprüfungsinstanz eingereichten und dieses Vergabeverfahren betreffenden Informationen verleiht. Vielmehr sei dieses Zugangsrecht gegen das Recht anderer Wirtschaftsteilnehmer auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. So kann auch das Vorenthalten gewisser (relevanter) Informationen nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes gerechtfertigt sein, 'solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen' ( mwN).
[…] In seinem Erkenntnis setzt sich das BVwG in unvertretbarer Weise über die soeben dargestellte höchstgerichtliche Judikatur hinweg bzw missinterpretiert diese in denkunmöglicher Weise. Zwar hat es die gebotene Interessenabwägung in Teilen vorgenommen […]. In völliger Verkennung der Rechtslage hat es aus dem Ergebnis der Interessenabwägung aber nicht die rechtlich gebotene Konsequenz – nämlich die Offenlegung der betroffenen Aktenbestandteile gegenüber der zweitmitbeteiligten Partei im absolut notwendigen Ausmaß – gezogen, sondern die Hauptanträge der Beschwerdeführerin abgewiesen.
Begründend stützt sich das BVwG dabei sogar auf Teile der soeben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur, wobei es jedoch anscheinend einen vermeintlich entscheidenden Unterschied zwischen den Anlassfällen der zitierten Entscheidungen und dem gegenständlichen Sachverhalt erblickt. Nach Ansicht des BVwG hat eine Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen offenbar nur dann stattzufinden, wenn die Verfahrenspartei, die die Ausnahme von der Akteneinsicht beantragt, sich von der rechtsschutzsuchenden Partei unterscheidet (wenn also etwa ein im Vergabeverfahren unterlegener Antragsteller Einsicht in Unterlagen des präsumtiven Zuschlagsempfängers beantragt). Beantragt hingegen der rechtsschutzsuchende Antragsteller selbst die Ausnahme von der Akteneinsicht, so habe nach Meinung des BVwG unter keinen Umständen eine Offenlegung zu erfolgen.
[…] Damit unterstellt das BVwG aber sowohl dem Gesetz als auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes einen absolut denkunmöglichen Inhalt. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss 'der Grundsatz des Schutzes von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen […] so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes und der Wahrung der Verfahrensrechte der am Verfahren Beteiligten im Einklang steht und dass sichergestellt ist, dass insgesamt das Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird'; 'grundsätzlich sind damit auf dem Boden des § 17 AVG effektiver Rechtsschutz (VfSlg 13.699/1994) und wirksame Beschwerde (Art13 EMRK) gewährleistet' […].
Angesichts dieser klaren Aussagen ist es völlig unverständlich, wie das BVwG zu dem Ergebnis gelangen kann, den Rechtsschutzantrag der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer eigenen Geheimhaltungsinteressen abzuweisen. Begründend beruft sich das BVwG auf das Interesse am Rechtsschutz der zweitmitbeteiligten Partei und verkennt dabei völlig, dass seine Ansicht gleichzeitig den effektiven Rechtsschutz der Beschwerdeführerin verunmöglicht. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin in dem gegenständlichen Verfahren ja gerade die rechtsschutzsuchende Partei ist und die zweitmitbeteiligte Partei bloß ihre 'abgeleitete' Verfahrensstellung verteidigen will, völlig unverständlich […]. Entgegen der eindeutigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes legt das BVwG den § 17 AVG folglich derart aus, dass dies zu einer völligen Beschneidung des Rechtsschutzes der Beschwerdeführerin führt und ihre 'Beschwerde' (Nichtigerklärungsantrag) sohin unwirksam ist. Damit wird ihr der durch das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) gewährleistete Rechtsschutz versagt […].
[…] Diese Rechtsansicht führt zudem zu abwegigen und rechtsstaatlich untragbaren Konsequenzen. Würde man der Rechtsansicht des BVwG folgen, so müssten Antragsteller in Zukunft bei jedem einzelnen Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht befürchten, das zuständige Verwaltungsgericht könnte die Meinung vertreten, die Unterlagen seien für eine (für mitbeteiligte Verfahrensparteien) nachvollziehbare Entscheidung zwar notwendig, könnten aber aufgrund des Antrags auf Ausnahme von der Akteneinsicht nicht offengelegt werden; dies müsste nach Ansicht des BVwG zur Abweisung des 'Hauptantrags' führen.
Im Ergebnis überwälzt das BVwG seine diesbezügliche Entscheidungspflicht völlig auf den Antragsteller. Will der Antragsteller nicht die Abweisung seines Antrags riskieren, so müsste er – der unrichtigen Rechtsansicht des BVwG folgend – daher selbst anstelle des BVwG die Interessenabwägung vorwegnehmen. Dies würde zu einer massiven und empfindlichen Einschränkung des Rechts auf Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (und damit zu einer Einschränkung des Rechts auf Achtung des Privatlebens gemäß Art 8 EMRK) führen, da Antragsteller Anträge auf Ausnahme von der Akteneinsicht wohl nur noch sehr zurückhaltend stellen würden. Im Zweifel müssten Antragsteller sich demnach dazu entscheiden, von der Stellung eines solchen Antrags Abstand zu nehmen, um sich nicht dem Risiko einer Abweisung des eigentlichen Hauptantrags auszusetzen. Auf Basis der rechtswidrigen Entscheidung des BVwG wären Antragsteller folglich verpflichtet, in 'vorauseilendem Gehorsam' auf ihre Geheimhaltungsinteressen zu verzichten, um den Erfolg ihres Hauptantrages zu ermöglichen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass Antragsteller naturgemäß nicht wissen, wie und auf Basis welcher Grundlagen/Unterlagen das Gericht entscheiden will, absolut untragbar (dementsprechend hat das BVwG im gegenständlichen Fall auch hinsichtlich keines einzigen konkreten Dokuments eine Offenlegung mit der Beschwerdeführerin erörtert; selbst auf die diesbezügliche Anregung durch den Beschwerdeführervertreter hin hat sich das BVwG lediglich auf die abstrakte und kryptische Aussage zurückgezogen, dass die Anträge auf Nichtigerklärung und Geheimhaltung einander widersprechen könnten).
Die Entscheidung des BVwG zwingt Antragsteller folglich, sich selbst zu entscheiden, in welchem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht sie verletzt werden wollen: im Recht auf Geheimhaltung oder im Recht auf effektiven Rechtsschutz (und dies wie ausgeführt natürlich in Unkenntnis des Verfahrensausganges). Gleichzeitig entledigt es sich damit der eigenen – vom Verfassungsgerichtshof festgehaltenen – Verpflichtung zur Vornahme der Interessenabwägung.
Dieses Ergebnis greift mehrfach in die Grundrechte der Beschwerdeführerin ein und verletzt diese. Darüber hinaus widerspricht es grundlegendsten rechtsstaatlichen Prinzipien und kann vom Gesetzgeber keinesfalls gewollt sein.
[…] Noch unverständlicher wird dieses Auslegungsergebnis des BVwG, wenn man sich die konkrete Verfahrenskonstellation vor Augen hält: Die zweitmitbeteiligte Partei wäre ausschließlich dann Partner der Rahmenvereinbarung geworden, wenn die Angebote der Beschwerdeführerin ausgeschieden worden wären; ohne Ausscheiden wären die Angebote der Beschwerdeführerin erstgereiht und daher diese für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Aussicht zu nehmen gewesen. Im Verfahren vor dem BVwG hatte die zweitmitbeteiligte Partei sohin ohnedies eine nur 'abgeleitete' Rechtsstellung inne und war vom Verfahren insofern nur mittelbar betroffen. Wären die Ausscheidensentscheidungen gegen die Beschwerdeführerin für nichtig erklärt worden, wäre der Rechtsschutz für die Beschwerdeführerin auch dennoch vollumfänglich gewährleistet gewesen, weil sie eine allfällige nachfolgende Auswahlentscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin ohnehin wieder vor dem BVwG hätte bekämpfen können (dementsprechend 'äquidistant' war die zweitmitbeteiligte Partei auch betreffend eine allfällige Akteneinsicht – siehe Verhandlungsprotokolle).
All dies hat das BVwG aber nicht davon abgehalten, das Interesse der zweitmitbeteiligten Partei an einem fairen Verfahren faktisch höher zu werten, als das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Stattgebung ihrer Hauptanträge.
Zwar hat die zweitmitbeteiligte Partei naturgemäß ein wirtschaftliches Interesse an der Bestätigung der Ausscheidensentscheidung (nur auf diese Weise war es der erstmitbeteiligten Partei überhaupt möglich, die Rahmenvereinbarung mit ihr abzuschließen). Ein rechtliches Interesse an einer exakten Kenntnis der Ausscheidensgründe und des Vorbringens der Beschwerdeführerin hat aber keinesfalls bestanden. Dies ergibt sich wie ausgeführt insbesondere aus dem Umstand, dass die zweitmitbeteiligte Partei im Fall der Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen und einer anschließenden Auswahlentscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin diese ohnehin wieder vor dem BVwG bekämpfen hätte können.
Insbesondere die Details der vermeintlichen Ausscheidensgründe waren im damaligen Verfahrensstadium für die zweitmitbeteiligte Partei daher schlicht nicht relevant. In einem allfälligen nachfolgenden Verfahren zur Nichtigerklärung einer zugunsten der Beschwerdeführerin ergangenen Auswahlentscheidung hätte die zweitmitbeteiligte Partei sodann ihrerseits sämtliche Argumente, die allenfalls gegen einen Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Beschwerdeführerin sprechen könnten, vorbringen und insbesondere auch Akteneinsicht hinsichtlich der für entsprechendes Vorbringen notwendigen Aktenbestandteile beantragen können. Diesen vom Gesetzgeber grundsätzlich vorgesehenen Verfahrensgang hat das BVwG jedoch in absolut nicht nachvollziehbarer Weise verhindert und aufgrund seiner krass rechtswidrigen Entscheidung einen Abschluss der Rahmenvereinbarung mit der Beschwerdeführerin als tatsächlicher Bestbieterin (so auch explizit die Meinung des BVwG!) in sechs von sieben Losen vereitelt.
[…] Aus all diesen Gründen hat das BVwG insbesondere § 17 Abs 3 AVG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Damit hat es das angefochtene Erkenntnis mit Verfassungswidrigkeit belastet, was gemäß § 87 Abs 1 VfGG zu dessen Aufhebung führen muss.
[…] Indem es § 17 Abs 3 AVG, also ein verfassungsmäßiges Gesetz, damit zudem denkunmöglich angewendet hat, hat es überdies Willkür geübt. Bereits die oben dargelegten gehäuften Unterstellungen eines gleichheitswidrigen Inhaltes der hier relevanten gesetzlichen Bestimmungen (insb § 17 Abs 3 AVG) müssen zu einer Aufhebung des Erkenntnisses führen. Darüber hinaus indiziert die krass rechtswidrige Vorgehensweise des BVwG durch eine letztendlich auch denkunmögliche Gesetzesauslegung auch eine Gleichheitswidrigkeit aufgrund von Willkür. Ein willkürliches Verhalten ist einem Verwaltungsgericht insbesondere dann vorwerfbar, wenn es die Beschwerdeführerin aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat, oder aber, wenn das angefochtene Erkenntnis wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.337, 11.436).
Genau dieser Fall liegt konkret vor. Das BVwG beschneidet in gröblicher Verkennung der Rechtslage und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes das Recht der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz.
[…] Verletzung des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter
[…] Das BVwG hat – zumindest formal – den Antrag der Beschwerdeführerin, die Ausscheidensentscheidungen vom hinsichtlich der Lose SL01 bis SL06 für nichtig zu erklären, abgewiesen. Bei korrekter Betrachtung hat das BVwG jedoch keine Sachentscheidung getroffen. Hinsichtlich weiter Teile der angefochtenen Ausscheidensentscheidungen hat das BVwG den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführerin, wonach die Angebotsprüfung der erstmitbeteiligten Partei vergabe- und unionsrechtswidrig war, sogar bestätigt […]. Dennoch hat das BVwG den Antrag der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidungen 'abgewiesen'.
[…] Nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung wird das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auch dann verletzt, wenn die zuständige Behörde ihre Zuständigkeit in gesetzwidriger Weise ablehnt, etwa indem sie eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert (VfSlg 12.040). Genau dieser Fall liegt hier vor. In Wahrheit liegt gerade keine Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin, die Ausscheidensentscheidungen vom hinsichtlich der Lose SL01 bis SL06 für nichtig zu erklären, vor (auch wenn das BVwG seine Entscheidung so bezeichnet), sondern eine Zurückweisung, da das BVwG – wie gezeigt – in der Sache selbst eine Entscheidung zur Gänze verweigert hat (dies aus dem rein formalen Grund der Geheimhaltung).
[…] Damit hat das BVwG das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Beschwerdeführerin auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) verletzt und das Erkenntnis auch aus diesem Grund mit Verfassungswidrigkeit belastet. Das angefochtene Erkenntnis ist daher gemäß § 87 Abs 1 VfGG aufzuheben."
Der (akzessorische) Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom stehe in untrennbarem Zusammenhang mit dem angefochtenen Erkenntnis und sei, da die Entscheidung über den Gebührenersatz vom Erfolg in der Hauptsache abhänge, aufzuheben, wenn das angefochtene Erkenntnis aufzuheben sei.
10. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
11. Die zweitbeteiligte Partei hat eine Äußerung erstattet, in der sie mit im Wesentlichen gleichgerichteter Argumentation der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis beitritt.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 65/2018, idF BGBl II 91/2019 lauten auszugsweise wie folgt:
"Abschluss von Rahmenvereinbarungen und Vergabe von Aufträgen aufgrund einer Rahmenvereinbarung
§39. Aufträge können aufgrund einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, sofern die Rahmenvereinbarung nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens abgeschlossen wurde.
Ausscheiden von Angeboten
§141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
1. […]
2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder
3. […]
7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder
8. […]
(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.
(3) […]
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) […]
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der § 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig
1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) […]
Auskunftspflicht
§336. (1) Die dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Auftraggeber bzw vergebenden Stellen haben dem Bundesverwaltungsgericht alle für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu erteilen und alle hierfür erforderlichen Unterlagen in geordneter Weise vorzulegen. Gleiches gilt für die an einem Vergabeverfahren beteiligten Unternehmer.
(2) Hat ein Auftraggeber, eine vergebende Stelle oder ein Unternehmer Unterlagen nicht vorgelegt, Auskünfte nicht erteilt oder eine Auskunft zwar erteilt, die Unterlagen des Vergabeverfahrens aber nicht vorgelegt, so kann das Bundesverwaltungsgericht, wenn der Auftraggeber oder der Unternehmer auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen wurde, aufgrund der Behauptungen des nicht säumigen Beteiligten entscheiden.
Akteneinsicht
§337. Parteien und Beteiligte können bei der Vorlage von Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Auftraggeber können dies darüber hinaus aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses verlangen. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.
[…]
Gebührenersatz
§341. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn
1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.
(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.
[…]
Einleitung des Verfahrens
§342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(2) […]
Einstweilige Verfügungen
Antragstellung
§350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
(2) […]"
2. § 17 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl 51/1991, idF BGBl I 33/2013 lautet wie folgt:
"Akteneinsicht
§17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.
(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.
(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung."
3. § 21 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl I 33/2013, lautet wie folgt:
"Akteneinsicht
§21. (1) Entwürfe von Erkenntnissen und Beschlüssen des Verwaltungsgerichtes und Niederschriften über etwaige Beratungen und Abstimmungen sind von der Akteneinsicht ausgenommen.
(2) Die Behörden können bei der Vorlage von Akten an das Verwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Akten oder Aktenbestandteile im öffentlichen Interesse von der Akteneinsicht ausgenommen werden. In Aktenbestandteile, die im Verwaltungsverfahren von der Akteneinsicht ausgenommen waren, darf Akteneinsicht nicht gewährt werden. Die Behörde hat die in Betracht kommenden Aktenbestandteile bei Vorlage der Akten zu bezeichnen."
III. Erwägungen
Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf das sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch die beschwerdeführende Partei mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union berufen kann (zB VfSlg 19.077/2010, 19.118/2010, 19.156/2010, 19.568/2011), liegt unter anderem dann vor, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt dabei etwa in einem gehäuften Verkennen der Rechtslage oder im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt, wenn das Verwaltungsgericht eine ihm gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn es in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, etwa indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
2. In Mehrparteienverfahren wie typischerweise dem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren können, wie das Bundesverwaltungsgericht richtig erkennt, die Interessen von Verfahrensparteien auf Zugang zu verfahrensrelevanten Informationen den Interessen von Verfahrensparteien auf Schutz vertraulicher Angaben und Geschäftsgeheimnisse gegenüberstehen.
Mit Blick auf dieses Spannungsfeld, das im (verwaltungs-)gerichtlichen Verfahren zwischen dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (durch Art 8 EMRK) und der Garantie eines fairen Verfahrens (durch Art 6 EMRK, demzufolge nach dem Prinzip der Waffengleichheit den Verfahrensparteien das Recht zukommt, Kenntnis von den Beweismitteln und den beim Gericht eingereichten Erklärungen zu nehmen) auftreten kann, hat der Gerichtshof der Europäischen Union (, Rs C-450/06, Varec) ausgeführt, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens den Parteien im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers keinen Anspruch auf unbegrenzten und uneingeschränkten Zugang zu allen bei der Nachprüfungsinstanz eingereichten Informationen einräumt. Vielmehr sei dieses Zugangsrecht gegen das Recht anderer Wirtschaftsteilnehmer auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. Der Grundsatz des Schutzes von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen müsse so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes unter Wahrung der Verteidigungsrechte der am Rechtsstreit Beteiligten im Einklang steht und dass sichergestellt ist, dass in dem Rechtsstreit insgesamt das Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird.
In der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach festgehalten, dass im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nach diesen vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätzen im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs 3 AVG im Einzelfall zu beurteilen ist, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einem Bieter bestimmte Informationen vorzuenthalten, wobei gleichzeitig die effektive Rechtsverfolgung sichergestellt werden muss (siehe insbesondere VwSlg 18.410 A/2012). In diesem Zusammenhang betont der Verwaltungsgerichtshof die Begründungspflicht, derzufolge es Aufgabe (damals des Wiener Vergabekontrollsenates gewesen und damit nunmehr) des Verwaltungsgerichtes ist, "zunächst Feststellungen darüber zu treffen, welche Themen das der Beschwerdeführerin vorenthaltene Vorbringen der Auftraggeberin betrifft, um daran anknüpfend rechtlich zu beurteilen, ob und inwieweit ein – überwiegendes – Interesse an der Geheimhaltung des jeweiligen Vorbringens besteht und weshalb trotz der Geheimhaltung eine effektive Rechtsverfolgung durch die Beschwerdeführerin möglich sei" ().
Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom , E1025/2018, davon aus, dass weder das grundrechtlich durch Art 6 EMRK im Rahmen des Prinzips der Waffengleichheit gewährleistete Recht auf Zugang zu Verfahrensakten noch das grundrechtlich durch Art 8 EMRK geschützte Recht auf Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine absolut geschützte Rechtsposition zu begründen vermögen. Vielmehr ist im Verwaltungsverfahren bzw im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Zugangsrecht zu entscheidungsrelevanten Informationen gegen das Recht anderer Verfahrensparteien auf Schutz ihrer vertraulichen Angaben und ihrer Geschäftsgeheimnisse abzuwägen. Der Grundsatz des Schutzes von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen muss so ausgestaltet sein, dass er mit den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes unter Wahrung der Verfahrensrechte der am Verfahren Beteiligten im Einklang steht, und dass sichergestellt ist, dass insgesamt das Recht auf ein faires Verfahren beachtet wird (siehe Hanslik, Parteiengehör und Geheimnisschutz im Verwaltungsverfahren, 2013, 131 ff., und Leeb, Akteneinsicht versus Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, ÖZW 2020, 30).
Der Verwaltungsgerichtshof betont in diesem Zusammenhang zutreffend die Bedeutung, die der Gewährleistung des Parteiengehörs und darin eingeschlossen des Rechtes auf Zugang zu allen verfahrensrelevanten Informationen und damit insbesondere dem Recht auf Akteneinsicht für ein faires Verfahren zukommt, womit es den Grundsatz jedes rechtsstaatlich geordneten behördlichen Verfahrens darstellt, dass es keine geheimen Beweismittel geben darf (; , 2011/07/0006). In bestimmten, außergewöhnlichen Fällen kann es aber, wie der Verfassungsgerichtshof in der genannten Entscheidung vom dargelegt hat,
"zur Wahrung der Grundrechte eines Dritten bzw anderer Verfahrensbeteiligter oder zum Schutz wichtiger Interessen der Allgemeinheit erforderlich sein, den Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten, solange sichergestellt ist, dass sowohl die Behörde als auch das im Rechtsmittelweg angerufene Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügen (vgl , Varec SA; weiters Hanslik, aaO, 139 ff.) Die den Verfahrensparteien vorenthaltenen Informationen sind dabei auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen. Die Behörde bzw das Verwaltungsgericht haben dabei die ihrer Vorgangsweise zugrunde liegende Abwägung zwischen Geheimhaltungsanspruch und Recht auf Akteneinsicht und damit Transparenz der Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar zu begründen, sodass die Verfahrensparteien diese zum Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Kontrolle bzw einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof machen können."
3. Nach § 337 BVergG 2018 können Parteien und Beteiligte bei der Vorlage von Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht (zu der sie § 336 BVergG 2018 gegebenenfalls verpflichtet) verlangen, dass bestimmte Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Auftraggeber können dies darüber hinaus aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses verlangen. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.
Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die Voraussetzungen für die durch die vorstehend nachgezeichnete Rechtsprechung umschriebene "Interessenabwägung zwischen näher genannten privaten und öffentlichen Interessen mit dem Interesse auf Akten[ein]sicht" (VfSlg 19.996/2015) näher konkretisiert (siehe Erläut zur RV des Vergaberechtsreformgesetzes 2018, 69 BlgNR 26. GP, 193). Auf dieser Grundlage ist es auf Grund entsprechend spezifizierten Vorbringens Aufgabe des Verwaltungsgerichtes zu beurteilen, ob Akten(-bestandteile) vertrauliche Informationen im Sinne von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen enthalten, und ob, wenn dies der Fall ist, diese Unterlagen für die vom Verwaltungsgericht zu entscheidende Sache wesentlich sind. Ist auch dies zu bejahen, trifft das Verwaltungsgericht grundsätzlich die Pflicht zur Entscheidung, wie in der konkreten Konstellation Geheimhaltungsinteresse und Transparenzinteresse so in Einklang gebracht werden können, dass insgesamt ein faires Verfahren gewährleistet ist.
In diese Abwägungsentscheidung ist dabei etwa auch mit einzustellen, ob und inwieweit von einer Partei zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen als vertraulich qualifizierte Unterlagen in dem Sinn besonders schutzwürdig sind, als die Partei auch besondere Vorkehrungen getroffen hat, um diese vertrauliche Information gegenüber Dritten geheim zu halten (vgl § 26b UWG). Liegen in diesem Sinn besonders schutzwürdige Informationen vor, hat das Verwaltungsgericht zunächst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Entscheidungsgrundlagen so zu begrenzen, dass vorzuenthaltende Informationen zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden müssen. Bleiben bestimmte besonders schützenswerte Informationen dennoch zur Entscheidungsfindung erforderlich, dann hat in derartigen "außergewöhnlichen Fällen" () das Verwaltungsgericht den Zugang zu diesen Informationen im "unbedingt notwendigen Ausmaß" (VfGH aaO) zu beschränken, wobei jedenfalls sichergestellt sein muss, dass das Verwaltungsgericht über alle entscheidungserheblichen Unterlagen vollumfänglich verfügt (vgl § 26h UWG).
4. Das Bundesverwaltungsgericht vermeint nun zunächst, dass sich die mit dem angefochtenen Erkenntnis entschiedene Sachverhaltskonstellation von jener "Grundvariante", wie sie bislang der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union, des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde gelegen sei, deswegen wesentlich unterscheide, weil es im vorliegenden Verfahren nicht um das Rechtsschutzbegehren einer anderen Partei als der, die die Geheimhaltung von Informationen vorbringt, sondern darum gehe, dass die beschwerdeführende Partei als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren selbst die Konsequenz zu tragen hätte, dass ihr Antrag deswegen erfolglos bliebe, weil – wie von ihr beantragt – ihre Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht offen gelegt und daher auch in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verwertet werden könnten, sofern die nicht geheimen Informationen die beantragte Entscheidung nicht zu tragen vermögen.
Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht, dass sich die beschwerdeführende Partei gegen die aus ihrer Sicht zu Unrecht erfolgte Entscheidung der erstbeteiligten Partei (als Auftraggeberin des Vergabeverfahrens) wendet, ihre Angebote auszuscheiden. Das Rechtsschutzbegehren der beschwerdeführenden Partei an das Bundesverwaltungsgericht wendet sich also zunächst gegen den öffentlichen Auftraggeber, dem die Informationen, deren Vertraulichkeitsschutz im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht strittig ist, aus dem Vergabeverfahren bekannt sind und dem gegenüber die beschwerdeführende Partei einen entsprechenden Vertraulichkeitsschutz auch nicht geltend macht. Den Vertraulichkeitsschutz macht die beschwerdeführende Partei gegenüber der zweitbeteiligten Partei geltend, deren vergabegesetzliche Rechte durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Anträge der beschwerdeführenden Partei betroffen sind und der insoweit Parteistellung im Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zukommt. Damit liegt auch hier jene Konstellation vor, in der das entscheidende Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der Art 6 und 8 EMRK den gebotenen Ausgleich zwischen Transparenzverpflichtung und Vertraulichkeitsschutz im gerichtlichen Verfahren herzustellen hat. Dabei ist, wie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , E1025/2018, deutlich macht, gerade darauf Bedacht zu nehmen, dass das Rechtsschutzinteresse einer Partei in Mehrparteienverfahren nicht dadurch verweigert wird, weil dieses von vornherein von der Offenlegung vertraulicher Informationen abhängig gemacht wird. In außergewöhnlichen Fällen kann es daher auch erforderlich sein, einzelnen Parteien bestimmte Informationen vorzuenthalten.
Schon insoweit verkennt das Bundesverwaltungsgericht die Bedeutung der nach § 337 BVergG 2018 und § 333 BVergG 2018 iVm § 17 AVG zu treffenden, auf verfassungsrechtlich durch die Vorgaben der Art 6 und 8 EMRK vorgezeichneten Interessenausgleich ausgerichteten Abwägungsentscheidung in einer, mit den Vorgaben des gleichheitsrechtlichen Willkürverbotes nicht zu vereinbarenden Weise.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hält es für entscheidend, ob die beschwerdeführende Partei ein Produkt angeboten hat, das über eine CE-Kennzeichnung verfügt. Es sieht sich aber außerstande, diese Frage in einem ordnungsgemäßen Verfahren zu entscheiden. So sei es dem Bundesverwaltungsgericht schon nicht möglich, das Produkt zu bezeichnen, das von der beschwerdeführenden Partei angeboten worden sei, da dies nach den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei wegen Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen unzulässig sei. Daher wäre auch die Nennung der CE-Bescheinigung ein Verstoß gegen diese Geheimhaltungsverpflichtung. Das bedeute, dass die für die Beurteilung der Ausscheidensentscheidungen insbesondere entscheidungsrelevante Frage, ob das angebotene Produkt über die geforderte CE-Kennzeichnung verfügt, nicht mittels Zitierung der konkreten CE-Bescheinigung bzw mit der Darstellung des dabei durchgeführten Testverfahrens – auch nicht abstrakt – behandelt werden dürfe. Insbesondere dürfe auch nicht genannt werden, welche technischen Normen die Grundlage für die konkrete CE-Kennzeichnung darstellten. Es gehe also nicht um einzelne Aspekte des Prüfverfahrens – wie etwa konkrete Testausführungen –, die geheim bleiben sollen, sondern um alles, was zur Identifizierung des angebotenen Produktes für Mitbewerber führen könne.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes sind keine Umstände erkennbar, die ein Überwiegen des Interesses auf Geheimhaltung der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse rechtfertigten. Das Interesse an einem funktionierenden Wettbewerb vermöge das Interesse an einem fairen Verfahren nicht zu überwiegen, weshalb die Interessenabwägung die ausnahmsweise Geheimhaltung der angeführten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht begründen könne. Ein bestimmter, außergewöhnlicher Fall im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liege schon deswegen nicht vor, weil es auf Grund des Umfanges der geheimzuhaltenden Informationen nicht nur um bestimmte Informationen gehe.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich in der Folge aber nicht bestimmt, diese Auffassung in Bezug auf den Antrag auf Ausnahme von Unterlagen von der Akteneinsicht zu effektuieren. Vielmehr geht es davon aus, dass die beschwerdeführende Partei entscheiden müsse, mit welchen von ihr vorgelegten Unterlagen das Gericht die von ihr begehrte Entscheidung treffen solle. Würden entscheidungsrelevante Unterlagen, die ausschließlich aus dem Bereich der beschwerdeführenden Partei stammen, nicht vorgelegt oder werde beantragt, dass diese nicht umfänglich verwendet werden dürften, und bestehe keine Möglichkeit, deren Kenntnis zu substituieren, gehe eine nicht erfolgte Einschränkung des Vertraulichkeitsbegehrens für die Unterlagen sowie deren Nichtvorlage zulasten der beschwerdeführenden Partei als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren.
Zu diesem Ergebnis führt das Bundesverwaltungsgericht wesentlich auch die Annahme, dass es an den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf weitgehende Ausnahme der relevanten Informationen von der Akteneinsicht durch die zweitbeteiligte Partei in dem Sinn gebunden sei, dass es keine Informationen, die vom Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ausnahme von der Akteneinsicht erfasst sind, der Akteneinsicht durch die zweitbeteiligte Partei zugänglich machen dürfe. Zu dieser Auffassung gelangt das Bundesverwaltungsgericht, indem es den (weitreichenden) Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht mit dem eigentlichen Rechtsschutzbegehren, dem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidungen der erstbeteiligten Partei, dahingehend verknüpft, dass insgesamt ein Antrag "auf Nichtigerklärung bei gleichzeitiger Wahrung der geltend[…] gemachten Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse" vorliege. Würde sich das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag hinwegsetzen und, um über den Antrag auf Nichtigerklärung entscheiden zu können, bestimmte, von der beschwerdeführenden Partei als vertraulich qualifizierte Informationen der Akteneinsicht zugänglich machen, müsste es "die kaufmännische Beurteilung vornehmen, dass […] das Interesse am Rechtsschutz [das] Interesse auf Geheimhaltung in diesen Punkten überwiegt."
6. Mit dieser Auffassung verkennt das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidungspflicht über das Rechtsschutzbegehren der beschwerdeführenden Partei. Indem es seine verfahrensleitende Zuständigkeit in Bezug auf das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf Vertraulichkeit der vorgelegten Unterlagen nicht wahrnimmt und – ob durch Verfahrensanordnung und in der Folge mit der Entscheidung in der Hauptsache oder durch verfahrensleitenden Beschluss, womit diese Frage zum Gegenstand der Rechtmäßigkeitskontrolle wird – dieses Vertraulichkeitsbegehren in bestimmtem, im Rahmen der erforderlichen Abwägungsentscheidung ermittelten Umfang im Verfahren umsetzt, sondern seine Entscheidung über das Rechtsschutzbegehren der beschwerdeführenden Partei davon abhängig macht, dass diese selbst auf Vertraulichkeitsschutz verzichtet, wenn sie eine Sachentscheidung über ihr eigentliches Rechtsschutzbegehren ermöglichen will, verweigert das Bundesverwaltungsgericht der beschwerdeführenden Partei diese Sachentscheidung, indem es seine verfahrensleitende Zuständigkeit verweigert. Wie das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes verletzt wird, wenn das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit in gesetzwidriger Weise ablehnt, indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert, verletzt das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall die beschwerdeführende Partei in diesem Recht, weil es ihr Rechtsschutzbegehren auf Nichtigerklärung der bekämpften Entscheidungen ohne weitere inhaltliche Prüfung abweist, weil die beschwerdeführende Partei ihr Vertraulichkeitsbegehren nicht einschränkt.
6.1. Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass das Vorgehen der beschwerdeführenden Partei erkennbar von der Intention getragen ist, eine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit dafür zu erreichen, welche das Produkt der beschwerdeführenden Partei betreffenden Informationen der zweitbeteiligten Partei zugänglich gemacht werden. Dementsprechend fasst die beschwerdeführende Partei ihren Antrag auf Geheimhaltung vertraulicher Informationen gegenüber der zweitbeteiligten Partei denkbar weit und stellt es dem Bundesverwaltungsgericht anheim, im Rahmen seiner Verfahrensleitung über die konkrete Schutzwürdigkeit einer bestimmten Information und gegebenenfalls deren Offenlegung auch gegenüber der zweitbeteiligten Partei zu entscheiden. Das Bundesverwaltungsgericht führt dagegen, grundsätzlich zutreffend, die der beschwerdeführenden Partei obliegende Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren ins Treffen, zieht aber aus der fehlenden Mitwirkung bei der Spezifizierung des Antrages auf Geheimnisschutz durch Ausnahme von der Akteneinsicht durch die beschwerdeführende Partei eine Konsequenz, die mit seiner Entscheidungspflicht über das Rechtsschutzbegehren der beschwerdeführenden Partei nicht vereinbar ist.
6.2. Kommt die beschwerdeführende Partei der sie gemäß § 337 BVergG 2018 treffenden Verpflichtung zu spezifizieren, warum im konkreten Fall durch Offenlegung welcher konkreten Informationen gegenüber anderen Verfahrensparteien welche konkreten Nachteile drohen, nicht im Einzelnen schlüssig begründet nach, kann das Verwaltungsgericht ohne Weiteres davon ausgehen, dass das Rechtsschutzbegehren der beschwerdeführenden Partei auf Durchsetzung in einem Verfahren gerichtet ist, das nach Maßgabe der einschlägigen verfahrensleitenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Transparenz als wesentlichen Bestandteil eines fairen Verfahrens einschließt. Unterlässt also ein Antragsteller vor dem Bundesverwaltungsgericht die konkrete und schlüssige Darlegung, welche genau zu bezeichnenden Informationen aus welchem Grund derart schutzwürdig sind, dass im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung der außergewöhnliche Fall vorliegt, dass sein Recht auf Geheimhaltung das der anderen Verfahrenspartei auf Transparenz im Verfahren überwiegt, kann das Verwaltungsgericht ohne Weiteres, insbesondere ohne nähere Auseinandersetzung damit, ob die Voraussetzungen für eine solche außergewöhnliche Konstellation tatsächlich vorliegen, davon ausgehen, dass die Unterlagen, mögen sie auch vertrauliche Informationen enthalten, einer Abwägung mit den Interessen eines fairen Verfahrens zugänglich sind und für den Fall, dass sie für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wesentlich sind, damit auch verfahrensöffentlich gemacht werden können. Dabei steht dem Verwaltungsgericht – ohne dazu verpflichtet zu sein (vgl ) – auch die Möglichkeit offen, diese Frage zum Gegenstand einer selbstständig im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Entscheidung zu machen.
7. Indem das Bundesverwaltungsgericht seine Zuständigkeit in Bezug auf den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ausnahme vertraulicher Informationen von der Akteneinsicht ebenso wie seine Entscheidungspflicht über den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Nichtigerklärung der bekämpften Entscheidungen der erstbeteiligten Partei in verfassungswidriger Weise verkannt hat, hat es im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowohl in gesetzwidriger Weise eine Sachentscheidung verweigert als auch Willkür geübt.
IV. Ergebnis
1. Die beschwerdeführende Partei ist somit durch das angefochtene Erkenntnis in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 Abs 1 B-VG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs 2 B-VG) verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Der mitangefochtene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes ist schon deswegen ebenfalls aufzuheben, weil er mit dem aufgehobenen Erkenntnis in einem untrennbaren Zusammenhang steht, ohne dass auf die Frage einzugehen ist, ob eine Auslegung, die § 341 Abs 3 BVergG 2018 auch in der vorliegenden Konstellation anwendet, mit den Vorgaben des Art 7 Abs 1 B-VG und des Art 83 Abs 2 B-VG übereinstimmt.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie der Ersatz der Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 480,– enthalten.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2020:E706.2020 |
Schlagworte: | Vergabewesen, Verwaltungsgerichtsverfahren, fair trial, Parteiengehör, Mitwirkungspflicht der Parteien, Privat- und Familienleben, Wettbewerbsrecht |
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