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OGH vom 17.07.1986, 13Os64/86

OGH vom 17.07.1986, 13Os64/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz B*** wegen des Verbrechens des Mords nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht Ried im Innkreis vom , GZ 7 Vr 887/85-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Ratt, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wude der am geborene Franz B*** der Verbrechen des Mords nach § 75 StGB (1) und der Schändung nach § 205 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt. Darnach hat er am in St.Veit im Innkreis die 17-jährige Andrea T*** durch Strangulieren mit einer Hanfschnur und zwei Krawatten vorsätzlich getötet (1), nachdem er sie zuvor in dem durch Würgen (vor dem Todeseintritt) herbeigeführten Zustand der Widerstandsunfähigkeit zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht hatte (2).

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche ficht der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z. 1, 4, 5, 6 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Zur Behauptung, die Geschwornenbank wäre nicht gehörig besetzt gewesen (Z. 1), bringt die Beschwerde folgendes vor: 1. die drei Ersatzgeschwornen hätten sich bis zu ihrer Entlassung zumindest kurzzeitig im Beratungszimmer aufgehalten; 2. der Vorsitzende wäre bei der Wahl des Obmanns der Geschwornen anwesend gewesen und hätte insbesondere durch die Erstattung des Wahlvorschlags eine Tätigkeit entfaltet, die ausschließlich den Geschwornen vorbehalten ist;

3. der Vorsitzende hätte dem § 329 StPO zuwider nach der Abstimmung über die (anklagegemäß nach Mord gestellte) Hauptfrage 1 auf Ersuchen des Obmanns der Geschwornen (abermals) das Beratungszimmer betreten und "durch die Abgabe seiner unmißverständlichen Rechtsmeinung, daß der Angeklagte auf Grund der vorliegenden Beweismittel das Verbrechen der Schändung zu vertreten habe, ein abstimmungshaftes geschwornenähnliches Verhalten gesetzt" (S. 206/II).

Indes ist dieses Vorbringen durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt. Denn laut dem Beschluß des Vorsitzenden vom wurde der Antrag des Angeklagten, in Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls ergänzend ersichtlich zu machen, daß die Ersatzgeschwornen erst im Beratungszimmer entlassen und die Anklageschrift und Aktenteile den Geschwornen erst (?) nach deren Versammlung im Beratungszimmer dorthin übermittelt wurden, abgewiesen (ON 43, S 215/II; siehe im übrigen § 322 StPO). Aus der zur Nichtigkeitsbeschwerde erstatteten Stellungnahme des Vorsitzenden (ON 44 S. 218/II) ergibt sich, daß die schon nach dem Schluß der Verhandlung entlassenen Ersatzgeschwornen das Beratungszimmer nur kurz betraten, um ihre Mäntel zu holen, es aber noch vor dem Beginn der Beratung (und ersichtlich auch vor der Wahl des Obmanns) wieder verlassen hatten. Dazu kommt, daß weder eine gegen § 320 Abs 2 StPO verstoßende (bloße) Anwesenheit von Ersatzgeschwornen im Beratungszimmer während der Beratung (nicht während der Abstimmung: §§ 329; 345 Abs 1 Z. 4 StPO), noch eine durch § 327 StPO nicht gedeckte Anwesenheit des Schwurgerichtshofs eine Nichtigkeit bewirken könnten (siehe die vorangeführten Gesetzesstellen). Gehörig besetzt (§§ 300, 345 Abs 1 Z. 1 StPO) bleibt die Geschwornenbank, wenn klargestellt ist, welche Laienrichter Hauptgeschworne und welche Ersatzgeschworne sind (Mayerhofer-Rieder2, ENr 20 zu § 345 Z. 1 StPO). Es darf schließlich nicht übersehen werden, daß die Funktion der Ersatzgeschwornen mit dem Schluß der Verhandlung noch nicht beendet ist; kann doch der Eintritt eines Ersatzgeschwornen anstelle eines Hauptgeschwornen unter Umständen erst nach dem Schluß der Verhandlung erforderlich werden (Mayerhofer-Rieder2, ENR 2, 3 zu § 320 StPO). Dem Bericht des Vorsitzenden (ON 44 S. 218/II) zufolge hat er, der Beschwerde zuwider, die Geschwornen weder bei der Wahl des Obmanns, noch bei der Beratung oder Abstimmung in irgendeiner Weise beeinflußt. An der Beratung (§§ 324, 327 StPO) hat der Schwurgerichtshof nicht teilgenommen. Der Vorsitzende hat sich lediglich während der Beratung auf Ersuchen der Geschwornen in deren Beratungszimmer begeben und ihnen jene Aktenteile gezeigt, in denen die Verantwortung des Angeklagten im Vorverfahren nachzulesen war, dann aber das Beratungszimmer wieder verlassen.

Die Verfahrensrüge (Z. 5) wendet sich gegen die Abweisung der Anträge auf Enthebung des ärztlichen Sachverständigen Univ.Prof. Dr.Jarosch und auf Beiziehung (zumindest) eines anderen Sachverständigen (ON 35 S. 113 bis 115, 180/II).

Indes hat der Schwurgerichtshof den Umstand, daß Univ.Prof. Dr.Jarosch bereits im Vorverfahren als Sachverständiger tätig war (Teilnahme am gerichtlichen Augenschein, Leichenbeschau und Leichenöffnung, Erstattung des zugehörigen Gutachtens: §§ 116 ff, 128, 129 StPO; Abgabe eines weiteren Gutachtens über den Geisteszustand des Angeklagten, über seine Zurechnungsfähigkeit und zur Frage der Voraussetzungen für seine allfällige Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 StGB:

§§ 134, 429 Abs 2 Z. 2, 436 Abs 2 StPO: ON 1 S. 2/I, ON 6, 7, 14, 15, 22), zutreffend nicht als Hindernis für eine Betrauung desselben Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens in der Hauptverhandlung angesehen (§ 248 Abs 1 StPO; Mayerhofer-Rieder2 ENr 2 hiezu). Dieses Gutachten (ON 35 S 164 ff, 181/II in Verbindung mit ON 22) hat - wie der Schwurgerichtshof in seinem Zwischenerkenntnis ausgeführt hat - die im Beweisantrag des Angeklagten genannten Themen, nämlich dessen Zurechnungsfähigkeit (einschließlich seines Geistes- und Gemütszustands) und die Schändungshandlung, d.h. die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs während der Widerstandsunfähigkeit des Opfers umfaßt und überdies die an sich gar nicht entscheidungswesentliche Frage behandelt, ob der Fötus, den das schwangere Opfer im Leib trug, lebensfähig war oder nicht. Umstände aber, welche die Beiziehung eines zweiten medizinischen Sachverständigen geboten hätten (§§ 118 Abs 2, 125, 126 StPO), werden vom Beschwerdeführer weder behauptet, noch liegen solche vor.

Aus § 345 Abs 1 Z. 6 StPO rügt die Beschwerde, daß zur Hauptfrage 2 nach § 205 Abs 1 StGB keine Eventualfrage wegen Versuchs (§ 314 Abs 1, erster Fall, StPO) und keine Zusatzfrage nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch (§ 313 StPO) sowie die Eventualfrage 4 in der Richtung des Verbrechens nach § 87 StGB gestellt worden seien. Auch diese Einwände versagen.

Den Geschwornen lag folgendes Fragenschema vor:

Hauptfrage 1 nach dem Verbrechen des Mords gemäß § 75 StGB, Hauptfrage 2 nach dem Verbrechen der Schändung gemäß § 205 Abs 1 StGB,

Eventualfrage 3 (zu 1) nach dem Verbrechen des Totschlags gemäß § 76 StGB,

Eventualfrage 4 (zu 1 und 3) nach dem Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung (mit Todesfolge) gemäß § 87 Abs 1 und 2 (letzter Fall) StGB,

Eventualfrage 5 (zu 1, 3 und 4) nach dem Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang gemäß § 86 StGB, Zusatzfrage 6 (zu 1 bis 5) nach einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden (§ 11 StGB) Rauschzustand,

Eventualfrage 7 (zu 6) nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung gemäß § 287 StGB.

Entgegen dem ersten Vorwurf gegen die Fragestellung waren eine Eventual- und eine Zusatzfrage zur Hauptfrage 2 durch ein Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung (siehe §§ 313, Anfang, 314 Abs 1, Anfang, auch 316 StPO) nicht indiziert (dem klaren Gesetzeswortlaut widerspricht die Auffassung, es komme bei der Fragestellung nach §§ 313, 314, auch 316 StPO auf die Verfahrensergebnisse an). Mit der in der Beschwerde zitierten Verantwortung des Angeklagten, wonach er (am Tag der Tat) mit Andrea T*** nur einmal, und dies mit ihrer Zustimmung, vor der Tat geschlechtlich verkehrt hätte (ON 35, S. 134 f/II = S. 24 f des Hauptverhandlungsprotokolls), bestreitet der Angeklagte einen späteren sexuellen Mißbrauch des bereits widerstandsunfähigen Opfers. Aber auch seine von der Beschwerde relevierten Angaben gegenüber dem medizinischen Sachverständigen, denen zufolge er nach dem ersten Geschlechtsverkehr noch zweimal versucht hätte, mit dem Opfer geschlechtlich zu verkehren, es wäre dies aber "nicht mehr gut gegangen" (ON 35, S. 171/II = S. 61 des Hauptverhandlungsprotokolls), ließen, würden sie als erwiesen angenommen, eine Beurteilung des geschlechtlichen Mißbrauchs als (nur) versuchte Schändung im Sinn der §§ 15, 205 Abs 1 StPO nicht zu. Die Vollendung dieses Delikts setzt nämlich (wie übrigens in der Rechtsbelehrung zutreffend erläutert wird), die Vollziehung des Beischlafs, d.h. ein wenigstens teilweises Eindringen des männlichen Glieds in die Scheide der Frau (coniunctio membrorum) voraus (Leukauf-Steininger2, RN 9 zu § 205 StGB ua).

Anhaltspunkte dafür, daß es zu einem solchen Vorgang nicht (mehr) gekommen wäre, können aber weder den erwähnten Angaben des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen ("nicht mehr gut gegangen") noch einem sonstigen Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung entnommen werden. Aus der in der Hauptverhandlung verlesenen Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei und anläßlich des Augenscheins im Vorverfahren, ON 2 S. 17/II, ON 7 S 49/I in Verbindung mit ON 35 S. 181/II) ergibt sich geradezu das Gegenteil.

Mit dem zweiten, gegen die Eventualfrage 4 gerichteten Vorwurf wird die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt, weil das Verbrechen nach § 87 StGB (Gegenstand der Eventualfrage 4) auch nach seinem höchsten Strafsatz mit geringerer Strafe bedroht ist als das Verbrechen des Mords nach § 75 StGB. Entgegen der Beschwerdeauffassung war zur Hauptfrage 1 nach Mord die Eventualfrage 4 nach absichtlicher schwerer Körperverletzung geboten: Hat doch der den Tötungsvorsatz leugnende Angeklagte eine Erinnerung an die unmittelbare Tatausführung verneint, ein "Abreißen" seiner Gedanken behauptet und deponiert, er habe nach dem Erkennen des Todeseintritts das Geschehene "nicht glauben können" (ON 35 S. 115, 126 f, 136 bis 140, 163/II). Folglich mußten den Geschwornen zur inneren Tatseite Alternativen zum Tötungsvorsatz, damit aber auch jene der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB), schwer zu verletzen, eröffnet werden (§ 314 Abs 1, letzter Fall, StPO; vgl 11 Os 25/86).

Der in der Beschwerde behaupteten Gefahr eines Mißverständnisses der Geschwornen etwa in dem Sinn, daß der Angeklagte die Tötung (d.h. ein für diese kausales Verhalten) gänzlich leugnen wolle, beugt, wie auch hier, die Rechtsbelehrung (§ 321 Abs 2 StPO) vor, in der die gesetzlichen Merkmale des Verbrechens nach § 87 StGB und die in der entsprechenden Eventualfrage vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes sowie des Verhältnisses dieser Eventualfrage zur Hauptfrage nach Mord und die Folgen der Bejahung oder Verneinung dieser Fragen zutreffend dargelegt wurden.

Die Beschwerde behauptet des weiteren Verstöße der Rechtsbelehrung (Z. 8) gegen die Vorschriften der §§ 321, 323 und 327 StPO; indes auch dies zu Unrecht.

Die vom Vorsitzenden nach der Beratung mit den übrigen Mitgliedern des Schwurgerichtshofs den Geschwornen schriftlich und mündlich (§§ 321 Abs 1, 323 Abs 1 StPO) erteilte Rechtsbelehrung entspricht vielmehr den erwähnten, vom Gesetz (§ 321 Abs 2 StPO) geforderten Kriterien. Der Einwand, die Rechtsbelehrung sei "auf Grund ihres großen Umfanges für Laien unverständlich gefaßt und (deshalb) unrichtig" (S. 209/II), entbehrt jeglicher Spezifizierung. Damit gelangt dieser Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Davon abgesehen kann nach dem - durchaus allgemein verständlich abgefaßten - Inhalt der schriftlichen Rechtsbelehrung keine Rede davon sein, daß sie wegen ihrer Ausführlichkeit (Umfang von 25 Seiten) zu Irrtümern oder Mißverständnissen der Geschwornen hätte führen können. Für die Frage der Richtigkeit der Rechtsbelehrung im Sinn des § 321 Abs 2 StPO sind die Dauer der Beratung des Schwurgerichtshofs sowie die Dauer der Beratung und Abstimmung der Geschwornen begrifflich und nach forensischer Erfahrung ohne Bedeutung. Wird doch die Beratung des Schwurgerichtshofs von einem auf die Konzentration des Verfahrens bedachten Vorsitzenden soweit wie möglich vorbereitet und ermöglichte es deren Gesamtaufwand, die Sitzung zur Verkündung von Wahrspruch und Urteil nach einer Stunde und 50 Minuten wiederzueröffnen (ON 35 S. 183/II).

Der Einwand, die schriftliche Rechtsbelehrung sei (dem § 321 Abs 1 StPO zuwider) nicht dem Protokoll über die Hauptverhandlung angeschlossen worden, ist durch den Akteninhalt (ON 35 S. 187/II) widerlegt. Im übrigen wäre ein solcher Verstoß, weil ohne Einfluß auf die inhaltliche Richtigkeit der Rechtsbelehrung, nicht mit Nichtigkeit bedroht (§ 345 Abs 1 Z 4 bzw 8 StPO).

Daß der Vorsitzende "schon auf Grund des bedeutenden Umfanges und der knapp bemessenen Zeit für den Vortrag von der (schriftlichen) Rechtsbelehrung abgewichen" wäre und "ungeachtet dessen Änderungen und/oder Ergänzungen nicht in einem von ihm unterfertigten Anhang beigefügt", hätte (S 209/II), erweist sich (schon dieser Diktion nach) als bloße Vermutung des Beschwerdeführers, die in der Aktenlage keine Stütze findet. Diese bietet keinen Anhaltspunkt für den behaupteten Verstoß gegen § 323 Abs 1 StPO, dem zufolge bei der mündlichen Rechtsbelehrung dann, wenn von der schriftlichen Rechtsbelehrung (Niederschrift) abgewichen oder über diese hinausgegangen wird, die Änderungen und Ergänzungen in einem Anhang beizufügen sind, den der Vorsitzende zu unterfertigen hat.

Selbst wenn - wofür sich hier, entgegen der diesbezüglichen Vermutung der Beschwerde, in den Akten ebensowenig eine Stütze findet - der Vorsitzende seine ihm im § 323 Abs 3 StPO ferner aufgetragene Verpflichtung, sich zu überzeugen, ob seine Belehrung von den Geschwornen verstanden worden ist, vernachlässigt hätte, würde auch dies keine Nichtigkeit im Sinn des § 345 Abs 1 StPO bewirken; denn die Nichtigkeit bewirkende Unrichtigkeit einer Rechtsbelehrung kann eben nur aus ihrem an den Erfordernissen der §§ 321, 323, 327 StPO zu messenden Inhalt abgeleitet werden. Entstehen bei den Geschwornen im Zug der Beratung Zweifel über den Sinn der ihnen gestellten Fragen, über das von ihnen bei der Abstimmung zu beobachtende Verfahren oder über die Fassung einer Antwort oder äußern die Geschwornen den Wunsch nach einer Ergänzung des Beweisverfahrens zur Aufklärung erheblicher Tatsachen oder nach Änderung oder Ergänzung der an sie gerichteten Fragen, so ersucht dessen Obmann, falls der Schwurgerichtshof nicht ohnedies an der Beratung teilnimmt (§ 324 StPO), den Vorsitzenden schriftlich, sich in das Beratungszimmer zu begeben, wo dann der Vorsitzende den Geschwornen die erforderliche Belehrung erteilt. Diese ist zu Protokoll zu nehmen und dem Hauptverhandlungsprotokoll anzuschließen (§ 327 Abs 1 und 2 StPO).

Ein solches Verlangen der Geschwornen lag im Beschwerdefall nicht vor. Hat doch, wie erwähnt, der Vorsitzende - seinem anläßlich der Rechtsmittelvorlage erstatteten Bericht zufolge - den Geschwornen, die ihn während der Beratung nur deshalb in das Beratungszimmer gerufen hatten, weil sie sich in den Akten nicht zurecht fanden, auf ihr Ersuchen bloß gezeigt, wo sie die frühere Verantwortung des Angeklagten nachlesen konnten (ON 44 S. 218/II). Daß sich der Vorsitzende in das Beratungszimmer begeben hätte, weil die Geschwornen "hinsichtlich der Fassung der Antwort zur Hauptfrage 2 (Schändung) Zweifel" gehabt hätten, zumal ihnen die Entscheidungsgrundlage und "insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen Dr.Jarosch dürftig erschienen" (S. 210/II), entbehrt daher ebenfalls einer aktenmäßigen Deckung. Gleiches gilt für den in den Beschwerdeausführungen zu § 345 Abs 1 Z. 8 StPO wiederholten Vorwurf, der Vorsitzende hätte sowohl bei der mündlichen Rechtsbelehrung (§ 323 StPO) als auch anläßlich des späteren, zweiten Kontakts im Beratungszimmer den Geschwornen gegenüber die Beweismittel zum Nachteil des Angeklagten gewürdigt. Die vom Nichtigkeitswerber behaupteten Vorgänge bei der Abstimmung der Geschwornen, bei welcher der Obmann entgegen der Vorschrift des § 330 Abs 1 StPO angeblich zunächst eine Einzelabstimmung zur Hauptfrage 1 hätte vermeiden wollen und sodann seine Stimmabgabe vorweggenommen hätte, könnten auch, selbst wenn sie unterlaufen wären, keinen der taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe des § 345 Abs 1 StPO begründen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 75, erster Strafsatz, StGB eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren. Dabei war erschwerend die Begehung zweier strafbarer Handlungen, mildernd hingegen waren die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, dessen Tatsachengeständnis, sein guter Leumund und eine gewisse Enthemmung durch Alkohol.

Unter Bezugnahme auf ein angeblich reumütiges Geständnis, seine Gemütsaufregung und seine Unausgereiftheit reklamiert der Berufungswerber die Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf ein schuldangemessenes Ausmaß. Auch der Berufung bleibt ein Erfolg versagt.

Der Angeklagte hat einen auf Mord und Schändung gerichteten verbrecherischen Vorsatz bestritten (S. 115/II), weshalb ihm zu Recht ein (auch die subjektive Tatseite umfassendes) Geständnis nicht zugebilligt wurde. Eine gewisse emotionale Involvierung ist dem Tatgeschehen inhärent, ihre gesonderte Bewertung bei der Strafzumessung nicht geboten, zumal ohnedies dem Angeklagten seine Enthemmung zugutegehalten wurde. Bei einem Alter von (zur Tatzeit) mehr als 25 Jahren kann schließlich nicht mehr ein auf Jugendlichkeit beruhender Mangel an Reife angenommen werden, zumal dem Angeklagten ein solcher vom psychiatrischen Gutachter keineswegs attestiert wird (ON 35, S. 173/II).

In der Wahl der zeitlichen statt der möglichen lebenslangen Freiheitsstrafe hat das Geschwornengericht den zugunsten des Angeklagten sprechenden Besonderheiten des Falls ausreichend Rechnung getragen. Einer Minderung der zeitlichen Freiheitsstrafe steht die Konkurrenz der beiden schweren Verbrechen entgegen, denen ein siebzehnjähriges schwangeres Mädchen zum Opfer fiel.