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OGH vom 07.06.2016, 9Nc9/16x

OGH vom 07.06.2016, 9Nc9/16x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen G*****, geboren am *****, AZ 2 Pu 215/15z des Bezirksgerichts Fünfhaus, wegen § 111 Abs 2 JN, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 2 Pu 215/15z 45, verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Klagenfurt wird nicht genehmigt.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Beschluss vom (ON 45) übertrug das Bezirksgericht Fünfhaus die Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache dem Bezirksgericht Klagenfurt, das die Übernahme ablehnte (ON 48). Das Bezirksgericht Fünfhaus legte den Akt zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn es im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit ist dabei immer das Kindeswohl (RIS Justiz RS0047074). Als Ausnahmebestimmung zu § 29 JN ist § 111 JN allerdings grundsätzlich restriktiv auszulegen (RIS Justiz RS0046908 [T9], RS0047300 [T16]). Die Übertragung der Zuständigkeit liegt dann im Interesse des Kindes, wenn dadurch die wirksame Handhabung des dem Kind zugedachten Schutzes voraussichtlich gefördert wird (vgl RIS Justiz RS0046929). Nur unter dieser Voraussetzung kann der Grundsatz der perpetuatio fori durchbrochen werden (RIS Justiz RS0046929 [T11, T 18]).

Die Lebensverhältnisse des Kindes haben sich aber im vorliegenden Fall seit Übernahme der Zuständigkeit durch das Bezirksgericht Fünfhaus vom Bezirksgericht Döbling nach der Aktenlage nicht geändert. Das übertragende Gericht führt auch keine konkreten Gründe an, weshalb es nunmehr entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der obsorgeberechtigten Mutter, bei der das Kind lebt – ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse – zweckmäßiger sei, dass das Bezirksgericht Klagenfurt die Pflegschaftssache weiter führt.

Vielmehr sprechen die sich aus dem Akt ergebenden Familienverhältnisse des Kindes gegen eine Übertragung. Auch im Hinblick darauf, dass – wie ausgeführt – § 111 JN als Ausnahmebestimmung einschränkend auszulegen ist, war die Übertragung der Zuständigkeit nicht zu genehmigen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0090NC00009.16X.0607.000