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VfGH vom 07.12.1984, B43/83

VfGH vom 07.12.1984, B43/83

Sammlungsnummer

10305

Leitsatz

Wr. Gebrauchsabgabegesetz 1966; Vorschreibung einer Gebrauchsabgabe für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegut für Fernmeldeanlagen durch den Bund trotz der - entschädigungslos - zustehenden Leitungsrechte gemäß § 1 Telegraphenwegegesetz; Verpflichtung des Landes, auf die Regelung der Leitungsrechte durch den Bund bei der abgabenrechtlichen Regelung Rücksicht zu nehmen; verfassungswidrige Auslegung des Gebrauchsabgabegesetzes; Verletzung des Eigentumsrechtes

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Nach § 1 des Telegraphenwegegesetzes, BGBl. 435/1929, stehen dem Bund und den öffentlichen Telegraphenanstalten für die Herstellung, Instandhaltung und den Betrieb von Telegraphen an öffentlichen Straßen und Wegen und an sonstigem öffentlichen Gute sowie an unverbauten und in fremden Privateigentum stehenden Grundstücken sowie an Gebäuden und sonstigen Baulichkeiten Leitungsrechte zu, wenn dadurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Liegenschaften nicht dauernd behindert wird und überwiegende öffentliche Rücksichten nicht im Wege stehen (Abs1). Diese Leitungsrechte umfassen (Abs2) das Recht zur Führung und Erhaltung von Leitungen im Luftraum oder unter der Erde (lita), zur Anbringung und Erhaltung von Leitungstützpunkten, Schalt- und Transformatorenanlagen, sonstigen Leitungsobjekten und anderem Zubehör (litb), zur Einführung von Kabelleitungen in Gebäuden und sonstigen Baulichkeiten (litc) und zum Betrieb aller dieser Anlagen (litd). Nähere Bestimmungen enthält der erste Abschnitt des Gesetzes. Eine Entschädigung ist für den durch die Leitungsrechte Belasteten - anders als in den Fällen der gleichfalls zulässigen Enteignung nach dem zweiten Abschnitt des Gesetzes - nicht vorgesehen.

2. Nach § 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. 20, ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsgemäßen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll (Abs1). Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauchs von öffentlichem Gemeindegut gehen über die widmungsgemäßen Zwecke hinaus (Abs2).

Der Träger der Gebrauchserlaubnis hat nach § 9 des Gesetzes eine Gebrauchsabgabe zu entrichten (Abs1). Diese wird ua. für Unternehmen, zu deren bestimmungsgemäßer Betriebsführung eine ausgedehntere Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsflächen erforderlich ist, als Selbstbemessungsabgabe in der Höhe von 3 vH aller Bruttoeinnahmen erhoben, die iZm. der Gebrauchserlaubnis erzielt werden (§10 Abs 1 litb iVm. Tarif C Post 1).

§18 Abs 2 des GebrauchsabgabeG bestimmt:

"Besteht beim Wirksamkeitsbeginn dieses Gesetzes eine Regelung irgendeiner Art, aus der sich das Recht zu einem im § 1 umschriebenen Gebrauch ergibt, so gilt diese als eine Gebrauchserlaubnis im Sinne dieses Gesetzes."

3 a) Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom wurde dem Bund, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, aufgrund der genannten Bestimmungen des GebrauchsabgabenG für die Zeit vom bis "für den ausgedehnteren Gebrauch von öffentlichen Gemeindegut" eine Abgabe in der Höhe von 454142851 Millionen Schilling samt Säumniszuschlag vorgeschrieben. Unter Bezugnahme auf ein Übereinkommen zwischen dem Bund und Wien aus dem Jahre 1924, abgeändert 1957, "betreffend die Benützung der im Eigentum und in Verwaltung der Gemeinde Wien stehenden Liegenschaften zum Zwecke der Herstellung und Instandhaltung und des Betriebes von Telegraphen-, Fernsprech- und Rohrpostanlagen", das nach ihrer Auffassung einen Gebrauch iS des GebrauchsabgabeG betrifft, hält die Abgabenbehörde den Bund für die in Wien unterhaltenden ober- und unterirdischen Leitungen für gebrauchsabgabepflichtig, ermittelte anhand der Geschäftsberichte der Post- und Telegraphenverwaltung im Wege der Schätzung den Anteil Wiens an den Einnahmen aus dem Betrieb von Telegraph, Ferschreiber und Fernsprecher und der Überlassung von Rundfunk- und Fernsehleitungen und legte diesen Betrag der Abgabenbemessung zu Grunde. Die Erhebung der Gebrauchsabgabe sei ungeachtet der Bundeskompetenz Sache des Landes. Aus dem TelegraphenwegeG ergebe sich außerdem nichts gegen die Abgabepflicht, weil dieses die Leitungsrechte im Eingangssatz des Abs 2 nur "unbeschadet der nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften zu erfüllenden Verpflichtungen" einräume.

b) Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gerügt werden. Der Gebrauch öffentlichen Grundes für die Herstellung, Instandhaltung und den Betrieb von Telegraphen sei einschließlich der Frage einer allfälligen Gegenleistung eine Angelegenheit des Post- und Fernmeldewesens (Art10 Abs 1 Z 9 B-VG; vor der B-VG-Nov. 1974 "Post-, Telegraphen- und Fernsprechwesen"). Schon vor Inkrafttreten der Kompetenztatbestände der Bundesverfassung habe der Bund eine unentgeltliche Duldungspflicht für solche Zwecke vorgesehen. Bei der Regelung der Gebrauchnahme öffentlichen Gutes und der dafür zu entrichtenden Gegenleistung handle es sich nicht nur um denselben Regelungsgegenstand, sondern auch um denselben Regelungsgesichtspunkt. Wenn VfSlg. 5674/1968 ausgesprochen habe, daß Abgaben nicht unter den Kompetenztatbestand Post-, Telegraphen- und Fernsprechwesen gehörten, so sei nur die Zulässigkeit der Erhebung einer landesgesetzlichen Abgabe neben der Fernseh- und Rundfunkgebühr zu beurteilen gewesen, nicht aber das Verhältnis des Leistungsberechtigten zum Grundeigentümer. Die Zulässigkeit einer Gebrauchsabgabe würde eine gleichheitsrechtlich bedenkliche Benachteiligung privater Grundeigentümer bewirken. Es liefe auch dem System der österreichischen Finanzverfassung zuwider, das hoheitliche Handeln des Bundes einer landesgesetzlichen Abgabe zu unterwerfen. Da das Recht einer Gebietskörperschaft zur Verfügung über den Ertrag einer ihr zufließenden Abgabe im eigenen Haushalt (§6 F-VG) es ausschließe, Abgabenbeträge zum Besteuerungsgegenstand zu machen (VfSlg. 4174/1962), könne auch keine Abgabe von den Fernmeldegebühren erhoben werden, die nicht etwa durch unternehmerische Betätigung (VfSlg. 8943/1980), sondern im Rahmen der Hoheitsverwaltung erzielt würden.

Im übrigen sei die Anwendung des GebrauschsabgabeG überhaupt denkunmöglich, denn die Abgabe setze die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis voraus, während die Leitungsrechte des Bundes ohne besondere Erlaubnis kraft Gesetzes bestünden. Zu Unrecht berufe sich die bel. Beh. auf das Übereinkommen aus dem Jahre 1924: das Änderungsübereinkommen aus 1957 halte ausdrücklich fest (Art2 Abs 1), daß der Post- und Telegraphenverwaltung nach dem TelegraphenG Leitungsrechte an den öffentlichen Straßen, Gassen, Plätzen und sonstigem im Besitz der Stadt Wien stehenden öffentlichen Gut zustünden, es könne also solche Rechte nicht seinerseits begründet haben. Die Zustimmung der Stadt Wien zur Herstellung von Fernmeldeanlagen (Art2 Abs 2 des Änderungsübereinkommens) sei nur das nach § 36 Abs 2 (früher § 35 Abs 3) Fernsprechordnung erforderliche Einverständnis des über die Liegenschaft Verfügungsberechtigten zur Herstellung des Anschlusses an das Leitungsnetz. Das Recht zur Aufstellung von Fersprechzellen sei gesetzlich allerdings nicht eingeräumt und daher genehmigungs- und gebührenpflichtig, aber in Position 35 des Tairfs B (mit einem Betrag pro Zelle) auch berücksichtigt; diese Tarifpost wäre unverständlich, wenn das Gesetz von einer ausgedehnteren Inanspruchnahme öffentlichen Gutes durch die Post- und Telegraphenverwaltung ausginge.

Auch die Höhe der Abgabe sei denkunmöglich in Anwendung der Gesetze berechnet worden.

c) Die bel. Beh. verteidigt den angefochtenen Bescheid mit dem Hinweis auf das Finanzausgleichsgesetz, das Gebrauchsabgaben zur ausschließlichen Landes(Gemeinde)abgaben erkläre; die Regelung könne daher nicht gegen Art 10 Abs 1 Z 9 B-VG verstoßen. Die Abgabe sei kein Entgelt und das Recht zur Erhebung einer Abgabe keine gleichheitswidrige Bevorzugung der Gebietskörperschaft, Fernmeldegebühren hingegen das Entgelt für die Benützung von Fernmeldeanlagen (VfSlg. 4488/1963 und 5994/1969).

II. Die Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Bescheid unterstellt dem Wiener GebrauchsabgabeG einen verfassungswidrigen Inhalt.

1. § 9 des GebrauchsabgabeG verpflichtet den Träger einer Gebrauchserlaubnis zur Entrichtung der Gebrauchsabgabe. Träger der Gebrauchserlaubnis ist, wer gemäß § 1 ff. eine solche erwirkt hat. Wem schon das Gesetz das Recht zum Gebrauch des öffentlichen Gutes über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus einräumt, der hat eine Gebrauchserlaubnis offenbar nicht zu erwirken; er ist daher auch keinesfalls Träger einer Gebrauchserlaubnis iS des § 9 GebrauchsabgabeG. Insofern ist die Beschwerde wohl im Recht. Sie läßt aber die von der Behörde in erster Linie angezogene Bestimmung des § 18 Abs 2 GebrauchsabgabeG außer Betracht. Diese Bestimmung läßt nach Wortlaut und Zweck durchaus die Deutung zu, daß gesetzlich eingeräumte Rechte der erwirkten Gebrauchserlaubnis gleichgestellt sein sollen. Denn nach ihr gilt schlechthin jede bestehende "Regelung irgendeiner Art, aus der sich das Recht zu einem im § 1 umschriebenen Gebrauch ergibt" als Gebrauchserlaubnis iS des Gesetzes. Seiner fiskalischen Zielsetzung nach scheint das Gesetz den zulässigen Gebrauch der Sache als im weiteren Sinne erlaubt möglichst lückenlos erfassen zu wollen. Zunächst findet sich nirgends ein Anhaltspunkt dafür, daß Regelungen irgendwelcher Art von dieser Gleichstellung mit einer Gebrauchserlaubnis ausgenommen sein sollen. Daß der Tarif B eine Position für Fernsprechzellen enthält, schließt die Abgabepflicht der Post- und Telegraphenverwaltung für ihre Leitungen schon deshalb nicht aus, weil der Landesgesetzgeber nicht davon ausgehen muß, daß nur die (allenfalls nach dem Selbstbemessungstarif C abgabepflichtige) Post- und Telegraphenverwaltung als Träger einer Gebrauchserlaubnis für Fernsprechzellen in Betracht kommt.

Bei dieser Sachlage ist auf den Inhalt des Übereinkommens zwischen der Post- und Telegraphenverwaltung und der Stadt Wien, auf welches die bel. Beh. nur hinweist, um die "ausgedehntere Inanspruchnahme" öffentlichen Grundes über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus zu beschreiben, die sie zum Gegenstand der Besteuerung macht - einen Gebrauch also, den die Beschwerde keineswegs in Abrede stellt -, nicht näher einzugehen.

2. Die Auslegung der bel. Beh. ist allerdings aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verwerfen. Die Länder dürfen einen Gebrauch, den der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeit dem Berechtigten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf fremdem Grund unentgeltlich einräumt, nicht einer Gebrauchsabgabe unterwerfen.

Der VfGH pflichtet der Beschwerde zunächst darin bei, daß zum Kompetenztatbestand Post- und Fernmeldewesen (und seinem Vorgänger Post-, Telegraphen- und Fernsprechwesen) auch die Einräumung von Leitungsrechten für die Herstellung, die Instandhaltung und den Betrieb von Fernmeldeanlagen sowie die Regelung der Frage gehört, ob die eingeräumten Leitungsrechte unentgeltlich oder nur gegen Entgelt zu dulden sind. Bestimmungen dieser Art hatte schon das ElektrizitätswegeG vom , BGBl. 348, enthalten (§37 iVm. § 4). Gestützt auf diesen Kompetenztatbestand hat der Bund - der das Recht, Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben, sich selbst vorbehalten hat (§2 FernmeldeG) - sich und den öffentlichen Telegraphenanstalten die in Rede stehenden Leitungsrechte auf öffentlichem und privatem Grund eingeräumt und dafür wegen der vergleichsweisen Geringfügigkeit der Inanspruchnahme und des öffentlichen Interesses an solchen Fernmeldeanlagen im Gegensatz zu den Fällen der Enteignung ein Entgelt (eine Entschädigung) nicht vorgesehen.

Andererseits sind Abgaben für den Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden von der Bundesgesetzgebung gemäß § 7 Abs 2 F-VG den Ländern (Gemeinden) überlassen (§14 Abs 1 Z 13 FAG 1979 und § 13 Abs 1 Z 14 FAG 1973) und zur ausschließlichen Gemeindeabgabe erklärt (§14 Abs 2 FAG 1979 und § 13 Abs 2 FAG 1973). Nach § 8 Abs 1 F-VG kann das Land Wien daher den Gebrauch öffentlichen Gutes ohne weitere Einschränkung der Steuer unterwerfen. Es muß sich dabei von Verfassungs wegen auch nicht auf jenen Gebrauch beschränken, den es durch eine Gebrauchserlaubnis im Einzelfall zugelassen hat. Vielmehr kann die Abgabe für den Gebrauch auch dann erhoben werden, wenn er schon vom Gesetz gestattet wird.

Die im vorliegenden Fall zu lösende verfassungsrechtliche Frage wirft nur der Umstand auf, daß die Besteuerung des Gebrauches von öffentlichem Grund der Anordnung des Fernmeldegesetzgebers, der Gebrauch öffentlichen wie privaten Grundes sei unentgeltlich zu dulden, für den Teilbereich des öffentlichen Grundes genau entgegenläuft. Es wird nämlich nicht nur der vom zuständigen Gesetzgeber freigestellte Gebrauch öffentlichen Gutes, sondern der nach seiner Entscheidung von jedermann unentgeltlich zu duldende Gebrauch einer fremden Grundfläche mit einer Abgabe belastet.

Die Gegenschrift bestreitet die Möglichkeit einer Gegenüberstellung von Entgeltfreiheit und Abgabepflicht: die Abgabe ändere an der Unentgeltlichkeit des Gebrauchs nichts. Wie aber die Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen eine Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung und dem Äquivalenzprinzip unterworfen sind (VfSlg. 8847/1980, 8943/1980), so hat auch die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Grund in den Gemeinden den Charakter einer Gegenleistung und insofern eines Entgeltes. Allein dieser Umstand kann es übrigens rechtfertigen, daß gerade der Gebrauch von öffentlichem Grund, nicht aber die (widmungsfremde) Benutzung jeder Liegenschaft der Abgabe unterworfen wird: die Einhebung einer Abgabe erspart der öffentlichen Hand den Abschluß von individuellen Benutzungsverträgen, während es auf privaten Liegenschaften Sache des Eigentümers bleibt, den Gebrauch nur gegen Entgelt zu gestatten. Bezöge daher die Regelung der Gebrauchsabgabe auch jenen Gebrauch mit ein, der nach dem Willen des zuständigen Gesetzgebers von jedermann unentgeltlich zu dulden ist, dann bedeutet das nichts anderes als eine gegenteilige Anordnung des Landesgesetzgebers. Der Widerspruch liegt dabei nicht nur in der Zielsetzung oder in den Auswirkungen, sondern - wie die Beschwerde richtig erkennt - im Inhalt der Regelung selbst. Eben deshalb kann der VfGH auch dem Versuch der bel. Beh., die Wendung "unbeschadet der nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften zu erfüllenden Verpflichtungen" im Eingangssatz des § 1 Abs 2 TelegraphenwegeG so zu deuten, daß der Landesgesetzgeber auf öffentlichem Grund eine Gebrauchsabgabe vorschreiben dürfe, ohne mit dem Bundesgesetzgeber in Widerspruch zu geraten, nicht beipflichten.

Soll die bundesstaatliche Kompetenzverteilung in diesem Fall nicht zu einem unerträglichen Gegeneinander von Bund und Ländern führen, dann muß die allgemeine abgabenrechtliche Regelung des Landes auf die besondere Anordnung des Materiengesetzgebers Bund Rücksicht nehmen (vgl. VfSlg. 10292/1984). Der Landesgesetzgeber darf die Anordnung des TelegraphenwegeG, daß die dort näher beschriebenen Leitungsrechte von jedermann ohne Anspruch auf Entgelt zu dulden sind, nicht durch eine Abgabe für jedweden widmungsfremden Gebrauch öffentlichen Grundes ins Gegenteil verkehren. Er darf diesen Gebrauch daher einer Abgabe nicht unterwerfen.

§18 Abs 2 GebrauchsabgabeG zwingt aber auch nicht zur Annahme, daß der Landesgesetzgeber ausnahmslos jedweden Gebrauch öffentlichen Grundes über den widmungsmäßigen Zweck hinaus der Abgabe unterworfen hat. Er läßt vielmehr auch die verfassungskonforme Auslegung zu, daß unter einer "Regelung irgendeiner Art, aus der sich das Recht zu einem im § 1 umschriebenen Gebrauch ergibt", nur eine solche verstanden werden soll, die sich auf den Gebrauch (gerade) öffentlichen Gutes als solchen bezieht, nicht aber eine Regelung, die gleichermaßen den (unentgeltlichen) Gebrauch öffentlichen wie privaten Grundes vorsieht.

3. Die bel. Beh. hat dem Gesetz also fälschlich einen Inhalt unterstellt, der - hätte es ihn - das Gesetz verfassungswidrig erscheinen ließe. IS der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8111/1977, 8515/1979, 8940/1980) ist dies ein der Gesetzlosigkeit gleichzuhaltender, in die Verfassungssphäre reichender Fehler. Der angefochtene Bescheid verletzt daher den bf. Bund im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

Er ist folglich aufzuheben.