OGH vom 19.03.1986, 9Os21/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Rudolf R*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamts Salzburg als Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom , GZ 21 a Vr 1354/84-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Prankl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf R*** von der Anklage, er habe im Herbst 1982 in Salzburg vorsätzlich einen Grisfuchsmantel und einen Demibuffnerzmantel, hinsichtlich welcher Waren von der abgesondert verfolgten Petra Wanda K***-L*** und anderen Tätern ein Schmuggel von der Bundesrepublik Deutschland in das Inland begangen worden sei, gekauft und hiedurch das Vergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen, gemäß § 214 Abs. 2 FinStrG freigesprochen.
Das Erstgericht begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Verantwortung des Angeklagten, er sei beim Ankauf der beiden Pelzmäntel der Meinung gewesen, der von ihm bezahlte Kaufpreis habe jeweils auch die Einfuhrumsatzsteuer enthalten, auf Grund der Beweisergebnisse nicht widerlegt werden könne. Es könne demnach "das erforderliche Verschulden" - nämlich der zur Erfüllung des Tatbestandes des Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG in subjektiver Hinsicht vorausgesetzte Vorsatz - nicht nachgewiesen werden.
Den Freispruch wegen Unzuständigkeit bekämpft das - hiezu gemäß § 200 FinStrG legitimierte - Zollamt Salzburg mit einer auf die Z 6 (inhaltlich jedoch Z 9 lit. a - vgl. SSt. 53/41) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Sache nach mit der Argumentation, das Erstgericht sei - wie die Anwendung der Gesetzesbestimmung des § 214 Abs. 2 FinStrG zeige - offensichtlich rechtsirrig davon ausgegangen, daß der Tatbestand der fahrlässigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 FinStrG nicht in die gerichtliche Zuständigkeit falle und habe sich folglich mit der Frage der allfälligen Begehung dieses (Fahrlässigkeits-)Deliktes durch den Angeklagten nicht auseinandergesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Gemäß § 53 Abs. 4 FinStrG ist das Strafverfahren gegen den Täter, gegen andere vorsätzlich an der Tat Beteiligte und "gegen Hehler" bei Gericht durchzuführen, wenn sich auch nur bei einer dieser Personen die gerichtliche Zuständigkeit aus Abs. 1 bis 3 des § 53 FinStrG ergibt. In Ansehung der gesondert genannten Hehler besteht demnach unter den angeführten Voraussetzungen die gerichtliche Zuständigkeit unabhängig davon, ob sie vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben (vgl. 10 Os 20/85;
Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch Kommentar zum FinStrG, P 1 zu § 53).
Es wäre daher vorliegend - zumal ein Freispruch nach § 214 FinStrG nur im Falle der Möglichkeit einer anderweitigen finanzstrafbehördlichen Zuständigkeit im Rahmen des § 53 Abs. 5 und 6 FinStrG, bezogen auf die Tatzeit, in Betracht kommt (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, aaO, P 2 und E 4 zu § 214), was hier aber nicht zutrifft - angesichts der Verneinung einer vorsätzlichen Tatbegehung durch den Angeklagten im Hinblick auf die den Vortätern zur Last liegenden (vgl. S 1 b) - und damit Gerichtszuständigkeit begründenden - Finanzvergehen des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels sowie der Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs. 1, 2 und 3, 38 Abs. 1 lit. a und b FinStrG nicht mit einem Freispruch wegen Unzuständigkeit der Gerichte zur Ahndung eines Finanzvergehens gemäß § 214 FinStrG (der im übrigen gemäß § 214 Abs. 3 FinStrG. die Worte "wegen Unzuständigkeit" im Urteilsspruch zu enthalten gehabt hätte, welcher Verstoß aber nicht mit Nichtigkeit bedroht ist; vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, aaO, E 6, 7 und 9 zu § 214) vorzugehen gewesen. Das Erstgericht hätte vielmehr zu prüfen und darüber abzusprechen gehabt, ob, ausgehend von dem unter Anklage gestellten Sachverhalt, bei begründeter Annahme der Schuldform der Fahrlässigkeit das (auf Grund der gerichtlichen Strafbarkeit der Vortäter) hier ebenfalls gerichtlich strafbare Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 3 FinStrG vorliegt. Eine derartige Prüfung setzt allerdings alle jene Feststellungen voraus, welche zunächst schon für die Beurteilung erforderlich sind, ob in objektiver Hinsicht überhaupt eine hehlereibegründende Vortat vorliegt, sodann aber auch, ob dem Angeklagten in subjektiver Hinsicht fahrlässiges Handeln (§ 8 Abs. 2 FinStrG) zum Vorwurf gemacht werden kann. Derartige, für eine abschließende Klärung des vorliegenden Sachverhalts ausreichende Konstatierungen sind aber - wie ein Vergleich der zur Verfügung stehenden Beweisquellen mit den getroffenen Feststellungen zeigt - im Ersturteil nicht enthalten.
Die vom Zollamt zu Recht aufgezeigten Feststellungsmängel (Z 9 lit. a) erfordern daher die Aufhebung des Urteils und die Anordnung einer Verfahrenserneuerung.
Es war deshalb spruchgemäß zu erkennen.