VfGH vom 12.12.2016, E580/2016
Leitsatz
Keine Verletzung der Vereinsfreiheit durch Zurückweisung der Beschwerde eines ehemaligen Mitglieds gegen die Auflösung eines Vereines mangels Vollbeendigung des aufgelösten Vereins; vollständiger Verlust der Rechtsfähigkeit des Vereins erst mit Eintragung der Beendigung der Abwicklung im Zentralen Vereinsregister
Spruch
I. Der beschwerdeführende Verein ist durch den angefochtenen Beschluss weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der beschwerdeführende Verein durch den angefochtenen Beschluss in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der beschwerdeführende Verein "Vorarlberger Tierschutzverein – Ortsverein Dornbirn" (Dornbirner Tierschutzverein), vertreten durch Obfrau ********* *******, ist – gemeinsam mit anderen örtlichen Tierschutzvereinen – Mitglied des "Vorarlberger Tierschutzverbandes", welcher ebenfalls als Verein registriert ist bzw. war.
2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom wurde der "Vorarlberger Tierschutzverband" gemäß § 29 Abs 1 Dritter Fall Vereinsgesetz behördlich aufgelöst, weil er den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes dadurch nicht mehr entsprach, dass er nach Ungültigerklärung der Neuwahlen vom durch das Bezirksgericht Dornbirn über keine vertretungsbefugten Organe mehr verfügte. Der beschwerdeführende Verein erhob als ehemaliges Mitglied des aufgelösten Vereins "Vorarlberger Tierschutzverband" gegen den Auflösungsbeschluss Beschwerde, welche mit Beschluss vom vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg als unzulässig zurückgewiesen wurde. Begründet wurde der Beschluss im Wesentlichen damit, dass nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes das Recht der Beschwerde gegen einen Auflösungsbescheid der Behörde nur dem Verein selbst, nicht aber seinen Mitgliedern zustehe, solange der Auflösungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden sei und der Verein demnach noch existiere. Erst nach rechtskräftiger Auflösung eines Vereins seien die ehemaligen Mitglieder Träger der Vereinsfreiheit und somit berechtigt, Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes zu erheben. Nach § 27 Vereinsgesetz 2002 endet die Rechtspersönlichkeit eines Vereins mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister, ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtspersönlichkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung. Im Verfahren zur Auflösung des Vereins "Vorarlberger Tierschutzverband" sei ein Liquidator bestellt worden, daher sei (noch) keine "rechtskräftige Auflösung" erfolgt und dem beschwerdeführenden Verein mangle es an der Parteistellung gemäß § 8 AVG. Daher sei die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
3. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des "Rechtes auf Vereinsfreiheit" behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
Begründend wird dazu ausgeführt, dass nach Erlassung des Auflösungsbescheides und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist dagegen nicht mehr der Verein selbst, sondern seine ehemaligen Mitglieder Träger der Vereinsfreiheit und damit berechtigt seien, Beschwerde gegen den Auflösungsbescheid zu erheben.
Wörtlich heißt es auszugsweise:
"1. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. VfSlg 8090/1[9]77, 9567/1[9]82 oder ) sind nach rechtkräftiger behördlicher Auflösung eines Vereins lediglich die ehemaligen Vereinsmitglieder Träger der Vereinsfreiheit; nur sie (und nicht etwa [] der [-] aufgelöste – Verein) sind berechtigt, gegen den Auflösungsbescheid Beschwerde zu erheben.
2. Mit Bescheid der BH Dornbirn vom , BHDo-III-1801/1374-235, wurde der VTV aufgelöst und seine Liquidierung verfügt; dagegen erhoben der VTV – vertreten durch die vom BG Dornbirn bestellte Kuratorin – sowie der BF Beschwerde; die Beschwerden wurden mit den besagten Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zahl LVwG-453-2/2015- R10, als verspätet (VTV) bzw. unzulässig (BF) zurückgewiesen. Der Auflösungs- und Liquidierungsbescheid der BH Dornbirn vom ist damit […] rechtskräftig, wobei gegenüber dem VTV die Rechtskraft mit 08.[12].2015 eingetreten ist. Ausgehend davon ist der BF – als ehemaliges Vereinsmitglied des VTV – seit 08.[12].2015 Träger der Vereinsfreiheit und damit berechtigt, Beschwerde gegen die Auflösung und Liquidierung des VTV zu erheben; seine Beschwerde hätte nicht (mit dem angefochtenen Beschluß vom ) zurückgewiesen werden dürfen.
3. Die Ansicht der Behörde, ein Vereinsmitglied sei erst nach gänzlichem Verlust seiner Rechtspersönlichkeit (durch Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister) bzw. nach seiner Abwicklung berechtigt, Beschwerde/Revision zu erheben, ist verfehlt:
• Die oa. Judikatur stellt auf die 'rechtskräftige behördliche Auflösung eines Vereins' ab, wodurch ehemalige Vereinsmitglieder Träger der Vereinsfreiheit werden, denen im Auflösungsverfahren damit Parteistellung zukommt. Eben diese Voraussetzung liegt diesfalls vor: Der VTV ist durch den oa. Bescheid der BH Dornbirn vom rechtskräftig aufgelöst. Der BF ist daher spätestens von da an Träger der Vereinsfreiheit und damit berechtigt, Beschwerde gegen die Auflösung und Liquidierung des VTV zu erheben.
• Die Rechtsansicht der belangten Behörde ist geradezu widersinnig: Würde ein Vereinsmitglied erst mit der Eintragung der Auflösung (des Vereins) im Vereinsregister und – wie hier – nach Liquidation Parteistellung erlangen, wären – zufolge Fristablaufes – schon gar keine Beschwerden mehr zulässig; zudem wären solche - nach Liquidierung des Vereines und der damit verbundenen „Beseitigung des gesamten Vereinsvermögens“ auch ganz und gar sinnlos. Die Argumentation der belangten Behörde kann auch von daher nicht den Intentionen des Gesetzgebers und der oa. Rechtssprechung entsprechen. [...]"
II. Rechtslage
Das Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG), BGBl I 66, idF BGBl I 22/2015 lautet auszugsweise wie folgt:
"Ende der Rechtspersönlichkeit
§27. Die Rechtspersönlichkeit eines Vereins endet mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister; ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung.
[…]
Behördliche Auflösung
§29. (1) Jeder Verein kann unbeschadet des Falls nach § 2 Abs 3 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art 11 Abs 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, mit Bescheid aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt, seinen statutenmäßigen Wirkungskreis überschreitet oder überhaupt den Bedingungen seines rechtlichen Bestands nicht mehr entspricht.
(2) Ist eine Abwicklung nicht erforderlich, so müssen die Eintragung der rechtskräftigen behördlichen Auflösung im Vereinsregister und die anderen, zu diesem Zeitpunkt aktuell gewesenen Registerdaten - abweichend von § 17 Abs 2 - noch ein Jahr nach Eintragung der Auflösung allgemein abfragbar bleiben (§17 Abs 1). Bis zur Betriebsaufnahme des Zentralen Vereinsregisters ist die behördliche Auflösung überdies von der Vereinsbehörde unverzüglich in einer für amtliche Verlautbarungen bestimmten Zeitung zu veröffentlichen.
(3) Bei Vorhandensein eines Vereinsvermögens hat die Vereinsbehörde die angemessenen gesetzmäßigen Vorkehrungen zu dessen Sicherung zu treffen.
(4) Schließlich hat die Vereinsbehörde bei Vorhandensein eines Vereinsvermögens dieses abzuwickeln. Wenn dies aus Gründen möglichster Sparsamkeit, Raschheit, Einfachheit oder Zweckmäßigkeit, insbesondere im berechtigten Interesse Dritter, erforderlich ist, hat sie einen von ihr verschiedenen Abwickler zu bestellen.
Abwicklung, Nachabwicklung
§30. (1) Der aufgelöste Verein wird durch den Abwickler vertreten. In Erfüllung seiner Aufgabe stehen ihm alle nach den Statuten des aufgelösten Vereins den Vereinsorganen zukommenden Rechte zu. Ein von der Vereinsbehörde bestellter Abwickler ist dabei an ihm erteilte Weisungen gebunden.
(2) Der Abwickler hat das Vereinsvermögen zu verwalten und zu verwerten. Er hat die noch laufenden Geschäfte zu beenden, Forderungen des Vereins einzuziehen und Gläubiger des Vereins zu befriedigen. Das verbleibende Vermögen ist, soweit dies möglich und erlaubt ist, dem in den Statuten bestimmten Zweck oder verwandten Zwecken, sonst Zwecken der Sozialhilfe zuzuführen. An die Vereinsmitglieder darf im Fall der freiwilligen Auflösung eines Vereins verbleibendes Vermögen auf Grund einer entsprechenden Bestimmung in den Statuten soweit verteilt werden, als es den Wert der von den Mitgliedern geleisteten Einlagen nicht übersteigt.
(3) Ein von der Vereinsbehörde bestellter Abwickler hat auf sein Verlangen einen nach Maßgabe des vorhandenen Vereinsvermögens vorrangig zu befriedigenden Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Barauslagen und auf angemessene Vergütung seiner Tätigkeit.
(4) Die im Zug einer Abwicklung nach behördlicher Vereinsauflösung von der Vereinsbehörde oder von einem von ihr bestellten Abwickler vorgenommenen unentgeltlichen Vermögensübertragungen sind von den bundesrechtlich geregelten Abgaben befreit.
(5) Der Abwickler hat die Beendigung der Abwicklung der Vereinsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Funktion eines behördlich bestellten Abwicklers endet mit seiner Enthebung durch die Vereinsbehörde. Die Eintragung der Beendigung der Abwicklung im Vereinsregister und die anderen, zu diesem Zeitpunkt aktuell gewesenen Registerdaten müssen - abweichend von § 17 Abs 2 - noch ein Jahr nach Eintragung der Auflösung allgemein abfragbar bleiben (§17 Abs 1).
(6) Stellt sich nach Beendigung des Vereins (§27) heraus, dass (noch weitere) Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, so ist gemäß §§29 Abs 3 und 4 sowie 30 Abs 1 bis 5 vorzugehen. Für die Zeit der Nachabwicklung lebt der Verein vorübergehend wieder auf. Die entsprechenden Eintragungen im Vereinsregister sind vorzunehmen; für die Eintragung der Beendigung der Nachabwicklung gilt Abs 5 letzter Satz sinngemäß."
III. Erwägungen
1. Die beschwerdeführende Partei ist ein nach dem Bundesgesetz über Vereine (Vereinsgesetz 2002 – VerG) konstituierter Verein und hat daher gemäß § 1 Abs 1 leg. cit. Rechtspersönlichkeit.
Laut Eintrag im Zentralen Vereinsregister ist die Obfrau des Vereins vertretungsbefugt.
Der beschwerdeführende Verein ist damit zur Einbringung der – auch ansonsten zulässigen – Beschwerde legitimiert.
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
2.1. Ein Eingriff in das durch Art 11 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Recht ist dann verfassungswidrig, wenn die ihn verfügende Entscheidung ohne Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art 11 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet wurde; ein solcher Fall liegt vor, wenn die Entscheidung mit einem so schweren Fehler belastet ist, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise ein verfassungswidriger, insbesondere ein dem Art 11 Abs 1 EMRK widersprechender und durch Art 11 Abs 2 EMRK nicht gedeckter Inhalt unterstellt wurde (vgl. zuletzt zur Versammlungsfreiheit VfSlg. 19.961/2015, 19.962/2015).
Die behördliche Auflösung eines Vereins selbst (§29 VerG; vgl. zB VfSlg. 19.078/2010, 19.120/2010, 19.208/2010) wie auch die Erklärung, dass die Vereinsgründung nicht gestattet ist (§12 VerG; vgl. zB VfSlg. 13.025/1992, 16.395/2001, 19.260/2010), sind, so wie die Beurteilung der Frage, ob überhaupt ein Verein iSd Art 11 EMRK vorliegt, Entscheidungen, die den Kernbereich der Vereinsfreiheit betreffen. Eingriffe sind nur zulässig, wenn sie zur Erreichung der in Art 11 Abs 2 EMRK genannten Ziele zwingend notwendig sind (vgl. analog VfSlg. 19.961/2015, 19.962/2015). Eine Entscheidung darüber obliegt dem Verfassungsgerichtshof.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 8090/1977, 9567/1982, 12.127/1989, 16.078/2001, 18.870/2009, 19.078/2010, 19.208/2010) sind nach rechtskräftiger behördlicher Auflösung eines Vereins lediglich die ehemaligen Vereinsmitglieder Träger der Vereinsfreiheit. Nur sie (und nicht etwa der – aufgelöste – Verein) sind es, die berechtigt sind, eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Vereinsfreiheit geltend zu machen.
Es ist daher für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblich, ab welchem Zeitpunkt ein Verein als rechtskräftig aufgelöst zu beurteilen ist. § 27 VerG normiert, dass die Rechtspersönlichkeit eines Vereins erst mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister endet; ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung. Ist also – wie im vorliegenden Fall – eine Abwicklung erforderlich, weil der aufzulösende Verein über Vermögen verfügt, bestimmt der Gesetzgeber, dass der Verlust seiner Rechtsfähigkeit zur Gänze erst mit der Eintragung seiner Auflösung eintritt (vgl. auch VfSlg. 18.005/2006; dass ein Verein, dessen Vermögen im Liquidationsverfahren abgewickelt werden muss, seine Rechtspersönlichkeit erst mit Beendigung der Abwicklung verliert, ist auch in der Rechtsprechung der anderen Höchstgerichte unstrittig, vgl. ; 8 Ob A274/01d; ). Ungeachtet dessen, dass die Rechtspersönlichkeit des Vereins nach erfolgter Auflösung während der Abwicklung nur eine beschränkte ist (siehe VfSlg. 7809/1976), ist der Verein jedenfalls befugt, gegen seine behördliche Auflösung vorzugehen.
Gemäß § 29 Abs 3 VerG hat die Vereinsbehörde bei Vorhandensein eines Vereinsvermögens die "angemessenen gesetzmäßigen Vorkehrungen zu dessen Sicherung zu treffen". Nach Abs 4 ist grundsätzlich die Vereinsbehörde selbst Abwickler eines aufgelösten Vereins, sie hat jedoch, wenn es aus Gründen möglichster Sparsamkeit, Raschheit, Einfachheit oder Zweckmäßigkeit, insbesondere im berechtigten Interesse Dritter erforderlich ist, einen von ihr verschiedenen Abwickler zu bestellen. Der Abwickler ist an die Weisungen der Vereinsbehörde gebunden.
Die Bestimmung des § 29 Abs 3 VerG, die im Wesentlichen schon in der Stammfassung des § 27 Abs 1 Vereinsgesetz 1867 bestand, wurde stets in dem Sinn verstanden, dass die Vereinsbehörden nur die ersten vorläufigen Anordnungen zur Sicherstellung des Vereinsvermögens zu treffen haben (VfSlg. 2153/1951). Wird ein Liquidator bestellt, ist das Vereinsvermögen (soweit dies möglich und erlaubt ist) dem statutengemäßen Vereinszweck zuzuführen. Bezüglich der Einhaltung der Vorschriften im Liquidationsverfahren kommt den ehemaligen Vereinsmitgliedern ein rechtliches Interesse und daher auch Parteistellung zu (VfSlg. 2153/1951).
3. Der aufgelöste Verein, dessen Mitglied die beschwerdeführende Partei ist bzw. war, wird derzeit durch einen von der Vereinsbehörde bestellten Abwickler liquidiert. Die Beendigung der Abwicklung wurde noch nicht im Vereinsregister eingetragen.
4. Das belangte Landesverwaltungsgericht hat dem – als Mitglied des aufgelösten Vereins – beschwerdeführenden Verein die Parteistellung im Administrativverfahren mit der Begründung versagt, dass sich der aufgelöste Verein noch in der Liquidationsphase befinde und erst mit Eintragung der Beendigung der Abwicklung die Rechtspersönlichkeit des Vereins endgültig erlösche. Ehemalige Mitglieder des aufgelösten Vereins hätten zu diesem Zeitpunkt (noch) keine Parteistellung.
5. Damit ist das belangte Landesverwaltungsgericht im Ergebnis im Recht: Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur stets die Auffassung vertreten, dass die dem Verein im Liquidationszeitraum zukommende Rechtspersönlichkeit eine insoweit eingeschränkte ist, als sie zum Zweck der Liquidation erforderlich bzw. auf die Verwaltung und Verwertung des Vereinsvermögens gerichtet ist (VfSlg. 7809/1976, 18.005/2006). Erst die Eintragung der Beendigung der Abwicklung führt zur Vollbeendigung des Vereins, erst zu diesem Zeitpunkt verliert der Verein vollständig seine Rechtsfähigkeit.
Nach ordnungsgemäßer Zustellung eines Auflösungsbescheides ist innerhalb der Rechtsmittelfrist grundsätzlich der Verein selbst befugt, einen Auflösungsbescheid zu bekämpfen. Ist eine Abwicklung erforderlich, so bleibt eine – nach Ablauf der Rechtsmittelfrist und Eintritt der formalen Rechtskraft des Auflösungsbescheides – bloß auf die zum Zwecke der Liquidation des Vermögens erforderlichen Rechte und Pflichten beschränkte Rechtspersönlichkeit des Vereins bestehen. Dabei liegt es im Interesse der Rechtssicherheit, das Ende des Vereins als Rechtssubjekt an einen Publizitätsakt zu knüpfen (vgl. Erläuterungen zu § 27 VerG, 990 BlgNR 21. GP, 41).
Daraus folgt, dass im Fall einer notwendigen Abwicklung des Vereins dieser Publizitätsakt (Eintragung der Beendigung der Abwicklung im Vereinsregister) noch zur Erlassung des Auflösungsbescheides und dessen Eintragung im Zentralen Vereinsregister hinzutreten muss, um von einem "rechtskräftig aufgelösten" Verein ausgehen zu können.
Die von dem belangten Landesverwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung ist also insoweit zutreffend, als die Vollbeendigung des Vereins mangels Eintragung der Beendigung der Abwicklung noch nicht eingetreten ist. Daraus folgt, dass einzelne Vereinsmitglieder (noch) keine Beschwerde erheben können.
Die ehemaligen Mitglieder eines Vereins sind in ihrer Vereinsfreiheit nicht dadurch beschränkt, dass sie erst nach Vollbeendigung des aufgelösten Vereins Beschwerde erheben können. Für sie beginnt die Beschwerdefrist erst mit Veröffentlichung der Vollbeendigung des Vereins zu laufen, erst zu diesem Zeitpunkt ist das Verfahren zur Auflösung des Vereins vollständig abgeschlossen.
Bedenken gegen die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Rechtsvorschriften wurden nicht vorgebracht und sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – nicht entstanden.
IV. Ergebnis
1. Der beschwerdeführende Verein ist durch die Zurückweisung der Beschwerde durch das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit verletzt worden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der beschwerdeführende Verein in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Insoweit die Beschwerde weitere Rechtswidrigkeiten behauptet, genügt es darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob der angefochtene Beschluss in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2016:E580.2016