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VfGH vom 12.03.2015, E58/2015

VfGH vom 12.03.2015, E58/2015

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags von Nachbarn auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die der beteiligten Partei erteilte Baubewilligung; keine Bedenken gegen die Regelung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Prinzip der faktischen Effektivität des Rechtsschutzes; vom Verwaltungsgerichtsverfahren abweichende Regelung auch erforderlich angesichts des Regelungszwecks und der Besonderheiten des Baubewilligungsverfahrens

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde Bad Schallerbach der beteiligten Partei die Bewilligung für einen Zu- und Umbau auf dem Nachbargrundstück der Beschwerdeführer. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wies der Gemeinderat der Marktgemeinde Bad Schallerbach mit Bescheid vom ab.

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und stellten unter einem den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

3. Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der Marktgemeinde Bad Schallerbach den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 56 Abs 2 Oberösterreichische Bauordnung 1994, LGBl 66, idF LGBl 90/2013, (im Folgenden: OÖ BauO 1994) ab. Die bloße Ausübung der mit einer Baubewilligung eingeräumten Berechtigung bedeute für sich allein keinen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer könne nicht entnommen werden, dass mit der Inanspruchnahme der erteilten Baubewilligung für den verfahrensgegenständlichen Bau durch den beteiligten Bauwerber für die Beschwerdeführer während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein derart unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre, dass die nach der zitierten Bestimmung geforderte Interessenabwägung zu ihren Gunsten spräche. Im Falle des Obsiegens eines beschwerdeführenden Nachbarn habe der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls gegebenen Konsenslosigkeit eines zwischenzeitig ausgeführten Baus zu tragen. Die von den Beschwerdeführern im Laufe der Jahre getätigten Investitionen stünden in keinem Zusammenhang mit dem Bauverfahren und begründeten keinen unverhältnismäßigen Nachteil, der die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ermögliche.

4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde, welche das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem nunmehr beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abwies. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus:

"Nach der im gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Bestimmung des § 56 Abs 1 Oö. BauO 1994, idF LGBl Nr 90/2013, haben Beschwerden in den Angelegenheiten dieses Landesgesetzes gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG keine aufschiebende Wirkung, wenn durch den angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird. Nach Abs 2 leg. cit. hat die Behörde jedoch auf Antrag der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mit ihrem Vorbringen übersehen die Beschwerdeführer die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Bestimmung des § 30 Abs 2 VwGG, auf die die belangte Behörde zu Recht Bezug genommen hat. Demnach kann die bloße Ausübung der mit einer Bewilligung eingeräumten Berechtigung während des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich für sich allein nicht als unverhältnismäßiger Nachteil angesehen werden (vgl. , mwN). Während die massiven Interessen des Bauwerbers an der Umsetzung der Baubewilligung auf der Hand liegen (vgl. ), haben die Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt, dass die geplante Bauführung irreversible Veränderungen mit sich bringen würde (vgl. dazu etwa ). Im Falle des Obsiegens der Beschwerdeführer hat allein der Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit eines inzwischen ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen. Die Behörde wäre von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung eines konsenslos errichteten Baues zu sorgen; Nachteile für die Beschwerdeführer sind in diesem Zusammenhang nicht erkennbar. Die Befürchtungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Liquidität des Bauwerbers vermögen daran nichts zu ändern. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb der durch die Ausübung der Berechtigung zu erwartende Nachteil - im Sinne der nach § 56 Abs 2 Oö. BauO 1994 durchzuführenden Interessenabwägung - für die beschwerdeführenden Nachbarn unverhältnismäßig sein soll (vgl. ).

Soweit die Beschwerdeführer eine unzumutbare und gesundheitsschädigende Lärmbelastung während der Bauausführung ins Treffen führen, ist dieses Vorbringen schon deshalb nicht zielführend, weil sie damit kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im baurechtlichen Bereich geltend machen (vgl. unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , 92/05/0308).

Bemerkt wird, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im gegenständlichen Provisorialverfahren (betreffend den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Baubewilligungsbescheides nicht zu prüfen hat, weshalb auf das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer (Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung) nicht weiter einzugehen war (vgl. etwa ; , AW 2006/05/0070; , AW 2009/05/0007, jeweils zur vergleichbaren Bestimmung des § 30 Abs 2 VwGG).

Das Beschwerdevorbringen bietet jedenfalls keinen Anlass, von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abzugehen.

[...] Zu den verfassungsrechtlichen Überlegungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Bestimmung des § 56 Oö. BauO 1994 wird noch Folgendes bemerkt:

Art136 Abs 2 B VG ermöglicht es dem jeweiligen Materiengesetzgeber, vom VwGVG abweichende Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte zu treffen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Auf dieser Grundlage wurden in einigen Rechtsvorschriften Sonderregelungen getroffen, wonach Bescheidbeschwerden keine aufschiebende Wirkung zukommt oder eine solche nach anderen Kriterien als den in § 13 VwGVG genannten ausgeschlossen (oder zuerkannt) werden kann (vgl. Lehofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ2014/2, 6 und die dort zitierten Beispiele).

Vor dem Hintergrund dieser Verfassungsbestimmung hielt es der Oö. Landesgesetzgeber für erforderlich, in einem eingeschränkten und näher konkretisierten Teilbereich des Baurechts (konkret dann, wenn mit dem angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird) die ansonsten einer Bescheidbeschwerde gemäß § 13 Abs 1 VwGVG zukommende aufschiebende Wirkung zunächst auszuschließen. Die aufschiebende Wirkung kann jedoch von der Behörde auf Antrag zuerkannt werden.

Der Landesgesetzgeber führt zur Erforderlichkeit der diesbezüglichen Bestimmung des § 56 Abs 1 und 2 Oö. BauO 1994 u.a. aus, es sei im Lichte des Rechtsstaatsprinzips und unter dem Gesichtspunkt der faktischen Effizienz einer an das Landesverwaltungsgericht erhobenen Beschwerde auf Seiten der Nebenpartei [Anm.: gemeint ein Nachbar] zu berücksichtigen, dass in der Regel nicht sie selbst, sondern vielmehr die Hauptpartei [Anm.: gemeint ein Bauwerber] die (finanziellen) Nachteile für den Fall zu tragen habe, dass das Landesverwaltungsgericht den Baubewilligungsbescheid als rechtswidrig erkennen sollte. In diesem Zusammenhang verweist der Landesgesetzgeber auf die dazu bestehende - bereits erwähnte - langjährige Rechtsprechung des VwGH zur vergleichbaren Bestimmung des § 30 VwGG. Die Auswirkungen eines potentiell rechtswidrigen Baubewilligungsbescheids beträfen daher regelmäßig nur die Rechtssphäre der Hauptpartei. Auf Seiten der Hauptpartei sei jedoch zu beachten, dass es ihr überlassen sei, die Baubewilligung in Anspruch zu nehmen oder dies eben nicht zu tun. Daher sei es allein an ihr gelegen, allfällige finanzielle Nachteile durch die Errichtung einer letztlich nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlage dadurch hintanzuhalten, dass sie von der erteilten Baubewilligung (zumindest während des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht) keinen Gebrauch mache (vgl. ErläutRV Blg. Oö. LT 942/2013 XXVII. GP zu § 56 Oö. BauO 1994).

Da der Landesgesetzgeber die aufschiebende Wirkung nur für einen Teilbereich des Baurechts ausgeschlossen und selbst in diesem Bereich die aufschiebende Wirkung nicht schlechthin aberkannt hat, sondern die Behörde eine solche auf Antrag der beschwerdeführenden Partei zuerkennen kann, hegt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 56 Oö. BauO 1994."

5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung des als verfassungswidrig angesehenen § 56 OÖ BauO 1994 geltend gemacht wird. Dabei wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

5.1. Entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich und den Erläuternden Bemerkungen zu § 56 OÖ BauO 1994 gebe es im Baubewilligungsverfahren keine Haupt- und Nebenparteien, sondern gleichberechtigte Parteien, die jeweils ihre Rechtsansprüche durchsetzen könnten. § 56 OÖ BauO 1994 führe in Bezug auf die Parteienrechte zu einer Schlechterstellung der Nachbarn gegenüber dem Bauwerber, welcher von einer Baubewilligung Gebrauch nehmen dürfe, obwohl im Verfahren noch keine unabhängige und unparteiische Instanz, nämlich das Landesverwaltungsgericht, entschieden habe.

5.2. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Berufungen gegen Bescheide betreffend die Verfügung einer Baueinstellung (VfSlg 17.346/2004) sei auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar, weil es eine völlig andere Interessenlage betreffe. Danach sei eine vom AVG abweichende Regelung für den vom Gesetzgeber zulässigerweise verfolgten Zweck einer effektiven Baueinstellung unerlässlich. Bei § 56 OÖ BauO 1994 gehe es nur darum, dass der Bauwerber etwas früher zu bauen beginnen könne, wenn die Baubewilligung erteilt worden sei.

5.3. Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 30 Abs 2 VwGG könne nicht zur Rechtfertigung des § 56 OÖ BauO 1994 herangezogen werden, weil die Revision an den Verwaltungsgerichtshof kein ordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde, sondern ein außerordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts sei.

5.4. Die in § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 vorgesehene Möglichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ändere nichts an der Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994. Wie das gegenständliche Verfahren zeige, könne der beschwerdeführende Nachbar nicht nachweisen, dass die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für ihn mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden wäre, weil – wie das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ausführten – der Baubewilligungswerber das allenfalls konsenslos werdende Objekt ohnedies auf seine Kosten entfernen müsse, wenn die Baubewilligung in weiterer Folge wegfalle.

5.5. § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 verstoße gegen Art 11 Abs 2 B VG bzw. Art 136 Abs 2 B VG. Da öffentliche Interessen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht rechtfertigten bzw. öffentliche Interessen daran gar nicht bestünden und der Bauwerber dadurch im Vergleich zu den anderen Verfahrensparteien in unsachlicher Weise besser gestellt werde, sei diese Reglung keinesfalls "erforderlich".

5.6. § 56 OÖ BauO 1994 verstoße auch gegen Art 13 EMRK, aus dem sich das Recht der Beschwerdeführer auf ein effektives Rechtsmittel gegen einen den Bauwerber begünstigenden Baubewilligungsbescheid ableiten lasse, und gegen das Fairnessgebot und das Recht auf effektiven Zugang zu einem Gericht gemäß Art 6 EMRK. Die beteiligte Partei nehme schon seit Zustellung des Bescheids des Gemeinderats am von der Baubewilligung Gebrauch und baue seither bereits den von ihr geplanten Hotelzubau. Die Beschwerdeführer könnten zwar Beschwerde gegen den Bewilligungsbescheid des Gemeinderats erheben, diese sei aber – weil ihr keine aufschiebende Wirkung zukomme – nicht effektiv.

Das Recht auf effektiven Zugang zu einem Gericht ergebe sich auch aus Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 B VG, wobei die Effektivität nur dann gewährleistet sei, wenn dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zukomme. Die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Hinblick auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheids bedeute nach Auffassung der Beschwerdeführer zwingend, dass vom zu prüfenden Bescheid noch nicht Gebrauch gemacht werden dürfe. Eine Ausnahme sei nur statthaft, wenn – wie in der dem Erkenntnis VfSlg 17.346/2004 zugrunde liegenden Konstellation – öffentliche (und nicht private) Interessen den sofortigen Vollzug eines Bescheids unumgänglich machten.

5.7. § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 verstoße außerdem gegen das Legalitätsprinzip gemäß Art 18 B VG, weil sich aus dem Gesetz nicht ergebe, ob "[d]ie Behörde" der Bürgermeister oder der Gemeinderat sei.

5.8. Wenn der Verfassungsgerichtshof zum Ergebnis komme, § 56 OÖ BauO 1994 sei verfassungskonform, habe das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dieser Bestimmung einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 sei so auszulegen, dass bei einer Interessenabwägung die Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung fänden. Im vorliegenden Fall wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Nachbarn über Monate unzumutbaren und gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen ausgesetzt wären. Weiters dürfe nicht übersehen werden, dass der betreffende Bauwerber im Falle eines Abbruchauftrags in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten komme und diese Situation auch für die Gemeinde, die baupolizeiliche Aufträge erteilen müsse, unangenehm sei.

6. Innerhalb der Beschwerdefrist ergänzten die Beschwerdeführer ihre Beschwerde um weitere Ausführungen, in denen sie im Wesentlichen auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G74/2014 sowie G148/2014, hinwiesen und vorbrachten, dass § 56 OÖ BauO 1994 im Gegensatz zu den diesen Fällen zugrunde liegenden Bestimmungen keine öffentlichen Interessen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für sich zu reklamieren vermöge.

7. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die das Verfahren über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsakten vor und verwies auf die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses.

8. Die Oberösterreichische Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zu den in der Beschwerde angeführten Bedenken gegen § 56 OÖ BauO 1994 ausführt:

"1. Zu den Bedenken in rechtsstaatlicher Hinsicht:

Soweit die Beschwerdeführer (ua.) einen Verstoß gegen das Rechtstaatsprinzip sowie eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 EMRK und des Rechts auf ein effektives Rechtsmittel nach Art 13 EMRK behaupten, ist diesem Vorbringen entgegen zu halten, dass der von ihnen kritisierte § 56 Oö. BauO im Wesentlichen der vor dem geltenden Rechtslage im Vorstellungsverfahren vor der Gemeindeaufsichtsbehörde entspricht - auch der Vorstellung kam keine aufschiebende Wirkung zu; sie konnte aber auf Antrag zuerkannt werden. In den Gesetzesmaterialien zur Oö. BauO-Novelle 1998, LGBl Nr 70/1998, wird dies damit begründet, dass eine sachliche Notwendigkeit dafür, dass Nachbarvorstellungen gegen Baubewilligungsbescheide generell schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung haben müssten, nicht gesehen werden könne, umso weniger, als eine gewisse Tendenz zur extensiven (um nicht zu sagen exzessiven) Wahrnehmung von Nachbarrechten nicht geleugnet werden könne (vgl. dazu Neuhofer , Oberösterreichisches Baurecht 1 7 [2014] 450f, zu § 56 Oö. BauO 1994, mwN). Diese Regelung der aufschiebenden Wirkung im Vorstellungsverfahren wurde bis zum Entfall der Vorstellung in Folge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 mit Ablauf des Jahres 2013 nie beanstandet. Außerdem übersehen die Beschwerdeführer, dass § 56 Oö. BauO dem § 85 VfGG sowie dem § 30 VwGG nachgebildet wurde; ja selbst dem VwGVG ist eine solche Regelung der aufschiebenden Wirkung nicht fremd (vgl. § 13 Abs 3 VwGVG). Schon deshalb ist nicht ersichtlich, warum gerade § 56 Oö. BauO der faktischen Effizienz des verwaltungsgerichtlichen Rechtschutzes in irgendeiner Weise zuwiderlaufen sollte.

Dazu kommt, dass der oö. Landesgesetzgeber mit § 56 Oö. BauO die aufschiebende Wirkung nicht kategorisch ausgeschlossen hat, sondern einer Beschwerde gegen einen Baubewilligungsbescheid nach § 56 Abs 1 Oö. BauO kommt nur grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zu; im Einzelfall kann auf Antrag einer solchen Beschwerde gemäß § 56 Abs 2 Oö. BauO nach Abwägung aller berührten Interessen sehr wohl aufschiebende Wirkung zuerkannt werden. Daher sind - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - auch die jüngst ergangenen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs jeweils vom , G74/2014 und G148/2014, nicht einschlägig.

2. Zu den gleichheitsrechtlichen Bedenken:

Ziel des § 56 Oö. BauO ist es, dem Bauwerber nach der Erteilung einer Baubewilligung durch die Gemeindebaubehörde zweiter Instanz die Ausübung dieser Berechtigung zu ermöglichen, auch wenn der betreffende Baubewilligungsbescheid – von ihm selbst oder einem Nachbarn – mit Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht angefochten wurde.

Sollte nicht ein Nachbar, sondern der Bauwerber selbst den Bescheid bekämpfen, mit dem ihm eine Baubewilligung erteilt wurde, bewirkt § 56 Oö. BauO, dass er trotz der von ihm erhobenen Bescheidbeschwerde bereits mit der Bauausführung beginnen kann. Damit kommt der Bauwerber nicht in die – aus rechtstaatlicher Sicht unbefriedigende – Situation, sich zwischen der Erhebung eines Rechtsmittels und der sofortigen Bauausführung entscheiden zu müssen. Andernfalls wäre der Bauwerber gezwungen, etwa eine rechtswidrige Auflage förmlich 'zähneknirschend' zu akzeptieren, um selbst nicht den raschen Baubeginn durch die Erhebung einer Bescheidbeschwerde zu gefährden.

Ist der Beschwerdeführer hingegen ein Nachbar, schützt § 56 Oö. BauO den Bauwerber vor den Rechtsnachteilen einer unbegründeten Bescheidbeschwerde eines Antragsgegners, wobei mit Blick auf die Verwaltungspraxis nicht übersehen werden darf, dass Nachbarn ihre Rechtsmittelbefugnis manchmal sogar in Schädigungsabsicht und daher rechtsmissbräuchlich ausüben (zu diesem Phänomen vgl. Ennöckl/Raschauer , Rechtsmissbrauch im öffentlichen Umweltrecht, ÖJZ2007/39, 443 ff, auch wenn die von den Autoren vorgeschlagene Lösung in der Verwaltungspraxis wohl nicht praktikabel sein dürfte).

Wenn also die Beschwerdeführer im Lichte des Gleichheitssatzes und unter dem Aspekt der Waffengleichheit behaupten, dass § 56 Oö. BauO eine unsachliche 'Schlechterstellung der Parteirechte der Nachbarn gegenüber jenen des Baubewilligungswerbers' bedeute, kann diesem Beschwerdeargument nicht gefolgt werden. Zwar ist den Beschwerdeführern beizupflichten, wenn sie meinen, es gebe 'nur gleichberechtigte Parteien'; allerdings unterscheiden sich die Rechtspositionen der einzelnen Parteien und die von ihnen verfolgten rechtlichen Interessen in einem Baubewilligungsverfahren doch ganz wesentlich:

Bereits in den Gesetzesmaterialien wurde dargelegt, dass auf Seiten der Nebenpartei zu berücksichtigen sei, dass in der Regel nicht sie selbst, sondern vielmehr die Hauptpartei die (finanziellen) Nachteile für den Fall zu tragen habe, dass das Landesverwaltungsgericht den Baubewilligungsbescheid als rechtswidrig erkennen sollte. Die Auswirkungen eines potentiell rechtswidrigen Baubewilligungsbescheids würden daher (regelmäßig) nur die Rechtssphäre der Hauptpartei betreffen.

Dass diese abstrakte Analyse in den Gesetzesmaterialien auch im vorliegenden Beschwerdefall Gültigkeit hat, bestätigen – zumindest indirekt – auch die Beschwerdeführer selbst, wenn sie sich zur Untermauerung der Bedenken gegen § 56 Oö. BauO (auf Seite 12 der Beschwerde) bemüßigt fühlen, 'nicht nur unsere Interessenslage als Nachbarn darzustellen, sondern auch jene des Baubewilligungswerbers selbst und auch der Standortgemeinde'. Das sonstige, weitwendige und gegen das Bauvorhaben an sich gerichtete Beschwerdevorbringen (wonach etwa ein 'massiver Wertverlust' oder der 'Verlust unserer Privatsphäre' drohe) verfängt mit Blick auf § 56 Oö. BauO nur in einem einzigen Punkt: Die Beschwerdeführer führen 'eine unzumutbare und gesundheitsschädigende Lärmbelästigung während der Bauausführung' ins Treffen. Doch selbst mit dieser Konsequenz, die unstrittig aus der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 56 Oö. BauO resultiert, treffen sie kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht iSd. § 31 Oö. BauO (vgl. dazu Neuhofer , Oberösterreichisches Baurecht 17 [2014] 271, zu § 31 Oö. BauO 1994, mwN).

Sollte es aber in einem konkreten Einzelfall tatsächlich, dh. durch die Bauausführung während der Dauer des Beschwerdeverfahrens, zu einem qualifizierten Eingriff in die Rechtsposition des Nachbarn kommen (was zwar nicht wahrscheinlich, aber dennoch nicht denkunmöglich ist), kann der 'Nachbarbeschwerde' gemäß § 56 Abs 2 Oö. BauO die aufschiebende Wirkung auf Antrag zuerkannt werden, (ua.) wenn 'mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre'.

Der oö. Landesgesetzgeber ist von verfassungswegen dazu angehalten, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Genau dieser Anforderung entspricht – aus dem Gesagten – § 56 Oö. BauO.

3. Zu den Bedenken gegen die 'Erforderlichkeit' iSd. Art 136 Abs 2 B VG:

Zur Frage der 'Erforderlichkeit' iSd. Art 136 Abs 2 B VG ist zunächst auf die in Punkt I. wiedergegebenen Gesetzesmaterialien sowie auf die Ausführungen zu Punkt II. 2. zu verweisen.

Unbestritten ist, dass § 56 Oö. BauO eine von § 13 Abs 1 und 2 VwGVG abweichende verfahrensrechtliche Regelung enthält. § 13 Abs 1 und 2 VwGVG lautet wie folgt: [...]

Die Erhebung einer Bescheidbeschwerde gegen einen Baubewilligungsbescheid durch den Bauwerber selbst, ist nur dann denkbar, wenn die ihm erteilte Baubewilligung durch belastende Nebenbestimmungen (etwa durch eine Auflage oder eine Befristung) eingeschränkt wird. Der Bauwerber wäre durch § 13 Abs 1 VwGVG in diesem Fall unter Zugzwang: Würde er die ihn belastende Nebenbestimmung und damit den gesamten Baubewilligungsbescheid bekämpfen, käme seiner eigenen Bescheidbeschwerde kraft § 13 Abs 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu und der Bauwerber könnte während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit der Bauausführung beginnen. Daher befreit § 56 Oö. BauO den Bauwerber aus dieser misslichen Zwangslage: Er muss sich nämlich nicht (mehr) zwischen der Erhebung eines Rechtsmittels und der sofortigen Bauausführung entscheiden; er ist damit nicht gezwungen, eine womöglich rechtswidrige Nebenbestimmung in Kauf zu nehmen, um einen zeitnahen Baubeginn nur ja nicht zu gefährden.

Sollte der Beschwerdeführer hingegen ein Antragsgegner sein, schützt § 56 Oö. BauO den Bauwerber vor Rechtsnachteilen, die er durch letztlich unbegründete, manchmal sogar rechtsmissbräuchlich erhobene Bescheidbeschwerden erleidet. Nach den Gesetzesmaterialien habe es 'eine Nebenpartei mit der Erhebung einer Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG in der Hand, die Ausübung der Baubewilligung durch die Hauptpartei (weiter) zu verhindern – dies, obwohl dem Bauansuchen (in der Regel) bereits durch zwei Verwaltungsinstanzen hindurch stattgegeben wurde'.

Dies deshalb, weil die Behörde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG nur dann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen kann, wenn 'nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist'.

Die Gesetzesmaterialien bringen es auf den Punkt, wenn darin ausgeführt wird, dass 'die erwähnte Gesetzesbestimmung des § 13 Abs 2 VwGVG für den Bereich des Baurechts jedenfalls zu eng gefasst ist. Schließlich ist der Fall, dass die Ausübung einer Baubewilligung 'wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist', zwar theoretisch denkbar, in der Verwaltungspraxis kommt er jedoch nicht vor. Wesentlich ist dabei der Umstand, dass diese Rechtsfolge (wegen des zu enggefassten Tatbestands 'wegen Gefahr im Verzug dringend geboten') quasi 'automatisch' und unabhängig davon eintritt, ob die Ausübung der Berechtigung für die beschwerdeführende Partei tatsächlich einen Rechtsnachteil zur Folge hat'.

Die abweichende Verfahrensregelung des § 56 Oö. BauO ist deshalb im Sinn des Art 136 Abs 2 B VG 'erforderlich' und auch 'unerlässlich' im Sinn der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl. zB VfSlg 17.346/2004), weil der Tatbestand des § 13 Abs 2 VwGVG für das Baubewilligungsverfahren jedenfalls zu eng gefasst ist: Die Anwendung des § 13 Abs 1 und 2 VwGVG hätte nämlich zur Folge, dass jeder Bescheidbeschwerde gegen einen Baubewilligungsbescheid - ohne Bedachtnahme auf den konkreten Einzelfall und ausnahmslos - stets aufschiebende Wirkung zukommen würde, eben weil die Ausübung einer Baubewilligung 'wegen Gefahr im Verzug' wohl im Regelfall nicht 'dringend geboten' sein kann.

Im Übrigen wird angemerkt, dass auch das Steiermärkische Baugesetz, LGBl Nr 59/1995 in der Fassung LGBl Nr 87/2013, mit § 29 Abs 10 eine vergleichbare Regelung enthält, wonach bauliche Anlagen oder Teile derselben schon vor Rechtskraft der Bewilligung errichtet werden dürfen, wenn nur der Antragsteller dagegen ein Rechtsmittel ergriffen hat und die Auflagen der Bewilligung eingehalten werden.

Selbst der Bundesgesetzgeber hat in zahlreichen Materiengesetzen in das vom VwGVG vorgezeichnete System der aufschiebenden Wirkung eingegriffen (vgl. dazu Lehofer , Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ2014, 6 f)."

II. Rechtslage

1. § 56 Oberösterreichische Bauordnung 1994 – OÖ BauO 1994, LGBl 66/1994, idF des OÖ Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes, LGBl 90/2013, welcher am kundgemacht wurde und am in Kraft trat, lautet:

"§56

Aufschiebende Wirkung

(1) In den Angelegenheiten dieses Landesgesetzes haben Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG keine aufschiebende Wirkung, wenn durch den angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird.

(2) Die Behörde hat jedoch auf Antrag der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(3) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs 2 hat keine aufschiebende Wirkung."

2. Zu § 56 OÖ BauO 1994 idF des OÖ Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 942/2013 BlgLT XXVII. GP) Folgendes aus:

"Nach § 56 kommt Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG, die 'in den Angelegenheiten dieses Landesgesetzes' an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden, grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zu, sofern 'durch den angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird'. Damit enthält § 56 eine von § 13 Abs 1 und 2 VwGVG abweichende verfahrensrechtliche Regelung. § 13 Abs 1 und 2 leg.cit. normiert nämlich, dass einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG (grundsätzlich) aufschiebende Wirkung zukommt; die Behörde kann die aufschiebende Wirkung nach Abs 2 (ua.) nur dann mit Bescheid ausschließen, wenn 'die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.'

Die Anordnung des § 56 ist deshalb im Sinn des Art 136 Abs 2 B VG 'erforderlich', weil die erwähnte Gesetzesbestimmung des § 13 Abs 2 VwGVG für den Bereich des Baurechts jedenfalls zu eng gefasst ist (etwa zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung bei Baueinstellungsaufträgen vgl. VfSlg 17.346/2004). Schließlich ist der Fall, dass die Ausübung einer Baubewilligung 'wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist', zwar theoretisch denkbar, in der Verwaltungspraxis kommt er jedoch nicht vor.

Das führt dazu, dass es eine Nebenpartei mit der Erhebung einer Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG in der Hand hat, die Ausübung der Baubewilligung durch die Hauptpartei (weiter) zu verhindern – dies, obwohl dem Bauansuchen (in der Regel) bereits durch zwei Verwaltungsinstanzen hindurch stattgegeben wurde. Wesentlich ist dabei der Umstand, dass diese Rechtsfolge (wegen des zu eng gefassten Tatbestands 'wegen Gefahr im Verzug dringend Geboten') quasi 'automatisch' und unabhängig davon eintritt, ob die Ausübung der Berechtigung für die beschwerdeführende Partei tatsächlich einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Im Lichte des Rechtsstaatsprinzips und unter dem Gesichtspunkt der faktischen Effizienz einer an das Landesverwaltungsgericht erhobenen Beschwerde nach Art 130 Abs 1 Z 1 B VG ist auf Seiten der Nebenpartei zu berücksichtigen, dass in der Regel nicht sie selbst, sondern vielmehr die Hauptpartei die (finanziellen) Nachteile für den Fall zu tragen hat, dass das Landesverwaltungsgericht den Baubewilligungsbescheid als rechtswidrig erkennen sollte (zur langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 30 VwGG vgl. Dolp , Die Verwaltungsgerichtsbarkeit 3 [1987] 262 ff sowie zB , uva.). Die Auswirkungen eines potentiell rechtswidrigen Baubewilligungsbescheids betreffen daher (regelmäßig) nur die Rechtssphäre der Hauptpartei. Auf Seiten der Hauptpartei ist jedoch zu beachten, dass es ihr überlassen ist, die Baubewilligung in Anspruch zu nehmen oder dies eben nicht zu tun. Daher ist es allein an ihr gelegen, allfällige finanzielle Nachteile durch die Errichtung einer letztlich nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlage dadurch hintanzuhalten, dass sie von der erteilten Baubewilligung (zumindest während des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgerichts) keinen Gebrauch macht.

Dazu kommt, dass die aufschiebende Wirkung mit § 56 ja nicht schlechthin ausgeschlossen wird, sondern die Behörde ist nach § 56 Abs 2 auf Antrag der beschwerdeführenden Partei befugt, die aufschiebende Wirkung (bei Vorliegen näher bezeichneter Voraussetzungen) mit Bescheid zuzuerkennen.

Im Zusammenhang mit dem Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung ist auf § 6b Z 2 Oö. Landesverwaltungsgerichts-Vorbereitungsgesetz hinzuweisen (vgl. Art 7), dem zufolge ein (im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergehender) Bescheid dann – jedenfalls nach dem Begriffsverständnis der oö. Landesrechtsordnung – als 'rechtskräftig' anzusehen ist, wenn der betreffende Bescheid einer Berufung nicht oder nicht mehr unterliegt. Sofern also im Bereich der Oö. Bauordnung 1994 der Eintritt bestimmter Rechtsfolgen an den Begriff der 'Rechtskraft' anknüpft, bedeutet das, dass die Berufungsfrist entweder ungenützt verstrichen ist oder dass die Gemeindebehörde zweiter Instanz in der Sache selbst entschieden hat."

3. § 39 Abs 1 OÖ BauO 1994, LGBl 66/1994, idF LGBl 96/2006, lautet:

"§39

Beginn der Bauausführung, Planabweichungen

(1) Mit der Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens darf erst nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden. Als Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung gilt der Tag, an dem mit Erd- oder Bauarbeiten zur Verwirklichung des Bauvorhabens begonnen wird."

4. § 6b Landesverwaltungsgerichts-Vorbereitungsgesetz, LGBl 10/2013, idF LGBl 90/2013, lautet:

"§6b

Rechtskraft-Begriff

Soweit in einem Landesgesetz der Begriff der Rechtskraft verwendet wird, bedeutet das,

1. dass der betreffende Bescheid einer Beschwerde nach Art 130 Abs 1 Z 1 B VG nicht oder nicht mehr unterliegt,

2. und ansonsten, wenn es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde handelt, dass der betreffende Bescheid einer Berufung nicht oder nicht mehr unterliegt."

5. Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (VerwaltungsgerichtsverfahrensgesetzVwGVG), BGBl I 33/2013, idF BGBl I 122/2013, lauten wie folgt:

"Aufschiebende Wirkung

§13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 4 und Abs 2 Z 1 B VG haben keine aufschiebende Wirkung. Die Behörde hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Bescheid zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der sofortigen Verbindlichkeit der Weisung oder mit dem Andauern des Verhaltens der Behörde für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

(4) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs 2 und 3 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(5) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs 2 oder 3 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

Beschwerdevorentscheidung

§14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 4 B VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§9 Abs 1 Z 3), und ein Begehren (§9 Abs 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

[…]

Aufschiebende Wirkung

§22. (1) […]

(2) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann Bescheide gemäß § 13 und Beschlüsse gemäß Abs 1 und 2 auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

[…]

Inkrafttreten

§58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit in Kraft.

(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.

(3) § 3 samt Überschrift, § 13 Abs 4 und § 15 Abs 2 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 treten mit in Kraft. Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich zugrunde liegenden § 56 OÖ BauO 1994.

1.1. Der Verfassungsgerichtshof leitet in ständiger Judikatur aus dem rechtsstaatlichen Prinzip die Forderung nach einem solchen System von Rechtsschutzeinrichtungen ab, das gewährleistet, dass rechtswidrige Akte staatlicher Organe beseitigt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach das Prinzip der faktischen Effektivität des Rechtsschutzes betont (vgl. VfSlg 17.340/2004 mwN).

Unter diesem Gesichtspunkt sind beim Verfassungsgerichtshof gegen § 56 OÖ BauO 1994 vor dem Hintergrund der früheren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art 11 Abs 2 B VG keine Bedenken entstanden:

1.1.1. Im Erkenntnis VfSlg 16.460/2002 setzte sich der Verfassungsgerichtshof mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines generellen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung eines Nachbarn im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren auseinander.

Der Verfassungsgerichtshof führte im zitierten Erkenntnis VfSlg 16.460/2002 aus, dass bei der Regelung der vorläufigen Wirkung zulässiger Rechtsmittel bis zur Entscheidung darüber vom Gesetzgeber neben der Stellung des Rechtsmittelwerbers auch Zweck und Inhalt der Regelung, ferner die Interessen Dritter sowie schließlich das öffentliche Interesse zu berücksichtigen sind. Der Gesetzgeber hat dabei einen Ausgleich zu schaffen, wobei aber dem Grundsatz der faktischen Effizienz eines Rechtsbehelfs der Vorrang zukommt und dessen Einschränkung nur aus sachlich gebotenen, triftigen Gründen zulässig ist. Der Verfassungsgerichtshof kam anschließend zum Schluss, dass die durch § 78 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 Nachbarberufungen schlechthin vorenthaltene Möglichkeit einer aufschiebenden Wirkung mit der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit eines rechtsstaatlich eingerichteten Rechtsmittelverfahrens nicht in Einklang zu bringen sei. Des Weiteren führte der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis aus:

"Zwar ist dem Gesetzgeber - sowohl vom Standpunkt eines rechtsstaatlichen Verfahrens als auch unter dem Aspekt des Art 11 Abs 2 B VG - nicht entgegenzutreten, wenn er den wirtschaftlichen Interessen des Genehmigungswerbers insoweit entgegenkommt, als er es abweichend vom Regime des § 64 Abs 1 AVG als unerläßlich betrachtet, dem Genehmigungswerber im Regelfall bereits während des Laufes eines gegen die Genehmigung gerichteten Rechtsmittelverfahrens die vorläufige Inanspruchnahme seiner Genehmigung zu gestatten.

Gleichwohl ist es mit dem Rechtsstaatsgebot unvereinbar, bei Berufungen die faktische Effizienz dieses Rechtsmittels für die Dauer des Berufungsverfahrens zu beseitigen und trotz einer nachweislichen Gefahrenlage ohne weitere Prüfung der diesbezüglichen Rechtsmittelbehauptung die sofortige Inanspruchnahme des aus der Genehmigung resultierenden Errichtungs- und Betriebsrechtes zu gestatten."

Der Verfassungsgerichtshof hob daher im Erkenntnis VfSlg 16.460/2002 jene Wortfolgen in § 78 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 auf, welche die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Nachbarberufung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren generell ausschlossen. Die seither diesbezüglich im Wesentlichen unverändert gebliebene Bestimmung (durch die Änderung der Gewerbeordnung 1994 mit der Novelle BGBl I 85/2013 wurde als Anpassung an die Verwaltungsgerichtbarkeit lediglich die Wortfolge "Bescheides über die Berufung" durch die Wortfolge "Erkenntnisses über die Beschwerde" und das Wort "Berufung" durch das Wort "Beschwerde" ersetzt) erlaubt dem Genehmigungswerber bereits ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Genehmigungsbescheids – vorläufig und auf die Dauer von drei Jahren befristet – die Errichtung und den Betrieb der Anlage bzw. von Teilen derselben bei Einhaltung der im Genehmigungsbescheid festgelegten Auflagen. "Die zur Entscheidung berufene Behörde" hat die Inanspruchnahme dieses Rechts gemäß § 78 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 auszuschließen, wenn der Begründung der Beschwerde zu entnehmen ist, dass "auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist".

1.1.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 normiert – in Abweichung zu § 13 Abs 1 VwGVG –, dass in den Angelegenheiten der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG keine aufschiebende Wirkung haben, wenn durch den angefochtenen Bescheid eine Berechtigung eingeräumt wird. Dieser Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gilt allerdings nicht generell und ausnahmslos. Die aufschiebende Wirkung ist auf Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 zuzuerkennen, "wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit der Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung für die beschwerdeführende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre".

Die Regelung des § 56 OÖ BauO 1994 bezieht sich nach dem klaren Wortlaut auf die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG gegen den zweitinstanzlichen Bescheid, mit dem eine Berechtigung erteilt wurde. Der Verfassungsgerichtshof teilt daher nicht die Bedenken des Beschwerdeführers in Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B VG. Unter der "Behörde", welche auf Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 mit Bescheid die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen hat, kann nur jene (zweitinstanzliche) Verwaltungsbehörde verstanden werden, deren Bescheid beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG bekämpfbar ist (vgl. auch § 36 VwGVG).

1.1.3. Anders als in jenen Fällen, in denen der Verfassungsgerichtshof die Verfassungskonformität von Bestimmungen zu beurteilen hatte, durch welche die Möglichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtmittels auf Antrag des Beschwerdeführers ausgeschlossen (VfSlg 16.460/2002, 17.340/2004; ) oder stark eingeschränkt wurde ( ua.), räumt § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 im Baubewilligungsverfahren der letztinstanzlichen Verwaltungsbehörde bzw. (ab Zuständigkeitsübergang) dem Verwaltungsgericht somit die Möglichkeit ein, der Beschwerde des Nachbarn gegen die erteilte Baubewilligung bei Vorliegen der Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Im Rahmen dieser Entscheidung hat die letztinstanzliche Verwaltungsbehörde bzw. das Verwaltungsgericht umfassend die öffentlichen Interessen sowie die Interessen des Bewilligungswerbers und alle geltend gemachten Interessen der Nachbarn abzuwägen. Ungeachtet der Tatsache, dass gegebenenfalls der Bauwerber die Kosten der Beseitigung des konsenslos gewordenen Bauwerks zu tragen hätte, hat die Behörde dabei umfassend alle diese Kriterien im Einzelfall zu berücksichtigen.

1.1.4. § 56 OÖ BauO 1994 steht somit nicht im Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Prinzip der Effektivität des Rechtsschutzes.

1.2. Die von § 13 VwGVG abweichende Regelung des § 56 OÖ BauO 1994 ist auch "erforderlich" im Sinne des Art 136 Abs 2 B VG:

1.2.1. Nach Art 136 Abs 2 dritter Satz B VG können durch Bundes- oder Landesgesetz Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstands erforderlich sind oder soweit das in Art 136 Abs 2 erster Satz B VG genannte Bundesgesetz, welches das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Verwaltungsgerichts des Bundes für Finanzen einheitlich regelt (das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), dazu ermächtigt. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis zu G83/2014 ua. vom ausgesprochen hat, kann § 58 Abs 2 und 3 VwGVG kein Regelungsgehalt dahin entnommen werden, dass durch diese Bestimmungen alle vor Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes kundgemachten verwaltungsgerichtsverfahrensrechtlichen Regelungen von vornherein vom Kodifikationsgebot des Art 136 Abs 2 B VG ausgenommen und insoweit von der Prüfung am Erforderlichkeitsmaßstab dieser Verfassungsbestimmung freigestellt sein sollen (vgl. auch ua.).

1.2.2. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 1618 BlgNR 24. GP, 18 f., heißt es:

"Nach dem vorgeschlagenen Art 136 Abs 1 ist die Zuständigkeit zur Regelung der Organisation der Verwaltungsgerichte zwischen Bund (Verwaltungsgerichte des Bundes und Verwaltungsgerichtshof) und Ländern (Verwaltungsgerichte der Länder) geteilt […].

Demgegenüber soll das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen) nach dem vorgeschlagenen Art 136 Abs 2 durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt werden können; in Anlehnung an Art 11 Abs 2 letzter Halbsatz B VG soll es jedoch möglich sein, abweichende Regelungen zu treffen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind."

Nach dem in diesem Zitat deutlich werdenden Willen des Verfassungsgesetzgebers und dem Wortlaut des Art 136 Abs 2 B VG entspricht das Kriterium, dass durch Bundes- oder Landesgesetz Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte getroffen werden können, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind, jenem des Art 11 Abs 2 letzter Halbsatz B VG (vgl. ua. und , G148/2014; Lienbacher , Agrarrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, in: FS Raschauer, 2013, 351 [362 f.]; Lukan , Die Abweichung von einheitlichen Verfahrensvorschriften im verwaltungsbehördlichen Verfahren und im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz, ZfV 2014, 12 [23]). Vom Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz abweichende Regelungen dürfen daher nur dann getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstands "unerlässlich" sind (vgl. zu Art 11 Abs 2 B VG die Rechtsprechung beginnend mit VfSlg 8945/1980). Die "Unerlässlichkeit" einer abweichenden Regelung in einem Materiengesetz kann sich dabei aus "besonderen Umständen" oder aus dem Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften ergeben (vgl. VfSlg 19.787/2013 mwN).

1.2.3. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind von den allgemeinen Bestimmungen der Verfahrensgesetze abweichende Regelungen nur dann zulässig, wenn sie nicht anderen Verfahrensbestimmungen, etwa dem Rechtsstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes widersprechen (vgl. VfSlg 15.218/1988, 17.340/2004); in dieser Hinsicht hat die durch Art 136 Abs 2 letzter Satz B VG geschaffene Rechtslage auch nichts geändert (vgl. ).

1.2.4. § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 normiert den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung abweichend von § 13 VwGVG als Regelfall; § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 räumt dem Verwaltungsgericht aber die Möglichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach Abwägung aller berührter Interessen ein.

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 56 OÖ BauO 1994 ist zu entnehmen, dass § 13 Abs 2 VwGVG nach der dort vertretenen Auffassung "jedenfalls zu eng gefasst" sei; schließlich sei der Fall, dass die Ausübung einer Baubewilligung wegen Gefahr in Verzug dringend geboten sei, zwar theoretisch denkbar, komme in der Verwaltungspraxis aber nicht vor. Die "Nebenpartei" (gemeint: die beteiligte Partei) habe es damit in der Hand, die Inanspruchnahme der erteilten Baubewilligung durch die "Hauptpartei" (gemeint: durch den Bauwerber) zu verhindern, obwohl dem Bauansuchen bereits durch die Verwaltungsbehörden stattgegeben worden sei. § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 dient den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zufolge unter anderem auch dazu, Beschwerden an das Verwaltungsgericht hintanzuhalten, die bloß zur (weiteren) Verzögerung der Bauausführung erhoben werden.

1.2.5. Die Ausführungen im Erkenntnis VfSlg 16.460/2002 sind in Hinblick auf die "Erforderlichkeit" der in § 56 OÖ BauO 1994 normierten Abweichung von den Verfahrensbestimmungen übertragbar:

Auch § 56 OÖ BauO 1994 gilt für Verfahren betreffend Vorhaben mit mehreren Parteien, bei denen einer Partei eine Bewilligung erteilt wird, gegen die andere Parteien wegen Verletzung in ihren subjektiven Rechten ordentliche Rechtsmittel erheben können. Der Verfassungsgerichtshof kann dem Gesetzgeber unter dem Blickwinkel des Art 136 Abs 2 B VG nicht entgegentreten, wenn er in § 56 OÖ BauO 1994 eine dem (im Erkenntnis VfSlg 16.460/2002 behandelten) § 78 GewO 1994 vergleichbare Regelung getroffen hat.

Anders als in den meisten in der Rechtsprechung unter dem Aspekt des – mit Art 136 Abs 2 B VG vergleichbaren – Art 11 Abs 2 B VG behandelten verfahrensrechtlichen Regelungen betrifft § 56 OÖ BauO 1994 Verfahren, in denen sich mehrere Parteien mit unterschiedlichen subjektiven Rechten und mit unterschiedlichen Interessen gegenüber stehen. Wenn der Landesgesetzgeber nun festlegt, dass einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß § 56 Abs 1 OÖ BauO 1994 keine aufschiebende Wirkung zukommt, dabei aber auch in § 56 Abs 2 OÖ BauO 1994 auf Antrag einer Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde auf der Grundlage einer umfassenden, auf sachlichen Kriterien beruhenden Abwägung der öffentlichen Interessen sowie der Interessen des Bauwerbers und der anderen Parteien ermöglicht, erachtet der Verfassungsgerichtshof eine solche Regelung in Hinblick auf Art 136 Abs 2 B VG als unbedenklich.

Angesichts des dargestellten Regelungszwecks und der Besonderheiten des Baubewilligungsverfahrens widerspricht somit die von § 13 VwGVG abweichende Regelung des § 56 OÖ BauO 1994 nicht Art 136 Abs 2 B VG.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt auch nicht die von den Beschwerdeführern vorgebrachten gleichheitsrechtlichen Bedenken gegen § 56 OÖ BauO 1994. Eine Gleichbehandlung der Parteien bei der Regelung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren mit mehreren Parteien mit unterschiedlichen Interessen ist insofern unmöglich, als einer Beschwerde als Regelfall entweder aufschiebende Wirkung zukommen kann oder nicht. § 56 OÖ BauO 1994, der zunächst in Abs 1 vorsieht, dass einer Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B VG gegen einen eine Berechtigung einräumenden Bescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt, in Abs 2 aber die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ermöglicht, trifft eine aus den dargestellten Gründen sachliche Regelung.

2. Die Beschwerdeführer wurden durch das angefochtene Erkenntnis auch nicht in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Die Beschwerdeführer bringen diesbezüglich im Wesentlichen vor, das Landesverwaltungsgericht hätte die bei der Bauausführung entstehenden, für die Nachbarn "unzumutbaren und gesundheitsschädigenden" Lärmimmissionen nicht ausreichend berücksichtigt. Weiters sei es auf Grund des hohen finanziellen Aufwands für den Bauwerber für die Gemeinde nach Beginn der Bauausführung "unangenehm", allenfalls einen Abbruchauftrag zu erteilen.

2.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften könnten die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht diese Rechtsvorschriften denkunmöglich angewendet oder Willkür geübt hätte (vgl. VfSlg 8835/1980, 10.942/1986, 11.900/1988).

2.2. Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2.3. Keiner dieser Mängel liegt hier vor:

Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgeht, dass die Beschwerdeführer keine durch die Bauführung entstehenden irreversiblen Veränderungen vorgebracht hätten, weil im Falle des Obsiegens der Beschwerdeführer der Bauwerber die finanziellen Folgen einer allenfalls eintretenden Konsenslosigkeit des ausgeführten Baus zu tragen habe.

Ob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich richtig entschieden hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen und kann dem Verwaltungsgerichtshof zur Beurteilung überlassen bleiben.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E58.2015