OGH vom 28.02.2018, 9Nc4/18i

OGH vom 28.02.2018, 9Nc4/18i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** P*****, vertreten durch Mag. Johannes Marchtrenker, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei A***** H*****, vertreten durch Dr. Manfred Fuchsbichler, Rechtsanwalt in Wels, wegen 3.768,57 EUR sA,. über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Bezirksgericht Gänserndorf zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der in H***** (NÖ) ansässige Kläger begehrt mit seiner am beim Bezirksgericht Gänserndorf eingebrachten Klage von der derzeit in W***** wohnhaften Beklagten Schadenersatz für die Instandsetzung eines Mietobjekts in H*****, das sich nach Rückgabe der Beklagten in einem devastierten Zustand befunden habe.

Die Beklagte, für die ein Sachwalter bestellt ist, erhob dagegen Einspruch (ON 3) und beantragte die Zurückweisung der Klage mangels örtlicher Zuständigkeit des Bezirksgerichts Gänserndorf. Nach Übergabe des Mietobjekts sei der Gerichtsstand nach § 109 JN (Obsorge, Sachwalterschaft und Kuratel) beim Bezirksgericht Wels begründet worden, der Vorrang habe.

Das Bezirksgericht Gänserndorf beraumte für den eine mündliche Streitverhandlung an (ON 4).

Mit Eingabe vom (ON 7) beantragte die Beklagte die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Wels. Die sehr lange Anreise zum Bezirksgericht Gänserndorf sei ihr im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung nicht zumutbar.

Mit vorbereitendem Schriftsatz vom (ON 9) brachte der Kläger zum Unzuständigkeitseinwand der Beklagten vor, im Hinblick auf § 83 und § 49 Abs 2 Z 5 JN sei die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gegeben. Der Anwendungsbereich des § 109 JN beschränke sich auf (bestimmte) Verfahren, die im außerstreitigen Verfahren zu erledigen seien.

In seiner Stellungnahme vom sprach er sich auch gegen eine Delegierung aus. Die Beklagte könne – wie im Aufkündigungsverfahren – mit Hilfe einer Videokonferenz am Bezirksgericht Wels einvernommen werden. Das Mietobjekt befinde sich im Sprengel des angerufenen Gerichts, sodass bei Hinzuziehung von Sachverständigen vor Ort eine Delegierung auch nicht zu einer Vereinfachung des Verfahrens führen würde.

Das Bezirksgericht Gänserndorf gab zum Delegierungsantrag keine Stellungnahme ab. Über die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten hat es noch nicht entschieden.

Folgendes war zu erwägen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.

Die Delegierung nach § 31 JN hat – ebenso wie die Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN – zur Voraussetzung, dass die Rechtssache vom zuständigen Gericht an ein anderes übertragen werde. Ist die Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Gerichts nicht gegeben, fehlt eine wesentliche Voraussetzung für eine Delegierung nach § 31 JN. Das für die Delegierung zuständige Gericht hat in einem solchen Fall die beantragte Delegierung zu verweigern (RIS-Justiz RS0109369). Delegierungsanträge sind daher erst nach Erledigung allfälliger Zuständigkeitsstreitigkeiten zu behandeln (RIS-Justiz RS0046338; s auch RS0046196).

Da derzeit noch keine Entscheidung über den Unzuständigkeitseinwand der Beklagten vorliegt, erweist sich die Vorlage des Delegierungsantrags der Beklagten als verfrüht. Der Akt wird nach rechtskräftigem Beschluss über die Zuständigkeit des Erstgerichts neuerlich zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vorzulegen sein (vgl 10 Nc 18/06p).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090NC00004.18I.0228.000
Schlagworte:
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