OGH vom 21.02.2013, 9ObA99/12t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Mag. Manuela Majeranowsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P***** W*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Stossier Rechtsanwalt KG in Wels, wegen 2.890,56 EUR brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 8 Ra 49/12b 18, womit das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom , GZ 8 Cga 97/11h 13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass eine Rechtsprechung zur Frage der Auslegung des § 17 Abs 2 zweiter Satz BAG, insbesondere der Begriffe „gleiche, verwandte oder ähnliche Lehrberufe“ fehle. Dem schloss sich die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision an. Die Begründung der Zulassung der ordentlichen Revision traf im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts zu, ist aber in der Zwischenzeit überholt, weil der Oberste Gerichtshof in den Verfahren 9 ObA 104/12b und 9 ObA 136/12h, die ebenfalls die hier Beklagte betrafen, die der Zulassung der Revision zugrundeliegende Frage beurteilt und entschieden hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die Frage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RIS Justiz RS0112921 ua). Die Zurückweisung der ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich nach § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken:
In den jüngst ergangenen Entscheidungen 9 ObA 104/12b und 9 ObA 136/12h wurde ausgeführt, dass sich der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung zu 8 ObA 17/12a ausführlich mit der Frage der Auslegung des § 17 Abs 2 BAG auseinandergesetzt und auch bereits festgehalten habe, dass der Lehrberuf des Bürokaufmanns oder der Bürokauffrau von zahlreichen Kollektivverträgen erfasst werde und es sich bei all diesen Regelungen um solche für „gleiche“ Lehrberufe iSd § 17 Abs 2 BAG handle, dass aber der „sachnächste“ Branchenkollektivvertrag entsprechend der jeweiligen Branche heranzuziehen sei. Bereits in dieser Entscheidung sei ausdrücklich auch auf den Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs abgestellt, jedoch dann ein hier nicht in Betracht kommender Kollektivvertrag als sachnäher beurteilt worden. Dass ein anderer als der hier angenommene Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs „sachnäher“ wäre, habe die Beklagte gar nicht konkret ausgeführt, ebenso wenig, dass im Rahmen dieses Kollektivvertrags konkret eine niedrigere Einstufung vorhanden und zu wählen wäre.
All diese Aspekte gelten auch im vorliegenden Fall.
Die von der Beklagten relevierte Mangelhaftigkeit und Nichtigkeit des erstgerichtlichen Urteils und des erstgerichtlichen Verfahrens wurde vom Berufungsgericht verneint und kann daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (RIS Justiz RS0042963; RS0042091; RS0043111). Die Ausführungen der Revision zur allfälligen Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zeigen keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die im Wesentlichen zu den Verfahren 9 ObA 104/12b und 9 ObA 136/12h wortgleiche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin konnte wie die Beklagte bei Einbringung ihrer Revisionsbeantwortung die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten noch nicht erkennen, weil zu diesem Zeitpunkt die Entscheidungen 9 ObA 104/12b und 9 ObA 136/12h noch nicht vorlagen. Das Fehlen eines Hinweises auf die mangelnde Zulässigkeit der Revision schadet daher der Klägerin bei der Kostenentscheidung nicht. Der Kostenzuspruch kann sich diesfalls auf eine analoge Anwendung des § 50 Abs 2 ZPO stützen (RIS Justiz RS0123861).