VfGH vom 25.06.2015, E473/2015
Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Bestrafung eines Bundesministers wegen Nichteinhaltung von Hygienebestimmungen beim Betrieb der Truppenküche eines Truppenübungsplatzes; keine verwaltungsstrafrechtliche Strafbarkeit eines obersten Verwaltungsorgans für Handlungen im Rahmen des hoheitlichen Gesetzesvollzugs
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesministerin für Gesundheit) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer war von bis Bundesminister für Landesverteidigung und von bis Bundesminister für Landesverteidigung und Sport.
1.1. Mit Straferkenntnis vom erkannte die Bezirkshauptfrau von Murtal den Beschwerdeführer für schuldig, als (ehemaliges) oberstes Organ des Bundes (Bundesminister für Landesverteidigung und Sport) fünf – am festgestellte – Übertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl I 13/2006 idF BGBl II 125/2011 (im Folgenden: LMSVG), in der Truppenküche des Truppenübungsplatzes Seethaler Alpe des Militärkommandos Steiermark begangen zu haben, und verhängte über den Beschwerdeführer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen in näher bestimmter Höhe. Konkret wurden dem Beschwerdeführer folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt:
– Im Frühstückszubereitungsraum seien die Wände verschmutzt und die Wand hinter einer Arbeitsfläche, auf der eine Wurstschneidemaschine aufgestellt sei, nicht glatt und abwaschbar ausgestaltet gewesen.
– In einem rohen Holzregal seien die Abdeckungen für die Regalböden schadhaft und verschmutzt gewesen.
– Im Magazin sei bei der Eingangstür ein Belüftungsschlitz nur mit Insektenschutzgitter abgedeckt gewesen, wobei durch Umbauarbeiten verursachter Staub durch diesen Schlitz in das Magazin eindringen habe können; Staubablagerungen seien sichtbar gewesen.
– Es seien keine Personalhygieneschulungen durchgeführt worden bzw. hätten keine Nachweise vorgelegt werden können.
– Ein ständiges, auf den HACCP-Grundsätzen beruhendes Verfahren sei nicht durchgeführt worden.
1.2. Die gegen diesen Strafbescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Erkenntnis vom mit der Maßgabe ab, dass die Ersatzfreiheitsstrafe reduziert wurde. Diese Entscheidung begründete das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Wesentlichen folgendermaßen:
1.2.1. Im Bereich des Bundesheeres herrsche "absoluter Vorrang der Hoheitsverwaltung". Die Erfüllung der dem Bundesheer übertragenen Aufgaben falle grundsätzlich unter den hoheitlichen Gesetzesvollzug; dies gelte auch für die Verpflegung. Das Vorliegen von Hoheitsverwaltung stelle eine Voraussetzung der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers in seiner zur Tatzeit aktuellen Funktion als Bundesminister dar.
Verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei primär derjenige, der im Tatzeitpunkt satzungsgemäß zur Vertretung der juristischen Person nach außen berufen sei; die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit entfalle nur dann, wenn eine andere Person zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei. Eine sich etwa aus Dienstverträgen oder Stellenbeschreibungen ergebende, lediglich unternehmerische Übertragung von Aufgaben genüge für sich nicht. Eine Sonderregelung in den Verwaltungsvorschriften, die das Regime des § 9 VStG überlagerte, habe für den vorliegenden Fall nicht namhaft gemacht werden können. Aus den für das Bundesheer maßgeblichen Bestimmungen sei auch keine Vorschrift zu entnehmen, die an § 9 VStG anknüpfen würde. Dem Rückschluss, dass mit der Übertragung bestimmter Aufgaben zur selbständigen Behandlung gemäß § 10 Bundesministeriengesetz, BGBl 76/1986 idF BGBl I 11/2014 (im Folgenden auch: BMG), eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erfolgt sei, könne nicht gefolgt werden, weshalb der Beschwerdeführer im Tatzeitraum für die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen in der Küche des Truppenübungsplatzes Seethaler Alpe verantwortlich gewesen sei.
1.2.2. Da die Speisen des Truppenübungsplatzes für die Beschäftigten zubereitet würden, bestehe kein Zweifel, dass ein Lebensmittelunternehmen im Sinne des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes sowie der Verordnung (EG) Nr 852/2004 des europäischen Parlaments und des Rats vom vorliege. Es sei somit davon auszugehen, dass der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt sei.
1.2.3. Den Beschwerdeführer treffe auch ein Verschulden an den Verwaltungsübertretungen, weil er keine Umstände, die zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung geeignet wären – etwa das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems –, dargetan habe.
2. In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde gemäß Art 144 B VG macht der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nach Art 5 StGG und Art 7 EMRK geltend und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses.
2.1. Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde damit, dass – wie auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark ausgeführt habe – in Angelegenheiten des Bundesheeres "absoluter Vorrang der Hoheitsverwaltung" herrsche, weshalb auch die Truppenverpflegung nicht als Akt der Privatwirtschafts-, sondern der Hoheitsverwaltung zu werten sei. Im Bereich der Hoheitsverwaltung komme jedoch eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit von Organwaltern gerade nicht in Betracht, weshalb die angefochtene Entscheidung denkunmöglich sei.
2.2. Abgesehen davon seien die Bezirkshauptfrau von Murtal und das Landesverwaltungsgericht Steiermark für die Bestrafung des Beschwerdeführers unzuständig, weil es gemäß Art 142 B VG allein dem Verfassungsgerichtshof obliege, über die Verantwortlichkeit der obersten Bundes- und Landesorgane für die durch ihre Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Rechtsverletzungen – sohin auch über schuldhafte Verletzungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – zu erkennen. Eine parallele Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden bestehe nicht und stelle überdies einen Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot dar. Eine gesonderte, bis zum Einschreiten des Verfassungsgerichtshofes bestehende subsidiäre Kompetenz der ordentlichen Strafgerichte bestehe gemäß Art 143 B VG nur für gerichtlich strafbare Handlungen.
2.3. Die primäre Zuordnung einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zum Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Bundesminister sei vor dem Hintergrund der in Art 20 Abs 1 B VG geregelten Systematik des Weisungszusammenhangs, auf dessen Basis Geschäftseinteilungen erlassen und Beamten entsprechende Approbationsbefugnisse und Verantwortlichkeiten zuerkannt würden, rechtlich unzutreffend. Im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport gebe es rund 200 zeichnungsberechtigte Organwalter. Innerhalb der Militärhierarchie gebe es eigene Verantwortliche für Feld- und Kasernenküchen, die für die Einhaltung der Hygienebestimmungen in den Verpflegungseinrichtungen des Bundesheeres zuständig seien. Angesichts dienstrechtlicher und organisationsstruktureller Spezifika der öffentlichen Verwaltung sei die Zeichnungsberechtigung, die eine Außenvertretungsbefugnis begründe, bei richtiger Gesetzesanwendung als Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 VStG zu werten. Die Angelegenheiten der Truppenküche seien gemäß § 10 BMG bestimmten Personen zur selbständigen Behandlung übertragen; die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Hygienevorschriften sei damit auf die mit den Angelegenheiten der Truppenküche betraute Person übergegangen.
2.4. Darüber hinaus würden durch die Bestrafung des Beschwerdeführers sowohl die spezial- als auch die generalpräventive Intention der Bestimmungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes unterminiert, weil es einem Bundesminister nicht möglich oder zumutbar sei, in jeder Truppenküche die Einhaltung sämtlicher Hygienevorschriften zu kontrollieren. Eine spezial- und generalpräventive Wirkung könne nur dann eintreten, wenn derjenige, in dessen effektivem Einflussbereich sich die notwendigen Instrumente zur Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Anforderungen befänden, zur Haftung bei Verletzung derselben herangezogen würde.
2.5. Die Bezirkshauptfrau von Murtal sei davon ausgegangen, dass die juristische Person im Sinne des § 9 Abs 1 VStG das Bundesministerium für Landesverteidigung sei, welches durch den Bundesminister für Landesverteidigung nach außen vertreten werde. Es habe aber nicht das Bundesministerium, sondern der Bund Rechtspersönlichkeit. Auch das Bundesheer habe als solches keine eigene Rechtspersönlichkeit, sondern sei lediglich eine bewaffnete Macht, die einem Bundesminister und damit einem Mitglied der Bundesregierung unterstellt sei. Indem das Landesverwaltungsgericht Steiermark den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Murtal bestätigt habe, wonach der Beschwerdeführer "als ehemaliges oberstes Organ zur Vertretung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport nach außen Berufener für nachangeführte Verwaltungsübertretungen verantwortlich" sei, habe es eine denkunmögliche Gesetzesauslegung vorgenommen.
2.6. Da es keine gesetzliche Grundlage für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers gebe, verstoße das angefochtene Erkenntnis auf Grund der denkunmöglichen Gesetzesanwendung auch gegen den Grundsatz, keiner Strafe ohne Gesetz unterworfen zu werden.
3. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark erstattete eine Gegenschrift, in der es insbesondere der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, wonach ein Bundesminister ausschließlich nach Art 142 und 143 B VG vor dem Verfassungsgerichtshof belangt werden könne, entgegentritt. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, es sei einem amtierenden Bundesminister nicht möglich oder zumutbar, in jeder Truppenküche die Einhaltung sämtlicher Hygienevorschriften zu kontrollieren, sei dem entgegenzuhalten, dass er zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems darlegen hätte müssen.
II. Rechtslage
1. § 10 Bundesministeriengesetz, BGBl 76/1986 idF BGBl I 11/2014, lautet:
"§10. (1) Der Bundesminister kann im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung unbeschadet seiner bundesverfassungsgesetzlich geregelten Verantwortlichkeit und unbeschadet der ihm bundesverfassungsgesetzlich vorbehaltenen Geschäfte den Sektions-, Gruppen-, Abteilungs- und Referatsleitern bestimmte Gruppen von Angelegenheiten zur selbständigen Behandlung übertragen. Dabei ist auf die Bedeutung der einzelnen Angelegenheiten gebührend Bedacht zu nehmen.
(2) Angelegenheiten, zu deren selbständiger Behandlung ein Sektions-, Gruppen-, Abteilungs- oder Referatsleiter ermächtigt wurde, sind im Namen des Bundesministers zu erledigen und zu unterfertigen.
(3) Das Weisungsrecht (Art20 Abs 1 B VG) der vorgesetzten Organe wird durch die Ermächtigung zur selbständigen Behandlung bestimmter Gruppen von Angelegenheiten nicht berührt. Der Bundesminister ist berechtigt, jede Angelegenheit, zu deren selbständiger Behandlung ein Sektions-, Gruppen-, Abteilungs- oder Referatsleiter ermächtigt wurde, an sich zu ziehen oder sich die Genehmigung der Entscheidung vorzubehalten. Das gleiche Recht steht für bestimmte Angelegenheiten dem Sektionsleiter gegenüber den ihm unterstellten Gruppen-, Abteilungs- und Referatsleitern, dem Gruppenleiter gegenüber den ihm unterstellten Abteilungs- und Referatsleitern und dem Abteilungsleiter gegenüber den ihm unterstellten Referatsleitern hinsichtlich solcher Angelegenheiten zu, zu deren selbständiger Behandlung diese ermächtigt wurden.
(4) Soweit die Geschäftsbehandlung ohne die Gefahr einer Beeinträchtigung der Einheitlichkeit besonders beschleunigt zu werden vermag, kann der Bundesminister nach Anhörung des Sektionsleiters ausnahmsweise geeignete Bedienstete zur selbständigen Behandlung bestimmter in den Wirkungsbereich einer Abteilung bzw. eines Referates fallender Angelegenheiten ermächtigen. Die Abs 2 und 3 sind in diesen Fällen sinngemäß anzuwenden.
(5) In den Fällen des § 7 Abs 3 bis 5 kann hinsichtlich der Geschäftsbehandlung eine von den Abs 1 bis 4 abweichende Regelung getroffen werden."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001, BGBl I 56/2001 idF BGBl I 181/2013, lauten:
"Anwendungsbereich
§1. (1) Dieses Bundesgesetz ist, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nur auf Soldaten anzuwenden, die Präsenz- oder Ausbildungsdienst leisten (Anspruchsberechtigte).
(2) Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke betreffen, soweit dies inhaltlich in Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermaßen.
[…]
Verpflegung
§14. (1) Anspruchsberechtigten gebührt unentgeltliche Verpflegung. Nimmt ein Anspruchsberechtigter mit Zustimmung der zuständigen militärischen Dienststelle an der Verpflegung nicht teil, so gebührt ihm an deren Stelle ein Tageskostgeld. Die Zustimmung ist aus besonders rücksichtswürdigen persönlichen Interessen des Anspruchsberechtigten zu erteilen, soweit Interessen des militärischen Dienstbetriebes nicht entgegenstehen. Die Höhe des Tageskostgeldes ist vom Bundesminister für Landesverteidigung und Sport entsprechend den für die Verpflegung der Anspruchsberechtigten anfallenden durchschnittlichen Kosten durch Verordnung festzulegen.
(2) Anspruchsberechtigten gebühren bei außergewöhnlicher körperlicher Beanspruchung Verpflegszuschläge. Sofern es die Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Truppe erfordert, gebühren den Anspruchsberechtigten für die notwendige Dauer Sanitätszuschläge an Lebensmitteln.
(3) Personen außerhalb einer Wehrdienstleistung, die eine Tätigkeit als Organ des Bundes in Vollziehung militärischer Angelegenheiten nach dem 5. und 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes des Wehrgesetzes 2001 ausüben, dürfen an der den Anspruchsberechtigten verabreichten Verpflegung unentgeltlich teilnehmen.
(4) Personen, die sich einer verwaltungsbehördlichen Prüfung ihrer Eignung zum Wehrdienst unterziehen, haben Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung. Dieser Anspruch umfasst auch das Abendessen unmittelbar vor dem ersten und das Frühstück nach dem letzten Tag dieser Prüfung, sofern die An- oder Rückreise an diesen Tagen nicht zumutbar ist. Ist diesen Personen die Teilnahme an der Verpflegung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar, so gebührt ihnen als Aufwandsersatz für ihre Verpflegung das Vierfache des Tageskostgeldes.
[…]
Betreuungseinrichtungen
§16. (1) In militärischen Bereichen sind nach Maßgabe der örtlichen und organisatorischen Verhältnisse und der militärischen Erfordernisse Räumlichkeiten für den Aufenthalt der Anspruchsberechtigten während ihrer Freizeit (Betreuungseinrichtungen) einzurichten. Dies kann auch die unentgeltliche Beistellung von Einrichtungen zur Sportausübung, zur Nutzung von Informationstechnologie und für andere Freizeitaktivitäten im militärischen Interesse umfassen. Dabei ist auch ein diesem Verwendungszweck angemessenes Angebot an Waren für den persönlichen Bedarf, insbesondere Lebens- und Genussmittel, Toiletteartikel und Schreibwaren, zur entgeltlichen Abgabe an die Anspruchsberechtigten bereitzustellen. Das Entgelt für die angebotenen Waren darf nur in der zur Deckung der Einkaufskosten nötigen Höhe bemessen werden. Die Einnahmen aus dem Verkauf der angebotenen Waren sind zweckgebunden zur Bestreitung der unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben zu verwenden.
(2) Die Inanspruchnahme der Betreuungseinrichtungen ist außer den Anspruchsberechtigten auch gestattet
1. anderen Soldaten,
2. sonstigen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport Dienst versehenden Bediensteten,
3. Personen außerhalb einer Wehrdienstleistung bei einer Tätigkeit als Organ des Bundes in Vollziehung militärischer Angelegenheiten nach dem 5. und 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes des Wehrgesetzes 2001 und
4. sonstigen Personen, die sich aus dienstlichen Gründen oder mit Erlaubnis des zuständigen Kommandanten im jeweiligen Bereich aufhalten."
3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001, BGBl I 146/2001 idF BGBl I 181/2013 (im Folgenden: WG 2001), lauten:
"Wehrsystem
§1. (1) Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten. Die Organisation des Bundesheeres hat den militärischen Erfordernissen für die Erfüllung seiner Einsatzaufgaben zu entsprechen. Die ständig erforderlichen Organisationseinrichtungen (Friedensorganisation) haben den Bedürfnissen des für die Einsatzaufgaben notwendigen Organisationsrahmens (Einsatzorganisation) zu dienen. Die Einsatzorganisation hat überwiegend Truppen zu umfassen, die zu Übungszwecken oder zum Zwecke eines Einsatzes zusammentreten.
(2) Das Bundesheer wird auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht gebildet und ergänzt. Die Wehrpflichtigen gehören für die Dauer ihrer Wehrpflicht dem Präsenzstand oder dem Milizstand oder dem Reservestand an. Die Friedensorganisation umfasst nur Soldaten, die Einsatzorganisation
1. Soldaten,
2. Wehrpflichtige des Milizstandes und
3. Frauen, die Wehrdienst geleistet haben.
(3) – (6) […]
Aufgaben des Bundesheeres
§2. (1) Dem Bundesheer obliegen
a) die militärische Landesverteidigung,
b) auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt,
c) die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und
d) die Hilfeleistung im Ausland bei Maßnahmen der Friedenssicherung, der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe sowie der Such- und Rettungsdienste (Auslandseinsatz).
Die Aufgaben nach den litb und c (Assistenzeinsätze) sind, sofern hiefür nicht ein selbständiges militärisches Einschreiten zulässig ist, nur insoweit wahrzunehmen, als die gesetzmäßige zivile Gewalt die Mitwirkung des Bundesheeres in Anspruch nimmt. Die Aufgabe nach litd ist nur insoweit wahrzunehmen, als die jeweils zuständigen Organe die Entsendung von Angehörigen des Bundesheeres in das Ausland beschließen.
(2) Die militärische Landesverteidigung hat die Erfüllung der Aufgaben der umfassenden Landesverteidigung nach Art 9a Abs 1 B VG mit militärischen Mitteln sicherzustellen. Im Rahmen der militärischen Landesverteidigung sind durchzuführen
1. die allgemeine Einsatzvorbereitung,
2. die unmittelbare Vorbereitung eines Einsatzes und
3. alle militärisch notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung des Einsatzzweckes in einem Einsatz nach Abs 1 lita sowie die Abschlussmaßnahmen nach Beendigung eines solchen Einsatzes.
(3) Die allgemeine Einsatzvorbereitung dient der Sicherstellung der ständigen Einsatzbereitschaft des Bundesheeres. Sie umfasst die Schaffung aller, insbesondere personellen und materiellen Voraussetzungen, die für eine unverzügliche und wirksame Durchführung eines Einsatzes erforderlich sind. Dazu gehört auch die gesamte militärische Ausbildung.
(4) – (6) […]"
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis unterstellt das Landesverwaltungsgericht Steiermark dem Verwaltungsstrafgesetz, insbesondere dessen § 9 Abs 1, einen verfassungswidrigen Inhalt:
3.1. Im vorliegenden Fall ist die Beantwortung der Frage wesentlich, ob der Betrieb der Truppenküche des Truppenübungsplatzes Seethaler Alpe des Militärkommandos Steiermark, im Rahmen dessen – unstrittig – Bestimmungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes nicht eingehalten wurden, dem Bereich der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung (des Bundes) zuzuordnen ist.
3.1.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg 10.409/1985 ausgesprochen hat, handelt es sich beim Bundesheer um eine Einrichtung der Hoheitsverwaltung. An dieser Rechtsprechung hält der Verfassungsgerichtshof auch im vorliegenden Zusammenhang fest.
3.1.2. Die Verpflegung der Soldaten stellt ein wesentliches Erfordernis für die Sicherstellung der Erfüllung der Aufgaben des Bundesheeres dar:
Dem Bundesheer obliegt gemäß Art 79 Abs 1 B VG iVm § 2 Abs 1 lita WG 2001 die militärische Landesverteidigung; gemäß § 2 Abs 2 Z 1 WG 2001 ist im Rahmen der militärischen Landesverteidigung auch die allgemeine Einsatzvorbereitung durchzuführen. Nach § 2 Abs 3 WG 2001 umfasst diese "die Schaffung aller, insbesondere personellen und materiellen Voraussetzungen, die für eine unverzügliche und wirksame Durchführung eines Einsatzes erforderlich sind". Zu den wesentlichen Voraussetzungen einer dementsprechenden Einsatzbereitschaft gehört unzweifelhaft die Verpflegung der Soldaten.
3.1.3. Vor diesem Hintergrund ist der Betrieb der Truppenküche eines Truppenübungsplatzes des Bundesheeres als Handeln im Bereich der Hoheitsverwaltung zu qualifizieren.
3.2. Auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark ging im angefochtenen Erkenntnis richtigerweise vom Vorliegen von Hoheitsverwaltung aus, zog daraus aber nicht die notwendige rechtliche Folge: Die verwaltungsstrafrechtliche Strafbarkeit eines obersten Verwaltungsorgans für Handlungen im Rahmen des hoheitlichen Gesetzesvollzugs kommt nämlich von vornherein nicht in Betracht (vgl. auch , und , 2001/07/0135, zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Bürgermeisters gemäß § 9 Abs 1 VStG für strafbares Verhalten einer Gemeinde im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung). Da das Landesverwaltungsgericht Steiermark dies im angefochtenen Erkenntnis verkannte, unterstellte es dem Verwaltungsstrafgesetz, insbesondere dessen § 9 Abs 1 VStG, einen verfassungswidrigen Inhalt.
IV. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie der Ersatz der Eingabengebühr in Höhe von € 240,– enthalten.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2015:E473.2015