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OGH vom 30.11.2018, 9Nc22/18m

OGH vom 30.11.2018, 9Nc22/18m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz, gegen die beklagte Partei M***** Z*****, vertreten durch Sudi Siarlidis Huber Ehß, Rechtsanwälte OG in Graz, wegen Unterlassung (43.200 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der zu AZ ***** anhängigen Rechtssache das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die in ***** R***** (NÖ) ansässige Klägerin begehrte mit ihrer am beim Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage im Wesentlichen, den in ***** F***** (Stmk) wohnhaften Beklagten dazu zu verpflichten, den Betrieb eines Unternehmens oder die Beteiligung an einem solchen in ihrem Geschäftszweig zu unterlassen. Zum Beweis ihres Vorbringens bot sie ua die Einvernahme von drei Zeugen per ihrer Adresse an.

Der Beklagte bestritt und beantragte, die Rechtssache gemäß § 31 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu delegieren. Während des Dienstverhältnisses sei er als Leiter der Niederlassung der Klägerin in Graz tätig gewesen, wo folglich sein Dienstort gelegen sei. Für ihn und einen erheblichen Teil der Zeugen, die aus der Steiermark bzw dem Großraum Graz stammten, ergäbe sich durch die Anreise nach St. Pölten in der Dauer von knapp drei Stunden ein beträchtlicher Aufwand. Eine Delegierung nach Graz liege im Interesse aller Beteiligten, zumal auch die Klägerin im Fall des Prozessverlustes beträchtliche Barauslagen für die Anreise, Verpflegung und allenfalls Übernachtung der zu vernehmenden Personen zu leisten hätte. Der Beklagte bot neben seiner Einvernahme die Einvernahme einer Zeugin aus ***** S***** (Stmk) sowie eine in Deutschland wohnhafte Zeugin an, die im Wege der Videokonferenz befragt werden könne.

Die Klägerin sprach sich mangels ausreichendem Grund gegen eine Delegierung aus.

Das Erstgericht gab dazu keine Stellungnahme ab.

Rechtliche Beurteilung

Folgendes war zu erwägen:

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (vgl RIS-Justiz RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten allerParteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Im vorliegenden Fall führt der Beklagte für die Delegation den mit der Anreise nach St. Pölten verbundenen Zeit- und Kostenaufwand an. Dies träfe auf die Klägerin und ihre Zeugen bei einer Anreise nach Graz jedoch ebenso zu. Zudem besteht die Möglichkeit einer Beweisaufnahme im Weg der Videokonferenz. Der Gesetzgeber hat eine Beweisaufnahme im Weg der Videokonferenz sogar zur unmittelbaren Beweisaufnahme erklärt (§ 277 ZPO; s auch Rechberger in Rechberger, ZPO4§ 277 Rz 2), sodass auch unter dem Aspekt des Unmittelbarkeitsgrundsatzes keine Bedenken dagegen bestehen. Auf diese Möglichkeit hat der Beklagte hinsichtlich seiner in Deutschland wohnhaften Zeugin selbst hingewiesen. Für ein persönliches Erscheinen dieser Zeugin wäre im Übrigen eine Anreise nach St. Pölten günstiger als eine Anreise nach Graz. Andere Gründe, die eine Delegierung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Eine Delegierung soll lediglich den Ausnahmefall bilden. Dazu liegen hier keine ausreichenden Umstände vor. Der Delegierungsantrag des Beklagten ist daher abzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090NC00022.18M.1130.000

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