VfGH vom 22.09.2020, E423/2020
Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz eines Staatsangehörigen von Bangladesch nach Stattgabe der außerordentlichen Revision durch den VwGH; erneut kein Ermittlungsverfahren betreffend die Homosexualität des Beschwerdeführers
Spruch
I.Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf
Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II.Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, in Bangladesch wegen seiner Homosexualität mehrmals in unterschiedlicher Weise diskriminiert worden zu sein. Er habe seine Arbeit verloren, sei geschlagen, mit gesellschaftlichem Ausschluss und der Todesstrafe bedroht worden. In der mündlichen Verhandlung legte er ein Schriftstück vor, woraus sich ergebe, dass gegen ihn nach Verlassen seines Herkunftslandes bei der Polizei seines Heimatortes Anzeige wegen seiner Homosexualität erstattet worden sei.
2. Mit Bescheid vom wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom als unbegründet ab. Der gegen die Abweisung erhobenen außerordentlichen Revision des Beschwerdeführers gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom statt und hob die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abermals als unbegründet ab.
Es verneinte eine asylrechtlich relevante Verfolgung des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Homosexualität. In der Beweiswürdigung führt es dazu – unter teilweiser Übernahme der ursprünglichen Beweiswürdigung – ua aus, dass der Beschwerdeführer nie glaubwürdig dargelegt habe, wegen seiner Homosexualität verfolgt worden zu sein. Vielmehr habe er ausgeführt, dass er über dreizehn Jahre lang seine Homosexualität in Bangladesch ohne staatliche Verfolgung habe leben können.
Eine behauptete staatliche Verfolgung, die durch eine Anzeige einer Privatperson zwei Jahre nach Verlassen seines Herkunftslandes ausgelöst worden sei, sei vollkommen aus der Luft gegriffen und vom Beschwerdeführer nicht begründet worden, zumal er Zweifel an der Begründetheit offenbart habe.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes habe der Beschwerdeführer den Eindruck hinterlassen, die in den insgesamt drei Verhandlungen vorgebrachte Fluchtgeschichte einstudiert zu haben, um in Österreich einen Aufenthaltstitel zu erlangen. So habe er sich insbesondere in der letzten Verhandlung "zeitweilig aus[ge]bessert[…], um die richtige 'Reihenfolge' einzuhalten. Seine Schilderungen [in der Verhandlung], die der Niederschrift vor dem BFA […] fast wortident gleichen, bestätigen nicht deren Wahrheitsgehalt, sondern zeigen, dass bestimmte Lücken, etwa hinsichtlich der wiederholten behaupteten Verwerfungen mit seiner Familie, vom BF ausgeblendet bleiben". Der Beschwerdeführer habe nicht näher ausgeführt, weshalb sich seine Familie über sein "mädchenhaftes Verhalten" beschwert habe, was umso bemerkenswerter, letztlich unglaubwürdiger, sei, als der Beschwerdeführer in der Verhandlung behauptet habe, dass er mit seiner Familie nie über seine Homosexualität gesprochen habe.
Die Fluchtgeschichte, entkleidet um behauptete homosexuelle Aspekte, wirke wie die Geschichte eines Menschen, der durch sein Verhalten in der Arbeitswelt öfters gescheitert sei und durch wiederkehrende Arbeitslosigkeit auf der Suche nach einem besseren Leben Bangladesch verlassen habe.
Der Beschwerdeführer habe durch "platte Vorurteile" versucht, seine Homosexualität zu beweisen. So habe er behauptet, "einen homosexuellen Mann 'an den Augen und de[m] Mund' zu erkennen sowie durch ein 'mädchenhaftes Verhalten', welches auf ein sehr einseitiges, als typischerweise 'schwaches' und 'dienendes' Rollenbild abstellt, in Bangladesch auffällig gewesen zu sein". Die Behauptung des Beschwerdeführers zeige "eine sehr schlichte und von Vorurteilen geprägte Herangehensweise an die Thematik der Homosexualität, welche sich nicht tiefgreifend mit dem Wesen und der Gefühlswelt eines homosexuellen Mannes in Verbindung bringen lässt". Der Beschwerdeführer sei von einem bestimmten Gesellschaftsbild geprägt, das er schattierungslos darstelle, um sich selbst in ein bestimmtes Bild zu rücken, was seiner Glaubwürdigkeit mehr als abträglich sei. Dies zeige sich auch an der Aussage, dass der Beschwerdeführer über seine behauptete Homosexualität nur mit den behaupteten (Lebens-)Partnern gesprochen habe und nie mit seiner Familie oder anderen Freunden.
Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Mitgliedsausweis der Homosexuellen Initiative Wien sei kein Beweis für seine Homosexualität. Die Mitgliedschaft zeige vielmehr auf, welche Erwartungshaltungen der Beschwerdeführer an sie habe, nämlich den Beweis seiner Homosexualität. Dieser Beweis liege jedoch nicht vor, weil der Beschwerdeführer offensichtlich nur in unzureichendem Ausmaß über die Mitgliedschaft, ihre Rechte und Pflichten informiert worden sei. Wäre die Mitgliedschaft bei der Homosexuellen Initiative Wien ein Beweis der Homosexualität, wäre jede (sexuelle) Privatsphäre eines Menschen ungebührlich beeinträchtigt. Ebensowenig stelle die Teilnahme an der "Gay-Parade" 2018 und 2019 einen Beweis der Homosexualität dar, weil die Teilnahme nicht an die Homosexualität gebunden sei.
Auch die neben der Anzeige vorgelegten weiteren sieben Seiten in bengalischer Sprache abgefassten Kopien, die gemäß dem Beschwerdeführer belegten, dass gegen ihn in Bangladesch ein Strafverfahren laufe, seien kein Indiz für seine staatliche Verfolgung. Der Beschwerdeführer habe es nämlich unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Die Unterlagen seien erst in der Verhandlung vorgelegt worden und nicht übersetzt gewesen. Es sei nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes Übersetzungsarbeiten für den Beschwerdeführer vornehmen zu lassen. Die Vorlage einer Übersetzung sei dem erwerbstätigen Beschwerdeführer durchaus zumutbar.
Dass dem Schwager des Beschwerdeführers in Bangladesch konkrete Kosten für die Beschaffung weiterer Dokumente, die die strafrechtliche Verfolgung des Beschwerdeführers in Bangladesch belegen sollen, entstanden seien, habe der Beschwerdeführer nicht erklären können. Kosten für die Beschaffung von Dokumenten entspreche auch den im Länderbericht genannten Möglichkeiten der Beschaffung jedweder Dokumente verschiedensten Inhaltes.
Letztlich sei die Vorlage einer Bestätigung der Teilnahme an einem Deutschkurs A2 "[t]ypisch für die eingeschränkte Wahrheitsliebe des BF und de[n] Versuch der Verschleierung […]. Tatsache ist, dass der BF zwar seine Teilnahmebestätigung an einem Kurs vorlegte, aber erst auf Nachfrage des Richters zugegeben hat, dass er den Deutschkurs Niveau A2 nicht bestanden hat."
Insgesamt stelle sich das Verhalten des Beschwerdeführers so dar, dass er um jeden Preis bestrebt sei, das Verfahren zu verzögern. Die Namhaftmachung von Zeugen, die nicht zur Verhandlung erschienen seien, die Vorlage nicht übersetzter Dokumente und die in Aussicht gestellte Vorlage von Dokumenten, die noch nicht am Postweg seien, seien Handlungen, welche das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers in Frage stellten. Auch die Beantragung der Einvernahme einer Mitarbeiterin der Homosexuellen Initiative Wien als Zeugin sei ein weiterer Versuch der Verfahrensverzögerung. Die allgemeine Floskel, dass die genannte Zeugin zum Beweisthema der sexuellen Orientierung des Beschwerdeführers etwas beitragen könne, weil sie eigene relevante Wahrnehmungen habe, entbehre jeder Lebenserfahrung. Da bereits ein Zeuge zur Verhandlung nicht erschienen sei, sei jede weitere Ladung einer später genannten Zeugin, insbesondere weiblichen Geschlechts, welche angeblich etwas zum Beweisthema der homosexuellen Orientierung des Beschwerdeführers beitragen könne, kritisch zu hinterfragen.
Selbst wenn nach den Länderberichten homosexuelle Handlungen in Bangladesch unter Strafe stünden, gehe aus den Länderberichten auch hervor, dass Gerichtsverfahren oder gar Verurteilungen von Homosexuellen wegen ihrer Homosexualität nicht bekannt seien. Auch habe der Beschwerdeführer dazu keine konkreten Angaben gemacht, den Grund für die angeblich gegen den Beschwerdeführer eingebrachte Strafanzeige könne sich der Beschwerdeführer selbst nicht genau erklären. "Auch aus den übrigen Länderfeststellungen geht nicht hervor, dass die auf homosexuelle Handlungen stehende Freiheitsstrafe tatsächlich nicht verhängt [gemeint wohl: tatsächlich verhängt] wird und indizieren – bei Wahrheitsunterstellung – dies selbst die vom BF getätigten Angaben, wonach er diverse sexuelle Beziehungen zu Männern unterhielt ohne dabei (strafrechtliche) Konsequenzen erlitten zu haben".
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass das angefochtene Erkenntnis willkürlich ergangen sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich begründungslos darüber hinweggesetzt, dass der Beschwerdeführer bereits im ersten Verfahrensgang eine Anzeige gegen ihn im Original vorgelegt habe und diese auch in der ersten mündlichen Verhandlung übersetzt worden sei. Auch verkenne das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage, wenn der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht schon dadurch verletzt habe, dass er fremdsprachige Unterlagen ohne Übersetzung vorlegt habe. Die gesetzliche Verpflichtung, sämtliche vorgelegte Dokumente übersetzen zu lassen, ergebe sich im Asylrecht nur für den Sonderfall des § 11a FPG. Selbst wenn diese Verpflichtung bestünde, wäre die Vorlage fremdsprachiger Dokumente bloß ein verbesserungsfähiger Formmangel.
Auch sei die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes in mehreren Punkten tendenziös, unsachlich und teilweise aktenwidrig. Der Beschwerdeführer habe zur Vorlage weiterer Dokumente lediglich angegeben, dass sich deren Übermittlung wegen der vorzunehmenden notariellen Beglaubigung verzögern würde, woraus das Bundesverwaltungsgericht unzutreffend geschlossen habe, dass diese Unterlagen nicht existierten und der Beschwerdeführer insofern die Unwahrheit gesagt habe.
Weiters verkenne das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage in einem wesentlichen Punkt, wenn es die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers darauf stütze, dass er seine Homosexualität in Bangladesch ohne staatliche Verfolgung dreizehn Jahre lang habe ausleben können, obwohl der Beschwerdeführer angegeben habe, dass er seine Homosexualität nur im Verborgenen habe ausleben können.
4. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, Gegenschrift hat es keine erstattet.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zBVfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht auch im neuerlichen Rechtsgang ungeachtet der als Verfahrensmängel festgestellten mangelhaften Ermittlungen des Sachverhaltes erneut davon aus, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch wegen seiner Homosexualität nicht strafrechtlich verfolgt werde und kommt darauf basierend erneut zum Ergebnis, dass eine asylrechtliche Verfolgung ausgeschlossen sei. Abgesehen davon, dass das Bundesverwaltungsgericht die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers unsachlich (siehe Rz 9) und unverständlich begründet, hat es auch jegliche Ermittlungstätigkeit zur Echtheit und zum Inhalt vorgelegter schriftlicher Beweismittel unterlassen bzw dem Vorbringen, dass weitere Dokumente übermittelt werden, in willkürlicher Weise keine Bedeutung beigemessen.
Zum einen übergeht das Bundesverwaltungsgericht – nach Aufhebung des zuvor ergangenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof abermals – völlig den übersetzten Inhalt einer nach Verlassen des Herkunftslandes angeblich erstatteten Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen seiner (behaupteten) Homosexualität bei der Polizei. Zum andern hat es keine Übersetzung der in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen in Auftrag gegeben (vgl dazu , und auch ), die die strafrechtliche Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsland nachweisen sollten. Auch die Angabe des Beschwerdeführers, dass weitere Dokumente zu seiner strafrechtlichen Verfolgung in Bangladesch nur deshalb noch nicht vorgelegt worden seien, weil sie erst von einem Notar in Bangladesch beglaubigt werden müssten, ignoriert das Bundesverwaltungsgericht mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei und allfällige Kosten der Beschaffung weiterer Dokumente der im Länderbericht dargestellten Möglichkeit der Beschaffung jedweder Dokumente verschiedensten Inhaltes entspreche.
Damit hat es das Bundesverwaltungsgericht aber verabsäumt, in entscheidungswesentlichen Punkten ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu führen, weshalb das Erkenntnis schon deshalb mit Willkür behaftet ist.
Anzumerken bleibt, dass selbst die Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch nicht strafrechtlich verfolgt werde, nicht schon zur Verneinung einer asylrechtlichen Verfolgung des Beschwerdeführers führt. Denn wie der Beschwerdeführer wiederholt angegeben hat, hat er seine sexuelle Neigung allein aus Furcht vor Verfolgung geheim gehalten. Für die Anerkennung eines für die Identität so bedeutsamen Merkmals wie der sexuellen Orientierung kann – wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat – vom Betroffenen aber nicht verlangt werden, diese Ausrichtung geheim zu halten oder in Zurückhaltung zu leben, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden (siehe VfSlg 20.170/2017; und , E910/2014).
III. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs 1 BVG zur Durchführung des Internationalen Abkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten.
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2020:E423.2020 |
Schlagworte: | Asylrecht, Bindung (der Verwaltungsgerichte an VwGH), Ermittlungsverfahren |
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