VfGH vom 28.06.1989, B30/87
Sammlungsnummer
12116
Leitsatz
Belagerung der chilenischen Botschaft durch Demonstranten; vertretbare Annahme einer Übertretung des ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950; keine Anzeige als Versammlung; keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme und Anhaltung; keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch Nichtbeachtung der dem Beschwerdeführer zustehenden Immunität; Mitgliedschaft der neugewählten Mitglieder des Nationalrates bis zu seiner Konstituierung nur eine potentielle; kein zweifelsfreier Nachweis der behaupteten Mißhandlung (Versetzen eines Fußtrittes durch einen Sicherheitswachebeamten); diesbezüglich Fehlen eines geeigneten Beschwerdegegenstandes
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch seine am in Wien von Organen der Bundespolizeidirektion Wien verfügte Festnahme und anschließende Anhaltung in Haft weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.
II. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund zu Handen der Finanzprokuratur die mit 60.000 S bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Dr. P P begehrte in seiner mit Berufung auf Art 144 (Abs1) B-VG an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde die kostenpflichtige Feststellung, daß er am in Wien durch (der Bundespolizeidirektion Wien als belangter Behörde zuzurechnende) Amtshandlungen von Sicherheitswachebeamten, nämlich seine a) polizeiliche Festnahme und Anhaltung in Haft sowie b) körperliche Mißhandlung (Versetzen eines Fußtritts), demnach insgesamt durch Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, (zu a)) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit (Art8 StGG, Art 5 EMRK) und in seinem ihm als Abgeordneten zum Nationalrat verfassungsgesetzlich verbrieften Recht der Immunität (Art57 Abs 2 B-VG), ferner (zu b)) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unterlassung erniedrigender Behandlung (Art3 EMRK) verletzt worden sei.
1.1.2. Die durch die Finanzprokuratur vertretene belangte Bundespolizeidirektion Wien erstattete - unter Vorlage der Administrativakten - eine Gegenschrift; sie begehrte darin, die Beschwerde kostenpflichtig teils als unzulässig zurück-, teils als unbegründet abzuweisen.
1.2. Aus den Verwaltungsakten geht hervor, daß Gruppeninspektor N R von der Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer am zur Mittagszeit (12.34 Uhr) aus eigenem Antrieb im Flur des Hauses 1010 Wien, Lugeck Nr. 1, vor dem Eingang in die Räumlichkeiten der Botschaft von Chile ua. wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretung der Ordnungsstörung nach ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950 idF der Novelle BGBl. 232/1977 gemäß § 35 litc VStG 1950 festnahm; ferner ergibt sich aus den Akten, daß der Festgenommene daraufhin in das Polizeigefangenenhaus eingeliefert und nach Identitätsfeststellung um 14 Uhr 00 desselben Tages wieder aus der Haft entlassen wurde.
2. Über die Beschwerde wurde erwogen:
Vorausgeschickt sei, daß der Verfassungsgerichtshof im Vorverfahren eine Reihe von Beweisen aufnahm. So wurden Verwaltungs- und Gerichtsakten eingesehen, mehrere Zeugen vernommen und der Beschwerdeführer als Partei gehört.
2.1. Zur Festnahme und (Haft-)Anhaltung
2.1.1.1. Gemäß Art 144 Abs 1 Satz 2 B-VG idF der Novelle BGBl. 302/1975 erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person. Darunter fallen Verwaltungsakte, die bis zum Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1975, BGBl. 302, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als sogenannte faktische Amtshandlungen (mit individuell-normativem Inhalt) bekämpfbar waren, wie dies für eine Festnehmung und anschließende Verwahrung zutrifft (zB VfSlg. 7252/1974, 7829/1976, 8145/1977).
2.1.1.2. Demgemäß ist festzuhalten, daß sich die Beschwerde - soweit sie die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers betrifft - gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art 144 Abs 1 B-VG wendet.
2.1.1.3. Da hier ein administrativer Instanzenzug nicht in Betracht kommt und auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde im dargelegten Umfang zulässig.
2.1.2.1. Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, daß seine polizeiliche Festnahme und Haftanhaltung am gegen die Vorschriften des Art 57 Abs 2 B-VG verstoßen habe, weil damals seine Wahl in den Nationalrat vom bereits amtlich verlautbart gewesen sei.
2.1.2.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag dieser Auffassung aus folgenden Erwägungen nicht beizupflichten:
Art 57 Abs 2 Satz 1 B-VG bestimmt, daß die "Mitglieder des Nationalrates . . . wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens ausgenommen - nur mit Zustimmung des Nationalrates verhaftet werden" dürfen.
Dr. P P wurde in der Nationalratswahl am (erstmals) in den Nationalrat gewählt. Die Dauer der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates wird kraft Art 27 Abs 1 B-VG "vom Tag seines ersten Zusammentrittes an gerechnet". Der am gewählte Nationalrat (der XVII. Gesetzgebungsperiode) konstituierte sich am (vgl. Stenographisches Protokoll über die erste Sitzung des Nationalrates der XVII. Gesetzgebungsperiode).
Es stellt sich darum die Frage, ob der Beschwerdeführer am Tattag (), folglich nach seiner Wahl in den Nationalrat, aber noch vor Konstituierung dieser gesetzgebenden Körperschaft, bereits im Schutz der parlamentarischen Immunität des Art 57 B-VG stand:
Art 57 B-VG regelt zwar in seinem Abs 6 das Ende der Immunität, enthält aber keine ausdrückliche Vorschrift über ihren Beginn. Doch stellen die einschlägigen Bestimmungen der Abs 1 bis 3 dieses Verfassungsartikels jeweils auf die "Mitglieder des Nationalrates" ab, denen allein Immunität zukommt. Aus dem persönlichen Geltungsbereich des Art 57 B-VG ist also zu folgern, daß jemand, der dem Nationalrat (noch) nicht als "Mitglied" angehört, auch keine Immunität genießt. Die Wortinterpretation ergibt daher, daß jener Zeitpunkt entscheidet, zu dem eine (gewählte) Person die rechtliche Eigenschaft eines "Mitgliedes" des Nationalrates erlangt. Dieser Ausdruck ist - wie Widder, Mitgliedschaft und Mitgliederzahl im Österreichischen Nationalrat, in: Festschrift für Adolf J. Merkl, 1970, S 506, überzeugend darlegt - schon von seiner sprachlich-grammatikalischen Bedeutung her gesehen auf den zu bildenden Vertretungskörper bzw. auf die Rechtsbindungen innerhalb dieses Kollegiums bezogen. "Mitglied" des Nationalrates kann man erst werden, wenn sich die gesetzgebende Körperschaft konstituiert, d.h. wenn die Abgeordneten nach ihrer Wahl in der in der Verfassung und in einfachgesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Art und Weise erstmalig zusammentreten. Erst mit diesem rechtsförmlichen Zusammentritt wird der neugewählte Nationalrat rechtlich existent, werden die neugewählten Abgeordneten zu "Mitgliedern" des solcherart entstehenden Kollegialorgans. Da vor diesem ersten Zusammentritt der neugewählte Nationalrat noch nicht existiert, vielmehr gemäß Art 27 Abs 1 B-VG die Gesetzgebungsperiode des früheren weiterdauert, ist eine Mitgliedschaft im neuen Nationalrat so lange nicht möglich, als er nicht durch seine Konstituierung den vorangegangenen ablöst. Die Mitgliedschaft der Neugewählten kann daher bis zu diesem Zeitpunkt keine aktuelle, sondern nur eine potentielle sein.
Das bedeutet, daß die nur "Mitgliedern des Nationalrates" gewährte Immunität nach Art 57 (Abs2) B-VG erst mit der Konstituierung des neugewählten Nationalrates zu laufen beginnt, der Immunitätsschutz also mit der Mitgliedseigenschaft unmittelbar verknüpft ist (s. Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1972, S 261 ff; ebenso Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6, S 128 ff; Koja, Der Beginn der Mitgliedschaft im Nationalrat, ÖVA 1979, S 1 ff; derselbe, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2, S 117 (zur Mitgliedschaft in den Landtagen); Berchtold, Die Neuordnung der Immunität, ÖJZ 1979, S 505 ff; Kopetzki, Grenzen der außerberuflichen Immunität der Abgeordneten, ÖZöR 1986, S 101 ff, FN 105; a.M. Adamovich-Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3, S 199 (die Personen, die im ersten Ermittlungsverfahren von der Kreiswahlbehörde und im zweiten Ermittlungsverfahren von der Verbandswahlbehörde als gewählt erklärt wurden, als Mitglieder des Nationalrates bezeichnen)). In diesem Zusammenhang ist letztlich (auch) von Bedeutung, daß gemäß Art 57 Abs 6 B-VG die Immunität der Abgeordneten, die nach dem Gesagten mit der "Mitgliedschaft" (zum Nationalrat) einhergeht, grundsätzlich (erst) mit dem Tag des Zusammentritts des neugewählten Nationalrates endet (s. dazu:
Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, 1977, S 108 f, 188 f).
Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei durch seine polizeiliche Festnahme am in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten dadurch verletzt worden, daß die ihm zustehende Immunität unbeachtet blieb, trifft darum nicht zu.
2.1.3.1. Art 8 StGG gewährt - ebenso wie Art 5 EMRK (s. VfSlg. 7608/1975, 8815/1980) - Schutz gegen gesetzwidrige "Verhaftung" (s. VfSlg. 3315/1958 ua.):
Das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit, RGBl. 87/1862, das gemäß Art 8 StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. 142/1867, zum Bestandteil dieses Gesetzes erklärt ist und gemäß Art 149 Abs 1 B-VG als Verfassungsgesetz gilt, bestimmt in seinem § 4, daß die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen dürfen.
§ 35 VStG 1950 ist ein solches Gesetz (zB VfSlg. 7252/1974), doch setzt die Festnehmung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in allen in dieser Gesetzesvorschrift angeführten Fällen (lita bis c) voraus, daß die festzunehmende Person "auf frischer Tat betreten" wird: Sie muß also eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat verüben und bei Begehung dieser Tat betreten werden; die erste dieser beiden Voraussetzungen ist nach herrschender Judikatur schon dann zu bejahen, wenn das Organ die Verübung einer Verwaltungsübertretung mit gutem Grund annehmen konnte (s. VfSlg. 4143/1962, 7309/1974).
§ 35 litc VStG 1950 macht eine Festnahme unter den schon umschriebenen Voraussetzungen zum Zweck der Vorführung vor die Behörde aber zusätzlich auch davon abhängig, daß der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.
2.1.3.2. Demgemäß war zunächst zu prüfen, ob das hier einschreitende Sicherheitsorgan mit gutem Grund - und damit vertretbar - zur Auffassung gelangen konnte, daß der Beschwerdeführer sich die Übertretung nach ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950 idF der Novelle BGBl. 232/1977 zu Schulden kommen ließ (s. Punkt 1.2.).
2.1.3.2.1. Nach ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950 hat eine Verwaltungsübertretung zu verantworten, wer "durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Orten stört".
Das Tatbild dieser Verwaltungsübertretung ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 8145/1977, 8146/1977, 8580/1979, 9860/1983, 10.112/1984; ) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwSlg. 2263 A/1951, 6581 A/1965, 7815 A/1970) durch zwei Elemente gekennzeichnet: Der Täter muß zum ersten ein Verhalten zeigen, das geeignet ist, bei einem normal empfindenden Menschen Ärgernis zu erregen; zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, also ein Zustand hergestellt worden sein, welcher der Ordnung widerspricht, wie sie an einem solchen Ort gefordert werden muß.
2.1.3.2.2. Dazu stellte der Verfassungsgerichtshof auf Grund der Ergebnisse des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens, nämlich ua. der - unter den obwaltenden Verhältnissen jedenfalls in den hier maßgebenden Punkten unbedenklichen - Aussagen der Zeugen Dr. R H, Oblt. E B, GrI N, GrI G P, BzI W P und BzI G J als erwiesen fest, daß sich am zur Mittagszeit mehrere Personen (etwa zwanzig), darunter der Beschwerdeführer, im Flur des Hauses 1010 Wien, Am Lugeck Nr. 1, vor dem Eingang zur Botschaft von Chile einfanden, um beim Botschafter gegen Todesurteile (der chilenischen Justiz) zu protestieren. Da sie nicht eintreten durften, ließen sich einige Manifestanten - auch der Beschwerdeführer - auf dem Boden nieder, andere umstanden die Eingangstüre, sodaß für die inzwischen eingelangten Angehörigen der Alarmabteilung der Bundespolizeidirektion Wien - der damals vor der Botschaft Überwachungsdienst versehende Sicherheitswachebeamte hatte die Ansammlung von Protestierern seinen Vorgesetzten (über Funk) gemeldet - der Eindruck entstand, daß der Zutritt zu den Botschaftsräumlichkeiten blockiert, zumindest aber sehr behindert sei.
Im weiteren Verlauf erklärte der chilenische Botschafter dem gleichfalls eingetroffenen Konzeptsbeamten der Bundespolizeidirektion Wien Dr. R H, der sich in die Botschaft begeben hatte, die Sicherheitsbehörde möge ihm ein unbehindertes Verlassen der Amtsräume gewährleisten. Da auch andere Hausbewohner über die Manifestanten Beschwerde führten, forderten Dr. H und andere Behördenorgane zum Verlassen des Gebäudes (Freigabe des Zutrittes zur Botschaft) auf, so auch den Beschwerdeführer, der aber dieser Aufforderung - trotz Abmahnung - nicht nachkam. Daraufhin wurde er von Gruppeninspektor N R wegen des Verdachtes der Verwaltungsübertretung der Ordnungsstörung in Handhabung des § 35 litc VStG 1950 festgenommen. Da er in Sitzposition verharren ("passiven Widerstand" leisten) wollte (: Aussage Dris. P; Vernehmungsprotokoll vom , 5 Hc 6/88), wurde er von Sicherheitswachebeamten unter Anwendung von Körperkraft in Richtung des Arrestantenwagens teils gezogen oder geschleift ("weggeschleppt": so der den Vorgang beobachtende Zeuge E S), teils getragen, ohne daß es dabei zu aktiver Widerstandsleistung welcher Art immer kam.
2.1.3.3. Angesichts dieser Sach- und Beweislage durfte der Zeuge R mit gutem Grund annehmen, daß der Beschwerdeführer unter den obwaltenden Verhältnissen eine Verwaltungsübertretung nach ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950 begangen habe. Denn es handelte sich hier zum einen beim Flur zur Botschaft um einen jederzeit von einem größeren, nicht von vornherein beschränkten Personenkreis betretbaren Raum, also um einen "öffentlichen Ort", wie ihn das Tatbild des ArtIX Abs 1 Z 1 EGVG 1950 voraussetzt (vgl. VfSlg. 10.419/1985; VwSlg. 6581 A/1965, /0197), zum anderen dem äußeren Anschein nach um eine sehr beharrliche, als deutlich störend empfundene Behinderung der Freizügigkeit des Botschaftspersonals (s. dazu VfSlg. 10.419/1985; vgl. auch Art 22 und 27 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. 66/1966 (iVm Kundmachung BGBl. 237/1970), wonach der Empfangsstaat dafür Sorge zu tragen hat, daß der Friede der Missionen nicht gestört wird und der freie Verkehr (der Missionen) für alle amtlichen Zwecke gesichert ist). Dabei kommt es, wie wiederholend und vervollständigend hervorgehoben sei, nicht auf die Richtigkeit des erhobenen Vorwurfs (die tatsächliche Verübung eines Verwaltungsdelikts) an; es genügt vielmehr, daß das amtshandelnde Sicherheitsorgan in der damaligen Situation der - subjektiven - Auffassung sein durfte, die in Rede stehende Tat sei wirklich begangen worden (so die langjährige ständige Rechtsprechung: , B989/86 uvam.).
War aber die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Verwaltungsdelikt im geschilderten Sinn vertretbar und lag, wie hier, infolge Betretung auf frischer Tat und Tatwiederholung (Tatfortsetzung) trotz Abmahnung der - schon in der polizeilichen Meldung bezeichnete - Festnehmungsgrund des § 35 litc VStG 1950 vor, entsprach die bekämpfte Festnehmung dem Gesetz.
Unter diesen Umständen bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß der Grund für die anschließende verwaltungsbehördliche Verwahrung des Beschwerdeführers schon vor dem Zeitpunkt der Entlassung aus der Haft entfallen wäre (s. zB VfSlg. 9368/1982): Nach Lage dieses Falls ist die festgestellte Dauer der Haftanhaltung (ca. eineinhalb Stunden) als gerechtfertigt anzusehen (vgl. auch VfSlg. 9694/1983).
2.1.3.4. Selbst für den Fall, daß man der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider annehmen wollte, damals habe eine Versammlung iS des VersG, BGBl. 98/1953, stattgefunden, bliebe die hier ausgebreitete verfassungsrechtliche Wertung der bekämpften Vorgänge unverändert, wie - abrundend - erwähnt sei: Denn mochte sich das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten auch im Zuge einer Demonstration zugetragen haben; gerechtfertigt iS des § 6 VStG 1950 könnte es nur dann gewesen sein, wenn es (zur Ausübung des Rechts auf Versammlungsfreiheit im konkreten Fall unerläßlich war und) den Angaben in der schriftlichen Versammmlungsanzeige (über Ort und Zeit der Veranstaltung) vollkommen entsprach. Dies aber traf nicht zu, weil die besagte Versammlung der zuständigen Behörde in Verletzung der Vorschrift des § 2 VersG überhaupt nicht (schriftlich) angezeigt worden war (s. und B1471/88).
2.1.3.5. Demgemäß wurde der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
2.1.4. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde, soweit sie die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers zum Gegenstand hat - da die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte weder behauptet wurde noch im Verfahren hervorkam und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den bekämpften Verwaltungsakten zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nicht entstanden - als unbegründet abzuweisen.
2.2. Zur (behaupteten) Mißhandlung (Versetzen eines Fußtritts)
2.2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Grundrecht nach Art 3 EMRK (nur in einem Punkt, und zwar) deswegen verletzt, weil ihm der damals hinter ihm befindliche Sicherheitswachebeamte Gernot Hintersteininger - im Zug des Abtransportes nach vollzogener Festnahme - einen Fußtritt (in die Nierengegend) versetzt habe.
Mit dem (in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 7c Vr 6223/87-26, wurde G H des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB (§88 Abs 1 iVm § 313; § 176 Abs 1 iVm § 313; § 125, § 126 Abs 1 Z 5, Abs 2 StGB) schuldig erkannt und hiefür nach dem § 287 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von elf Monaten - bedingt unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit (§43 Abs 1 StGB) - verurteilt, zugleich aber von der Anklage des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 iVm § 313 StGB (bzw. des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 iVm § 313 StGB) gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen, nämlich vom Anklagevorwurf, daß er am den Dr. P P durch Versetzen eines Trittes vorsätzlich am Körper verletzte, wobei die Tat eine Nierenprellung zur Folge hatte. In diesem gerichtlichen Strafverfahren wurde infolgedessen der Nachweis der Schuld des Sicherheitswachebeamten - in Beziehung auf eine Aggressionshandlung gegen den Beschwerdeführer - nicht erbracht:
Das aber bedeutet, daß G H kraft Art 6 Abs 2 EMRK als schuldlos anzusehen ist. Über den strafgerichtlichen Freispruch des Angeklagten müßte sich der Verfassungsgerichtshof der Sache nach hinwegsetzen, wollte er dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgen, weil der Vorwurf der Grundrechtsverletzung nach Art 3 EMRK im verfassungsgerichtlichen Verfahren im wesentlichen dem eingangs umschriebenen Anklagevorwurf (= Mißhandlung durch Versetzen eines Fußtritts) entspricht, von dem der angeklagte Beamte nach dem bereits Gesagten rechtskräftig losgezählt wurde. Für dem Urteil des Strafgerichtes widerstreitende Tatsachenfeststellungen fehlt es aber schon an geeigneten (hinreichend verläßlichen und beweiskräftigen) Verfahrensergebnissen. Auch in sorgfältiger Berücksichtigung der Resultate des aus Anlaß der Beschwerde nach Art 144 B-VG in die Wege geleiteten Beweisverfahrens (Einvernahme der Zeugen E S, E H, R G, P R, Dr. J P und Dr. W V sowie Anhörung des Beschwerdeführers als Partei) gelangte der Verfassungsgerichtshof zu keiner anderen Auffassung als der im rechtskräftigen gerichtlichen Freispruch ausgedrückten, und zwar zur Überzeugung, daß das erhobene Tatsachen- und Beweissubstrat für den zweifelsfreien Nachweis der behaupteten Mißhandlung des Beschwerdeführers nicht ausreicht; so konnte vor allem keiner der nominierten Zeugen die Sachverhaltsschilderung des in Beweisnotstand befindlichen Beschwerdeführers für die hier allein maßgebende Geschehensphase bestätigen und erhärten. Damit tritt der Verfassungsgerichtshof - wie beizufügen bleibt - aber nicht allen in der Begründung des Urteils ausgebreiteten Überlegungen bei, namentlich nicht der Annahme, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer im Strafverfahren gegen G H als Zeuge falsch ausgesagt habe; eine Annahme, aus der sich folgern ließe, es sei nicht bloß zweifelhaft, ob der in der Beschwerdeschrift behauptete Fußtritt stattfand, sondern im Gegenteil sogar erwiesen, daß Dr. P damals nicht getreten wurde. Eine derartige Feststellung läßt sich nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes ungeachtet des Umstandes, daß die Aussagen des Beschwerdeführers in manchen Punkten divergieren und daß im Zug der einzelnen (Verwaltungs-, Gerichts-) Verfahren gewisse Unklarheiten über den Geschehensablauf letztlich bestehen blieben, auf Grund der Aussage des (ehemaligen) Sicherheitswachebeamten G H - der allein als Täter in Betracht kommt (so der Beschwerdeführer anläßlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am , Rechtshilfeprotokoll 5 Hc 6/88; ebenso am und als Beschuldigter im Verfahren AZ 24f Vr 5956/88 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien; vgl. auch die Seiten 5 und 20 des Hauptverhandlungsprotokolls vom , GZ 7c Vr 6223/87-25, des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) - keinesfalls mit Sicherheit treffen, zumal dieser Bezichtigte nach Lage des Falles, so auch im Hinblick auf seine Persönlichkeitsstruktur (siehe dazu die Feststellungen zum (rechtskräftigen) Schuldspruch wegen eines Rauschdeliktes in der landesgerichtlichen Urteilsbegründung) wohl nicht uneingeschränkte Glaubwürdigkeit beanspruchen kann. Doch auch auf Grund der Aussagen der sonstigen Zeugen und des übrigen Beweismaterials ist die Unrichtigkeit der Darstellung des Beschwerdeführers nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand nicht eindeutig feststellbar. Insgesamt steht die Schilderung des Beschwerdeführers gegen die des beschuldigten Wacheorganes, ohne daß hier die Richtigkeit der einen oder der anderen Version erweislich wäre.
2.2.2. Da der behauptete Zwangsakt demgemäß nicht nachgewiesen wurde, fehlt es an einem geeigneten Beschwerdegegenstand. Die Beschwerde war darum in dieser Richtung schon allein aus den eben dargelegten Erwägungen als unzulässig zurückzuweisen (Punkt II. des Spruches).
2.3. Die Kostenentscheidung (Punkt III. des Spruches) - im Sinn des Antrags der Finanzprokuratur (vgl. die ständige Rechtsprechung: , B351/82, B381/81) - fußt auf § 88 VerfGG 1953.
2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.