OGH vom 11.09.2014, 9Nc19/14i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** P*****, vertreten durch Mag. Klaus Mayer, Rechtsanwalt in Unterpremstätten, gegen die beklagte Partei Q***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Robert Galler, Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 15.660 EUR, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht bestimmt.
Text
Begründung:
Mit seiner Klage begehrt der Kläger den Zuspruch offener, in seinem Dienstvertrag vereinbarter Prämien. In seinem Dienstvertrag wurde auch die Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg vereinbart.
Den Antrag auf Delegierung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz stützt der Kläger unter anderem darauf, dass die acht namhaft gemachten Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gericht haben. Auch macht er geltend, dass zu den strittigen Fragen ein Sachverständigengutachten betreffend den Betriebsstandort Graz einzuholen sein werde.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, weil der Betriebsstandort Graz das gewünschte Ergebnis nicht erreicht, sondern massive Verluste erwirtschaftet habe. Sie machte als Beweismittel nur den im Sprengel des vereinbarten Gerichtsstands wohnhaften Geschäftsführer namhaft.
Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus und stützt dies ausschließlich darauf, dass sich die Parteien im Dienstvertrag ausdrücklich auf die Zuständigkeit des Landesgerichts Salzburg geeinigt hätten.
Das Erstgericht trat dem Delegierungsantrag nicht entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung, eine Kostenverringerung oder eine Erleichterung des Gerichtszugangs für die Beteiligten sowie der Amtstätigkeit zu bewirken verspricht (RIS Justiz RS0046333). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS Justiz RS0046589; RS0046324 ua).
Dies ist aber hier der Fall, da nicht nur der Kläger und offenbar auch sämtliche Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz haben, sondern auch die Klärung von diesen Betriebsstandort betreffenden Fragen erforderlich ist. Die Beklagte hat außer dem Verweis auf die Gerichtsstandsvereinbarung keine substantiellen Einwendungen gegen die Delegierung erhoben.
Dass eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts durch Parteienvereinbarung begründet wurde, grundsätzlich ausgeschlossen ist (RIS Justiz RS0046198; RS0046172; Ma yr in Rechberger 3 § 31 JN Rz 4), kommt hier nicht zum Tragen, weil diese Vereinbarung gegen § 9 Abs 1 ASGG verstößt. § 9 Abs 1 ASGG lässt eine Gerichtsstandsvereinbarung unter anderem in einer hier vorliegenden Streitigkeit nach § 50 Abs 1 Z 1 ASGG nur für einen „bestimmten einzelnen Rechtsstreit“, nicht aber generell im Arbeitsvertrag zu ( Neumayr in ZellKomm 2 § 9 ASGG Rz 8).
Dem Delegierungsantrag des Klägers war daher stattzugeben.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0090NC00019.14I.0911.000