VfGH vom 12.12.2016, E380/2016
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung für ein Bauprojekt wegen Widerspruchs zur Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz; keine Bedenken gegen die zum Schutz einer der allgemeinen Wasserversorgung dienenden Wasserversorgungsanlage erlassene Verordnung; Verbot von Aufgrabungen, Bohrungen und Sprengungen in der Kernzone geeignete Maßnahme zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung; keine Verletzung des Berücksichtigungsprinzips
Spruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte mit Schreiben vom beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Lagerplatzverwaltungsgebäudes auf dem Grundstück Nr 1413/7, EZ 1645, KG Kleinmünchen. Das Grundstück liegt in der Kernzone des Grundwasserschongebiets Scharlinz, das mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich zum Schutz der Wasserversorgungsanlage "Scharlinz" der Linz Service GmbH (Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz), LGBl 125/2014, festgelegt wurde. Bereits im Antrag wurde darauf hingewiesen, dass das Bauvorhaben dem in § 8 Abs 1 Z 3 Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz genannten Verbot der Vornahme von Aufgrabungen aller Art mit einer Tiefe von mehr als 3 m über dem mittleren Grundwasserspiegel widerspreche. Zugleich wurden Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Schongebietsverordnung vorgebracht.
2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz wies den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Bescheid vom ab, weil das beantragte Bauvorhaben aufgrund einer Niveauunterschreitung um 0,9 m der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz und damit auch dem WRG 1959 widerspreche.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Dieses wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde als unbegründet ab, weil das eingereichte Projekt zu § 8 Abs 1 Z 3 litg der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz in Widerspruch stehe und auch die Ausnahmebestimmung des Abs 2 leg.cit. nicht einschlägig sei. Ihre Bedenken gegen die Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz habe die beschwerdeführende Gesellschaft nicht dargelegt, prima vista können diese vom Landesverwaltungsgericht auch nicht erkannt werden.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
5. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legten die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor. Von der Erstattung einer Äußerung sahen sowohl der Bürgermeister als auch das Landesverwaltungsgericht ab.
6. Der Landeshauptmann von Oberösterreich legte den Verordnungserlassungsakt betreffend die Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz vor. Auch der Landeshauptmann erstattete keine Äußerung.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. § 34 Abs 1, 2 und 7 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl 215 idF BGBl I 98/2013, lauten samt Überschrift:
"Schutz von Wasserversorgungsanlagen (Wasserschutzgebiete)
§34. (1) Zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung (§30 Abs 2) oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit kann die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde – zum Schutze von nicht bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde – durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen. Darüber hinaus kann – nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen – auch der Betrieb bestehender Anlagen und Unternehmungen im notwendigen Ausmaß eingeschränkt werden. Die besonderen Anordnungen sind tunlichst gleichzeitig in jenem Bescheid, mit dem die wasserrechtliche Bewilligung für die zu schützende Anlage erteilt wird, zu treffen. Die Änderung solcher Anordnungen ist zulässig, wenn der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert.
(2) Zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung kann der Landeshauptmann ferner mit Verordnung bestimmen, daß in einem näher zu bezeichnenden Teil des Einzugsgebietes (Schongebiet) Maßnahmen, die die Beschaffenheit, Ergiebigkeit oder Spiegellage des Wasservorkommens zu gefährden vermögen, vor ihrer Durchführung der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen sind oder der wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, oder nicht oder nur in bestimmter Weise zulässig sind. Zugleich kann die wasserrechtliche Bewilligung für solche Maßnahmen an die Wahrung bestimmter Gesichtspunkte gebunden werden. Solche Regelungen sind im gebotenen Maße nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse abgestuft zu treffen. Die Anordnung von Betretungsverboten darf überdies nur insoweit erfolgen, als das Interesse am Schutz der Wasserversorgung die Interessen von Berechtigten oder der Allgemeinheit am freien Zugang zu den in Betracht kommenden Flächen übersteigt.
[...]
(7) Die Vollziehung einer gemäß Abs 2 oder 2a erlassenen Verordnung obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde. Bedarf eine gemäß Abs 2 bewilligungs- oder anzeigepflichtige Maßnahme noch einer weiteren, in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes oder des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft fallenden wasserrechtlichen Bewilligung, so ist diese Behörde zuständig."
2. Die §§1, 2 und 8 der auf Grundlage des § 34 Abs 2 WRG 1959 erlassenen Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz lauten auszugsweise:
"§1
Bezeichnung als Grundwasserschongebiet
Zum Schutz der Wasserversorgungsanlage 'Scharlinz' der Linz Service GmbH für Infrastruktur und Kommunale Dienste wird in den Gemeinden Linz, Leonding, Pasching und Traun das im § 2 umschriebene Grundwasserschongebiet 'Scharlinz', im Folgenden kurz als Schongebiet bezeichnet, bestimmt.
§2
Grenzen
In der Anlage 1 sind die Außengrenzen sowie die Abgrenzung der Kernzone und der Randzone des Schongebiets in einem Übersichtsplan im Maßstab 1:10.000 dargestellt. In den Anlagen 2/1 - 2/6 ist die parzellenscharfe Abgrenzung des Schongebiets durch Detailpläne im Maßstab 1:3.000 dargestellt. Bestehen Zweifel über den Grenzverlauf dieser Darstellungen, ist die koordinatenbezogene Darstellung der Anlage 3 maßgeblich.
[…]
§8
Verbote in der Kernzone
(1) Zusätzlich zu den im § 5 angeführten Maßnahmen sind in der Kernzone folgende Maßnahmen verboten:
[…]
3. Aufgrabungen, Bohrungen und Sprengungen aller Art tiefer als 3 m über dem mittleren Grundwasserspiegel, wobei
a) Maßnahmen im Interesse des Betriebs der Wasserversorgungsanlage 'Scharlinz',
b) Maßnahmen für nach dem WRG 1959 bewilligungspflichtige Grundwasserentnahmen und bewilligungsfreie Grundwasserentnahmen im Sinn des § 10 Abs 1 WRG 1959,
c) Maßnahmen zur Grundwassererkundung oder zur Verbesserung der Grundwasserqualität,
d) Maßnahmen zur Errichtung oder Erweiterung von Infrastruktureinrichtungen wie für Wasser, Abwasser, Gas, Fernwärme, Telekommunikation, Elektrizitätsversorgung oder für den Straßen- oder Schienenverkehr im Sinn des § 7 Abs 1 Z 3 und 4 usw.,
e) Maßnahmen zur Wartung, Instandhaltung oder Sanierung von rechtmäßig bestehenden Anlagen,
f) Maßnahmen zur Errichtung von Bauwerken oder flächenmäßigen Befestigungen, deren Fußbodenoberkante des untersten oder einzigen Geschosses jedoch nicht tiefer als 3 m über den mittleren Grundwasserspiegel reicht,
g) Maßnahmen zur Errichtung von Bauwerken oder flächenmäßigen Befestigungen auf den in der Kernzone ausgewiesenen abgesenkten Trockenbaggerungsflächen (A bis E dargestellt in den Anlagen 4/1 - 4/5), deren Gelände zum Verordnungszeitpunkt bereits tiefer als 3 m über dem mittleren Grundwasserspiegel liegt, wenn die Fußbodenoberkante des untersten oder einzigen Geschosses bzw. die Oberkante der flächenmäßigen Befestigung das Niveau des Geländes zum Verordnungszeitpunkt nicht unterschreitet,
vom Verbot ausgenommen sind;
[…]"
III. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.
2. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft aufgeworfenen Bedenken gegen die Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu teilen:
2.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft stellt zunächst die Einordnung des Grundwasserwerks Scharlinz als Teil der allgemeinen Wasserversorgung im Sinne des § 34 Abs 2 WRG 1959 in Frage. Dass das Wasserwerk der allgemeinen Wasserversorgung dient, steht für den Verfassungsgerichtshof jedoch auch dann außer Zweifel, wenn man dem Beschwerdevorbringen bzw. den Erläuterungen folgend von einer abnehmenden Bedeutung dieser Wasserversorgungsanlage (zu Gunsten anderer Wasserversorgungsanlagen) ausgeht. § 34 Abs 2 WRG 1959 erhielt seine heutige Fassung durch die WRG Novelle BGBl I 74/1997, mit der auch der Begriff der "allgemeinen Wasserversorgung" eingefügt wurde. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle (321 BlgNR 20. GP, 16) heißt es, dass unter der "allgemeinen Wasserversorgung" nicht allein die öffentliche Wasserversorgung im Sinne des § 36 zu verstehen ist, sondern auch die flächenhafte Selbstversorgung durch Hausbrunnen. Daraus ist zu schließen, dass der nach wie vor gegebene Anteil der Anlage an der Versorgung des Großraums Linz sowie das – unbestrittene – Erfordernis, im Falle eines Ausfalles des (für dieses Gebiet wichtigsten) Wasserwerks Goldwörth 70 % des mittleren Tagesbedarfs im vorgenannten Gebiet abdecken zu können, für eine Subsumtion unter den Begriff der allgemeinen Wasserversorgung jedenfalls ausreichend sind.
Damit fehlt auch entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht das öffentliche Interesse an dem durch die Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz bewirkten Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Eigentum (Art5 StGG, Art 1 1. ZPEMRK). Dieses steht bei einer der allgemeinen Wasserversorgung dienenden Anlage außer Frage.
2.2. Die beschwerdeführende Gesellschaft bestreitet auch die Eignung der in der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz angeordneten Maßnahmen zur Erreichung des Schutzzwecks. Dieses Vorbringen wird von ihr allerdings nur in die Richtung konkretisiert, dass das Schongebiet seit Jahrzehnten in weiten Teilen gewerblich genutzt werde, die Verordnung in bestehende Nutzungen aber nicht eingreife, obwohl bei Neuvorhaben der Grundwasserschutz deutlich höher sei als bei bestehenden Altanlagen. Dem ist zunächst allgemein zu entgegnen, dass aus der möglichen Eignung weiterer Maßnahmen zum Schutz der Wasserversorgung nicht darauf geschlossen werden kann, dass die angeordneten Maßnahmen ungeeignet wären.
Konkret besteht für den Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die umfangreichen Vorarbeiten zur Verordnung (insbesondere die hydrogeologische Untersuchung und Darstellung von Gefährdungspotentialen, durchgeführt von der G.U.T. Gruppe Umwelt + Technik GmbH; in der Folge: G.U.T.-Studie) kein Grund daran zu zweifeln, dass das im vorliegenden Fall alleine präjudizielle Verbot von Aufgrabungen, Bohrungen und Sprengungen in § 8 Abs 1 Z 3 der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz dem Schutz des Grundwassers im Einzugsgebiet des Wasserwerks Scharlinz dient und damit eine geeignete Maßnahme zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung darstellt. Gerade das in der G.U.T.-Studie umfangreich herausgearbeitete Gefährdungspotential, das von in diesem Gebiet bereits rechtmäßig bestehenden Anlagen durch Versickerung in das Grundwasser ausgeht, legt es nahe, die Möglichkeit zusätzlicher Versickerungen durch ein derartiges Verbot zu begrenzen.
2.3. Die beschwerdeführende Gesellschaft bestreitet die Erforderlichkeit der Erlassung der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz, wobei sie vorbringt, es hätte mit – in Bescheidform festzulegenden – Schutzanordnungen das Auslangen gefunden werden können, die Grenzen des Schongebiets seien unsachlich und undifferenziert festgelegt worden und einzelne Verbote seien überschießend.
2.3.1. Ihr erstes darauf bezogenes Argument stützt die beschwerdeführende Gesellschaft maßgeblich auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur WRG- Novelle BGBl I 74/1997 (s. oben 2.1.), wo es im letzten Satz heißt:
"Wie bisher kann eine Schongebietsverordnung auch für einzelne Wasserversorgungsanlagen in Betracht kommen, wenn diese unter den Begriff der allgemeinen Wasserversorgung subsumiert werden können und mit Schutzanordnungen nach Abs 1 nicht das Auslangen gefunden werden kann."
Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, dass daraus nicht der Schluss gezogen werden kann, vor der Einrichtung eines Schongebiets nach § 34 Abs 2 WRG 1959 müsse stets geprüft werden, ob eine Wasserversorgungsanlage durch Schutzanordnungen nach § 34 Abs 1 WRG 1959 ausreichend geschützt werden kann. Vielmehr reicht es aus, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs 2 WRG 1959 erfüllt sind. Dem Erfordernis des dritten Satzes wurde durch die Einrichtung einer Kern- und einer Randzone des Schongebiets Rechnung getragen.
Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das bei der Erlassung gemäß § 34 WRG 1959 eingeräumte Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt worden wäre. In den Erläuterungen werden die Erwägungen für die Ausübung dieses Ermessens, ausgehend von der G.U.T.-Studie, ausführlich dargelegt. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt – abgesehen von ihrer nicht zutreffenden Argumentation zum Verhältnis von Schongebieten zu Schutzanordnungen – keine konkreten Bedenken gegen diese nachvollziehbaren Erwägungen vor.
2.3.2. Für die Festlegung der Grenzen bzw. Zonen des Schongebiets gilt Ähnliches. In den Erläuterungen zu § 2 der Verordnung wird die Grenzziehung – wiederum beruhend auf der G.U.T.-Studie – umfassend erörtert. Auch die beschwerdeführende Gesellschaft spricht nur pauschal davon, dass die Daten veraltet seien, vermag dies aber nicht näher bzw. nachvollziehbar zu begründen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft meint darüber hinaus, die Differenzierung nach bewilligungspflichtigen Maßnahmen, Verboten und Geboten hätte deutlicher ausgeprägt werden müssen, weil im Bereich der "Hochterrasse", die im Vergleich zur sogenannten "Niederterrasse" eine höhere Grundwasserüberdeckung aufweist, nach der G.U.T.-Studie eine umfassende Schutzwirkung gegeben sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass schon durch die Gliederung in Kern- und Randzone (vgl. schon oben 2.3.1.) eine – notwendigerweise generalisierende – sachliche Differenzierung getroffen wurde.
Dem Vorbringen, die von den grundwasserspeisenden Bächen ausgehende Verunreinigungsgefahr sei gegenüber jener aus Zuflüssen, die durch Niederschlag entstehen, unzureichend gewichtet worden, ist einerseits wiederum entgegenzuhalten, dass aus der möglichen Eignung weiterer Wasserschutzmaßnahmen nicht die fehlende Eignung der angeordneten Maßnahmen abgeleitet werden kann (s. schon oben 2.2.), und andererseits darauf hinzuweisen, dass eine Differenzierung zwischen der hydrogeologisch viel komplexeren Verunreinigungsgefahr durch Einsickern und jener durch grundwasserspeisende Bäche jedenfalls als sachgerecht anzusehen ist.
2.3.3. Der Verfassungsgerichtshof kann in Anbetracht des naheliegenden Umstandes, dass jede Aufgrabung, Bohrung oder Sprengung die Überdeckung des Grundwassers verringert, keine Gesetzwidrigkeit darin erblicken, dass der Verordnungsgeber in § 8 Abs 1 Z 3 Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz in der – gegenüber Verunreinigungen besonders sensiblen – Kernzone grundsätzlich jede dieser Maßnahmen verboten hat, wenn sie eine Tiefe von 3 m über dem mittleren Grundwasserspiegel überschreitet.
2.4. Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet weiters, dass durch die Erlassung der Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz das Berücksichtigungsgebot verletzt worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes
wohnt der Bundesverfassung eine gegenseitige Rücksichtnahmepflicht inne. Diese verbietet dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen damit zu unterlaufen (vgl. etwa ua. mwN). Im Verbot des § 8 Abs 1 Z 3 Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz – und nur dieses ist, wie schon mehrfach ausgeführt, im vorliegenden Fall präjudiziell – kann aber ein Unterlaufen von Landeskompetenzen, insbesondere des dem Art 15 Abs 1 B VG unterfallenden Raumordnungsrechts oder des Baurechts, nicht erblickt werden.
3. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt schließlich vor, das Landesverwaltungsgericht habe, sollte der Verfassungsgerichtshof ihre Auffassung nicht teilen, wonach die Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz gesetzwidrig wäre, "den in Rede stehenden Bestimmungen" einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Dadurch erachtet sie sich im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Das Landesverwaltungsgericht hat das von der beschwerdeführenden Gesellschaft geplante Bauprojekt unter § 8 Abs 1 Z 3 Grundwasserschongebietsverordnung Scharlinz subsumiert und dementsprechend den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung abgewiesen. Inwieweit in diesem Subsumtionsvorgang die Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhalts liegen soll, wird in der Beschwerde nicht näher dargetan und vermag auch der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen. Aus diesem Grund kann in der Auslegung des Landesverwaltungsgerichtes auch keine Verletzung im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums erblickt werden.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2016:E380.2016