VfGH vom 04.10.2000, b28/98
Sammlungsnummer
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Leitsatz
Anlassfallwirkung der Aufhebung des Wortes "Sittersdorf" in § 2 Abs 2 Z 3 der AmtssprachenV (Slowenisch), BGBl 307/1977, mit E v , V91/99.
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit ATS 20.500,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Eberndorf vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs 3 Kärntner Bauordnung 1992 verpflichtet, als Alleineigentümer der Grundstücke Nr. 888/5 und .282, KG Eberndorf, auf dem auf diesen Grundstücken befindlichen Gebäude eine neue Orientierungsnummer anzubringen. Dieser Bescheid wurde am zugestellt.
1.2. Am langte beim Gemeindeamt Eberndorf eine in slowenischer Sprache verfasste Eingabe des Beschwerdeführers ein, mit der er beantragte, ihm diesen Bescheid in slowenischer Sprache zuzustellen. Mit Schreiben vom teilte der Bürgermeister der Gemeinde Eberndorf dem Einschreiter mit, dass diese Eingabe nicht behandelt werden könne, da sie nicht in der gesetzlich zugelassenen Amtssprache eingebracht worden sei. Die Gemeinde Eberndorf gehöre gemäß § 2 Abs 1 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307 nicht zu jenen Gemeinden, in denen die slowenische Sprache als Amtssprache zugelassen sei. Aus diesem Grunde werde die Eingabe zurückübermittelt, wobei dem Einschreiter freigestellt werde, Eingaben in deutscher Amtssprache einzubringen.
Mit einem in deutscher Sprache verfassten Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der oben erwähnten Eingabe und erhob für den Fall, dass das Schreiben des Bürgermeisters vom als Bescheid qualifiziert werden sollte, gegen diese Erledigung Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der Gemeinde Eberndorf den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der genannten Eingabe gemäß § 56 AVG 1991 iVm § 2 Abs 1 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307 als unzulässig zurück.
1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung. In weiterer Folge stellte er mit Schreiben vom den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Berufung, die spätestens am bei der Gemeinde Eberndorf eingelangt sei, an den Gemeinderat dieser Gemeinde, da innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten kein Bescheid ergangen sei; die Verzögerung sei ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde, nämlich des Gemeindevorstandes der genannten Gemeinde, zurückzuführen.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der Gemeinde Eberndorf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom als unbegründet ab. Dies iW mit der Begründung, dass der Antrag auf Zustellung des Bescheides des Bürgermeisters vom in slowenischer Sprache in den volksgruppenrechtlichen Vorschriften keine Deckung finde.
1.5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Vorstellung an die Kärntner Landesregierung, die mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde.
2. Gegen diesen Bescheid der Kärntner Landesregierung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, nämlich im Recht auf Gebrauch der slowenischen Sprache vor Behörden (Art7 Z 3 erster Satz des Staatsvertrages von Wien) sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger Normen, nämlich des § 2 Abs 1 Z 3 des Volksgruppengesetzes und des § 2 der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/307, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes begehrt wird.
3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof nach Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Wortes "Sittersdorf" in § 2 Abs 2 Z 3 der Verordnung der Bundesregierung vom über die Bestimmung der Gerichte, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen, vor denen die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen wird, BGBl. 307, ein und hob mit Erkenntnis vom , V91/99, die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig auf.
II. 1. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnungsbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass deren Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- sowie eine Eingabegebühr von ATS 2.500,-- enthalten.
Fundstelle(n):
SAAAE-13244