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OGH vom 24.06.2020, 10ObS74/20k

OGH vom 24.06.2020, 10ObS74/20k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S*****, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 23 Rs 4/20i-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin beantragte aus Anlass der Geburt ihrer Tochter am das Kinderbetreuungsgeld als Konto für 851 Tage ab der Geburt bis zur höchstmöglichen Bezugsdauer ( bis ).

Sie lebt im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind in Österreich, sie und das Kind sind in F***** hauptwohnsitzlich gemeldet. Die Klägerin geht derzeit keiner Beschäftigung nach.

Der Vater des Kindes ist unselbständig in Liechtenstein beschäftigt und lebt von der Klägerin und dem Kind getrennt in Österreich.

Im Revisionsverfahren noch strittig ist die von getrennt lebenden Elternteilen zu erfüllende Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 8 KBGG (Anspruch des antragstellenden Elternteils auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 Z 1 KBGG in eigener Person).

Mit vom lehnte die Vorarlberger Gebietskrankenkasse den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass die Klägerin die Familienbeihilfe nicht selbst beziehe, sondern die liechtensteinische Familienzulage (Kinderzulage) an den Vater gewährt werde. Die Voraussetzung des § 2 Abs 8 KBGG sei daher nicht erfüllt.

Das gab dem Klagebegehren auf Kinderbetreuungsgeld entsprechend dem seinerzeitigen Antrag statt. Es stellte fest, dass die Klägerin im Zeitraum von bis Wochengeld bezogen und im Zeitraum von Mai 2019 bis August 2019 die Familienbeihilfe in voller Höhe erhalten hat. Unter Hinweis auf die Mitteilung des Finanzamts F***** über den Bezug der Ausgleichszahlung (Blg ./K) stellte das Erstgericht weiters fest, dass die Klägerin seit September 2019 eine Ausgleichszahlung zur Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag in Österreich bezieht. Der Vater des Kindes bezog die liechtensteinische Geburtszulage in Höhe von 2.300 CHF und im Zeitraum von Mai bis August 2019 die liechtensteinische Kinderzulage als Ausgleichszulage. Seit September 2019 erhält er die liechtensteinische Kinderzulage in voller Höhe von 280 CHF monatlich.

Soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich, ging das Erstgericht rechtlich davon aus, dass die von der Klägerin seit September 2019 gemäß § 4 Abs 2 FLAG bezogene Ausgleichszahlung zur Familienbeihilfe nach § 4 Abs 6 FLAG als Familienbeihilfe iSd FLAG gelte, sodass (auch) die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 8 KBGG iVm § 2 Abs 1 Z 1 KBGG erfüllt sei.

Das billigte diese Rechtsansicht und gab der von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer zeigt die nunmehrige Beklagte (Österreichische Gesundheitskasse) keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Gegen die Zuerkennung von Kinderbetreuungsgeld an die Klägerin für den Zeitraum von bis August 2019 (in welchem Zeitraum diese die Familienbeihilfe in voller Höhe ausbezahlt erhalten hat) führt die Beklagte nichts ins Treffen, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.

2. Die Beklagte wendet sich in ihrer Revision auch nicht gegen die Klagestattgebung tragende Begründung der Vorinstanzen, schon aus dem Wortlaut des § 4 Abs 6 FLAG ergebe sich, dass der festgestellte Bezug der Ausgleichszahlung als Familienbeihilfe iSd FLAG gelte, sodass auch die Anforderungen des § 2 Abs 8 KBGG für die Anspruchsberechtigung der Klägerin erfüllt seien. Unterlässt aber die außerordentliche Revision die Bekämpfung der Hauptbegründung des Berufungsgerichts, wird keine für die Entscheidung der Rechtssache erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dargestellt (RS0118709 [T4]).

3. Die Revisionswerberin macht lediglich geltend, dass die Klägerin tatsächlich keine Familienbeihilfe, sondern den Kinderabsetzbetrag bezogen habe. Mit diesen Ausführungen weicht sie aber in unzulässiger Weise von den Sachverhaltsfeststellungen ab:

3.1 Wie die Revisionswerberin selbst darlegt, stellt der in § 33 Abs 3 EStG geregelte Kinderabsetzbetrag eine nach Funktion und Struktur von der Familienbeihilfe gänzlich unterschiedliche Leistung dar.

3.2 Nach den Feststellungen bezog die Klägerin ab September 2019 die Familienbeihilfe als Ausgleichszahlung Kinderabsetzbetrag; Gegenteiliges wurde im Verfahren erster Instanz auch nicht behauptet.

3.3 Auch in ihrer Berufung bestritt die Beklagte nicht, dass die Klägerin eine Ausgleichszahlung zur Familienbeihilfe erhalten hat. Sie legte ihren Berufungsausführungen diesen Bezug sogar zugrunde, indem sie den Standpunkt einnahm, zwecks Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 8 KBGG (iVm § 2 Abs 1 Z 1 KBGG) hätte die Klägerin nicht nur die Ausgleichszahlung, sondern auch die ausländische Familienbeihilfenleistung in eigener Person beziehen müssen.

4. Mit ihrem erstmals in der Revision erstatteten Vorbringen bzw der Schlussfolgerung, bei der von der Klägerin erhaltenen Zahlung könne es sich nur um den Kinderabsetzbetrag handeln, weil die vom Vater des Kindes bezogene liechtensteinische Kinderzulage höher sei als die österreichische Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag zusammen, weicht die Revisionswerberin in unzulässiger Weise vom festgestellten Sachverhalt ab. Der – hier allein geltend gemachte – Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO liegt nur vor, wenn aufgezeigt wird, dass der festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde (RS0043312).

5. Die Revision ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (ebenso zu einem ähnlichen Sachverhalt ; siehe auch 10 ObS 37/20v und 10 ObS 72/20s).

Die außerordentliche Revision ist zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00074.20K.0624.000

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