zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 27.09.2017, 9ObA96/17h

OGH vom 27.09.2017, 9ObA96/17h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Bianca Hammer und ADir. Gabriele Svirak in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei E***** J*****, vertreten durch Dr. Guido Bach, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 91.411,26 EUR brutto sA und Feststellung (Streitwert: 21.899,83 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 76/16d36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Das ist hier nicht der Fall:

2. Der Kläger war von 1968 bis bei den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten beschäftigt, war Prokurist, hatte mehrere Jahre die Funktion eines Geschäftsführers von einer Tochtergesellschaft der Beklagten inne und war bis Juni 2005 auch Konzernbeauftragter für Bank- und Kundenkarten auf dem Gebiet Österreich, Zentral- und Osteuropa. Im Jahr 2000 stimmte er einer Änderung der Pensionszusage der Beklagten durch Wechsel in ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem zu. Die Vereinbarung lautete auszugsweise: „Der Dienstnehmer und die Bank kommen überein, dass die zwischen ihnen bestehende Pensionsregelung mit Wirkung ab im beidseitigen Einvernehmen ergänzt bzw. abgeändert wird. Aufbauend auf die bis dahin einzelvertraglich geltenden Bestimmungen der Pensionszusage der Bank treten die Regelungen der Auslagerungs-Betriebsvereinbarung über den Beitritt zur Pensionskasse in Kraft. Dadurch werden die bis erworbenen Anwartschaften auf Alterspension und die daraus resultierenden Hinterbliebenenleistungen von der ***** [Bank] gemäß der beiliegenden individuellen Berechnung in die Pensionskasse übertragen und die weitere Finanzierung der Pensionszusage durch laufende Pensionskassenbeiträge vorgenommen.“ Der Vereinbarung lag auch eine individuelle Berechnung bei.

3. Soweit im Revisionsverfahren relevant, erachtet der Kläger den Wechsel in das Pensionskassensystem als unwirksam. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei er leitender Angestellter der Beklagten gewesen, sodass die „Auslagerungs-Betriebsvereinbarung“ auf ihn nicht zur Anwendung komme. Die mit ihm getroffene Individualvereinbarung sei mangels Einhaltung der Vorgabe des § 3 Abs 2 BPG nichtig, weil darin lediglich auf die Betriebsvereinbarung Bezug genommen worden sei.

4. Selbst wenn der Kläger als leitender Angestellter anzusehen sein sollte, wäre für ihn nichts gewonnen:

4.1. Gemäß § 3 Abs 2 BPG bedarf für Arbeitnehmer, die von keinem Betriebsrat vertreten sind oder für die kein Kollektivvertrag (im Sinn der Abs 1 und 1a) gilt, der Beitritt zu einer Pensionskasse des vorherigen Abschlusses einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, die nach einem Vertragsmuster unter Berücksichtigung des § 18 (Gleichbehandlungsgebot) zu gestalten ist. Dieses Vertragsmuster hat die in Abs 1 leg cit genannten Angelegenheiten zu regeln.

4.2. Bereits in der Entscheidung 9 ObA 100/16w wurde zu einer nahezu identen vertraglichen Regelung festgehalten, es komme darauf an, ob die Einzelvereinbarung – mit der die Regelungen der Betriebsvereinbarung parallel auch für den Kläger gelten sollten – mit dem Verweis auf die Auslagerungs-Betriebsvereinbarung die Mindest-voraussetzungen einer Grundlagenvereinbarung gemäß § 3 Abs 2 BPG erfülle. Damit wurde aber eine Vertragsgestaltung mit Verweistechnik als den Vorgaben des § 3 Abs 2 BPG entsprechend angesehen (vgl auch 9 ObA 115/07p zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen einer Grundlagenvereinbarung bei Bezugnahme auf die damals bereits vorhandenen vertraglichen Grundlagen und Berechnungen).

4.3. Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit der hA, nach der auch eine im Betrieb geltende Betriebsvereinbarung als solches Vertragsmuster herangezogen werden kann und eine entsprechende Individualvereinbarung selbst dann Inhalt des Einzelarbeitsvertrags werden kann, wenn das entsprechende Angebot des Arbeitgebers und dessen Annahme durch den Arbeitnehmer zumindest konkludent erfolgen (s nur Resch in ZellKomm2§ 3 BPG Rz 26 mwN; Drs, Handbuch Betriebspensionsrecht Rz 3.13, jeweils unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte der Norm; vgl auch Huger/Laimer, BPG [2017] § 3 S 130). Die Bezugnahme auf die Auslagerungs-Betriebsvereinbarung entspricht aber auch dem Zweck der Regelung, dass alle Arbeitnehmer eines Betriebs unabhängig von einer Vertretung durch den Betriebsrat oder der Geltung eines Kollektivvertrags gleichmäßig in den Genuss einer betrieblichen Pensionszusage kommen können sollen (vgl Huger/Laimer aaO 128). Dies stellt in besonderer Weise die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebots sicher.

4.4. Dass die Auslagerungs-Betriebsvereinbarung dem Kläger nicht bekannt oder zugänglich gewesen wäre, behauptet er nicht. Gilt diese für den Kläger aber auch infolge des wirksamen individualvertraglichen Verweises, so ist die Frage seiner Position als leitender Angestellter nicht weiter entscheidungsrelevant.

5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00096.17H.0927.000
Schlagworte:
1 Generalabonnement,11 Arbeitsrechtssachen

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.