OGH vom 14.03.2014, 13Os6/14b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gansterer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Valentino T***** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 52 Hv 65/13b 21, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Valentino T***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am in Wien Caroline J***** mit Gewalt gegen ihre Person, nämlich dadurch, dass er sie gegen eine Hausmauer bzw eine Eingangstür drückte, sie dort fixierte, gegen ihr Schienbein trat und ihr ein Mobiltelefon entriss, eine fremde bewegliche Sache mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) widerspricht die Aussage der Zeugin Caroline J*****, wonach der Beschwerdeführer sie gegen eine Tür gedrückt, ihr das Mobiltelefon „aus der Hand gerissen“, sie „zur Seite geschubst“ und sie getreten habe (ON 20 S 23), den Urteilsfeststellungen zur gewaltsamen Sachwegnahme (US 3) nicht, womit der diesbezügliche Einwand der Urteilsunvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ins Leere geht.
Das Erstgericht stützt die Konstatierungen zum Tathergang und zur Täterschaft des Beschwerdeführers auf die als glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Caroline J***** (US 4 f) und legt den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend (Z 5 vierter Fall) dar, Unschärfen in der polizeilichen Aussage dieser Zeugin darauf zurückzuführen, dass Caroline J***** im Zeitpunkt der diesbezüglichen Befragung noch unter dem (verängstigenden) Eindruck der Tat stand (US 5).
Hievon ausgehend ist eine gesonderte Erörterung jedes Aussagedetails wie beispielsweise (von der Beschwerde releviert) der Erstangaben zur Haarlänge des Täters unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht erforderlich, sie würde vielmehr dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zuwiderlaufen (RIS Justiz RS0098377, jüngst 12 Os 73/13x).
Die Subsumtionsrüge (Z 10), die einen Schuldspruch nach der privilegierenden Norm des § 142 Abs 2 StGB anstrebt, unterlässt den zur prozessordnungskonformen Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes unabdingbaren Vergleich des festgestellten Sachverhalts mit dem aus ihrer Sicht anzuwendenden Gesetz (RIS Justiz RS0099810).
§ 142 Abs 2 StGB setzt nämlich unter anderem voraus, dass der Raub an einer Sache geringen Wertes begangen worden ist. Dabei liegt die Höchstgrenze für die Annahme eines „geringen Wertes“ nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre bei etwa 100 Euro ( Eder Rieder in WK² StGB § 142 Rz 59, Hintersteininger SbgK § 142 Rz 49, jeweils mwN), wogegen das hier weggenommene Mobiltelefon nach den Urteilsfeststellungen einen Wert von 379 Euro verkörperte (US 3).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO). Dieses wird zu beachten haben, dass sich die Zuständigkeit zur Beschlussfassung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) nach § 495 Abs 2 StPO richtet (RIS Justiz RS0111521; Jerabek , WK StPO § 494a Rz 7), das Erstgericht diese Kompetenz hier also zu Unrecht in Anspruch genommen hat (US 6).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.