OGH vom 10.09.2013, 9Nc13/13f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 6.492,45 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 59 Cga 20/13z zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Landesgericht Salzburg als Arbeits und Sozialgericht eingebrachten Klage, den Beklagten zur Rückzahlung zu viel gezahlter Provisionen aus der Vermittlung von Versicherungs und Finanzverträgen zu verpflichten. Auf Basis eines Agentenvertrags sei es Aufgabe des Beklagten gewesen, interessierte Kunden über Finanzdienstleistungen zu beraten und Abschlüsse zu vermitteln. Aufgrund von Vertragsstornierungen sei der Beklagte zur Rückzahlung verpflichtet.
Der Beklagte erhob gegen den Zahlungsbefehl Einspruch. Er habe die Provisionen verdient. Der Beklagte habe auch keine Stornierungen von Verträgen zu verantworten. Er beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht, weil dies den von ihm namhaft gemachten Zeugen und ihm selbst das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtern würde. Eine Delegierung verkürze und verbillige somit das Verfahren.
Die Klägerin sprach sich gegen die vom Beklagten begehrte Delegierung aus. Die vom Beklagten geltend gemachten prozessökonomischen Gründe lägen nicht vor. Elf von ihr beantragte Zeugen seien aus Salzburg bzw Deutschland. Das Landesgericht Salzburg als Arbeits und Sozialgericht sei bereits mit mehreren Rechtsangelegenheiten, denen gleichartige Vertragsgrundlagen und Provisionsabrechnungen zugrunde liegen würden, befasst.
Das Landesgericht Salzburg als Arbeits und Sozialgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. In seiner Stellungnahme sprach es sich weder für noch gegen die beantragte Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (RIS Justiz RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS Justiz RS0046589; RS0046324; RS0046455).
Im vorliegenden Fall sind von den von beiden Parteien beantragten Zeugen zwölf in der Steiermark, zwei in Wien, einer in Deutschland und neun Zeugen in Salzburg wohnhaft. Auch wenn in Fällen, in denen der Gerichtsstand des § 4 Abs 1 Z 1 lit b ASGG vom Arbeitgeber in Anspruch genommen wird, den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers besonderes Gewicht zukommt (8 Nc 111/02v), kann hier dennoch nicht außer Betracht bleiben, dass mit und ohne Delegierung jeweils eine große Anzahl von Personen nicht am jeweiligen Gerichtsort wohnhaft ist. Es kann daher nicht gesagt werden, dass mit der Delegierung eine wesentliche Verkürzung, Beschleunigung oder Verbilligung des Verfahrens verbunden und sie daher im Interesse beider Parteien gelegen wäre.
Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligter für die vom Beklagten beantragte Delegierung sprechen, liegen jedenfalls nicht vor. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.