OGH vom 11.07.2013, 9Nc11/13m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Kohlbacher, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** W*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Herausgabe (Streitwert 4.000 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht das Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 19 Cga 9/13p zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin als ehemalige Arbeitgeberin des Beklagten begehrt die Herausgabe bestimmter Kundenakten, in eventu die Bereitstellung dieser zur Abholung. Die Klägerin mit Sitz in Salzburg stützte die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf eine vom Beklagten bestrittene Gerichtsstandsvereinbarung, hilfs-weise auf den Wahlgerichtsstand des § 4 Abs 1 lit b ASGG.
Der in Tirol wohnhafte Beklagte beantragte die Delegierung der Arbeitsrechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht. Sämtlichen von ihm namhaft gemachten und in Tirol wohnhaften 18 Zeugen würde dadurch das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht wesentlich erleichtert werden. Da damit auch die Zeugengebühren wesentlich geringer wären, liege die Delegierung aus prozesskostenökonomischen Erwägungen auch im Interesse beider Parteien.
Die Klägerin sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Mehrere vom Beklagten namhaft gemachte Zeugen könnten aus eigener Wahrnehmung keine Angaben zum Vorbringen des Beklagten machen. Einzelne Zeugen könnten auch entweder im Rechtshilfeweg von den zuständigen Bezirksgerichten an deren Wohnort oder mittels Videokonferenz einvernommen werden. In Hinblick auf den im Falle einer Delegierung für die Klägerin anfallenden doppelten Einheitssatz würden die Verfahrenskosten unnötig höher ausfallen.
Das Erstgericht befürwortete die Delegierung, weil sämtliche vom Beklagten und teilweise auch die von der Klägerin namhaft gemachten Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnhaft seien. Die unmittelbare Beweisaufnahme erscheine zudem auch deshalb zweckdienlich, weil den Zeugen aller Voraussicht nach umfangreiche Urkunden vorzuhalten sein werden.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).
Im vorliegenden Fall haben zwar der Beklagte und die weitaus überwiegende Anzahl der von den Parteien genannten Zeugen (insbesondere jene des Beklagten) ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck. Technische oder andere Gründe, die einer Vernehmung der Zeugen des Beklagten per Videokonferenz entgegenstehen würden, sind jedoch nicht ersichtlich. Eine Delegierung wäre auch nicht zwingend mit einer Verfahrensbeschleunigung verbunden, weil das Landesgericht Salzburg mit den sich in der vorliegenden Rechtssache stellenden Sachfragen aufgrund der Mehrzahl von ähnlichen Fällen schon vertraut ist, während sich das Landesgericht Innsbruck erst entsprechend einzuarbeiten hätte. Die Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist somit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens zu beantworten.
Dem Antrag ist damit ein Erfolg zu versagen.