OGH vom 26.02.2020, 9Nc1/20a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Elhar M*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Nichtigkeitsklage, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das beim Obersten Gerichtshof anhängige Verfahren 9 Nc 1/20a wird bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts, ob für den Kläger ein (einstweiliger) Erwachsenenvertreter bestellt oder eine sonstige Maßnahme getroffen wird, unterbrochen.
Das Bezirksgericht Linz wird ersucht, das gefertigte Gericht vom Ausgang des Pflegschaftsverfahrens AZ 38 P 208/19y bzw den getroffenen Maßnahmen zu verständigen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger erhebt gegen die Beklagte eine „Nichtigkeitsklage“ verbunden mit einem „Antrag auf Eilverfahren“. Unter Geltendmachung zahlreicher Nichtigkeitsgründe stellt der Kläger zahlreiche an den Obersten Gerichtshof gerichtete Anträge.
Eine Entscheidung über diese „Nichtigkeitsklage“ ist derzeit nicht möglich.
Zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Kläger ist beim Bezirksgericht Linz zu AZ 38 P 208/19y ein Pflegschaftsverfahren anhängig. Der in diesem Verfahren bestellte neurologisch-psychiatrische Sachverständige Prim. Dr. C***** R***** hat am ein Gutachten erstattet (ON 58). Darin ist er zusammengefasst zur Ansicht gelangt, dass aus neurologisch-psychiatrischer Sicht für den Betroffenen die Bestellung eines Erwachsenenvertreters für die finanziellen Angelegenheiten und für die Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden, Gerichten, privaten Vertragspartnern, für Verträge, welche über den täglichen Gebrauch hinausgehen, und Sozialversicherungsträgern, insbesondere in den anstehenden und gegenständlichen Gerichtsverfahren zu empfehlen sei.
Es liegen somit Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger bestimmte Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfähigkeit nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann (§ 271 Z 1 ABGB). Davon umfasst ist auch die Frage, ob der Kläger in der Lage ist, die Tragweite eines allenfalls von ihm erteilten Prozessauftrags zu erkennen. Nur dann wäre auch eine Bevollmächtigung wirksam (vgl RS0008539; 7 Ob 216/18t Pkt 2.).
Das Prozessgericht darf die Prozessfähigkeit einer der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegenden Partei, für die kein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt wurde, nicht selbst prüfen (vgl RS0035270). Liegen Anzeichen dafür vor, dass eine Partei aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit das Gerichtsverfahren nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann, ist das zuständige Pflegschaftsgericht gemäß § 6a ZPO zu verständigen. Dieses hat dem Prozessgericht mitzuteilen, ob ein (einstweiliger) Erwachsenenvertreter bestellt oder sonst eine entsprechende Maßnahme getroffen wird (§ 6a Satz 2 ZPO). Bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ist das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 190 ZPO zu unterbrechen (RS0035234; 9 Ob 24/11m).
Auch wenn – so wie hier – zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für eine Prozesspartei bereits ein Verfahren beim Pflegschaftsgericht anhängig ist, so ist – ebenfalls in sinngemäßer Anwendung des § 190 ZPO – das anhängige Verfahren zu unterbrechen, um die betroffene Prozesspartei vor möglichen Nachteilen, die die Fortführung des Verfahrens mit sich bringen kann, zu schützen. Einer Übermittlung des Akts an das Pflegschaftsgericht bedarf es diesfalls nicht.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0090NC00001.20A.0226.000 |
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