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OGH vom 28.06.1995, 9ObA94/95

OGH vom 28.06.1995, 9ObA94/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Julius Schuszter und Dr.Wilhelm Gloss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helmuth N*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Bertram Grass, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei A***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Andreas Oberbichler und Dr.Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen 353.876 S brutto sA, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 5 Ra 19/95-31, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 33 Cga 156/93k-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die beklagte Partei ausschließlich Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits in der Berufung geltend gemacht wurden. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, daß ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Da die im § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG vorgesehen gewesene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, kann seit Inkrafttreten des ASGG ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, auch in Arbeitsrechtssachen mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Rechtsmittels der beklagten Partei ist daher nicht einzugehen.

Da die Beurteilung der Rechtsfrage durch das Berufungsgericht zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Fest steht, daß der Kläger im März 1993 in eine psychische Ausnahmesituation geraten war, die ihre Wurzel im Verhältnis zum Geschäftsführer der beklagten Partei hatte; der Kläger konnte ohne Gefahr eines weiteren Schadens für seine Gesundheit die Dienstleistungen nicht fortsetzen. Er war arbeitsunfähig. Die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit war von einer Änderung der Situation am Arbeitsplatz abhängig. Auch unter diesbezüglich guten Voraussetzungen wäre bei psychiatrischer Behandlung ein Krankenstand von 4-8 Wochen zu erwarten gewesen. Voraussetzung für eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers wäre aber jedenfalls ein Beendigung der Zusammenarbeit mit dem damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei gewesen. Nun wußte der Kläger wohl, daß dieser in absehbarer Zeit in Pension gehen werde, doch war ihm nicht bekannt, daß dies so unmittelbar bevorstand und überdies war keineswegs gesichert, daß mit der Pensionierung des Seniorchefs die berufliche Zusammenarbeit beendet sein würde, zumal dieser unmittelbar im Betriebsverband wohnte und im Hinblick darauf, daß danach seine Familienangehörigen (Sohn und Gattin) als Geschäftsführer tätig waren, zumindest während einer Übergangszeit mit seinem weiteren aktiven Tätigwerden im Betrieb zu rechnen war. Da der Kläger ohne weitere Gefährdung seiner Gesundheit unter diesen Bedingungen aber nicht weiterarbeiten konnte, waren die Voraussetzungen des § 26 Z 1 AngG erfüllt.

Für die Annahme eines Verschuldens des Geschäftsführers der beklagten Partei am psychischen Ausnahmezustand des Klägers wie auch für Umstände, die den Austrittstatbestand des § 26 Z 4 AngG begründen könnten, bieten die Feststellungen keine ausreichenden Anhaltspunkte. Mögen auch die festgestellten Äußerungen des Geschäftsführers dem Betriebsklima abträglich und für den Kläger demotivierend gewesen sein, erfüllen sie doch weder für sich noch in der Gesamtschau betrachtet den Tatbestand des § 26 Z 4 AngG. Auch ein Verschulden des Geschäftsführers an der psychischen Erkrankung des Klägers haben die Vorinstanzen mit Recht verneint, weil unter normalen Umständen - bei Fehlen einer entsprechenden Konstitution des Klägers - aufgrund der festgestellten Äußerungen des Geschäftsführers keineswegs mit solchen Folgen gerechnet werden konnte. Das weitere Vorbringen des Klägers (Beschimpfungen, Herabsetzung vor Kunden) konnte im Beweisverfahren nicht erwiesen werden.

Fraglich könnte sein, ob den (dem Kläger erst nach der Austrittserklärung zur Kenntnis gelangten) Erklärungen des Geschäftsführers gegenüber der Gattin des Klägers bei Telephonanrufen das Gewicht eines Austrittstatbestandes zukommt. Festgestellt wurde dazu, daß der Geschäftsführer bei diesen Gelegenheiten "mehrmals abfällige Bemerkungen über den Kläger" fallen ließ. Ob diese Bemerkungen einen Austrittsgrund bilden, könnte aber nur ausgehend von ihrem Wortlaut beurteilt werden; dieser steht aber nicht fest. Darin liegt aber auch kein Feststellungsmangel, weil das Erstgericht ausführte, der Aussage der Gattin des Klägers (die allein diesen Wortlaut berichtete) nicht zu folgen; zufolge des Naheverhältnisses zwischen den Ehegatten erscheine die Aussage nicht ausreichend glaubwürdig. Die Feststellung des Wortlautes der Bemerkungen des Geschäftsführers wurde daher nicht einfach unterlassen; das Erstgericht ging vielmehr davon aus, daß der Wortlaut der Erklärungen des Geschäftsführers nicht festgestellt werden könne. Damit ist aber dem Kläger der Beweis für das Vorliegen auch dieses Austrittsgrundes nicht gelungen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 2, 50 Abs 1 ZPO.

Fundstelle(n):
MAAAE-12919