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OGH 13.06.1996, 8ObS9/95

OGH 13.06.1996, 8ObS9/95

Rechtssatz


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Normen
RS0102996
Wurden vor dem lediglich Anwartschaften auf Ruhegenuß, aber nicht ein Anspruch auf Zahlung eines solchen erworben, gebührt dafür kein Insolvenzausfallgeld (so schon 8 Ob S 18/94).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer und die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr.Hans Peter Bobek und Dr.Anton Wladar als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Emil C*****, vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen S*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenzausfallgeld (S 536.686,08 netto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 138/94-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 31 Cgs 243/93d-31, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil unter Einschluß des mangels Anfechtung unberührt bleibenden Teils (Zurückweisung des Zinsenbegehrens) lautet:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 536.686,08 (netto) zu bezahlen, wird abgewiesen.

Das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 4 % Zinsen ab aus S 536.686,08 zu bezahlen, wird zurückgewiesen."

Die klagende Partei hat ihre Verfahrenskosten einschließlich jener des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Hinsichtlich des Sachverhalts wird grundsätzlich auf jenen der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 8 ObS 12/95, zugrundeliegenden und dort detailliert wiedergegebenen verwiesen, der weitgehend mit dem hier vorliegenden identisch ist. Dort hatte ein anderes in denselben Gesellschaften tätiges Mitglied der Familie des Klägers ebenfalls Anspruch auf Insolvenzausfallgeld in Höhe von (eingeschränkt) S 536.686,08 netto sA geltend macht.

Hier ist davon auszugehen, daß der Kläger im Jahre 1958 in das damals als Einzelfirma geführte Unternehmen Rudolf B***** eintrat. Dieses sicherte ihm mit Pensionsübereinkommen vom Ruhe- und Versorgungsgenüsse zu, deren Höhe von der Anzahl der Dienstjahre und dem zuletzt bezogenen Gehalt abhängig war. Nach Umwandlung des Einzelunternehmens in eine GmbH im Jahre 1971 war der Kläger nicht nur Angestellter, sondern in der folgenden Zeit auch Geschäftsführer dieser GmbH; später, nach Umwandlung der GmbH in eine Aktiengesellschaft, war er Mitglied des Vorstands, und zwar bis April 1988. Im Jahre 1977 gründeten die an der B***** GmbH beteiligten Gesellschafter die R***** Verwaltungs AG, die Alleingesellschafterin der B***** GmbH (bzw der späteren AG) wurde; der Kläger war an dieser VerwaltungsAG mit 7,5 % beteiligt und stets deren Vorstandsmitglied.

Mit übernahm die V***** Inc 50 % der bisher von der R***** Verwaltungs AG allein gehaltenen Aktien der B***** AG (der späteren Gemeinschuldnerin) und sicherte sich in einem Syndikatsvertrag mit der R***** Verwaltungs AG das Abstimmungsverhalten im Aufsichtsrat der späteren Gemeinschuldnerin. Mit diesem Zeitpunkt wurde der Kläger als Vorstand der späteren Gemeinschuldnerin abberufen und das Dienstverhältnis zu dieser gelöst. Mit gleichem Tag schloß er mit der späteren Gemeinschuldnerin einen neuen, als Dienstvertrag bezeichneten Vertrag, der vom bis dauerte. Das Pensionsabkommen wurde ebenfalls neu gestaltet (und 1989 nochmals zu seinen Gunsten modifiziert). Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger dem Vorstand der späteren Gemeinschuldnerin weisungsunterworfen. Seit bezieht der Kläger von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten eine Alterspension. Kurz darauf wurde über das Vermögen der B***** AG das Konkursverfahren eröffnet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren nach Zahlung von Insolvenz-Ausfallsgeld in der zuletzt noch geltend gemachten Höhe in der Hauptsache statt.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung; lediglich das Zinsenbegehren wurde zur Gänze zurückgewiesen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, daß nach den getroffenen Feststellungen "kein Zusammenhang zwischen der Entgelthöhe im Dienstvertrag und der Entgelthöhe im Aktienbereich" bestanden habe. Die 1988 und 1989 zugesagten Pensionserhöhungen seien keine Zinsen für ein gewährtes Darlehen gewesen, sodaß die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld nicht deshalb ausgeschlossen sei. Der Kläger sei zwar Vorstandsmitglied der R***** AG und an dieser mit 7,5 % beteiligt gewesen, er sei jedoch während der hier zu berücksichtigenden Dienstnehmerjahre (1958 bis 1971 und 1988 bis 1991) weder Organ der insolvent gewordenen B***** AG gewesen noch habe er auf diese einen beherrschenden Einfluß ausüben können; er sei daher von der Anspruchsberechtigung gemäß § 1 Abs 6 Z 2 oder 3 IESG nicht ausgenommen. Auf die vorliegende Pensionszusage sei das Betriebspensionsgesetz anzuwenden; dem Kläger gebühre daher eine einmalige Leistung von 24 Monatsbeträgen (zur näheren Berechnung siehe S 9 f des berufungsgerichtlichen Urteils und S 19 f des erstgerichtlichen Urteils).

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Der Kläger war bei der späteren Gemeinschuldnerin seit ihrer "Umgründung" in eine GmbH Geschäftsführer und sodann nach ihrer Umwandlung in eine AG bis April 1988 Vorstandsmitglied. Überdies war er bei der R***** Verwaltungs AG, die von ihrer Gründung im Jahre 1977 bis April 1988 Alleingesellschafterin der späteren Gemeinschuldnerin war, von Anbeginn an und auch noch nach der Umstrukturierung im April 1988 Vorstandsmitglied und Minderheitsgesellschafter. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des "Dienstvertrages" samt Pensionszusage vom , der uno actu mit der Teilübernahme der Aktien der späteren Gemeinschuldnerin an die V***** Inc erfolgte, war der Kläger noch Vorstandsmitglied der späteren Gemeinschuldnerin und in der Folge (zur Zeit der Erhöhung seiner Pensionszusage im Dezember 1989) weiterhin Vorstandsmitglied der R***** Verwaltungs AG. Die R***** AG war ab 1988 noch mit 50 % an der Gemeinschuldnerin beteiligt und hatte damit typischerweise ausreichende gesellschaftsrechtliche Einflußmöglichkeiten auf die Gemeinschuldnerin; auf faktische Beschränkungen des Einflußes kann bei der Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht abgestellt werden.

Zufolge der organschaftlichen Stellung des Klägers in der R***** AG, die als Muttergesellschaft der Gemeinschuldnerin anzusehen ist, ist - wie der erkennende Senat bereits in der vorgenannten Entscheidung 8 ObS 12/95 ausgeführt hat - der Ausschlußtatbestand des § 1 Abs 6 Z 2 IESG analog auf die Tätigkeit des Klägers als Angestellter (oder als arbeitnehmerähnlicher Konsulent) der Gemeinschuldnerin anzuwenden. Er gehört eben zu jenem Personenkreis, der typischerweise auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verstärkt und unmittelbar Einfluß nehmen und sich auch rechtzeitig persönlich einen umfassenden Einblick in die maßgeblichen Verhältnisse verschaffen konnte (siehe hiezu ausführlich SZ 64/124).

Da schon die organschaftliche Stellung zur Muttergesellschaft somit einen absoluten Ausschluß des Anspruchs auf Insolvenzausfallgeld gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG bewirkt, bedarf es der Prüfung eines allfälligen beherrschenden Einflusses des Klägers auf die Gemeinschuldnerin gemäß § 1 Abs 6 Z 3 IESG nicht mehr.

Der Kläger hat vor dem lediglich Anwartschaften auf Ruhegenuß, aber nicht Anspruch auf Zahlung eines solchen erworben; solche Anwartschaften können aber gemäß § 3 Abs 5 IESG iVm Art 5 Abs 3 BPG Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld nicht begründen (8 ObS 18/94).

Die Entscheidung der Vorinstanzen waren daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 77 ASGG.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1996:008OBS00009.95.0613.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-12908