OGH vom 18.11.2019, 8ObS9/19k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Johanna Biereder und Nicolai Wohlmuth als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei IEF-Service GmbH, 9020 Klagenfurt, Kumpfgasse 25, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 13.765 EUR netto sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 12.624,10 EUR netto sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 15/19h-18, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 43 Cgs 222/16h-14, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abgeändert, dass sie einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teils zu lauten haben:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 9.858,20 EUR netto zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin weitere 3.906,80 EUR netto binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.121,56 EUR (darin enthalten 520,20 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 1.215,48 EUR (darin enthalten 202,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab bei der späteren Schuldnerin, der H***** KEG, als Arbeiterin mit einem Stundenlohn von 7,90 EUR brutto teilzeitbeschäftigt. Am wurde die Schwangerschaft der Klägerin festgestellt, worüber sie umgehend ihren Arbeitgeber informierte. Am selben Tag wurde ihr per SMS die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mitgeteilt. Am wurde sie informiert, dass sie „mit gestrigem Tag von der Gebietskrankenkasse abgemeldet worden sei“. Tatsächlich war die Abmeldung zum erfolgt. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Klägerin, die bis im gemeldeten Krankenstand war, über den hinaus zu beschäftigen. Die Klägerin brachte daraufhin am eine Klage auf Feststellung des Fortbestehens ihres Arbeitsverhältnisses über den hinaus ein. Mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom wurde der Klage stattgegeben. Das Urteil ist rechtskräftig. Mit begann der Mutterschutz der Klägerin.
Mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers mangels Kostendeckung abgewiesen. Der Arbeitgeber war zahlungsunfähig und wurde mit im Firmenbuch gelöscht. Die Klägerin meldete im Insolvenzverfahren 14.229,20 EUR als Konkursforderung an.
Mit Bescheid der Beklagten vom wurde der Antrag der Klägerin auf Zahlung von Insolvenzentgelt für den Zeitraum bis mit der Begründung abgelehnt, die Ansprüche seien mehr als sechs Monate vor dem Stichtag fällig gewesen und nicht zeitgerecht gerichtlich geltend gemacht worden.
Mit der am eingebrachten Klage begehrt die Klägerin Insolvenzentgelt für den Zeitraum bis . Die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses sei als gerichtliche Geltendmachung iSd § 3a Abs 1 IESG anzusehen. Bis zur rechtskräftigen Beendigung des Feststellungsverfahrens habe sie ihre laufenden Entgeltansprüche nicht mittels Leistungsklage geltend machen können, weil erst durch das klagsstattgebende Urteil geklärt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis über den hinaus fortbestanden habe. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Insolvenzentgelt liege nicht vor. Im Übrigen komme auch § 3c IESG zur Anwendung.
Die bestritt und brachte vor, dass die Abmeldung der Klägerin bei der Gebietskrankenkasse zu keiner Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Richtig sei zwar, dass die Klägerin eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestehens ihres Arbeitsverhältnisses eingebracht habe, diese Klage könne jedoch nicht als Geltendmachung von Entgeltansprüchen iSd § 3a Abs 1 IESG gewertet werden. Vielmehr wäre eine Leistungsklage einzubringen gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 12.624,10 EUR netto statt. Ein Mehrbegehren von 1.140,90 EUR netto wies es ab. Es ging davon aus, dass, auch wenn die von der Klägerin eingebrachte Klage auf Feststellung des Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses gerichtet gewesen sei, seien die Leistungsansprüche aber zwingende Folge einer klagsstattgebenden Entscheidung. Die Fälligkeit der ab auf § 1155 ABGB gegründeten Entgeltansprüche sei erst mit Rechtskraft des Feststellungsurteils eingetreten, sodass sie nach § 3a Abs 1 IESG gesichert seien. Die Entgeltansprüche für den Zeitraum bis samt Zinsen seien dagegen spätestens am fällig gewesen und vom Feststellungsverfahren nicht tangiert worden. In diesem Umfang sei das Klagebegehren abzuweisen.
Der gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht nicht Folge. Die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 10 MSchG bewirke die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Den Arbeitgeber treffe das volle Entgeltrisiko bei Nichtbeschäftigung der Arbeitnehmerin. Im konkreten Fall habe die Klägerin daher Anspruch auf Nachzahlung des Entgelts inklusive anteiliger Sonderzahlungen für den Zeitraum zwischen der rechtsunwirksamen Kündigung und dem Beginn der Mutterschutzfrist. Zwar entstehe der Anspruch des Arbeitnehmers auf laufendes Entgelt während des aufrechten Dienstverhältnisses schon mit der Leistungserbringung selbst, das treffe jedoch auf den Nachzahlungsanspruch nach § 1155 ABGB nicht zu, weil der Entgeltanspruch hier nicht laufend mit jedem Tag der Arbeitsleistung entstanden sei. Zusätzlich habe die Klägerin ihren Nachzahlungsanspruch schon vor Rechtskraft des Feststellungsbegehrens im Insolvenzverfahren geltend gemacht. Es könne daher weder von der missbräuchlichen Inanspruchnahme der Beklagten noch von einer Untätigkeit der Klägerin bei der Verfolgung ihrer Ansprüche ausgegangen werden.
Die Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestands eines Beschäftigungsverhältnisses einer „gerichtlichen Geltendmachung“ iSd § 3a Abs 1 IESG entspreche, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil dahingehend abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen wird.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach § 3a Abs 1 IESG in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl I 123/2017 gebührt Insolvenzentgelt für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichem Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines gesetzlich oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht wurden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.
Im konkreten Fall ist Insolvenzentgelt für den Zeitraum bis strittig, also einen Zeitraum, der mehr als sechs Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt. Die Klägerin hat diese Ansprüche mit Klage vom erstmals klageweise geltend gemacht.
Der Anspruch auf Insolvenzentgelt ist daher abhängig davon, wann diese Ansprüche „entstanden“ und wann sie fällig geworden sind und welchen Einfluss das vorangehende Verfahren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses auf die Ansprüche nach dem IESG hat.
Nach § 10 MSchG kann Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung außergerichtlich nicht rechtswirksam gekündigt werden, es sei denn, dass dem Dienstgeber die Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung nicht bekannt ist. Eine Kündigung ist auch rechtsunwirksam, wenn die Schwangerschaft beziehungsweise Entbindung dem Dienstgeber binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Arbeitstagen nach deren Zustellung, bekanntgegeben wird. Eine entgegen den Vorschriften des MSchG ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam, das heißt, der Bestand des Dienstverhältnisses wird durch eine solche Kündigung nicht berührt. Richtigerweise hat daher die Klägerin im Vorverfahren auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses geklagt.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem, der der von den Vorinstanzen zitierten Entscheidung 8 ObS 10/15a zugrunde lag. Dort war eine Kündigung nach § 105 ArbVG angefochten worden. Außerhalb des besonderen Kündigungsschutzes endet das Arbeitsverhältnis mit Wirksamwerden der Kündigung. Wird der Anfechtungsklage nach § 105 ArbVG, die eine Rechtsgestaltungsklage (RIS-Justiz RS0052018) ist, rechtskräftig stattgegeben, wird die Kündigung für rechtsunwirksam erklärt. Das Arbeitsverhältnis lebt mit all seinen Rechten und Pflichten ex tunc wieder auf. Dementsprechend wurde in der Entscheidung 8 ObS 10/15a davon ausgegangen, dass der Entgeltausfall für den Zeitraum während des Anfechtungsverfahrens, den der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 1155 ABGB zu ersetzen hat, mit Rechtskraft des stattgebenden Anfechtungsurteils fällig wird.
Anders als bei der Kündigungsanfechtung kommt dagegen der Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses keine rechtsgestaltende Wirkung zu. Die Kündigung ist daher nicht schwebend unwirksam abhängig von der rechtskräftigen Entscheidung über die Berechtigung der Anfechtung. Vielmehr ist das Arbeitsverhältnis durchgehend mit allen Rechten und Pflichten sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers aufrecht. Da auch hier aber die Dienstleistungen aus Umständen, die auf der Seite des Dienstgebers liegen, nicht zustande kommen, gebührt das Entgelt nach § 1155 ABGB. Anders als im Fall der Kündigungsanfechtung, tritt die Fälligkeit jedoch nicht erst mit Rechtskraft des Urteils ein, sondern zu dem Zeitpunkt, zu dem es dem Arbeitnehmer gebühren würde, hätte er die Dienste verrichtet.
Sämtliche der geltend gemachten Entgelte waren daher mehr als sechs Monate vor Konkurseröffnung und mehr als sechs Monate vor Einbringung der Leistungsklage fällig. Zu prüfen ist daher, ob die Einbringung der Feststellungsklage, die innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit erfolgte, daran etwas ändert.
In der Entscheidung 8 ObS 10/15a wurde offengelassen, ob die Anfechtungsklage eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nach § 3a Abs 1 IESG darstellt. Es wurde jedoch darauf verwiesen, dass die Anfechtungsklage und das stattgebende Anfechtungsurteil das Leistungsbegehren des Arbeitnehmers auf Nachzahlung des laufenden Entgelts nicht umfasst. Der Arbeitnehmer müsse diesbezüglich eine Leistungsklage einbringen.
Auch die auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses gerichtete Klage kann grundsätzlich keine Leistungsklage auf Zahlung des laufenden Entgelts ersetzen. Geklärt wird mit ihr nur eine der Voraussetzungen für das Bestehen eines Entgeltsanspruchs, nämlich das Bestehen eines Dienstverhältnisses. Nicht geklärt wird damit, in welcher Höhe für welchen Zeitraum welches Entgelt aus dem bestehenden Dienstverhältnis dem Arbeitnehmer zusteht oder von ihm gefordert wird. Nur eine entsprechend konkretisierte Geltendmachung entspricht aber grundsätzlich den Voraussetzungen des § 3a IESG.
Allerdings hat der Oberste Gerichtshof bereits in einigen Entscheidungen ausgehend vom Zweck des § 3a Abs 1 IESG auch ohne konkrete Einklagung bestimmter Entgeltansprüche eine ausreichende Geltendmachung angenommen. Die Bestimmung des § 3a IESG hat den Zweck, die missbräuchliche Inanspruchnahme des Insolvenzentgeltfonds zurückzudrängen (Gahleitner in ZellKomm3§ 3a IESG Rz 1). Unter anderem verfolgt die Bestimmung die Absicht, die Ansprüche vor der Insolvenz zu begrenzen, wenn der Arbeitnehmer keine Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung trifft. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wird dazu ausgeführt: „Es ist daher angezeigt, zur Verhinderung von Missbräuchen entsprechende Schranken einzuziehen. Diese sollen in der Art erfolgen, dass Ansprüche, die länger als sechs Monate vor der Konkurs- oder Ausgleichseröffnung zurückliegen, nur noch dann gesichert sind, wenn ein entsprechendes Gerichtsverfahren vom Arbeitnehmer eingeleitet wurde (= Klagsführung), das durch ein Urteil oder durch einen Vergleich beendet wird (737 BlgNR 20. GP 9). Durch diese zeitliche Begrenzung der Lohnrückstände auf sechs Monate wird eine übermäßige, sachlich nicht gerechtfertigte Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos auf den Fonds verhindert (RS0098896).
In der Entscheidung 8 ObS 245/00p ging der Oberste Gerichtshof davon aus, auch wenn § 3a Abs 1 IESG die zur Anspruchssicherung geeigneten Verfahren taxativ aufzähle, eine erweiterte Auslegung nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Auch taxative Aufzählungen seien, wenn es die Teleologie der auszulegenden Bestimmung verlange, einer erweiterten Auslegung bzw einer vorsichtigen Analogie zugänglich. Der Umstand, dass § 3a IESG neben der Geltendmachung von Ansprüchen im Verfahren in Arbeitsrechtssachen nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz noch weitere (sogar außergerichtliche) Verfahren aufzähle, die dem genannten Verfahren gleichzuhalten sind, zeige, dass der Gesetzgeber auch andere Formen der Geltendmachung der Ansprüche in einem zweckentsprechenden und hiefür vorgesehenen Verfahren als ausreichend erachtete. In diesem Sinn sah der Oberste Gerichtshof auch die Geltendmachung einer nur wegen des Todes des Arbeitgebers nicht mehr beglichenen, aber im Übrigen offenkundig unbestrittenen Arbeitnehmerforderung im Verlassenschaftsverfahren als den aus § 3a Abs 1 IESG ersichtlichen Wertungen des Gesetzgebers genügend an.
Im Verfahren 8 ObS 11/09i verwies der Oberste Gerichtshof auf die sich aus der Entscheidung 8 ObS 245/00p ergebende Wertung, dass die Geltendmachung im Verlassenschaftsverfahren rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll sei und in einem solchen Fall ein Missbrauchsverdacht regelmäßig nicht bestehe. Auch ein Antrag auf Bestellung eines Abwesenheitskurators für einen „untergetauchten“ Arbeitgeber mit der ausdrücklich erklärten Absicht, gegen den Kurator Ansprüche auf rückständiges Entgelt klageweise geltend zu machen und ihm gegenüber die Beendigung des Dienstverhältnisses zu erklären, sei eine Form der „gerichtlichen“ Geltendmachung, die den Anforderungen des § 3a Abs 1 IESG entspreche.
In der Entscheidung 8 ObS 7/10b waren Ansprüche eines Arbeitnehmers zu beurteilen, der während eines aufrechten Dienstverhältnisses seinen Präsenzdienst leistet. Seine Ansprüche machte er erst nach Abschluss des Präsenzdienstes für Perioden geltend, die mehr als sechs Monate zurücklagen. Unter Verweis auf § 6 Abs 1 Z 1 APSG, wonach Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehemmt werden und ausgehend vom Gesetzeszweck des § 3a Abs 1 IESG, nämlich die Zurückdrängung missbräuchlicher Inanspruchnahme des Insolvenz-Entgelt-Fonds sei eine andere Auslegung nicht geboten.
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Nach ständiger Rechtsprechung zu § 1497 ABGB unterbricht eine Feststellungsklage die Verjährung hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsverhältnisses und der daraus abgeleiteten Ansprüche (RS0118906). Eine solche Unterbrechungswirkung wird auch durch eine auf die Feststellung des aufrechten Bestands eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage hervorgerufen, aus dem dann Entgeltansprüche abgeleitet werden (RS0029716 [T3]). Die Unterbrechungswirkung bezieht sich aber nicht auf bereits – vor der Erhebung der Feststellungsklage – bekannte und fällige Ansprüche (RS0034286; 8 ObA 105/03d).
Bereits entstandene und fällige Ansprüche müssen damit nicht zur Verhinderung von Verjährung oder Verfall laufend klagsweise geltend gemacht werden, bevor die für das Bestehen solcher Ansprüche präjudizielle Frage des Bestehens des Dienstverhältnisses geklärt ist.
Damit kann aber in der Regel auch in solchen Fällen nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche missbräuchlich nicht geltend gemacht hat, vielmehr dient das Verfahren auf Feststellung letztlich der Vorbereitung der Geltendmachung dieser Ansprüche, deren Einklagung vor einer Entscheidung im Feststellungsbegehren wirtschaftlich und rechtlich nicht zweckmäßig ist. Die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses ist daher ebenfalls als ein zur Sicherung von Ansprüchen nach § 3a Abs 1 IESG geeignetes Verfahren anzusehen, wenn nach Abschluss des Verfahrens eine Geltendmachung solcher Ansprüche beabsichtigt ist.
Da die Unterbrechungswirkung jedoch nicht für vor Einleitung des Feststellungsverfahrens fällige Ansprüche wirkt, kann das für solche Forderungen des Arbeitnehmers nicht gelten. Damit sind aber im vorliegenden Fall die Entgelte für Februar und März 2015 nicht gesichert.
Der Arbeitnehmer kreditiert dem Arbeitgeber das laufende Entgelt bis zum jeweiligen Fälligkeitstermin (8 ObS 3/15x). Das bedeutet aber, dass der Entgeltanspruch für den Monat April erst mit der Fälligkeit klagbar war und daher, da zu diesem Zeitpunkt die Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses bereits eingebracht war, gesichert ist.
Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und das Klagebegehren, soweit es sich auf Februar und März 2015 bezieht, abzuweisen. Für die Monate Februar und März hat die Klägerin jeweils 1.277 EUR begehrt. Dazu kommt der Zinsbetrag, berechnet wie in der Tagsatzung vom (Fälligkeit bis , 9,08 %; abzüglich 12 % vorläufige Lohnsteuer) insgesamt 211,90 EUR.
Die Abänderung in der Hauptsache macht auch eine neue Kostenentscheidung erforderlich. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG. Der Bemessung der Kosten war der Wert des Obsiegten zugrunde zu legen. Umstände, die eine Kostenentscheidung nach § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG rechtfertigen würden, wurden nicht vorgebracht.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:008OBS00009.19K.1118.000 |
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