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VfGH vom 20.06.2012, B191/12

VfGH vom 20.06.2012, B191/12

19644

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Einleitung eines Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung "EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHREN" mangels ausreichender Unterstützungserklärungen angesichts vom Wortlaut des Einleitungsantrags abweichender Formulierung

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin beantragte bei der Bundesministerin für Inneres am die Einleitung eines Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung "EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHREN". Aus den Angaben am Einleitungsantrag ergibt sich, dass diesem 9270 Unterstützungserklärungen angeschlossen wurden. Der Einleitungsantrag lautet wie folgt:

"[Text des Volksbegehrens] Herbeiführung des Austritts der Republik Österreich aus der Europäischen Union durch ein vom Nationalrat zu beschließendes Bundesverfassungsgesetz, das einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen ist.

[Allfällige Kurzbezeichnung]

EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHREN"

Dem Einleitungsantrag ist eine ausführliche

Begründung angeschlossen. Das Formular der Unterstützungserklärungen weist - abgesehen von einer Rubrik "Bestätigung der Gemeinde" - folgenden Wortlaut auf:

"Der (Die) Gefertigte unterstützt hiermit den Antrag auf Einleitung des Verfahrens für ein Volksbegehren betreffen folgende, durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit:

[Volksbegehren] AUSTRITT aus der Europäischen Union

[Allfällige Kurzbezeichnung]

EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHREN"

2. Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Einleitung des Volksbegehrens mit der Kurzbezeichnung "EU-AUSTRITTS-VOLKSBEGEHREN" abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, dass sich der Wortlaut des Einleitungsantrages wesentlich von jenem auf den Unterstützungserklärungen unterscheide und damit der Vorgabe des § 4 Abs 1 Volksbegehrengesetz 1973 (in der Folge: VolksbegehrenG 1973) nicht Genüge getan werde. Der auf den Unterstützungserklärungen formulierte Begehrens-Text könne zum einen nicht Gegenstand eines Volksbegehrens sein, weil der Austritt aus der Europäischen Union nicht in Form eines (einfachen) Bundesgesetzes, sondern nur durch ein Bundesverfassungsgesetz erfolgen könne. Zum anderen deute die unterschiedliche Formulierung auf den Unterstützungserklärungen und am Einleitungsantrag auf zwei verschiedene Volksbegehren hin: Dem - wahrscheinlich zulässigen - auf dem Einleitungsantrag formulierten Begehren könne mangels ausreichender Unterstützungserklärungen nicht stattgegeben werden; das auf den Unterstützungserklärungen formulierte Begehren könne rechtlich nicht Gegenstand eines Volksbegehrens sein und sei nicht mit einem passenden Einleitungsantrag vorgelegt worden, weshalb es nicht den Anforderungen des § 3 Abs 1 VolksbegehrenG 1973 entspreche.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die

vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Einleitung eines Volksbegehrens, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein faires Verfahren behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass

"wohl anzunehmen [ist], dass ein mit durchschnittlichen Fähigkeiten ausgestatteter Bürger den in der Unterstützungserklärung formulierten Text bzw. die in der Unterstützungserklärung umschriebenen Ziele des Volksbegehrens [...] nur als deckungsgleich zum Text im Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens erkennen kann", der Gesetzgeber Wortidentität nicht ausdrücklich verlange und die belangte Behörde "das Gesetz bei weitem zu restriktiv, wenn nicht sogar zu formalistisch" angewendet habe. Zudem hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob die Frage des Austrittes aus der Europäischen Union durch ein Bundesverfassungsgesetz bzw. durch eine im Zuge dieses Gesetzesverfahrens anzuregende Maßnahme geregelt werden könne, weil ein Volksbegehren auch als bloße Anregung formuliert sein könne. Ob das angeregte Thema mittels Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen sei, sei ebenso irrelevant wie allfällige Verstöße der Vorschläge gegen Verfassungsrecht, die Kompetenzverteilung, "Gemeinschaftsrecht" oder völkerrechtliche Bindungen Österreichs.

4. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der ausgeführt wird, dass für die Heranziehung einer Maßstabfigur - hier eines Durchschnittsbürgers - bei der Auslegung wahlrechtlicher Bestimmungen auf Grund der vom Verfassungsgerichtshof im Anlassfall gebotenen strikten Wortinterpretation kein Raum bestehe. Zudem müsse keine absolute Identität der Wortlaute, sondern lediglich inhaltliche Kongruenz vorliegen und auch eine Anregung so präzise sein, dass die zuständige Behörde beurteilen könne, ob es sich um eine Angelegenheit der Bundesgesetzgebung handle oder nicht.

5. Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik.

II. Rechtslage

1. §§3 bis 5 VolksbegehrenG 1973 lauten:

"II. Einleitungsverfahren

§3. (1) Die Einleitung des Verfahrens für ein Volksbegehren ist beim Bundesminister für Inneres zu beantragen. Das Volksbegehren muß eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen und kann in Form eines Gesetzesantrages oder einer Anregung gestellt werden.

(2) Der Antrag muss von Personen, die in der Wählerevidenz eingetragen und zum Nationalrat wahlberechtigt (§21 Abs 1 NRWO) sind und die den Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, im Ausmaß von einem Promille der anlässlich der jeweils letzten Volkszählung (Registerzählungsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2006) für Österreich festgestellten Wohnbevölkerungszahl (§7 Abs 4 des Registerzählungsgesetzes) unterstützt sein. Die hierzu erforderlichen Erklärungen (Abs5 Z 1) sind nur gültig, wenn die Bestätigung der Gemeinde (§4 Abs 1) auf diesen Erklärungen nicht vor dem 1. Jänner des der Antragstellung vorangegangenen Jahres erteilt worden ist.

(3) Der Einleitungsantrag (Muster Anlage 1) hat zu enthalten:

1. den Text des Volksbegehrens in Form eines Gesetzesantrages oder einer Anregung;

2. allenfalls eine Kurzbezeichnung, die höchstens

drei Worte umfassen darf;

3. die Bezeichnung eines Bevollmächtigten sowie von vier Stellvertretern (Familienname oder Nachname, Vorname, Beruf, Adresse), die, ist der Bevollmächtigte an der Ausübung seiner Funktion verhindert, in der bezeichneten Reihenfolge ermächtigt sind, die Unterzeichner des Antrags zu vertreten;

4. die Bezeichnung eines Bankkontos, zu dem der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter nur gemeinsam zeichnungsberechtigt sind;

5. die Unterschriften des Bevollmächtigten sowie der Stellvertreter.

(4) Bevollmächtigte und Stellvertreter der Bevollmächtigten können alle Personen sein, die in der Wählerevidenz eingetragen sind und zum Nationalrat wahlberechtigt (§21 Abs 1 NRWO) sind und die ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, auch wenn sie den Antrag nicht unterstützt haben. Hat der Bevollmächtigte oder einer seiner Stellvertreter den Antrag nicht unterstützt, so ist dem Antrag für diesen eine Bestätigung der zur Führung der Wählerevidenz berufenen Gemeinde anzuschließen, dass er in der Wählerevidenz eingetragen und zum Nationalrat wahlberechtigt (§21 Abs 1 NRWO) ist.

(5) Einem Einleitungsantrag sind anzuschließen:

1. die ausgefüllten und eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen (Muster Anlage 2);

2. die Begründung des Volksbegehrens samt etwaigen Unterlagen;

3. allenfalls die Bestätigungen gemäß § 3 Abs 4 zweiter Satz;

4. der Nachweis darüber, daß der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter zum im Antrag bekanntgegebenen Konto nur gemeinsam zeichnungsberechtigt sind.

(6) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 160/1998)

§4. (1) Die Unterstützungserklärung hat die Bestätigung der Gemeinde zu enthalten, dass die in der Erklärung genannte Person in der Wählerevidenz eingetragen sowie zur Wahl des Nationalrates wahlberechtigt ist (§21 Abs 1 NRWO) und in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz hat. Diese Bestätigung ist von der Gemeinde zu erteilen, wenn die Unterstützungserklärung die Angaben über Vorname, Familienname oder Nachname, Geburtsdatum und Wohnort sowie die Bezeichnung des Einleitungsantrages enthält und die eigenhändige Unterschrift der die Unterstützungserklärung abgebenden Person entweder vor der Gemeindebehörde geleistet wurde oder gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. Die Gemeinden sind verpflichtet, Bestätigungen von Unterstützungserklärungen unverzüglich und ohne Einhebung von Verwaltungsabgaben, sonstigen Abgaben oder Gebühren auszufertigen; sie haben hierbei ihnen allenfalls zur Verfügung stehende, auf das von Unterstützungswilligen bezeichnete Volksbegehren lautende Drucksorten zu verwenden. Stellt eine Person der Gemeinde entsprechende Drucksorten zur Verfügung, so hat die Gemeinde bei ihr hinterlegte, auf das betreffende Volksbegehren lautende Unterstützungserklärungen einmal zu einem von dieser Person bestimmten Zeitpunkt an eine von dieser Person bekanntgegebene Adresse im Inland zu übermitteln. Für jedes Volksbegehren darf für einen Stimmberechtigten nur eine Unterstützungserklärung bestätigt werden.

(2) Unterschriften auf Unterstützungserklärungen, auf denen die Gemeinde die Bestätigung gemäß Abs 1 erteilt hat, gelten als gültige Eintragungen im Sinne der Vorschriften des Abschnittes III dieses Bundesgesetzes. Die Gemeinden haben bei jedem Stimmberechtigten, für den sie eine Bestätigung gemäß Abs 1 erteilt haben, die Erteilung dieser Bestätigung in der Wählerevidenz ersichtlich zu machen.

§5. (1) Der Bundesminister für Inneres hat innerhalb von drei Wochen über den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens zu entscheiden. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens für ein Volksbegehren (§§3, 4) erfüllt sind.

(2) - (5) [...]"

2. Anlage 1 zum VolksbegehrenG 1973 enthält folgendes Musterformular für Einleitungsanträge:

3. Anlage 2 zum VolksbegehrenG 1973 enthält folgendes Musterformular für Unterstützungserklärungen:

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (VfSlg. 18.807/2009) - Beschwerde erwogen:

1. Soweit in der Beschwerde die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens behauptet wird, ist der Beschwerdeführerin Folgendes entgegenzuhalten:

1.1. Aus der im Zweiten Hauptstück Abschnitt D. des B-VG ("Der Weg der Bundesgesetzgebung") enthaltenen Bestimmung des Art 41 Abs 2 B-VG ergibt sich, dass ein Volksbegehren eine Form der Gesetzesinitiative darstellt und daher ausschließlich auf die Fassung eines Gesetzesbeschlusses durch den Nationalrat gerichtet sein kann. Andere Akte des Nationalrates - wie beispielsweise ein Beschluss zur Abhaltung einer Volksabstimmung oder einer Volksbefragung - können nicht direkt mit einem Volksbegehren verlangt werden. Wenngleich ein Volksbegehren nicht nur in Form eines Gesetzesantrages, sondern auch in Form einer Anregung, ein Gesetz zu erlassen, eingeleitet werden kann, muss auch eine derartige "Anregung" erkennbar auf die Erlassung eines Bundes(verfassungs)gesetzes gerichtet sein und dessen Inhalt zumindest grob umschreiben. Bereits der Antrag bzw. die Anregung selbst muss demnach das Beantragte so präzise erkennen lassen, dass sich beurteilen lässt, ob es sich um eine Angelegenheit der Bundesgesetzgebung handelt (VfSlg. 18.029/2006).

1.2. Gemäß § 3 Abs 2 VolksbegehrenG 1973 muss der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens von einer näher bestimmten Anzahl wahlberechtigter Personen unterstützt sein. Gemäß Abs 5 Z 1 leg.cit. sind die ausgefüllten und eigenhändig unterfertigten Unterstützungserklärungen dem Einleitungsantrag anzuschließen. Die Anlagen 1 und 2 zum VolksbegehrenG 1973 enthalten Muster für den Einleitungsantrag und die Unterstützungserklärungen, welche im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin auch verwendet wurden.

1.3. Schon aus der Formulierung des § 3 Abs 5 VolksbegehrenG 1973 dahingehend, dass u.a. die Unterstützungserklärungen und die Begründung des Antrages auf Einleitung des Volksbegehrens dem Einleitungsantrag anzuschließen sind, geht hervor, dass die Einholung der Unterstützungserklärungen zunächst weder das Bestehen eines Einleitungsantrages noch einer Begründung voraussetzt. Im vorliegenden Fall ist etwa die dem Einleitungsantrag beigeschlossene Begründung mit dem , sohin dem Tag der Einbringung des Einleitungsantrages, datiert, weshalb jedenfalls davon auszugehen ist, dass diese den Unterstützern zum Zeitpunkt der Abgabe ihrer Unterstützungserklärung nicht bekannt war. Um sicherzustellen, dass der tatsächliche Wortlaut des Begehrens am Einleitungsantrag vom Willen der Unterstützer getragen wird und um Spekulationen über deren Willen auszuschließen, ist es erforderlich, dass die Unterstützungserklärungen denselben Wortlaut aufweisen wie der im Einleitungsantrag angeführte Text des Volksbegehrens (vgl. auch VfSlg. 18.807/2009); dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 3 Abs 2 VolksbegehrenG 1973 sowie des Art 41 Abs 2 B-VG, denen zufolge der Antrag selbst von einer näher festgelegten Anzahl von Personen unterstützt sein muss (vgl. auch die Erkenntnisse

VfSlg. 18.046/2006, 18.228/2007 und 18.415/2008 zu den Anforderungen an Unterstützungserklärungen hinsichtlich einer Stellungnahme zur Erlangung der Parteistellung als Bürgerinitiative in Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren). Dass die entsprechende Rubrik im Muster für den Einleitungsantrag als "Text des Volksbegehrens", im Muster für die Unterstützungserklärungen hingegen als "Volksbegehren" bezeichnet wird, ändert daran ebenso wenig wie der Vordruck auf dem Musterformular für Unterstützungserklärungen, weil dieser Wortlaut keinen Teil des Begehrens darstellt, sondern lediglich als Hinweis zu verstehen ist, dass es sich beim Unterstützungsgegenstand um ein "Bundesvolksbegehren" handelt. Eine Deckungsgleichheit der - nicht zwingend erforderlichen - Kurzbezeichnungen ist hingegen schon deshalb nicht ausreichend, weil die Kurzbezeichnung am Einleitungsantrag gemäß § 3 Abs 3 Z 2 VolksbegehrenG 1973 höchstens drei Worte umfassen darf und der Gegenstand des Begehrens daraus daher jedenfalls nur in sehr allgemeiner Form zum Ausdruck kommen kann.

1.4. Bei der Beurteilung, ob im Falle einer

abweichenden Formulierung des Begehrens der Text am Einleitungsantrag vom Willen der Unterstützer getragen ist, hat die Behörde daher einen strengen Maßstab anzulegen. Es kann dem Gesetzgeber nämlich - gerade in Hinblick auf das Volksbegehren als direktdemokratisches Instrument im Rahmen der Gesetzgebung - nicht zugesonnen werden, einer Vollzugsbehörde das Ermessen einzuräumen, den Unterzeichnern einen auf einen Inhalt, der dem Wortlaut des "Volksbegehrens" auf der Unterstützungserklärung nicht eindeutig entnehmbar ist oder darüber hinausgeht, gerichteten Willen nachträglich zu unterstellen. In diesem Zusammenhang ist daher auch unbeachtlich, ob die Unterstützer im vorliegenden Fall tatsächlich über den Inhalt des Volksbegehrens getäuscht wurden oder allenfalls auch zur Unterstützung des am Einleitungsantrag angeführten Wortlautes bereit gewesen wären.

1.5. Daran ändert auch die - nachträgliche -

Einholung und Vorlage von Erklärungen von Unterzeichnern der Unterstützungserklärung, dass sie das EU-Austritts-Volksbegehren unterschrieben hätten, weil sie den Austritt Österreichs aus der Europäischen Union wünschten und ihnen dabei "völlig egal" gewesen sei, durch welche Art von Gesetz (Bundesgesetz bzw. Bundesverfassungsgesetz) der Austritt Österreichs aus der Europäischen Union herbeigeführt werden könne, nichts: Der Unterstützungswille muss nämlich bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit des Einleitungsantrages eindeutig und zweifelsfrei erkennbar sein. Zur Beurteilung dieser Frage bleibt auch für die Heranziehung einer "Maßstabfigur eines Durchschnittsbürgers", wie dies von der Beschwerdeführerin angestrebt wird, kein Raum, zumal im vorliegenden Fall keine Präzisierung rechtlicher Bewertungskriterien - insbesondere durch die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe - erforderlich ist, sondern vielmehr objektiv zu beurteilen ist, ob der Text auf den Unterstützungserklärungen jenem am Einleitungsantrag entspricht.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass gemäß § 4 Abs 2 VolksbegehrenG 1973 Unterschriften auf Unterstützungserklärungen auch als gültige Eintragungen im Eintragungsverfahren gelten können. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher davon auszugehen, dass eine Übereinstimmung zwischen dem Wortlaut des Volksbegehrens am Einleitungsantrag und auf den Unterstützungserklärungen dem Willen des Gesetzgebers entspricht.

1.6. Aus diesem Grund ist der Einleitungsantrag, der seinem Wortlaut nach unmittelbar auf die "Herbeiführung des Austritts der Republik Österreich aus der Europäischen Union durch ein vom Nationalrat zu beschließendes Bundesverfassungsgesetz, das einer verpflichtenden Volksabstimmung zu unterziehen ist" gerichtet ist, nicht von der erforderlichen Anzahl von Unterstützungserklärungen begleitet gewesen und war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 3 Abs 2 VolksbegehrenG 1973 abzuweisen.

1.7. Da die belangte Behörde schon aus diesem Grund zur Abweisung des Einleitungsantrages berechtigt war, erübrigt sich - mangels eines diesbezüglichen Einleitungsantrages - eine Prüfung dahingehend, ob der auf den Unterstützungserklärungen angeführte Gegenstand des Volksbegehrens den Anforderungen des § 3 Abs 1 VolksbegehrenG 1973 entsprochen hätte.

1.8. Die Beschwerdeführerin wurde daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens gemäß Art 41 Abs 2 B-VG verletzt.

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich darüber

hinaus im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Diesbezüglich wird begründend ausgeführt, dass in der Vergangenheit wiederholt außenpolitische Themen oder Forderungen nach Volksabstimmungen Inhalt von Volksbegehren gewesen seien ("atomfreies Österreich", "Neutralitäts-Volksbegehren", "Schilling-Volksabstimmung" und "Volksbegehren neue EU-Abstimmung").

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2.2. Im vorliegenden Fall wurden Bedenken gegen die von der belangten Behörde angewendeten Bestimmungen des VolksbegehrenG 1973 von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und sind auch beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden. In Hinblick darauf, dass die Behörde rechtsrichtig entschieden hat, kann ihr auch nicht vorgeworfen werden, dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt zu haben. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in Hinblick auf die ihrer Ansicht nach gleich gelagerten Volksbegehren vermag auch keine Willkür der Behörde aufzuzeigen, zumal diese im vorliegenden Fall ihre Abweisung nicht auf die mangelnde Zulässigkeit des Begehrens des Einleitungsantrages selbst, sondern auf das Fehlen entsprechender Unterstützungserklärungen stützt und sogar aus dem angefochtenen Bescheid selbst hervorgeht, dass dem "Volksbegehren [...] auf Grund des Einleitungsantrages [...] gemäß dem Wortlaut wahrscheinlich stattzugeben" wäre.

2.3. Die Beschwerdeführerin wurde sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

3. Soweit die Beschwerdeführerin ferner die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren behauptet, geht dieses Vorbringen schon deshalb ins Leere, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht in "civil rights" iSd Art 6 EMRK der Beschwerdeführerin eingegriffen wird: Verfahren betreffend politische Partizipationsrechte - hier das Recht auf Einleitung eines Volksbegehrens als direktdemokratisches Instrument im Rahmen der Gesetzgebung - zählen zum Kernbereich des öffentlichen Rechts und unterliegen als politische Rechte nicht dem Schutz des Art 6 Abs 1 EMRK (vgl. EGMR , Fall Yazar ua., Appl. 22.723/93 ua.).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

2. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war keine Folge zu geben, weil es sich bei den vom VolksbegehrenG 1973 eingeräumten Rechten lediglich um eine Konkretisierung des Art 41 Abs 2 B-VG handelt und somit jede Rechtsverletzung unmittelbar auch Art 41 Abs 2 B-VG verletzt, sodass für eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art 133 Z 1 B-VG kein Raum mehr bleibt (s. VfSlg. 16.241/2001, 18.029/2006 und 18.807/2009).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.