OGH vom 19.11.2013, 13Os58/13y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ostojic als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Daniel M***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1, 38 Abs 1 (aF) FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 9/13m 15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Daniel M***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe „im Zeitraum 2007 bis 2010 in G***** als Abgabenpflichtiger mit Wohnsitz in *****, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Abgabenhinterziehungen der nachgenannten Art eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige , Offenlegungs und Wahrheitspflichten (§§ 119 ff BAO) vorsätzlich eine Verkürzung nachstehend angeführter, bescheidmäßig festzusetzender Abgaben zu bewirken versucht, indem er für die Jahre 2007 bis 2010 keine Jahressteuererklärungen abgab, und zwar
A. der Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2010 in der Höhe von insgesamt EUR 38.400,--
(für das Jahr 2007 EUR 6.500,00
für das Jahr 2008 EUR 8.900,00
für das Jahr 2009 EUR 13.500,00
für das Jahr 2010 EUR 9.500,00);
B. der Einkommenssteuer für die Jahre 2007 bis 2010 in der Höhe von insgesamt EUR 146.001,19
(für das Jahr 2007 EUR 66.963,36
für das Jahr 2008 EUR 53.974,98
für das Jahr 2009 EUR 14.909,85
für das Jahr 2010 EUR 10.153,00),
wobei der gesamte von ihm zu verantwortende strafbestimmende Wertbetrag EUR 184.401,19 beträgt“, freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Staatsanwaltschaft aus Z 9 lit a nominell auch iVm Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich gegen die rechtliche Beurteilung des Vorliegens eines Verfolgungshindernisses nach § 263 Abs 2 StPO, geht jedoch im Ansatz fehl.
Nach ständiger Rechtsprechung (RIS Justiz RS0086590, RS0124712) wird bezogen auf ein Steuersubjekt mit Abgabe einer unrichtigen Jahressteuererklärung je Steuerart unabhängig von der Höhe des Hinterziehungsbetrags ein Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Mit (nacheinander erfolgter) Abgabe unrichtiger Jahreserklärungen mehrere Veranlagungsjahre hindurch werden real konkurrierende Vergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet, mit Abgabe inhaltlich unrichtiger Jahreserklärungen zu unterschiedlichen Steuerarten wird für jedes Jahr und jede Abgabenart je ein Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG begründet (zur Realkonkurrenz: 11 Os 84/81, SSt 52/61; 15 Os 130/96; 11 Os 36/04). Solcherart bildet die Jahreserklärung zu einer Steuerart allenfalls auch als Bündel mehrerer steuerlich trennbarer Einzelaspekte das kleinste nicht mehr teilbare Element des Sachverhalts, also eine selbständige Tat im materiellen Sinn (§ 21 Abs 1 FinStrG; zum Begriff: RIS Justiz RS0113754; Ratz , WK StPO § 281 Rz 517). Entsprechendes gilt für das Unterlassen der Abgabe einer Jahressteuererklärung: selbständige Tat ist die Nichtabgabe bis zum gesetzlich vorgesehenen Endzeitpunkt (§ 33 Abs 3 lit a zweiter Fall FinStrG; Lässig in WK² FinStrG Vor § 1 Rz 9).
Der Angeklagte wurde insgesamt acht (durch Verkürzung von Umsatzsteuer und Einkommensteuer für jeweils vier Veranlagungsjahre) real konkurrierender Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG beschuldigt (vgl 13 Os 142/08v), deren strafbestimmende Wertbeträge zwar insgesamt, nicht jedoch je für sich die hier maßgebliche (vgl § 265 Abs 1p FinStrG BGBl I Nr 104/10) Grenze für die gerichtliche Zuständigkeit von 100.000 Euro (§ 53 Abs 1 FinStrG) übersteigen.
Zusammenrechnung der Abgabenbeträge bei mehreren Finanzvergehen aber setzt nach § 53 Abs 1 FinStrG voraus, dass alle diese (von einem Täter vorsätzlich begangenen) Finanzvergehen in die örtliche und sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fielen (womit ausschließlich die gleiche gesetzliche sachliche und örtliche Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde erster Instanz gemeint ist; 13 Os 177/08s mwN).
Zur Beurteilung dieser Frage finden sich in den Entscheidungsgründen jedoch keine Feststellungen. In der Nichtigkeitsbeschwerde wird ein diesbezüglicher Feststellungsmangel nicht geltend gemacht (vgl RIS Justiz RS0127315; vgl auch Lässig in WK² FinStrG § 53 Rz 9).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).