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OGH vom 19.05.1993, 9ObS18/93

OGH vom 19.05.1993, 9ObS18/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Vera Kremslehner und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz E*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Innsbruck, Innsbruck, Schöpfstraße 5, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 2.661,12 S sA Insolvenz-Ausfallgeld, infolge außerordentlicher Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 5 Rs 147/92-11, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 47 Cgs 1056/92h-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teils bestätigt, teils dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen Betrag von 2.661,12 S an Insolvenz-Ausfallgeld binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger 4 % Zinsen aus 2.661,12 S seit zu zahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 2.419,20 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 403,20 S Umsatzsteuer), sowie die mit 1.334,40 S bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin 222,40 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger die 1.812,48 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 302,08 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde über das Vermögen der P***** GmbH der Ausgleich eröffnet. Mit der am bei Gericht eingelangten Klage begehrte der Kläger 10.812 S an Lohn für April 1991. Mit rechtskräftigem Zahlungsbefehl des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde die P***** GmbH zur Zahlung von 10.812 S netto sA sowie zum Ersatz der mit 2.661,12 S bestimmten Prozeßkosten verpflichtet. Am meldete der Kläger die Lohnforderung im Ausgleich an.

Mit Bescheid vom wurde dem Kläger Insolvenz-Ausfallgeld von 84.611 S netto, darin 10.812 S an Lohn für April 1991, zuerkannt. Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei die Zuerkennung weiteren Insolvenz-Ausfallgeldes in Höhe der mit dem obigen Zahlungsbefehl zugesprochenen Kosten von 2.661,12 S ab.

Das Erstgericht wies das auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für diesen Kostenbetrag gerichtete Klagebegehren ab. Angesichts der Möglichkeit der Anmeldung der nicht bestrittenen Forderung im Ausgleichsverfahren sei die Klageführung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Die Kosten seien daher gemäß § 1 Abs 2 Z 4 IESG nicht gesichert.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Auch dann, wenn die Kosten rechtskräftig festgesetzt worden seien und Bindung gemäß § 7 Abs 1 IESG bestehe, sei nach der ausdrücklichen Anordnung des § 1 Abs 2 Z 4 IESG Anspruchsvoraussetzung, daß die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Von den Parteien im Zivilprozeß müsse verlangt werden, die Kosten durch möglichst einfache, billige und vor allem rasche Verfahren so niedrig wie möglich zu halten. Kostengünstiger als die Einklagung sei aber die Anmeldung im Ausgleichsverfahren.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist teilweise berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 Ob S 15/88 (= SZ 62/16) ausgesprochen hat, ist das gemäß § 7 Abs 1 IESG grundsätzlich an gerichtliche Entscheidungen gebundene Arbeitsamt in der Beurteilung von Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüssen in allen Fragen, die im gerichtlichen Verfahren (als dort nicht anspruchsbegründend) von vornherein nicht zu prüfen waren oder (mangels Einwendung) nicht geprüft wurden, frei. Bei der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch ist nun das Gericht zur Prüfung dieses Anspruches sowohl dem Grunde (Notwendigkeit des Kostenaufwandes) wie auch der Höhe nach verpflichtet. Diese Prüfung hat von Amts wegen zu erfolgen, ohne daß eine Beschränkung auf von den Parteien vorgebrachte oder eingewendete Umstände besteht. Mit der Entscheidung des Prozeßgerichtes über die Prozeßkosten wird daher auch über die Notwendigkeit und die Berechtigung dieser Ersatzansprüche dem Grunde und der Höhe nach unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 41 ZPO bindend abgesprochen. Dringt der Kläger in einem Prozeß gegen seinen Arbeitgeber mit seinen Ansprüchen zur Gänze durch und handelt es sich dabei ausschließlich um Ansprüche, die nach dem IESG gesichert sind, so besteht im Verfahren nach dem IESG Bindung auch an die gerichtliche Kostenentscheidung (siehe 9 Ob S 3/92 = Ind 1992 H 6,15).

Hier liegt über die geltend gemachte Kostenforderung eine rechtskräftige Entscheidung des Prozeßgerichtes in einem Verfahren vor, dessen Gegenstand ausschließlich die erfolgreiche Durchsetzung gesicherter Ansprüche war. Im Hinblick auf die im § 7 Abs 1 IESG angeordnete Bindung ist daher das Begehren des Klägers auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld für diesen Anspruch berechtigt.

Hingegen ist das Zinsenbegehren unberechtigt, weil gemäß § 3 Abs 2 Z 2 IESG Insolvenz-Ausfallgeld nur für die Zinsen aus gemäß § 1 Abs 2 Z 1 bis 3 IESG gesicherten Ansprüchen gebührt.

Der außerordentlichen Revision war daher teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ZPO.