VfGH vom 04.12.2019, E1199/2019

VfGH vom 04.12.2019, E1199/2019

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Erlassung einer Rückkehrentscheidung betreffend einen Staatsangehörigen der Demokratischen Republik Kongo; Verkennung der Rechtslage durch Prüfung der Verletzung der von Art 3 EMRK geschützten Rechte eingeschränkt auf Akteure oder einen bewaffneten Konflikt

Spruch

I.1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, abgelehnt.

Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II.Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters, die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo. Er stellte am einen Antrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz in Österreich. Er habe als Diamantenhändler und dann als Leibwächter für einen Staatsanwalt gearbeitet. Er sei Zeuge geworden, als der Staatsanwalt zwei Richter durch Gift umgebracht habe. Danach habe er den Auftrag bekommen, einen Richter zu töten, wofür er Geld erhalten habe. Er habe den Mordauftrag nicht durchgeführt, sondern sei aus der DR Kongo geflüchtet. Er sei als Sportler in der DR Kongo bekannt, sodass er dort nicht unbehelligt leben könne.

2. Mit Bescheid vom wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag gemäß § 3 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung von Asyl sowie gemäß § 8 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung von subsidiärem Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo ab (Spruchpunkt I und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die DR Kongo gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gleichzeitig wurde eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt (Spruchpunkt IV).

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom hinsichtlich Spruchpunkt I, II und IV als unbegründet ab. Hinsichtlich des ersten und zweiten Spruchteiles des Spruchpunktes III wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ebenso ab, allerdings mit der Maßgabe, dass der erste Spruchteil zu lauten hat: "Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt." Hinsichtlich des dritten Spruchteiles des Spruchpunktes III gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und stellte gemäß § 50 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die DR Kongo unzulässig sei. Die Revision wurde für zulässig erklärt. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht – auf das für die Behandlung der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Wesentliche zusammengefasst – Folgendes aus:

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat über kein finanziell belastbares familiäres Netzwerk verfüge. Er sei nicht arbeitsfähig, er leide unter einem primären Parkinsonsyndrom, essentieller Hypertonie, einer Anpassungsstörung, Depression, einem Schlafapnoesyndrom, erhöhtem Schlaganfallrisiko sowie Presbyopie. Er sei suizidgefährdet und befinde sich auf Grund latenter Suizidalität in psychotherapeutischer Behandlung und trage auf Grund des bestehenden Schlafapnoesyndroms eine Schlafmaske. Er stehe in stetiger Medikation wegen seiner Parkinsonerkrankung, womit auch eine schwere Störung der Merkfähigkeit einhergehe sowie immer wieder auftauchende Sprach- und Verständnisschwierigkeiten.

3.2. Der Beschwerdeführer werde weder durch die Todesstrafe noch durch einen bewaffneten Konflikt bedroht, weshalb ihm nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und des Verwaltungsgerichtshofes (, M'Bodj; ; , Ra 2018/01/0461) nicht der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei. Es sei (nach den unionsrechtlichen Vorschriften) erforderlich, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werde. "Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzungen von Art 3 EMRK." Ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 sei mangels Vorliegen der formellen Voraussetzungen nicht zu erteilen. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung sei auf Grund der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes, mangelnder außerordentlicher Integration und dem Fehlen eines schützenswerten Familienlebens davon auszugehen, dass das Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib überwiege. Zwar sei bei der Interessenabwägung nach Art 8 EMRK auch das Interesse an der Fortführung einer Therapie und medizinscher Behandlung zu berücksichtigen, dies könne aber für sich genommen die Interessenabwägung, die auch andere Aspekte umfasse, nicht zugunsten des Drittstaatsangehörigen ausfallen lassen.

3.3. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs 1 AsylG 2005 (Zuerkennung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs 9 FPG (Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen sei, könne nicht mehr aufrechterhalten werden, sondern sei nun auf Grund der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union eine unterschiedliche Beurteilung notwendig geworden. Umstände, die im Abschiebungsfall zu einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK führen würden, jedoch für eine Zuerkennung von subsidiärem Schutz nicht in Betracht kämen, seien im Ausspruch nach § 52 Abs 9 FPG zu berücksichtigen. Für das erkennende Gericht sei – ungeachtet der grundsätzlich in der DR Kongo, insbesondere in Kinshasa, vorhandenen allgemeinen Existenzmöglichkeiten sowie der grundsätzlich vorhandenen Infrastruktur für medizinische Behandlung sowie der Verfügbarkeit von Medikamenten für Rückkehrer – eine allenfalls erzwungene Rückkehr des Beschwerdeführers in die Heimat mittels Abschiebung angesichts der bei ihm ärztlich diagnostizierten physischen und psychischen Erkrankungen, welche zu einer Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit führten, in Verbindung mit der fehlenden belastbaren familiären Anbindung, nicht zumutbar. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in eine sehr prekäre wirtschaftliche und soziale Situation geraten würde, welche ihm eine weitere Behandlung seiner Erkrankungen verunmöglichen würde. Der Antragsteller würde bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Situation geraten; seine Versorgungssituation wäre derart beeinträchtigt, dass in diesem Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte und eine Verelendung zu erwarten wären. Es müsse aktuell jedenfalls davon ausgegangen werden, dass eine Rückkehr in die DR Kongo ihn auf Grund seiner gesundheitlichen Situation in eine aussichtslose Lage versetzen würde, sodass eine Rückführung einen Verstoß gegen Art 3 EMRK darstellen würde. Es sei daher die Unzulässigkeit einer Abschiebung in den Herkunftsstaat festzustellen.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Begründend wird dazu – auf das für die Behandlung der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Wesentliche zusammengefasst – Folgendes ausgeführt:

4.1. Zu Unrecht sei dem Beschwerdeführer auch kein subsidiärer Schutz erteilt worden. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes führe zu einer Ungleichbehandlung von Personen, die aus Refoulementgründen nicht abgeschoben werden dürften, je nachdem, ob diese Gründe von einem Akteur iSd Art 6 Statusrichtlinie 2011/95/EU verursacht würden oder nicht. Während im Falle der Verursachung durch einen Akteur der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und folglich eine Aufenthaltsberechtigung gemäß Abs 4 leg.cit. erteilt werde, sei der Aufenthalt von Betroffenen im Falle des Fehlens eines Akteurs lediglich geduldet und bestehe erst später, im Falle der Verlängerung der Duldung nach einem Jahr, die Möglichkeit, eine Aufenthaltsberechtigung nach § 57 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 erteilt zu bekommen. Für diese Ungleichbehandlung sei kein sachlich zu rechtfertigender Grund zu erkennen, zumal der in den Gesetzesmaterialien zum Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 angesprochene vorübergehende Charakter einer Duldung auch im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs 4 AsylG 2005 vorliege; auch der Verfassungsgerichtshof betone jüngst mehrmals den "provisorischen Charakter des Aufenthalts subsidiär Schutzberechtigter". Die ungleiche Behandlung zweier Personen(gruppen) in im Wesentlichen gleichen Lebenssituationen lasse sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der einen Personengruppe eine bessere Rechtsstellung auf Grund der Umsetzung internationaler bzw unionsrechtlicher Verpflichtungen einzuräumen wäre. Folgende Nachteile würden damit einhergehen: Subsidiär Schutzberechtigte verfügten über einen freien Arbeitsmarktzugang und eine Familienzusammenführung sei nach einer Wartezeit von drei Jahren möglich. Geduldeten Personen sei eine unselbständige Erwerbstätigkeit ebenso wenig möglich, wie eine Familienzusammenführung. Im Gegensatz zu subsidiär Schutzberechtigten hätten geduldete Personen keinen Anspruch auf Familienbeihilfe und damit auch keinen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld sowie keinen Anspruch auf Pflegegeld.

4.2. Ein verfassungswidriges Ergebnis könnte etwa durch eine verfassungskonforme Auslegung (bzw allenfalls eine Beseitigung) der Wortfolge "seit mindestens einem Jahr" in § 57 Abs 1 Z 1 erster Satz AsylG 2005 verhindert werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe auch jegliche Ermittlungstätigkeit im für das Verfahren entscheidenden Punkt der Prüfung der Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 unterlassen. Zudem sei diese verfassungswidrige Bestimmung der Entscheidung zugrunde gelegt worden, weshalb der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt sei.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem den Berichtigungsbeschluss vom vorgelegt, womit das Erkenntnis vom dahingehend berichtigt wurde, dass es in einzelnen Absätzen des Erkenntnisses statt der Bezeichnung "Irak" richtigerweise "DR Kongo" zu lauten hat. Diese Unrichtigkeit beruhe auf einem Versehen und sei offenkundig, weshalb das Erkenntnis entsprechend sinnhaft zu berichtigen sei.

II. Erwägungen

Die Beschwerde ist zulässig.

A. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und gegen den Ausspruch der Frist zur freiwilligen Ausreise richtet, ist sie begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs 1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

2.1. Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen – sofern ihm nicht der Status des Asylberechtigen gewährt wurde –, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass bei der Prüfung der Zuerkennung des subsidiären Schutzes lediglich die Bedrohung durch die Todesstrafe oder durch einen bewaffneten Konflikt und eine damit zusammenhängende Verletzung von Art 2, 3 EMRK zu berücksichtigen sei. Es hänge davon ab, ob die Verletzung von einem Akteur ausgehe. Dem Beschwerdeführer drohe aber aus anderen als den genannten Gründen eine Verletzung nach Art 2 bzw 3 EMRK, weshalb ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen sei.

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechtslage verkannt, indem es im Rahmen von § 8 AsylG 2005 eine Verletzung der von Art 3 EMRK geschützten Rechte nur eingeschränkt im Hinblick auf eine Verletzung, die durch Akteure oder durch einen bewaffneten Konflikt droht, prüft. Das Bundesverwaltungsgericht verneint zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 Abs 1 AsylG 2005 im Rahmen der Prüfung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz, bejaht aber an anderer Stelle eine Verletzung der von Art 3 EMRK geschützten Rechte, um festzustellen, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig sei. Indem das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer – obwohl es eine drohende Verletzung von Art 3 EMRK feststellt – entgegen § 8 Abs 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt hat, hat es Willkür geübt. Dem steht auch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (, M'Bodj) nicht entgegen; den Mitgliedstaaten ist ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, Aufenthaltsrechte aus anderen humanitären Gründen zu gewähren.

B. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs 2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise abgewiesen wird, in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs 1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese insoweit gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG bzw § 19 Abs 3 Z 1 iVm § 31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil der Beschwerdeführer Verfahrenshilfe (auch) im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lita ZPO genießt.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2019:E1199.2019
Schlagworte:
Asylrecht, Entscheidungsbegründung

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