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VfGH vom 10.10.1984, B187/80

VfGH vom 10.10.1984, B187/80

Sammlungsnummer

10213

Leitsatz

Sbg. Kurtaxengesetz; Kurtaxe ist Landesabgabe iS des § 6 Z 3 F-VG 1948;

Behördenqualität der Kurkommission als Organ eines Fonds; zulässige Mitwirkung des Unterkunftgebers an der Einbehaltung der Kurtaxe;

keine Bedenken gegen Bestimmungen des Sbg. Kurtaxengesetzes sowie keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Vorschreibung einer Kurtaxe

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sbg. Landesregierung vom wurde dem Bf. die Entrichtung einer Kurtaxe in der Höhe von 476 S vorgeschrieben, weil in der Ferienwohnung des Bf. in Bad Gastein zwei kurtaxenpflichtige Personen vierzehnmal genächtigt hätten, denen der Bf. seine Ferienwohnung vermietet habe.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Bf. als "verletztes Recht" folgendes anführt: "Art5 StGG. 142/1867, Art 1 Zusatzprotokoll zur MRK, Art 1 RGBl. 87/1862, Art 6 MRK, Art 18 BVG." Der Bf. beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach den ersten beiden Sätzen des § 1 Abs 1 des Sbg. Kurtaxengesetzes, LGBl. 52/1957, ist die Kurtaxe eine ausschließliche Landesabgabe iS des § 6 Z 3 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 und ist in den Teilen des Landes Sbg. zu entrichten, welche als Heilbad-Kurorte oder als Kurorte erklärt sind.

Im Abs 2 dieses Paragraphen wird die Einhebung der Kurtaxe der für den Kurbezirk bestehenden Kurkommission übertragen.

Nach § 2 Abs 1 wird die Kurtaxe für jede im Kurbezirk während der Kursaison erfolgende Nächtigung einer Person eingehoben, die nicht im Kurbezirk ihren ordentlichen Wohnsitz hat und nicht nach § 4 von der Entrichtung der Kurtaxe befreit ist.

Die Kurtaxe beträgt nach dem Abs 2 des § 2 idF der Nov. LGBl. 54/19752 S bis 20 S je Nächtigung.

Nach § 3 Abs 1 des Gesetzes idF der Nov. LGBl. 67/1965 hat die einen Nächtigungsplatz zur Verfügung stellende Person jede bei ihr erfolgte Nächtigung einer der in § 2 Abs 1 genannten Personen der Kurkommission bekanntzugeben sowie von diesen Personen die Kurtaxe einzuheben, abzurechnen und der Kurkommission abzuführen.

§5 des Gesetzes sieht - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - die amtliche Bemessung sowie die Vorschreibung der Kurtaxe mittels Bescheid vor.

2. a) Der Bf. hält das Kurtaxengesetz "als solches für rechts- und verfassungswidrig", weil die Kurtaxe nach § 1 Kurtaxengesetz zwar eine Landesabgabe iS des § 6 Z 3 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 sei, § 8 Abs 5 dieses Verfassungsgesetzes aber vorsehe, daß die Landesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen kann, bestimmte Abgaben aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Im vorliegenden Fall habe aber die Landesgesetzgebung nicht die Gemeinde zur Einhebung der Kurtaxe ermächtigt, sondern die Kurkommission. Die Kurkommission sei aber nicht die Gemeinde, es liege auch kein Beschluß der Gemeindevertretung vor.

Der Bf. übersieht bei seiner Argumentation, daß es sich bei der Kurtaxe nach dem Kurtaxengesetz nicht um eine Abgabe handelt, welche durch landesgesetzliche Ermächtigung aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung von der Gemeinde erhoben wird, sondern um eine Landesabgabe. § 8 Abs 5 Finanz-Verfassungsgesetz kommt daher hier überhaupt nicht zum Tragen.

Die Bedenken des Bf. erweisen sich schon deshalb als verfehlt.

b) Der Bf. hält § 1 Abs 2 Kurtaxengesetz für verfassungswidrig, weil es "vollkommen ausgeschlossen" sei, daß eine "Privatperson" (die Kurkommission) öffentliche Abgaben einhebt. Der angefochtene Bescheid sei "insofern rechts- und verfassungswidrig", als er von einer Institution vorgeschrieben worden sei, der Behördencharakter nicht zukomme und die daher nicht berechtigt sei, bescheidmäßig Kurtaxen zu "verhängen".

Der VfGH hat es in seiner Rechtsprechung (s. VfSlg. 3685/1960, S 61, und 4413/1963, S 242) als verfassungsrechtlich zulässig angesehen, für vereinzelte Aufgaben auch Organen von Nicht-Gebietskörperschaften Behördenqualität einzuräumen; das gilt nach der genannten Rechtsprechung auch für Organe von Fonds. Nach § 17 Abs 1 des Sbg. Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. 39/1960, bewirkt die Anerkennung als Kurort die Errichtung eines Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit, dessen Organ laut § 18 Abs 1 dieses Gesetzes die Kurkommission ist.

Es trifft daher auch dieses Bedenken des Bf. nicht zu.

c) Der Bf. hält auch die Bestimmung des § 3 Abs 1 Kurtaxengesetz für verfassungswidrig, weil sie eine "Privatperson" (hier gemeint: den Unterkunftgeber) mit der Einhebung einer öffentlichen Abgabe beauftrage und den Einhebenden für den Fall haftbar mache, daß er die Abgabe "nicht einbringlich machen" könne.

Diesbezüglich ist der Bf. auf die Rechtsprechung des VfGH zur Betrauung von Privatrechtssubjekten mit der Einbehaltung von Abgaben (s. VfSlg. 7158/1973, 7975/1977) zu verweisen, in welcher der VfGH gegen die Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers bei der Erhebung von Steuern sowie gegen die Verpflichtung des Arbeitgebers, der Abgabenbehörde gegenüber eigenständige Aufgaben zu erfüllen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte.

d) Der VfGH hat somit aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides.

3. a) Der Bf. hält es für gleichheitswidrig, Kurtaxen auch von Personen einzuheben, welche die Einrichtungen des Kurbetriebes (Heilquellen, Thermalbäder usw.) nicht in Anspruch nehmen, sondern die lediglich durch Wandern, Schifahren usw. "außerhalb des Kurbezirkes Kurzweil und Erholung suchen" und innerhalb des Kurbezirkes nur wohnen. Diese Personen hätten eine Abgabe für etwas zu entrichten, was sie nicht nutzen und wofür in anderen Gebieten Österreichs keine Kurtaxe erhoben werde, womit sie diesen Personen gegenüber benachteiligt seien und ihnen durch Auflagen auch der Aufenthalt in bestimmten Gegenden Österreichs erschwert werde, möglicherweise sogar unmöglich gemacht werde, sodaß "auch der Grundsatz der Freizügigkeit des Aufenthaltes" verletzt werde.

Abgesehen davon, daß hier ein Verstoß gegen die Freizügigkeit der Person nach Art 4 StGG überhaupt nicht in Betracht kommt (s. die ständige Rechtsprechung des VfGH zu diesem Grundrecht, zB VfSlg. 8086/1977), hält es der VfGH nicht für unsachlich, Kurtaxe von allen jenen Gästen einzuheben, welchen die Einrichtungen des Kurortes zur Verfügung gestellt werden, unabhängig davon, ob sie von diesen Einrichtungen tatsächlich Gebrauch machen.

b) Der Bf. hält es für denkunmöglich, ihm eine Kurtaxe aufzuerlegen, weil die tatsächlich erfolgte Nächtigung einer bestimmten Anzahl von Personen nicht nachgewiesen sei.

Dieser Vorwurf trifft so nicht zu. Im angefochtenen Bescheid wird ausdrücklich ausgeführt, die zwei kurtaxenpflichtigen Personen hätten nachweislich vierzehnmal in der Wohnung des Bf. genächtigt. Ob das richtig ist und ob die Höhe der Taxe richtig berechnet wurde, hat der VfGH nicht zu prüfen.

c) Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit ebenfalls nicht stattgefunden.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.