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OGH vom 20.10.2016, 14Os79/16y

OGH vom 20.10.2016, 14Os79/16y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Samuel H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach §§ 232 Abs 2, 12 dritter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom , GZ 20 Hv 11/16b-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant – Sandro D***** vom Vorwurf, er habe in B *****

(1) am eine gefälschte 50 Euro Banknote (a) und am drei gefälschte 50 Euro Banknoten (b) jeweils im Einverständnis mit dem an der Fälschung beteiligten, abgesondert verfolgten Anton Z ***** mit dem Vorsatz übernommen, sie als echt und unecht in Verkehr zu bringen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den zu 1/b ergangenen Freispruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.

Grundvoraussetzung für die prozessordnungs-konforme Darstellung materieller Nichtigkeit ist die methodisch vertretbare Ableitung der angestrebten

rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz, und zwar – von Feststellungsmängeln abgesehen – auf Basis der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Gründet das Gericht (wie hier) den Freispruch auf die Verneinung einzelner Tatbestandselemente, ohne eine Aussage zu sämtlichen zu treffen, ist hinsichtlich jener (konkret zu bezeichnenden) Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil keine Konstatierungen enthält, unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse ein

Feststellungsmangel (Z 9 lit a; vgl dazu RIS Justiz RS0118580) geltend zu machen, fehlen die dafür nötigen Indizien, bedarf es der Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 (RIS Justiz RS0127315).

Diesen Anforderungen wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

Zuzustimmen ist ihr insoweit, als die Tatrichter vorliegend rechtsirrig davon ausgingen, dass schon die den Anklagevorwurf 1/b betreffende Negativfeststellung zum „Tatbestandsmerkmal des Übernehmens“ eine Beurteilung des Täterverhaltens nach § 232 Abs 2 StGB jedenfalls ausschließe und „sich bereits aus diesem Grund eine weitere Prüfung erübrigte“, ohne die Möglichkeit versuchter Tatbegehung (§ 15 StGB) in Betracht zu ziehen (oder Überlegungen zu den Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts von einem allfälligen Versuch [§ 16 StGB] anzustellen).

Ausgehend von dieser verfehlten Rechtsauffassung trafen sie insoweit zum Vorsatz des Angeklagten keine Feststellungen und konstatierten darüber hinaus bloß, er habe beim abgesondert verfolgten, in den Niederlanden „wegen des Verkaufs von Falschgeld im Darknet in größerem Ausmaß verhafteten“ Anton Z ***** zunächst eine (in der Folge bei ihm sichergestellte, jedoch ohne Verbreitungsvorsatz übernommene) gefälschte 50 Euro Banknote (1/a) und später drei weitere gefälschte 50 Euro Banknoten bestellt, wobei er als Lieferadresse seine eigene Adresse angab. Dass er „diese drei gefälschten Banknoten überhaupt übernommen hat“, hielt das Erstgericht – wie dargelegt – für nicht erweislich (US 3 f).

§ 232 Abs 2 StGB setzt Einverständnis eines an der Fälschung Beteiligten oder eines Mittelsmanns mit der (wenn auch bloß versuchten) Übernahme von verwechslungstauglichem Falschgeld, sohin eine auf den Fälscher (oder seine Komplizen) zurückgehende ununterbrochene einvernehmliche Erwerbskette voraus (vgl dazu Oshidari SbgK § 232 Rz 30 ff; Schroll in WK² StGB § 232 Rz 17 ff; 13 Os 56/07w). Eine – für die Annahme strafbaren Versuchs essentielle – ausführungsnahe Handlung ist im Fall (hier aktueller) Bestellung von nachgemachtem oder verfälschtem Geld zudem nur bei Verfügbarkeit bereits hergestellter Falsifikate zu bejahen (vgl dazu sowie zu einer andernfalls möglichen Bestimmungstäterschaft zu § 232 Abs 1 StGB: Oshidari , SbgK § 232 Rz 47 mwN; Schroll in WK² StGB § 232 Rz 27).

Dessen ungeachtet beschränkt sich die Beschwerde darauf, einen Feststellungsmangel „zur inneren Tatseite“ zu behaupten, macht aber einen solchen in Bezug auf die oben dargestellten weiteren, gleichfalls nicht durch Konstatierungen der Tatrichter geklärten Tatbestandselemente nicht geltend. Solcherart leitet sie die angestrebte rechtliche Konsequenz (einen Schuldspruch wegen „des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB – allenfalls im Versuch“) schon im Hinblick auf den objektiven Tatbestand nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab.

Darüber hinaus werden – mit Blick auf die Komplexität der Bestimmung – mit der Formulierung „anklagekonformer und tatbestandsmäßiger Vorsatz“ und „(überschießende) Innentendenz“ die vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (vgl Oshidari SbgK § 232 Rz 28, 36 ff; Schroll in WK² StGB § 232 Rz 26) sowie mit der bloßen Wiedergabe einzelner Urteilsannahmen und dem daran anschließenden Hinweis auf die „zweite Falschgeldbestellung“ („diese zweite entgeltliche Bestellung“) keine in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnisse genannt, die die entsprechenden Konstatierungen indizieren würden. Im Übrigen fehlen auch Ausführungen dazu, inwieferne sich aus der alleine ins Treffen geführten Bestellung von „drei gefälschten 50-Euro-Banknoten im Darknet“ Anhaltspunkte für einen auf die Verwechslungstauglichkeit der georderten Falsifikate, auf deren bereits erfolgte Herstellung, auf eine ununterbrochene Verteilerkette und auf eine anschließende Inverkehrsetzung des Falschgeldes als echt und unverfälscht gerichteten (zumindest bedingten) Vorsatz des Angeklagten ergeben sollten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00079.16Y.1020.000