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VfGH vom 04.12.2017, E1156/2016

VfGH vom 04.12.2017, E1156/2016

Leitsatz

Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im Anlassfall

Spruch

I.Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II.Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

1.Der Beschwerdeführer erwarb gemeinsam mit seinen drei Geschwistern im Jahr 1996 im Wege der kridamäßigen Versteigerung aus der Verlassenschaft nach seinem Vater eine Liegenschaft (samt Miteigentumsrecht an einem Hofraum) um ATS 1.452.500,– (€ 105.557,29). Der Übernahmsantrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom genehmigt. Mit Kaufvertrag vom veräußerten der Beschwerdeführer und seine Geschwister die Liegenschaft (samt Miteigentumsrecht) um € 100.000,– (auf den Beschwerdeführer entfiel ein Viertel des Veräußerungserlöses).

1.1.In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 vom erklärte der Beschwerdeführer Einkünfte aus selbständiger Arbeit iHv € 34.521,80. Aus Anlass eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes Innsbruck teilte der Beschwerdeführer mit, dass ihm aus der Grundstücksveräußerung – auf Grund der aliquoten Nebenkosten, der Finanzierungskosten sowie unter Einrechnung eines Inflationsabschlages – ein (anteiliger) Verlust iHv € 12.348,25 erwachsen sei. Zur Berücksichtigung dieses Verlustes stellte er einen Antrag auf Regelbesteuerung gemäß § 30a Abs 2 EStG 1988.

1.2.Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Innsbruck die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest, wobei der Verlust ohne die vom Beschwerdeführer bei der Ermittlung des Verlustes aus der Grundstücksveräußerung angesetzten anteiligen Finanzierungskosten iHv € 7.947,58 ermittelt wurde. Begründend führte das Finanzamt Innsbruck aus, dass ein Abzug von Werbungskosten bei Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 20 Abs 2 EStG 1988 nicht zulässig sei. Der dem Beschwerdeführer entstandene Verlust sei – unter Anwendung eines Inflationsabschlages von 14% – mit € 3.288,01 zu beziffern, wobei dieser Verlust gemäß § 30 Abs 7 EStG 1988 nicht ausgleichsfähig sei.

1.3.Die dagegen erhobene Beschwerde wurde – auf Grund des vom Beschwerdeführer in Folge der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Innsbruck gestellten Vorlageantrages – mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom als unbegründet abgewiesen und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG für unzulässig erklärt.

1.4.In der dagegen erhobenen, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzes-bestimmungen (§20 Abs 2 und § 30 Abs 7 EStG 1988) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt.

2.Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 litb B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "oder § 30a Abs 1" in § 20 Abs 2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 und des § 30 Abs 7 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 ein. Mit Erkenntnis vom , G183/2017, hob er die Wortfolge "oder § 30a Abs 1" in § 20 Abs 2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 als verfassungswidrig auf.

3.Die Beschwerde ist begründet.

Das Bundesfinanzgericht hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.404/1985).

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.

4.Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5.Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten. Die als "Einzugsgebühr ERV" geltend gemachten Kosten iHv € 4,20 sind schon deshalb nicht zuzusprechen, weil diese bereits mit dem Pauschalsatz abgegolten sind (vgl. zB ).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2017:E1156.2016
Schlagworte:
VfGH / Anlassfall

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