OGH vom 27.09.2013, 9ObA93/13m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. D***** G*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert 36.000 EUR), über die Revision und den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 8 Ra 23/13f 57, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 7 Cga 159/08i 53, Folge gegeben und das Ersturteil teilweise abgeändert, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
I. Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.961,64 EUR (darin 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
II. Der Kostenrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist ein Revisionsverband für Kreditgenossenschaften. Der Kläger ist in die Liste der Vereinigung der Österreichischen Revisionsverbände eingetragen. Er war bei der Beklagten von 1984 bis 1991 als Genossenschaftsrevisor und von 1991 bis 2001 als Prüfungsgruppenleiter tätig. Mit Wirkung zum wurde er zum Prüfungsdienstleiter bestellt. Als solchem kam ihm bei der Beklagten die Leitung der Prüfungsabteilung Kredit zu. Die Beklagte kündigte sein Dienstverhältnis am zum auf.
Der Kläger begehrt die Feststellung seines aufrechten Dienstverhältnisses über den hinaus, in eventu die Erklärung, dass die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit und Vorliegen eines verpönten Motivs iSd § 105 ArbVG rechtsunwirksam sei. Zum alleine revisionsgegenständlichen Hauptbegehren brachte er vor, bei der Beklagten ausschließlich mit der genossenschaftlichen Revision von Kreditgenossenschaften nach dem System***** (*****banken) als Genossenschaftsrevisor gemäß Genossenschaftsrevisionsgesetz (GenRevG) beschäftigt und seit der höchstrangige Genossenschaftsrevisor und Bankprüfer gewesen zu sein. Gemäß § 19 Abs 5 GenRevG könne ein Revisor nur aus wichtigen Gründen gekündigt werden; solche würden nicht vorliegen. Insgesamt sei die Kündigung deshalb erfolgt, weil er stets darauf bestanden habe, seine Tätigkeit im völligen Einklang mit den ihn treffenden Obliegenheiten auszuüben.
Die Beklagte wandte dazu zusammengefasst ein, der Kläger unterliege nicht dem besonderen Kündigungsschutz gemäß § 19 Abs 5 GenRevG, weil er seit mehr als fünf Jahren nicht als Revisor tätig sei. Des Weiteren habe er mehrere Pflichtverstöße und Dienstverfehlungen zu verantworten, dies insbesondere in der Führung der ihm anvertrauten Mitarbeiter, in der Organisation der Prüfungsabwicklung sowie in der Fortentwicklung von Prüfungsstandards und Qualitätssicherungsmaßnahmen, die jedenfalls einen besonderen Kündigungsgrund nach § 19 Abs 5 GenRevG verwirklichten.
Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren Folge und stellte den aufrechten Bestand des Dienstverhältnisses über den hinaus fest. In Hinblick auf die revisionsgegenständliche Frage, ob der Kläger grundsätzlich dem besonderen Kündigungsschutz des § 19 Abs 5 GenRevG unterliegt, traf es folgende Feststellungen:
„ Im Jahr 2008/2009 gab es bei der Beklagten rund zwanzig Revisoren, fünf Prüfungsgruppenleiter und, solange der Kläger bei der Beklagten war, einen Prüfungsdienstleiter.
Laut interner Stellenbeschreibung der Funktion des Prüfungsdienstleiters war die Aufgabe des Klägers wie folgt definiert:
Stellenziel:
EDV mäßige Organisation der Prüfung und Berichtsausfertigung
Leitung der Prüfungsabteilung Kredit im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfungen einschließlich externer Qualitätsüberprüfung (Peer review)
Leitung der Aktivitäten im Rahmen des Früherkennungssystems gemäß BWG im Rahmen der Prüfungsabteilung Kredit
Überwachung der Weiterentwicklung der EDV-Lösungen für die Prüfung
Versorgen der Prüfer mit den erforderlichen Prüfungsprogrammen inkl. Veranlassung hardwaremäßiger Maßnahmen, Einschulung und Programmierung ...
Prüfungs und Prüfereinteilung
Überwachung der Einzelplanungen in zeitlicher, sachlicher und personeller Hinsicht
Personalangelegenheiten: …
Mitarbeiterführung
Mitarbeiterschulung, fortbildung, information: ...
Prüferrichtlinien und informationen, Prüferchecklisten, Prüfungsunterlagen, Berichtsschema
Textbausteine
Bereitstellung von Daten für Jahresabschluss/Quartalsabschlüsse und Budget an den Vorstand bzw Buchhaltung
Postein und ausgang Prüfungsabteilung Kredit (Durchsicht bzw Fertigung)
Durchsicht (überwiegend stichprobenweise) sämtlicher Berichte (nach Ausfertigung), individuelle/teilweise Besprechung mit PGL Prüfern, Versandbriefe, Rechnungen
Korrespondenz über Prüfungsverschiebungen, Prüfungskosten, Prüfungsreklamationen und Informationen an die Prüfungskanzlei
laufende Besprechung mit Prüfungsgruppen über wesentliche Angelegenheiten bei Prüfungen, Früherkennungssystem, Betreuungen und Prüfungsverfolgung sowie über Fachfragen und Sonderaufgaben
fallweise Behandlung von Anfragen von Prüfern und Genossenschaften, BMF und hausintern usw
PGL Besprechungen, Prüferbesprechungen, BMF-Besprechungen, VBC Besprechungen, sonstige Besprechungen (bei Anfall)
Besprechung/Bearbeitung von Sonderfragen mit Prüfer/PGL/Interne Abteilungen
…
Mitwirkung an diversen Bearbeitungen und Projekten (nach Anfall): …
Informationsrechte:
Information durch PGL, Prüfungsleiter, Revisoren über schwerwiegende Ereignisse bei der Prüfung
Information über Auffälligkeiten bei den Controlling-Auswertungen, Planabweichungen etc durch die Controlling-Abteilung
Information durch den Vorstand über mitgliederbezogenene Aspekte und auch sektorpolitische Sachverhalte, soweit die Vorgänge nicht besonderer Vertraulichkeit unterliegen
Informationspflichten:
Bei Problembanken besteht eine verpflichtende Information an Unterstützungsabteilung Kredit, allenfalls sind Hilfestellungen für Banken zu empfehlen.
Information der PGL und Sicherstellung der Weitergabe an Prüfungsleiter und Revisoren über prüfungsrelevante Sachverhalte
Laufende Information der Mitarbeiter über Zielsetzungen des Vorstandes und des Verbundes
Laufende Information des Vorstandes über wichtige Sachverhalte
Verantwortlichkeit:
Ermächtigung:
Auskunftserteilung auf Anfrage des BMF sowie betreffend Gemeinschaftsfondsbanken an die GL des SHD
Anweisungen an Prüfer und Prüfungsleiter im Rahmen der Prüfung und Berichtserstellung
Genehmigung von Urlauben, Überstunden gegen Freizeitausgleich
Einzelausnahmen von normaler Arbeitszeit betreffend PGL und Prüfer
Fertigung der ausgehenden Post der Prüfungsabteilung (an erster oder zweiter Stelle)
Zeichnungsberechtigung auf Bankkonten des Verbandes an zweiter Stellen
Genehmigung externer Seminare inkl ***** Akademie
Diverse sonstige Genehmigungen bzw Fertigungen in Vertretung des Vorstandes (in dringenden Fällen bei Verhinderung des Vorstandes)
Projektteilnahmen: …
Der Prüfungsgruppenleiter führt gemeinsam mit dem Prüfer (Revisor) eine Bankprüfung durch. Dabei arbeitet der Prüfer vor Ort, der Prüfungsgruppenleiter ist in Wien tätig. Beide arbeiten im Sinne des 4 Augen Prinzipes zusammen. Der Prüfungsgruppenleiter ist hierarchisch zwar höher angesiedelt als der Revisor, jedoch nicht direkter Vorgesetzter des Revisors. Die Prüfungsgruppenleiter unterstützten den Kläger neben ihrer Prüfungstätigkeit auch bei der Erstellung von Richtlinien, Checklisten, Mustertexten uä oder betreuten die ihnen zugewiesenen Banken.
Als der Kläger Prüfungsdienstleiter war, hatte der Prüfungsgruppenleiter bereits während der Revision auch mit dem Kläger als Prüfungsdienstleiter immer wieder Kontakt. Bei schwierigen Prüfungen wandten sich die Prüfungsgruppenleiter immer wieder an den Kläger. Mitunter warnte der Kläger die Revisoren und Prüfungsgruppenleiter bereits vor einer bestimmten Revision, worauf in der Prüfung besonders zu achten sei. Da der Kläger bereits lange Jahre bei der Beklagten tätig war, kannte er sämtliche *****banken und waren ihm die Schwachstellen der einzelnen Banken geläufig.
Der Kläger gab auch die Groblinie und Schwerpunkte vor, welche bei einer Bankprüfung zu setzen waren. Dies wurde mit den Prüfungsgruppenleitern und Revisoren abgestimmt und besprochen.
Der Prüfungsdienstleiter gab auch vor, welche Unterlagen notwendig waren, um effizient zu einem Ergebnis zu kommen, also Checklisten, interne Richtlinien usw. Traten besondere Schwierigkeiten oder Sonderfälle auf, nahm der Kläger auch direkt mit den Mitgliedern der beklagten Partei (*****banken) Kontakt auf und forderte Unterlagen an. War bei einer Prüfung etwas unklar, kam es vor, dass der Kläger ergänzende Unterlagen von den zu prüfenden Banken forderte. Der Kläger stellte auch im Rahmen des Früherkennungssystems direkt Anfragen an die Banken. Es kam auch vor, dass der Kläger an Besprechungen mit den geprüften Banken direkt vor Ort teilnahm.
Der Revisor und der Prüfungsgruppenleiter erarbeiteten dann gemeinsam den Revisionsbericht der Bank, welcher als Entwurf zum Kläger als Prüfungsdienstleiter kam. Der Kläger sah sich die Prüfungsentwürfe stichprobenartig durch. Traten Fragen und Probleme auf, hielt der Kläger mit dem Prüfungsgruppenleiter Rücksprache, allenfalls wurde der Bericht auch adaptiert. Wenn der Revisor und der Prüfungsgruppenleiter auf ihrer Ansicht beharrten, konnte der Kläger keine Weisungen erteilen.
Der Kläger hatte also kein Weisungsrecht gegenüber dem Revisor und dem Prüfungsgruppenleiter. Allerdings wurde häufig bereits während einer Prüfung mit dem Kläger Rücksprache gehalten, wenn Probleme auftraten und wurde der Kläger über den Fortgang der Prüfungen informiert. Bei Problemen bei einer Revision war der Kläger der erste Ansprechpartner für den Prüfungsgruppenleiter nach dem Revisor. In der Praxis hielten sich die Revisoren und Prüfungsgruppenleiter meist an die Ratschläge und Anregungen des Klägers. Der Kläger besprach auch inhaltliche Ergebnisse des Prüfungsberichtes mit den Revisoren.
Den Prüfungsbericht selbst unterschrieb der Kläger nicht (…). Auch der Vorstand konnte den Revisoren und Prüfungsgruppenleitern hinsichtlich des Revisionsberichtes keine Weisungen erteilen.
Aber auch der Vorstand wurde von wichtigen Angelegenheiten bereits während einer laufenden Prüfung vom Kläger oder den Prüfern informiert. Es kam mitunter vor, dass der Vorstand in einem Bericht Änderungen wollte, welche die Prüfer in der Art und Weise nicht durchführen wollten. Hierbei unterstützte der Kläger die Prüfer bzw. Prüfungsgruppenleiter, ihre Ansicht gegenüber dem Vorstand zu vertreten.
Es kam auch vor, dass sich der Kläger vor die Revisoren stellen musste bzw ihnen den Rücken stärken musste, wenn sich etwa geprüfte Banken beim Vorstand über Einschätzungen der Prüfer beschwerten.
…
Die Freigabe des Prüfungsberichtes war letztlich Aufgabe des Prüfungsgruppenleiters.
Der Kläger hatte als Prüfungsdienstleiter auch Zugriff zu sämtlichen Daten der geprüften Banken, welche für die Revision von Bedeutung waren, auch zu Daten, welche dem Bank- oder Revisionsgeheimnis unterliegen. (…)
Zu den Dateien über die Prüfungsberichte hatten die Revisoren, welche prüften, der Kläger sowie der Vorstand Zugriff.
Der Kläger übernahm die zeitlichen Einteilungen der einzelnen Revisionen, die Person des Revisors wurde vom Kläger vorgeschlagen, die Bestellung erfolgte dann gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied Mag. *****.
Der Kläger war als Prüfungsdienstleiter den Revisoren und Prüfungsgruppenleitern disziplinär übergeordnet. Der Kläger konnte an die Revisoren Weisungen organisatorischer Natur erteilen, etwa konnte er die Prüfungszeit festlegen. Neben den beiden vom Vorstand und dem Kläger bestellten Revisoren gibt es bei den Revisionen auch noch Assistenten bzw Revisoren, die bei einer Revision mitwirken, aber nicht selbst testieren. Dieses Team wurde auch vom Kläger zusammengestellt.
Auch dienstrechtliche Angelegenheiten, wie Urlaubsansuchen, teilte der Kläger ein.
Zusammengefasst gab der Kläger die organisatorischen Werkzeuge für die Prüfung vor. Im Zusammenhang mit den konkreten Revisionen der Banken konnte der Kläger jedoch keine Weisungen erteilen.
Bis 2003 führte der Kläger selbst Revisionen durch, nach seiner Bestellung zum Prüfungsdienstleiter führte er selbst keine Revisionen mehr durch. (…)“
In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Ansicht, der Kläger habe aufgrund seiner Sonderstellung als Leiter der Abteilung Prüfung Kredit, der die Revisoren und Prüfungsgruppenleiter zugeordnet sind, direkten und indirekten Einfluss auf das Prüfungsergebnis gehabt. Es würde das Prinzip der Weisungsfreiheit unterlaufen, wenn nicht auch der unmittelbare Vorgesetzte der Revisioren dem besonderen Kündigungsschutz des § 19 Abs 5 GenRevG unterläge. Er habe jedoch weder eine grobe und nachhaltige Vernachlässigung der dienstrechtlichen Pflichten zu verantworten noch sonst einen Kündigungsgrund iSd § 19 Abs 5 GenRevG erfüllt. Da sein Dienstverhältnis nach wie vor aufrecht sei, komme eine Prüfung gemäß § 105 ArbVG nicht in Betracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, wies mit dem angefochtenen Teilurteil das Hauptbegehren ab und trug dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und Entscheidung über das Eventualbegehren auf. Zusammenfassend war es der Ansicht, das GenRevG übertrage dem Revisor die Verantwortung für die Revision und regle seinen Aufgaben- und Verantwortungsbereich abschließend. Absicht des Gesetzgebers sei es, durch den besonderen Kündigungsschutz des § 19 Abs 5 GenRevG die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit von bestellten Revisoren in Fragen der Revision zu sichern. Unabhängige und weisungsfreie Revisionstätigkeiten des Klägers seien den erstgerichtlichen Feststellungen jedoch nicht zu entnehmen. Eine analoge Anwendung der Bestimmung komme mangels planwidriger Lücke nicht in Betracht. Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 19 Abs 5 GenRevG fehle.
In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Darüber hinaus erhebt er einen Kostenrekurs gegen die im Berufungsurteil enthaltene Kostenentscheidung.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .
I. Zur Revision des Klägers
1. Die Frage nach einem besonderen Kündigungsschutz des Klägers iSd § 19 Abs 5 GenRevG ist vor dem Hintergrund der Funktion eines Revisors nach dem GenossenschaftsrevisionsG 1997 (GenRevG) zu sehen:
Genossenschaften sind durch einen unabhängigen und weisungsfreien Revisor auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen, ihrer Rechnungslegung und ihrer Geschäftsführung, insbesondere auf die Erfüllung ihres Förderungsauftrags und die Wirtschaftlichkeit, sowie auf Zweckmäßigkeit, Stand und Entwicklung ihrer Vermögens , Finanz und Ertragslage zu prüfen (§ 1 Abs 1 GenRevG). Dafür ist dem Revisor von Gesetzes wegen das Recht zur umfassenden Auskunft und Einsicht (§ 4 Abs 1 GenRevG), zur Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung (§ 7 GenRevG) und zur Herbeiführung einer Mängelbehebung (§ 8 GenRevG) eingeräumt. Er hat über das Ergebnis der Revision schriftlich zu berichten, eine Kurzfassung des Revisionsberichts zu erstellen und den Bericht und dessen Kurzfassung zu unterzeichnen und dem Vorstand, gegebenenfalls auch den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Genossenschaft vorzulegen (§ 5 Abs 1 bis 3 GenRevG). Wurde der Revisor von einem Revisionsverband bestellt, so hat dieser den Bericht und die Kurzfassung des Revisors zu prüfen, das Ergebnis seiner Prüfung dem Revisionsbericht beizufügen und diese Dokumente dem Vorstand und dem Aufsichtsrat der Genossenschaft vorzulegen (§ 5 Abs 4 GenRevG). Danach kann sich der Revisionsverband zum Revisionsbericht zwar äußern, Träger der Revision bleibt jedoch der Revisor selbst.
Unter der Überschrift „Verantwortlichkeit des Revisors und des Revisionsverbands“ verpflichtet § 10 Abs 1 GenRevG den Revisor, den Revisionsverband und ihre Gehilfen sowie die bei der Revision mitwirkenden gesetzlichen Vertreter des Revisionsverbands oder einer Prüfungsgesellschaft zur Verschwiegenheit und statuiert für diesen Personenkreis eine (unbegrenzte) Schadenersatzpflicht für eine Pflichtverletzung. Darüber hinaus verpflichtet § 10 Abs 2 GenRevG (nur) den Revisor zur gewissenhaften und unparteiischen Revision und sieht für den Fall einer Verletzung dieser Pflicht eine persönliche Haftung des Revisors vor, die bei abschlussprüfungspflichtigen Genossenschaften nach Maßgabe des § 275 Abs 2 UGB und bei anderen Genossenschaften mit 350.000 EUR betragsbegrenzt ist. Für solche Ersatzansprüche haftet der Revisionsverband als Ausfallsbürge (§ 10 Abs 3 GenRevG). Der Gesetzgeber differenziert somit in Hinblick auf die mit einer Revision befassten Personen zwischen dem weiteren Kreis der zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen (Abs 1) und dem für die Prüfung verantwortlichen Revisor (Abs 2).
2. Gemäß § 19 Abs 1 GenRevG ist ein Revisionsverband wie die Beklagte als berechtigt anzuerkennen, für die ihm angehörigen Genossenschaften Revisoren zu bestellen, wenn
1. der Verband nach dem Inhalt des Verbandsstatuts und in Hinblick auf seine Mitglieder Gewähr für die Erfüllung der von ihm zu übernehmenden Aufgaben bietet,
2. er glaubhaft macht, dass er unter Berücksichtigung der Anzahl, der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Unternehmensgröße seiner Mitglieder wirtschaftlich und organisatorisch zur Erfüllung seiner Aufgaben in der Lage ist.
Gemäß § 19 Abs 2 Z 3 GenRevG hat das Verbandsstatut sicherzustellen, dass die durch den Verband bestellten Revisoren in Fragen der Revision unabhängig und weisungsfrei sind.
Gemäß § 19 Abs 5 GenRevG idF des mit in Kraft getretenen Unternehmensrechts-ÄnderungsG 2008 (URÄG 2008), BGBl I Nr 70/2008, kann das Dienstverhältnis eines Revisors, der Angestellter eines anerkannten Revisionsverbands im Sinn des Angestelltengesetzes, BGBl Nr 292/1921, in der jeweils gültigen Fassung ist, vom Verband nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Unbeschadet des Rechts zur vorzeitigen Entlassung gemäß § 27 Angestelltengesetz sind als wichtige Gründe, die den Verband zur Auflösung des Dienstverhältnisses berechtigen, insbesondere anzusehen:
1. mangelnde Aktivität zur beruflichen Weiterbildung,
2. grobe und nachhaltige Vernachlässigung der dienstrechtlichen Pflichten als Revisor,
3. Nichteinhaltung von Berufsgrundsätzen,
4. Wegfall der Zulassungsvoraussetzungen,
5. nachhaltige Nichteinhaltung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 2 Abs 2 A QSG,
6. Verwirklichung von in seiner Person begründeten Umständen, durch die der Revisor von der Vornahme von Revisionen, Abschlussprüfungen und/oder Bankprüfungen nicht nur im Verhältnis zu einem einzelnen Mitglied des Revisionsverbands, sondern zu sämtlichen Mitgliedern oder einer ganzen Gruppe von Mitgliedern gesetzlich ausgeschlossen ist.
7. der Eintritt einer Änderung des Arbeitsumfangs oder der Organisation der Revisionstätigkeit und
8. der Anspruch auf eine gesetzliche Alterspension.
3. Der Kläger bestreitet nicht, dass die Bestimmung des § 19 Abs 5 GenRevG nicht schon deshalb auf ihn anzuwenden ist, weil er in die Liste der Vereinigung der Österreichischen Revisionsverbände eingetragen ist („zugelassener“ und „eingetragener Revisor“, vgl § 17a GenRevG). Er bestreitet auch nicht, von der Beklagten in den letzten Jahren nicht als Revisor bestellt worden zu sein. Er ist aber weiterhin der Ansicht, aufgrund seiner Funktion und seiner inhaltlichen Tätigkeit vom Kündigungsschutz dieser Bestimmung erfasst zu sein.
4. Zutreffend hat bereits das Berufungsgericht dargelegt, dass der gesetzliche Zweck des besonderen Kündigungsschutzes des § 19 Abs 5 GenRevG für Revisoren darin liegt, die gesetzlich vorgesehene (§ 1 Abs 1 GenRevG) und vom Revisionsverband auch statutarisch zu gewährende (§ 19 Abs 2 Z 3 GenRevG) Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit eines Revisors auf arbeitsvertraglicher Seite abzusichern. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Kündigungsschutz und Unabhängigkeit des bestellten Revisors wird auch in den Gesetzesmaterialien (RV 840 BlgNR 20. GP, S 29; abgedruckt bei Zawischa in Dellinger , Genossenschaftsgesetz [2005], § 19 GenRevG, 549 [550 f]) hervorgehoben: „Wesentlich für die Sicherung der Unabhängigkeit eines angestellten Revisors ist die Einräumung eines arbeitsrechtlichen Bestandschutzes gegenüber dem Revisionsverband und mittelbar damit auch gegenüber den geprüften Genossenschaften. Aus diesem Grund bestimmt Abs. 5, dass das Dienstverhältnis des Revisors nur aus wichtigem Grund seitens des Revisionsverbands aufgelöst werden kann. …“
Dellinger , Kündigungsschutz für Genossenschaftsrevisoren, RdW 1999, 642, erläutert dazu, dass es bei der „Sicherung der Unabhängigkeit“ durch Kündigungsschutz zum einen um eine Absicherung der in Revisionsfragen einzuräumenden fachlichen Weisungsfreiheit geht. Wer sich in Revisionsfragen den Anliegen des Revisionsverbandes verschließt, soll nicht um seinen Arbeitsplatz fürchten müssen, gleichgültig, ob diese Anliegen als (satzungsmäßig unzulässige) Weisung oder „nur“ als Wunsch vorgetragen werden. Zum anderen soll ein gewisser Grad an „wirtschaftlicher Unabhängigkeit“ gewährleistet werden, um auch die Neigung zu vorauseilendem Gehorsam zu verringern. Ein Revisor soll nicht fürchten müssen, wegen einer kritisch durchgeführten Revision (zB wegen für die geprüfte Genossenschaft oder für den Verband unliebsamer Prüfungsfeststellungen) seinen Arbeitsplatz und damit sein Erwerbseinkommen zu verlieren.
5. Aus der gesetzlichen Konzeption geht hervor, dass die durch den Kündigungsschutz gesicherte Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit eines Revisors nicht generell, sondern „in Fragen der Revision“ (§ 19 Abs 2 Z 3 GenRevG) besteht, sohin tätigkeitsabhängig ist.
In diesem Sinn führt Zawischa in Dellinger , aaO, § 19 GenRevG Rz 16 aus, dass der Kündigungsschutz gemäß Abs 5 funktional an die Ausübung der Revisorentätigkeit geknüpft ist und wegfällt, wenn die betroffene Person, etwa wegen Änderung ihres Aufgabengebiets, längere Zeit hindurch nicht mehr als Revisor tätig ist.
Ebenso leitet Dellinger , RdW 1999, 642, daraus zutreffend ab, dass auch die Anwendung des Kündigungsschutzes davon abhängt, „ob der betreffende Mitarbeiter überhaupt regelmäßig revisionsverantwortlich ist, also üblicherweise zum Revisor bestellt wird. Ein Mitarbeiter, der zwar 'als Beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater' oder als eingetragener Revisor zur Revision befähigt ist, damit aber niemals befasst war, bedarf keiner Unabhängigkeit, weil er ohnehin nicht die verantwortungsvollen Aufgaben eines Revisors zu erfüllen hat, bei denen es darauf ankäme, sich von dem potenziellen Konflikt zwischen den Interessen des Verbandes und den wohlverstandenen Interessen der geprüften Genossenschaft nicht einschüchtern zu lassen. Erforderlich für den Erwerb der kündigungsgeschützten Position ist somit, dass man auch tatsächlich regelmäßig als bestellter Revisor arbeitet. Eine aktuell aufrechte Bestellung ist hingegen nicht zu verlangen: Würde der Kündigungsschutz enden, sobald eine Revision abgeschlossen ist, und erst wieder aufleben, wenn die nächste beginnt, wäre er wertlos, weil jederzeit umgehbar.“
6. Gemessen an der dargelegten Aufgabenstellung und Verantwortlichkeit eines Genossenschaftsrevisors zeigt sich im vorliegenden Fall, dass dem Kläger als Leiter der Prüfungsabteilung Kredit im Rahmen der Genossenschaftsrevisionen organisatorische und koordinierende Aufgaben in Hinblick auf die Durchführung der Revisionen zukamen. Dafür war er sowohl in organisatorischer als auch in disziplinärer Hinsicht den Revisoren und Prüfungsgruppenleitern übergeordnet und konnte ihnen Weisungen erteilen (zB Einteilung der Prüfer, Festlegung der Prüfungszeiten). Richtig ist, dass er auch inhaltlich insofern mit den Prüfungen befasst war, als er schon aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und eigenen Revisionstätigkeit den Revisoren und Prüfungsgruppenleitern fachlich zur Seite stand und Rat erteilte, Empfehlungen für Prüfungsschwerpunkte gab, Zugriff auf Daten der geprüften Genossenschaften erhielt und Besprechungen abhielt. Unzweifelhaft sollten damit die einzelnen Revisionen koordiniert und etwa für parallel auftretende Fragen einheitliche Vorgehensweisen gefunden werden, zumal es sich bei den Mitgliedern der Beklagten um gleichartige zu prüfende Betriebe (Kreditgenossenschaften) handelt. Unter diesem Blickwinkel ist auch die Teilnahme des Klägers an Fortbildungsmaßnahmen zu sehen, weil die Leitung der Prüfungsabteilung die Notwendigkeit eines fachlich aktuellen Wissensstands mit sich bringt.
7. Das kann jedoch nichts daran ändern, dass die Alleinverantwortung für eine Revision von Gesetzes wegen ausschließlich dem dafür bestellten Revisor übertragen ist und auch bei diesem verbleibt. Nur diesem kommen von Gesetzes wegen die skizzierten Kompetenzen zu. Nur dieser kann den jeweiligen Prüfungsbericht unterzeichnen und hätte dafür gegebenenfalls auch zu haften. Demgegenüber gehörte es weder zu den dienstvertraglichen Pflichten des Klägers, Revisionen durchzuführen, noch wurde er von der Beklagten in den letzten Jahren zum Revisor bestellt, noch führte er selbst Revisionen durch. Er hatte gegenüber einem Revisor und einem Prüfungsgruppenleiter in inhaltlicher Hinsicht kein Weisungsrecht. Nach den Feststellungen war er vielmehr selbst gegenüber dem Vorstand, insbesondere dem für die Revision von Kreditgenossenschaften zuständigen Vorstandsmitglied weisungsgebunden. Anders als der Vorstand hatte er auch keine Befugnis, zu einem Prüfungsbericht eine Stellungnahme abzugeben. Auch in dieser Hinsicht war es ihm daher gerade nicht möglich, inhaltlichen Einfluss auf ein Revisionsergebnis zu nehmen.
8. Zusammengefasst wurde der Kläger in seiner Eigenschaft als Leiter der Prüfungsabteilung Kredit funktional damit gerade nicht als Revisor tätig und übte auch keine einem Revisor vergleichbare Tätigkeit aus. Er hatte auch nicht die vom Gesetz vorgegebene Verantwortung eines Revisors für die Durchführung und das Ergebnis einer Revision, die die Sicherstellung seiner Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit erforderlich machen würde.
Das Berufungsgericht ist daher zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass der besondere Kündigungsschutz des § 19 Abs 5 GenRevG weder nach dem Wortlaut der Bestimmung noch im Wege der Analogie auf den Kläger zu erstrecken ist.
Seiner Revision ist daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
II. Zum Kostenrekurs des Klägers
Die Bekämpfung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ist unzulässig. Hinsichtlich aller mit Kostenansprüchen zusammenhängenden Fragen entscheidet das Gericht zweiter Instanz endgültig. Es besteht ein absoluter Rechtsmittelausschluss (RIS Justiz RS0044233, RS0053407).
Mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit des Kostenrekurses hat die Beklagte die Kosten der Rekursbeantwortung selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO; RIS Justiz RS0035979 ua).