TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VfGH vom 10.03.2015, E1139/2014 ua

VfGH vom 10.03.2015, E1139/2014 ua

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Veranstaltung verbotener Ausspielungen mit Glücksspielautomaten; Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden, unabhängig vom möglichen Höchsteinsatz, im Hinblick auf die nach einem Günstigkeitsvergleich anzuwendende neue Rechtslage mit Subsidiarität der gerichtlichen Strafnorm zu Recht angenommen; keine willkürliche Bestrafung durch Zugrundelegung des niedrigeren Strafrahmens

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerden werden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Erkenntnisse in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz bestrafte den Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 14. und wegen Übertretung von § 2 Abs 2 und 4, § 4 iVm § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989 (GSpG) "i.d.g.F.", weil es der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs 1 VStG zu verantworten habe, dass am in zwei Lokalen in Graz verbotene Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten durchgeführt worden seien. Über den Beschwerdeführer wurden Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

2. Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers behandelte das Landesverwaltungsgericht Steiermark ab als Beschwerden. Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe ab, dass die verletzten Rechtsvorschriften "in der Fassung der Novelle BGBl I 167/2013 lauten"; das Strafmaß wurde reduziert. In seinen Feststellungen ging das Landesverwaltungsgericht Steiermark davon aus, dass die der Bestrafung zugrunde liegenden Glücksspielautomaten "bei den meisten Spielen" einen Höchsteinsatz von € 5,— und einen maximalen Gewinn von € 150,— "und 499 Super-Games" ermöglichten. Ob bei dem Spiel "Safari Gold" auch eine Einsatzleistung von € 15,— möglich sei, könne mangels Relevanz dahingestellt bleiben.

2.1. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark führte in dem angefochtenen Erkenntnis, welches dem beim Verfassungsgerichtshof zu E1139/2014 protokollierten Verfahren zugrunde liegt, im Wesentlichen Folgendes aus:

"Entgegen seinem Vorbringen in der Berufung und auch entgegen dem Vorbringen der Geräteeigentümerin im Beschlagnahmeverfahren, behauptete der Beschwerdeführer erstmals anlässlich seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht, dass mit dem Spiel 'Safari Gold' eine Einsatzleistung von mehr als € 10,00 möglich gewesen sei. Er vertritt somit die Ansicht, dass er nicht eine Verwaltungsübertretung sondern (sofern überhaupt) eine Übertretung nach § 168 StGB zu verantworten habe und daher eine Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörde bzw. des Landesverwaltungsgerichtes vorliege. Dieser Rechtsansicht ist entgegenzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof verwies in der Begründung seiner – zur alten Rechtslage ergangenen – Erkenntnisse wiederholt auf sein Erkenntnis vom , Zl: 2012/17/0507, in welchem er sich der im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B422/2013 dargelegten Rechtsansicht zur Auslegung der Subsidiaritätsklausel des § 52 Abs 2 1. Satz GSpG anschloss, wonach bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung darauf abzustellen sei, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Programm veranstalte, organisiere, anbiete oder unternehmerisch zugänglich mache, dabei Einsätze von höchstens EUR 10,00 oder mehr als EUR 10,00 ermögliche. Nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,00 verwirkliche der Täter im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand, weshalb vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen sei und in solchen Fällen nicht länger die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden bestehe.

Mit der Novelle BGBI. I Nr 13/2014 hat das Glücksspielgesetz bei den Tatbeständen des § 52 Abs 1 Z 1 jedoch insofern eine Änderung vorgenommen, als nunmehr § 168 StGB nur mehr subsidiär zur Anwendung gelangt und auch nicht mehr die Möglichkeit der Überschreitung der Einsatzhöhe von € 10,00 als Grenze zwischen einem Kriminaltatbestand und einer Verwaltungsübertretung heranzuziehen ist.

Da mit dem gegenständlichen Gerät verbotene Ausspielungen mit einer Einsatzleistung von weniger als EUR 10,00 – erwiesen sind, liegt der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG vor und ist nunmehr gemäß § 52 Abs 3 GSpG der Täter nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen, unabhängig davon ob bei einem Spiel eine Einsatzleistung von mehr als € 10,00 möglich war, oder ob (auch) die Möglichkeit einer verdeckten Einsatzerhöhung auf mehr als € 10,00 durch das vorgeschaltete Würfelspiel oder im Zuge von allenfalls möglichen Serienspielen bestand.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführer bei der Übertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG schuldig erkannt. Sowohl zum Tatzeitpunkt, als auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses war das Glücksspielgesetz in der Fassung vor lnkrafttreten der Novelle BGBI. I Nr 13/2014 anzuwenden. Entscheidungswesentlich ist sohin die diese Novelle herbeigeführte Änderung der Rechtslage der nunmehrigen Entscheidung zugrunde zu legen ist und die vom VwGH wiederholt für Feststellungen zum tatsächlich maximal möglichen Einsatz Serienspielen noch erforderlich sind.

Gemäß § 1 Abs 1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur als Verwaltungsübertretung bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner den Täter günstiger wäre.

Bei der Prüfung im Sinne des § 1 Abs 2 VStG betreffend das von der Behörde/dem Verwaltungsgericht anzuwendende Recht kommt es nicht darauf an, welche Strafe tatsächlich über den Täter verhängt wird, sondern auf die Strafdrohung. Der Vergleich ist nicht bloß auf die Höhe der jeweils angedrohten Geldstrafe abzustellen. Bei Verschiedenheiten der Strafdrohungen kommt es auf die Bewertung der 'Gesamtauswirkung' an. Beim Vergleich der Strafdrohungen ist in erster Linie die Strafart in Betracht zu ziehen und davon auszugehen, dass die Androhung einer Geldstrafe günstiger ist, als die einer Freiheitsstrafe. Wird in einer Strafbestimmung als primäre Strafe nur Geldstrafe und in einer anderen Strafbestimmung neben einer Geldstrafe Primärarrest angedroht, so ist die letztere Strafbestimmung die strengere und die erstere für den Täter günstiger (; , 94/10/0154; , 2000/10/0009, und die jeweils dort angeführte Vorjudikatur).

Nach dem am Kontrolltag und auch am Tag der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses geltenden § 52 Abs 1 Z 1 GSpG war eine Verwaltungsübertretung in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe bis zu € 40.000,00 bedroht und ist dies nunmehr mit einer Geldstrafe von bis zu € 60.000,00. Hingegen sieht – der seit seiner Erlassung unverändert gebliebene – § 168 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl: 94/10/0154, auch festgestellt, dass dann, wenn die spätere Gesetzgebung zeigt, dass das Unwerturteil über das zur Zeit der Begehung strafbare Verhalten nachträglich milder oder ganz weggefallen ist, das günstigere Recht anzuwenden ist. Nur wenn das Verhalten, das zur Tatzeit strafbar war, im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz (nunmehr einer Entscheidung) überhaupt nicht mehr strafbar war, so ist ungeachtet des Fehlen seiner ausdrücklichen Regelung für diesen Fall nicht mehr zu bestrafen. Hat jedoch der Gesetzgeber das strafrechtliche Unwerturteil über die Nichtbefolgung der in Betracht kommenden Verpflichtung unverändert aufrecht erhalten, so besteht trotz der aus der Bestimmung des § 1 Abs 2 VStG abzuleitenden Grundsätze keine Handhabe, das zum Zeitpunkt der Tat strafbar gewesene Verhalten anders zu beurteilen, als es zu beurteilen gewesen wäre, wenn das Straferkenntnis erster Instanz noch vor lnkrafttreten der Änderung erlassen worden wäre.

Da § 52 GSpG sowohl vor, als auch nach lnkrafttreten der Novelle nur eine Geldstrafe kennt, während § 168 StGB auch eine Primärarreststrafe vorsieht, erweist sich das Glücksspielgesetz als das für den Täter günstigere Recht und ist folglich gemäß § 52 Abs 3 GSpG von einer Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes auszugehen.

Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, dass beim beschwerdegegenständlichen Gerät ein Glücksspiel angeboten wurde, doch vertritt er weiters die Ansicht, dass keine verbotene Ausspielung mit einem Glücksspielautomaten vorlag, da die Entscheidung über das Spielergebnis nicht im Terminal selbst, sondern in einem der disloziert in der Steiermark aufgestellten landesrechtlich bewilligten Glücksspielautomaten erfolgte. Es liege daher kein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0567, hinsichtlich eines Gerätes der gleichen Bauart bereits ausgesprochen hat, findet bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation eine Ausspielung dort statt, wo sich das Terminal, welches vom Spieler bedient wird, befindet. Es ist für das Vorliegen eines Verdachtes auf einen fortgesetzten Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes nicht ausschlaggebend, ob das Gerät nach der Begrifflichkeit des Glücksspielgesetzes ein Glückspielautomat oder ein Video-Lotterie-Terminal oder aber keines der beiden ist, da eine Zulässigkeit der Ausspielung sich nur aus den §§4 und 5 GSpG ergeben könne. Da es sich bei einem dezentralen Eingabegerät aber um ein Gerät handelt, für welches nicht explizit durch das Glücksspiegesetz eine Ausnahme vorgesehen ist, ist das Betreiben eines soIchen Gerätes ohne Konzession nach dem Glücksspielgesetz unzulässig (). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass für den Fall, das Spielbestandteile disloziert vom Spieler stattfinden, die Auslagerung von Teilen des Spieles nichts an dem Umstand zu ändern vermag, dass Ausspielungen am Aufenthaltsort des Spielers stattfinden (, Zlen. 2011/17/0155 und 0150; , 2011/17/0247 und 2011/17/0269; , 2012/17 0033; , 2013/17/0098 bis 0109). Aus diesen Erkenntnissen ergibt sich, dass es rechtlich ohne Belang ist, ob die landesrechtlich bewilligten Glücksspielautomaten, auf welchen letztlich die Spielentscheidungen getroffen werden, im selben Bundesland aufgestellt sind oder nicht (vgl. den Zl. 2013/17/0321-5, mit welchem bei einem gleichgelagerten Sachverhalt die Behandlung der Beschwerde abgelehnt wurde).

Für den Beschwerdeführer ist auch mit seinem Hinweis auf die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , GZ: 30.17-82/2011-8 nichts zu gewinnen, da in diesem Verwaltungsstrafverfahren dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Eigentümerin eines baugleichen Gerätes eine Verwaltungsübertretung nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz 1969 zur Last gelegt wurde. Nach Wiedergabe der Funktionsweise des Gerätes und der maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes sowie des Glücksspielgesetzes wurde das Strafverfahren mit der Begründung eingestellt, dass nicht gegen die Bestimmungen des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, sondern allenfalls gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen worden sei, und dass das Verwaltungsstrafverfahren mangels einer tauglichen Verfolgungshandlung einzustellen war.

Wie bereits ausgeführt sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes bei der gegebenen Sachlage und aufgrund der nunmehrigen Rechtslage Feststellungen zu den möglichen Höchsteinsätzen sämtlicher auf dem Gerät installierter Walzenspiele, wie auch zur Bedeutung des vorgeschalteten Würfelspiels und auch dem Automatik-Modus entbehrlich, da jedenfalls von der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde/des Landesverwaltungsgerichtes auszugehen ist.

Da am Tattag mit diesem Gerät Glückspiele im Sinne des § 1 Abs 1 GSpG, die dem GIückspielmonopol des Bundes unterliegen, durchgeführt wurden, obwohl dafür weder eine Konzession noch eine Bewilligung nach dem GSpG vorlagen, handelt es sich bei den mit diese Gerät durchgeführten Spielen um verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 1 iVm § 2 Abs 4 GSpG und zwar unabhängig davon, ob eine Einsatzleistung von mehr als € 10,00 möglich war. Da die Haltestelle Albert Gerl GmbH dieses Glückspielgerät gegen Bezahlung eines monatlichen Fixentgeltes im "UIIis Pub" aufgestellt und dessen Inbetriebnahme veranlasst hat, hat sie verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht und sich als Unternehmer daran beteiligt. Es liegt daher der Tatbestand nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG vor."

2.2. Das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark, welches dem beim Verfassungsgerichtshof zu E1140/2014 protokollierten Verfahren zugrunde liegt, gleicht dem eben unter Pkt. I.2.1. wiedergegebenen in allen wesentlichen Punkten.

3. Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden, auf Art 144 B VG gestützten Beschwerden, in welchen die Verletzung des Art 6 EMRK, des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG, des Art 94 B VG, des Doppelbestrafungsverbots gemäß Art 4 des 7. ZPEMRK, des Bestimmtheitsgebots gemäß Art 18 B VG, des Art 7 EMRK und des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse, in eventu die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

Die Begründung der im Wesentlichen gleichlautenden Beschwerden lautet:

"5.1. Zu den geltenden Normen

Zum Tatzeitpunkt () und zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der BH Leibnitz () war § 52 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 167/2013 in Geltung. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung waren für die Verfolgung von Übertretungen iSd. §§2, 4 GSpG bei Einsätzen unter € 10, die Verwaltungsbehörden zuständig. Als Strafe war eine Geldstrafe von bis zu € 40.000, angedroht.

Für die Verfolgung von Übertretungen iSd. §§2, 4 GSpG bei Einsätzen über € 10, war das Gericht zuständig. Gemäß § 168 StGB war eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen angedroht.

Am trat die Novelle BGBl I Nr 13/2014 in Kraft, wonach die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde auch dann vorliegt, wenn ein Einsatz von mehr und weniger als € 10, möglich ist. Die Verwirklichung dieses Verwaltungstatbestandes ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 60.000, bedroht.

5.2. Verfahren vor dem gesetzlichen Richter Art 83 Abs 2 B VG, Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen Art 94 B VG, Faires Verfahren Art 6 EMRK, nullum crime, nulla poena sine lege Art 6 EMRK

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§9 Abs 3) zu überprüfen.

Das Landesverwaltungsgericht hätte von Amts wegen prüfen müssen, ob die BH Leibnitz für die Erlassung des Bescheides zuständig war.

Um den relevanten Sachverhalt, der zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides notwendig ist, zu prüfen, führte das Landesverwaltungsgericht ein Ermittlungsverfahren durch, in welchem sich herausstellte, dass zum Tatzeitpunkt Einsätze von über € 10, geleistet werden konnten (Beschwerdeführer Protokoll Seite 3).

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der zum Kontrollzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu € 22.000,— zu bestrafen, wer vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt.

Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen Vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über € 10,— von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich zufolge Abs 2 leg. cit. nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rech[ts]prechung ausgeführt, dass der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG erfasse. Die Strafbarkeit stelle auf das Verhalten jener Personen ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermögliche ('wer... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs 1 Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 (Z1) GSpG und nach § 168 StGB, sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte, sei somit – bei einer verfassungskonformen Auslegung – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten organisiert, Einsätze von höchstens Euro 10,— oder mehr als Euro 10,— ermöglicht.

Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG ergebe sich die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden könne, um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs 1 GSpG besteht. Das Gericht hat diese Vermittlungstätigkeiten unterlassen. Das Gericht setzt sich über die Klärung dieser Frage mit dem Verweis auf das Günstigkeitsprinzip hinweg.

Darüber hinaus lagen bereits aufgrund des Ermittlungsverfahrens im Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschlagnahme Beweise für die Möglichkeit der Leistung von Einsätzen über € 10, (499 Supergames) vor.

Das Gerät verfügte über eine funktionsfähige Auto-Start-Taste. Die Einsatzhöhe beim Walzenspiel konnte durch ein vorgeschaltetes 'Würfelspiel' erhöht werden. Dieses 'Würfelspiel' stellt eine verschlüsselte Form der Einsatzsteigerung dar. Wird das 'Würfelspiel' durch mehrmaliges Betätigen der Startaste oder im Autostart-Modus – hier ohne neuerliches Betätigen einer Taste – ausgelöst, wird vom Spielguthaben jeweils ein bestimmter Betrag abgezogen, bis die 'Würfelsymbole' einen Gleichstand darstellen. Am verfahrensgegenständlichen Gerät war dies, wie vom Beschwerdeführer ausgeführt, möglich.

Die am Gerät angezeigten 'Supergames' stellten Gewinne über Euro 10,— verschlüsselt dar. 'Supergames' können jeweils nur gemeinsam mit einem Geldbetrag in bestimmter Höhe gewonnen werden. Während der am Gewinnplan ausgewiesene und bei entsprechender Walzenendstellung erzielte Geldbetrag aber unverzüglich dem Spielguthaben zugebucht wird, können die durch die 'Supergames' symbolisierten Geldbeträge erst durch Betätigen der Starttaste oder im Autostart-Modus realisiert werden.

Es kann als zutreffend erachtet werden, dass das Gerät zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle so konfiguriert war, dass beim Spiel Scatter Fruits, Safari Gold oder sonst bei einer der sonst am Gerät möglichen Spielvarianten, insbesondere durch entsprechende Betätigung der Automatiktaste und das Generieren von sogenannten Serienspielen, unter Einschaltung des sogenannten 'Würfelfunktion' Spieleinsätze von über € 10, möglich waren. Dies schon deshalb, da auf dem Gerät offenkundig die typischen Walzenspiele angeboten wurden und notorisch bekannt ist, dass die Kombination mit einer Automatik- oder Autostart-Taste und dem sogenannten 'Würfelspiel' die Durchführung von Serienspielen erlaubt, bei denen die Einsatzhöhe regelmäßig auch über die Wertgrenze von Euro 10, getrieben werden kann. Hinweise, dass die Gerätekonfiguration im konkreten Fall solches nicht ermöglicht haben würde, lassen sich nicht finden und würde eine solche Annahme dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers widersprechen. Vom Spielveranstalter wurden sohin Rahmenbedingungen geschaffen, die ein Serienspiel sowohl auf Veranstalterseite als auch auf Spielerseite als gewollt erscheinen lassen. Durch die Automatik-Start-Taste wird dem Spieler die Möglichkeit geboten, einen höheren Betrag einzusetzen und das Spiel bis zur vollständigen Abbuchung des Kreditbetrages ablaufen zu lassen. Durch die in dieser Weise bewirkte Einsatzsteigerung lassen sich auch dementsprechend höhere Gewinne erzielen. Die Möglichkeiten, die die Automatik-Start-Taste bietet, gehen sohin über ein Spielen zum bloßen Zeitvertreib hinaus. Im Übrigen hält sich der Unterhaltungscharakter der monoton ablaufenden Walzenspiele in Grenzen, weil die am Bildschirm dargestellten Symbole sehr rasch ausgetauscht und ihre Lage verändert werden und es nur auf die neue dargestellte Symbolkombination ankommt, ob man einen Gewinn erzielt hat oder nicht. Sohin tritt das Gewinnstreben gegenüber dem Unterhaltungscharakter der Spiele deutlich in den Vordergrund. Auf dem gegenständlichen Glücksspielgerät wurde sohin die Möglichkeit geboten, Serienspiele zu veranstalten, die den Straftatbestand des § 168 StGB erfüllen.

Rechtsrichtig hätte das Gericht zuerst klären müssen, ob die BH Leibnitz für die Erlassung des Bescheides zuständig war; dies anhand der Feststellung des höchstmöglichen Einsatzes. Hätte das belangte Gericht die Prüfung der höchstmöglichen Einsätze vorgenommen, hätte es feststellen müssen, dass eine die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit ausschließende gerichtliche Strafbarkeit bei verbotenen Ausspielungen mit einem möglichen Höchsteinsatz von über € 10, vorliegt.

Nur für den Fall, dass die Zuständigkeit der Behörde vorgelegen wäre, hätte das Erstgericht die Höhe der Strafe überprüfen dürfen und weiter Überlegungen zur Anwendung der günstigeren Strafnorm anstellen dürfen.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind die Angaben des Beschwerdeführers, wonach auf den gegenständlichen Geräten mit Einsätzen von über EUR 10, gespielt werden konnte, unbestritten geblieben. Im Sinne der Rechtsprechung zur Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 52 Abs 1 GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung ist davon auszugehen, dass nicht eines seiner Tatbilder, sondern der Tatbestand des § 168 StGB erfüllt ist.

Im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur zur Frage der Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde bei Übertretungen nach § 52 GspG bzw. im Einziehungsverfahren wäre diesem Vorbringen Relevanz zuzubilligen gewesen.

Die Inkrafttretensbestimmung des § 60 Abs 34 GspG sieht keine Rückwirkung vor und kann keinesfalls in der Weise ausgelegt werden, der Gesetzgeber habe anordnen wollen, dass dieser Zuständigkeitsnorm für vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung verwirklichte Sachverhalte kein Anwendungsbereich zukomme.

Dies schon deshalb, als der Grundsatz, dass Bescheiden die im Zeitpunkt ihrer Erlassung geltende Rechtslage zu Grunde zu legen ist, – vorbehaltlich anderslautender Anordnung – stets in Ansehung jener Rechtsvorschriften Anwendung findet, die das Zustandekommen des Bescheides (Zuständigkeit, Verfahren, Rechtsmittel) regeln ().

Daraus folgt aber nach hier vertretener Auffassung nur, dass die Verwaltungsbehörde – anders als vor dem Inkrafttreten der novellierten Zuständigkeitsbestimmung des § 52 Abs 3 GspG – mit Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 13/2014 und damit im gegenwärtigen Zeitpunkt, zur Verfolgung und Ahndung solcher Sachverhalte zuständig gemacht wird, welche vormals der gerichtlichen Zuständigkeit unterfallen wären.

Wollte man die Neufassung des § 52 Abs 3 GspG dagegen so auslegen, dass der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung – gleichsam im Sinne einer authentischen Interpretation – die (subsidiäre) Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde in der Weise festschreiben wollte, dass auch Fälle des vormaligen unzuständigen Einschreitens der Verwaltungsstrafbehörde saniert sein sollen, käme dies im Ergebnis wohl einer rückwirkenden Inkrafttretensbestimmung gleich, was – im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes – mit verfassungsrechtlichen Garantien konfligieren würde.

Eine Sachentscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark kam in Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben somit nicht in Betracht, da diesfalls eine gegen Art 94 B VG bzw. gegen Art 83 Abs 2 B VG verstoßende Entscheidung einer Verwaltungsbehörde bestätigt würde.

Der bekämpfte Bescheid ist wegen der zum Zeitpunkt seiner Erlassung nicht gegebenen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde zu beheben.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

Die belangte Behörde hat § 52 Abs 2 GSpG BGBl I Nr 167/2013 einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den vom Beschwerdeführer möglichen Einsatz von über € 10, abstellte und nicht die durch Supergames oder Drücken der Automatiktaste mögliche Einsatzhöhe ermittelte.

Durch die bekämpfte Entscheidung ist der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG, seinem Recht auf Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen gemäß Art 94 B VG, sowie seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 EMRK verletzt.

Gemäß § 1 VStG richtet sich nur die Strafe, und nicht die Zuständigkeit nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht.

Darüber hinaus wurde durch die bekämpfte Entscheidung eine Strafbestimmung auf den Beschwerdeführer zur Anwendung gebracht, die zum Tatzeitpunkt nicht in Geltung war und wurde dadurch sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht -nullum crime, nulla poena sine lege – gemäß Art 6 EMRK verletzt.

5.3. Doppelbestrafungsverbot Art 4 7. ZP zur EMRK

Gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZP zur EMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

Die Verfolgung wegen ein und desselben tatsächlichen Verhaltens nach zwei verschiedenen Straftatbeständen ist daher grundsätzlich zulässig, sofern diese sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheiden (VfSlg 18.833/2009 und 19.280/2010 im Hinblick auf EGMR , Fall Zolothukin, Appl. 14.939/03).

Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- oder Mehrfachbestrafung im Sinne des Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK liegt dann vor, wenn eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war, also der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt daher, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird' (VfSlg 14.696/1996).

Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht Art 4 Abs 1 7. ZP zur EMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ('aspect') eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (VfSlg 15.128/1998), sich also die Entscheidung des Strafgerichts einerseits und der Verwaltungsbehörde andererseits auf das 'gleiche Verhalten' gründen (EGMR , Fall Gradinger, Appl. 15.963/90).

Bei rechtsrichiger Beurteilung hätte das Gericht feststellen müssen, dass keine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit für die Rechtssache besteht.

Das Gericht knüpft die Zuständigkeit jedoch an die günstigste Strafdrohung. Es vergleicht dabei die Strafdrohungen des § 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013, § 52 GSpG, BGBl I Nr 13/2014 und § 168 StGB.

Es kommt zum Schluss, dass die Androhung einer Geldstrafe gegenüber der Androhung einer Geldstrafe oder einer Primärfreiheitsstrafe günstiger wäre und leitet daraus die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde und eine Strafbarkeit nach § 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013 (alte Rechtslage) ab, indem es die Anwendung dieser Strafbestimmung im Bescheid der BH Leibnitz bestätigt.

Das Erstgericht ist in seiner Beurteilung davon ausgegangen, dass eine Bestrafung des Beschwerdeführers sowohl nach

§ 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013

§ 52 GSpG, BGBl I Nr 13/2014 als auch nach

§ 168 StGB

möglich wäre.

Demnach würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person, in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst.

Das belangte Gericht hat die Bestimmungen verfassungswidrig interpretiert, wenn es davon ausgeht, dass alle drei Bestimmungen grundsätzlich angewendet werden könnten, jedoch schlussendlich diejenige mit der günstigsten Strafdrohung ausgewählt werden kann und sich daraus die Zuständigkeit ableiten lässt.

Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtenen Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art 4 Abs 1 des 7. ZP zur EMRK, wegen derselben Sache nicht zweimal bestraft zu werden, verletzt worden.

5.4. Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz Art 7 B VG; Art 2 StGG

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark als belangtes Gericht hat den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

Ein willkürliches Verhalten des Gerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980, 14.848/1997, 15.241/1998, 16.287/2001, 16.640/2002).

Auf Grund der Testspiele der Organe des Finanzamts an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten wurden zwar jeweils (Mindest-)Einsätze unter € 10, pro Spiel an den Geräten festgestellt, die möglichen Höchsteinsätze pro Spiel an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten wurden jedoch nicht ermittelt.

Das belangte Gericht hat somit § 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013 einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht nach Maßgabe des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art 7 B VG bzw. Art 2 StGG (bzw. in weiterer Folge auch nach Maßgabe des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG) ermittelt hat, welcher mögliche Höchsteinsatz an den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten geleistet werden konnte.

Aus advoktarischer Vorsicht wird hinsichtlich § 52 GSpG, BGBl I Nr 13/2014 für den Fall, dass dieser wider Erwarten auf den gegenständlichen Fall Anwendung finden sollte, vorgebracht, dass dieser eine essentielle Einschränkung des rechtspolitischen Un-werturteils darstellt. Es entspricht nicht den Anforderungen des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes. Die gerichtliche und behördliche Strafbarkeit werden in unzulässiger Weise gleichgesetzt. Zweck der Novelle BGBl I Nr 13/2014 ist allein die verfahrensrechtliche Effizienzsteigerung zur Sicherung des bestehenden Monopolsystems.

Dabei unberücksichtigt bleiben die im Verwaltungsverfahren eingeschränkten Verteidigungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers. Im Rahmen eines strafgerichtlichen Verfahrens hätte der Beschwerdeführer bereits in der zwingend durchzuführenden Verhandlung in erster Instanz die Möglichkeit gehabt, seine Standpunkte darzulegen und hätte nicht ohne weiteres Ermittlungsverfahren eine Entscheidung – wie das gegenständliche Straferkenntnis – erlassen werden dürfen.

5.5. Mangelhafte Begründung, Scheinbegründung:

Das Gericht hat das Erkenntnis mit Ausführungen begründet, denen kein Begründungswert zukommt und einen wichtigen Teil der Entscheidung der Partei gegenüber begründungslos getroffen. Sie hat willkürlich gehandelt (VfSlg 10.997/1986; 14.661/1996).

In der gegenständlichen Rechtssache hat das Gericht keine bzw. nur eine Scheinbegründung erlassen. Sie ist nicht auf den konkreten Sachverhalt eingegangen und ist der gegenständliche Begründungsfehler wesentlich, da die Beschwerdeführerin in der Verfolgung ihrer Rechte gehindert wurde.

Gem. § 58 Abs 2 und § 60 iVm. § 67 AVG muss in der Begründung in einer der nachträglichen Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Subsumption dieses Sachverhalts unter einem bestimmten Tagbestand als zutreffend erachtete wird (/0027, 97719/1139).

Das Erstgericht hat nicht begründet, ob § 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013 oder § 52 GSpG, BGBl I Nr 13/2014 zur Anwendung kommt. Daraus, dass es den Bescheid der BH Leibnitz bestätigt, ist abzuleiten, dass es von der Anwendung des § 52 GSpG, BGBl I Nr 167/2013 ausgeht. Danach wäre jedoch die BH Leibnitz nicht zuständig gewesen.

Die Behörde hat willkürlich gehandelt, da sie den gegenständlichen Bescheid mit einer Ausführung begründet, der kein Begründungswert zukommt.

Eine Entscheidung ist der gemäß zu begründen, dass der VwGH in der nachprüfenden Kontrolle erkennen kann, aus welchen Gründen die Entscheidung der Behörde erfolgte. Der gegenständliche Begründungsmangel führt daher zur Aufhebung der Entscheidung und Einstellung des Verfahrens, da er dem Beschwerdeführer eine Verfolgung seiner Rechte und den Gerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtsmäßigkeit hindert.

Es liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs 2 Z 3 VwGG vor. Hätte das Gericht sich mit der gegenständlichen Rechtsfrage auseinander gesetzt, um die Entscheidung ordnungsgemäß zu begründen, so hätte es zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Verfahren gegen den Beschwerdeführer einzustellen ist.

5.6. Verletzung des Parteiengehörs und mangelhafte Würdigung des Parteienvorbringens

Das Gericht hat das Parteienvorbringen der Beschwerdeführerin ignoriert (VfSlg 8808/1980).

Das Gericht hat sich nicht damit auseinander gesetzt, ob ein Einsatz von über € 10, pro Spiel möglich war.

Die Behörde hat sich ohne nähere Begründung über das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen hinweggesetzt. Damit hat das Gericht in der entscheidungswesentlichen Frage nicht nur seine Entscheidung mangelhaft begründet, sondern auch das Parteiengehör verletzt.

Das Gericht hätte auf alle vorgebrachten Tatsachen und Rechtsausführungen eingehen müssen, hat dies jedoch unterlassen und hat sich zudem nicht ausreichend mit dem Parteienvorbringen auseinander gesetzt. Es hat sich nicht bemüht, Gründe und Gegenargumente einander gegenüberzustellen und abzuwiegen, welchen Argumenten das größere Gewicht zukommt.

Gründe, warum das Gericht von diesen grundsätzlichen Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren abgewichen ist, liegen nicht vor. Es liegt dadurch ein wesentlicher Verfahrensfehler vor. Hätte sich das belangte Gericht gesetzeskonform verhalten, wäre es zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt.

Dieser Verfahrensfehler ist wesentlich, weil das belangte Gericht zu einem anderen – für den Beschwerdeführer günstigeren – Erkenntnis hätte kommen müssen, wenn es das Vorbringen des Beschwerdeführers berücksichtigt hätte."

4. Die belangte Behörde und das Landesverwaltungsgericht Steiermark legten die Akten des Verwaltungsverfahrens bzw. des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor und erstatteten zu beiden Beschwerdeverfahren Äußerungen, in welchen sie den Beschwerdebehauptungen inhaltlich entgegentreten.

II. Rechtslage

1. Die in den vorliegenden Verfahren wesentlichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl 620/1989, idF vor der Novelle BGBl I 13/2014, lauten:

"Ausspielungen

§2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

(3) Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, durch Verordnung bau- und spieltechnische Merkmale von Glücksspielautomaten näher zu regeln sowie Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten festzulegen. Glücksspielautomaten gemäß § 5 sind verpflichtend an die Bundesrechenzentrum GmbH elektronisch anzubinden. Der Bundesminister für Finanzen kann im Wege einer Verordnung den Zeitpunkt dieser Anbindung festlegen. Darüber hinaus kann der Bundesminister für Finanzen zu den Details der elektronischen Anbindung und den zu übermittelnden Datensätzen in dieser Verordnung Mindeststandards festsetzen, wobei auch der Zugriff der Behörden auf einzelne Glücksspielautomaten (§5) zu regeln ist. Die auf 10 Jahre verteilten Kosten für die Errichtung eines Datenrechenzentrums bei der Bundesrechenzentrum GmbH sowie die Kosten für dessen laufenden Betrieb sind durch die konzessions- und bewilligungserteilenden Behörden den Konzessionären und Bewilligungsinhabern auf Grundlage einer von der Bundesrechenzentrum GmbH durchzuführenden Abrechnung über die durch die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber verursachten Kosten jährlich bescheidmäßig vorzuschreiben und für die Bewilligungsinhaber von Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten (§5) dem Bund zu erstatten. Im Rahmen des laufenden Betriebs des Datenrechenzentrums kann der Bundesminister für Finanzen ferner jederzeit eine technische Überprüfung von Glücksspielautomaten, der auf diesen befindlichen Software sowie einer allfälligen zentralen Vernetzung vornehmen oder die Vorlage eines unabhängigen technischen Gutachtens über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen verlangen. Mit der Errichtung des Datenrechenzentrums und der elektronischen Anbindung sind dem Bundesminister für Finanzen Quellcodes oder Referenzprogramme der Spielprogramme der daran anzubindenden Glücksspielautomaten gesondert vorab zu hinterlegen.

(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

[…]

Verwaltungsstrafbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 40 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z.B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

(3) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(4) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet."

2. Mit der Novelle BGBl I 13/2014 erhielt § 52 GSpG folgenden Wortlaut:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt;

2. wer gewerbsmäßig ohne Berechtigung Spielanteile eines von diesem Bundesgesetz erfassten Glücksspieles oder Urkunden, durch welche solche Spielanteile zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, veräußert oder an andere überlässt;

3. wer die Bewilligungsbedingungen eines genehmigten Glücksspieles nicht einhält;

4. wer die Auflagen des § 5 nicht einhält oder ein Glücksspiel trotz Untersagung oder nach Zurücknahme der Spielbewilligung durchführt;

5. wer gegen eine Bestimmung der in § 2 Abs 3 vorgesehenen Verordnung, gegen die Auflageverpflichtung von Spielbeschreibungen, die Anzeigeverpflichtung gemäß § 4 Abs 6 oder eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs 4 verstößt;

6. wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht;

7. wer technische Hilfsmittel (z. B. eine entsprechend geeignete Fernbedienung) bereit hält, mit sich führt oder einsetzt, die geeignet sind, sich selbst oder anderen einen unlauteren Spielvorteil zu verschaffen oder den Spielablauf zu beeinflussen;

8. wer die Pflichten der Geldwäschevorbeugung gemäß § 25 Abs 6 und 7 oder § 25a verletzt;

9. wer verbotene Ausspielungen (§2 Abs 4) im Inland bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht, es sei denn es liegt eine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 56 Abs 2 vor;

10. wer als Kreditinstitut wissentlich die vermögenswerte Leistung eines Spielers an den Veranstalter oder Anbieter verbotener Ausspielungen weiterleitet, wenn dies im vorsätzlichen unmittelbaren Zusammenwirken mit dem Veranstalter oder Anbieter geschieht;

11. wer bei der Durchführung von Ausspielungen Trinkgelder direkt annimmt.

(2) Bei Übertretung des Abs 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.

(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

(4) Werden Verwaltungsübertretungen nach Abs 1 nicht im Inland begangen, gelten sie als an jenem Ort begangen, von dem aus die Teilnahme im Inland erfolgt. Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, unterliegen, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

(5) Die Teilnahme an Elektronischen Lotterien, für die keine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt wurde, ist strafbar, wenn die erforderlichen Einsätze vom Inland aus geleistet werden. Der Verstoß gegen dieses Verbot wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, ansonsten mit einer Geldstrafe bis zu 1 500 Euro geahndet."

3. § 168 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl 60/1974, lautet:

"Glücksspiel

§168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

4. § 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl 52/1991, idF BGBl I 33/2013, lautet:

"Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit

§1. (1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen – zulässigen – Beschwerden erwogen:

1. Bedenken gegen die den angefochtenen Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sind – aus der Sicht der Beschwerdefälle – nicht entstanden:

1.1. Der Beschwerdeführer behauptet, dass § 52 GSpG idF BGBl I 13/2014 – vorausgesetzt, dass diese Bestimmung in den Beschwerdefällen überhaupt anwendbar sei – "eine essentielle Einschränkung des rechtspolitischen Unwerturteils" darstelle. Es widerspreche dem Sachlichkeitsgebot, die gerichtliche und verwaltungsbehördliche Strafbarkeit in unzulässiger Weise gleichzusetzen. Zweck der Novelle BGBl I 13/2014 sei allein die verfahrensrechtliche Effizienzsteigerung zur Sicherung des bestehenden Monopolsystems.

1.2. Zu diesem Vorbringen kann auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G203/2014 ua., verwiesen werden, wonach der Gesetzgeber bei seiner Bewertung des Unrechtsgehalts einer Tat und damit bei der Festlegung der Strafdrohung einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum hat. Diesen hat der Gesetzgeber mit den Bestimmungen des § 52 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 nicht überschritten.

2. Der Beschwerdeführer bringt vor, zum Zeitpunkt der ihm angelasteten Taten seien auf den von ihm unternehmerisch zugänglich gemachten Glücksspielautomaten Einsätze von über € 10,— möglich gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs 2 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014 bestehe in einem solchen Fall eine ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte und bleibe für eine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden kein Raum. Zum Tatzeitpunkt seien daher die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten nach der herangezogenen Verwaltungsstrafbestimmung nicht strafbar gewesen. In Hinblick darauf sei die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz für eine Bestrafung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nicht zuständig gewesen, was das Landesverwaltungsgericht Steiermark aufgreifen hätte müssen. § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 könne nicht rückwirkend in dem Sinne ausgelegt werden, dass eine Verwaltungsbehörde "zur Verfolgung und Ahndung solcher Sachverhalte zuständig gemacht wird, welche vormals der gerichtlichen Zuständigkeit unterfallen wären". Mit dieser Auslegung verletze das Landesverwaltungsgericht Steiermark das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

2.1. § 52 Abs 2 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014 orientierte sich hinsichtlich der Abgrenzung der gerichtlichen von der verwaltungsstrafbehördlichen Zuständigkeit für die Verfolgung verbotener Ausspielungen an der Höhe des vom Spieler geleisteten Einsatzes und sah dabei eine Wertgrenze in der Höhe von € 10,— vor. Zu dieser Abgrenzung führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 19.754/2013 Folgendes aus:

"Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 (Z1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist […] – bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg 15.199/1998 mwN) – darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,– oder mehr als € 10,– ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs 1 [Z1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,– pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,–."

In den Erkenntnissen vom , B423/2013, B396/2013, B1579/2012, vom , B918/2013, B834/2013, und vom , B634/2013, bestätigte der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsprechung zur Auslegung des § 52 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014. Der Verwaltungsgerichtshof schloss sich dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes an (vgl. zB , uva.).

§52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 legt nunmehr neu und umfassend die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit für die Strafverfolgung – unabhängig von der Einsatzhöhe – fest, wenn sowohl der gerichtliche als auch der verwaltungsstrafbehördliche Tatbestand verwirklicht sind (vgl. zur Auslegung dieser Bestimmung ua.). Gemäß § 60 Abs 34 GSpG trat § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 am Tag nach der Kundmachung der Novelle – sohin am – in Kraft; das Gesetz sieht keine Übergangsbestimmung für bei Verwaltungsbehörden oder den Verwaltungsgerichten anhängige Verfahren vor.

2.2. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht davon aus, es könne dahingestellt bleiben, ob in den Beschwerdefällen die der Bestrafung zugrunde liegenden Glücksspielautomaten Einsätze von über € 10,— ermöglichten. In diesem Fall sei nämlich das "in seiner Gesamtauswirkung" für den Täter günstigere Recht anzuwenden; dies sei jene zum Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichts geltende Rechtslage, wonach gemäß § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 eine Zuständigkeit für die Verfolgung durch die Verwaltungsstrafbehörden auch bei Ausspielungen mit Einsätzen über € 10,— bestehe.

2.3. In den vorliegenden Beschwerdefällen ist daher zu klären, ob die vom Landesverwaltungsgericht Steiermark angenommene Anwendung des zum Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen in Kraft stehenden § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 auf die Beschwerdefälle verfassungsrechtlich geboten war:

Nach Art 7 Abs 1 EMRK kann niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine höhere Strafe als die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden. Nach der (neueren) Rechtsprechung des EGMR enthält Art 7 Abs 1 EMRK nicht nur das Verbot der rückwirkenden Anwendung strengerer Strafbestimmungen, sondern implizit auch das Prinzip der Rückwirkung milderer Strafgesetze auf frühere Taten (EGMR [GK], Fall Scoppola [Nr 2] , Appl. 10.249/03, Z 106, 109). In seinen Erwägungen zur Entwicklung eines Grundsatzes der Rückwirkung milderer Strafgesetze im Fall Scoppola zieht der EGMR unter anderem Art 49 Abs 1 GRC heran, wonach bei Einführung einer milderen Strafe nach Begehung einer Straftat diese zu verhängen ist, und weist insbesondere auf dessen sich von Art 7 EMRK unterscheidenden Wortlaut hin. Im selben Sinn hat der EuGH bereits vor Inkrafttreten der Grundrechte Charta ausgesprochen, dass es ein Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, je nach Fall die günstigere Strafvorschrift und die mildere Strafe rückwirkend anzuwenden, und dass dieser Grundsatz zu den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten gehört (vgl. verb. Rs. C-387/02 ua., Berlusconi ua. , Slg. 2005, I-03565, Rz 68 ff.; , Åklagaren , Slg. 2009, I-04273, Rz 43). Der Verfassungsgerichtshof geht von jenem Inhalt des Art 7 EMRK aus, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diesem zuletzt beigelegt hat. Im Lichte dessen gebietet es Art 7 EMRK, bei Änderung der Rechtslage nach der Begehung der Straftat die für den Beschuldigten mildere Strafe zu verhängen (vgl. VfSlg 19.628/2012).

Gemäß § 1 Abs 2 VStG idF BGBl I 33/2013 richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle BGBl I 33/2013 (RV 2009, 24. GP, 18) führen zu § 1 Abs 2 VStG Folgendes aus:

"Sowohl der EuGH ( Berlusconi , Slg. 2005-3565) als auch der EGMR ( Scoppola , , 10.249/03 – große Kammer) leiten aus dem Rückwirkungsverbot des Art 7 EMRK das Prinzip der Rückwirkung der günstigeren Strafnorm ab, dh. im Fall der Senkung der Strafdrohung oder ihres Entfalls ist von der geringeren Strafdrohung oder von Straffreiheit auszugehen. Eine zeitliche Begrenzung dieses Günstigkeitsprinzips auf bestimmte Stadien des Strafverfahrens ist dieser Rechtsprechung nicht zu entnehmen. § 1 Abs 2 soll daher entsprechend geändert werden."

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass § 1 Abs 2 VStG den Anforderungen des Art 7 EMRK entsprechend einen umfassenden Günstigkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Rechtslagen ermöglicht. Ein solcher Günstigkeitsvergleich hat sich nicht ausschließlich auf die materiellen Strafbestimmungen, sondern auf die Rechtslage als solche zu beziehen und daher – wie in den vorliegenden Fällen – auch Subsidiaritätsbestimmungen zu berücksichtigen.

2.4. Zum Zeitpunkt der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten war der bewilligungslose Betrieb eines Glücksspielautomaten – sei es nach § 168 StGB (gerichtlich) oder nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (verwaltungsbehördlich) – jedenfalls strafbar. Nach der zum Zeitpunkt der Begehung der Taten (bzw. der Erlassung der Strafbescheide erster Instanz) geltenden Rechtslage bestand hinsichtlich Glücksspielautomaten mit einem möglichen Höchsteinsatz über € 10,— auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014 eine ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte für die Strafverfolgung. Nach der zum Zeitpunkt der Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark geltenden Rechtslage bestand für solche Ausspielungen gemäß § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 hingegen eine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden für die Verfolgung (vgl. dazu auch ua.). Der gerichtliche Straftatbestand des § 168 StGB sieht für unerlaubtes Glücksspiel eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze vor. § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idF BGBl I 13/2014 sieht für jemand, der "zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt" eine Geldstrafe von bis zu € 60.000,— vor.

Für den Verfassungsgerichtshof besteht vor diesem Hintergrund kein Zweifel, dass die Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, welche im Gegensatz zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB keine Primärfreiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer in seiner Gesamtauswirkung günstiger ist. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat daher zu Recht angenommen, dass im Fall möglicher Höchsteinsätze von über € 10,— auf den – den Bestrafungen zugrunde liegenden – Glücksspielautomaten gleichermaßen eine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden für die Verfolgung der dem Beschwerdeführer angelasteten Taten anzunehmen wäre. Der Verfassungsgerichtshof kann demgemäß weder einen Verstoß gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art 83 Abs 2 B VG noch gegen das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 des 7. ZPEMRK oder eine Verletzung von Art 6 EMRK erkennen.

2.5. Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, "[e]ine Sachentscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark" käme "in Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben" nicht in Betracht, weil "diesfalls eine gegen Art 94 B VG bzw. gegen Art 83 Abs 2 B VG verstoßende Entscheidung einer Verwaltungsbehörde bestätigt würde", verkennt der Beschwerdeführer, dass gemäß Art 130 Abs 4 B VG das Verwaltungsgericht in Verwaltungsstrafsachen immer in der Sache selbst zu entscheiden hat und damit seine Entscheidung anstelle jener der belangten Behörde tritt.

2.6. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, weil das Landesverwaltungsgericht Steiermark den möglichen Höchsteinsatz auf den – den Bestrafungen zugrunde liegenden – Glücksspielautomaten nicht ermittelt habe.

2.6.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstands, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass das Verwaltungsgericht diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichts, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhalts (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

2.6.2. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat in seinen Entscheidungen dahingestellt gelassen, ob auf den – den Bestrafungen zugrunde liegenden – Glücksspielautomaten Höchsteinsätze von über oder unter € 10,— möglich waren. Wie unter Pkt. III.2.4. ausgeführt, ergibt sich in beiden Fällen eine Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmungen und nicht der gerichtlichen Strafbestimmung auf die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten. Für die Frage, ob das Landesverwaltungsgericht in den vorliegenden Fällen überhaupt in der Sache zuständig war, ist die Einsatzhöhe der Glücksspielautomaten daher nicht entscheidungsrelevant. Relevanz hätte eine solche Feststellung ausschließlich für die Frage, ob in den Beschwerdefällen § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014 oder § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idF der Novelle BGBl I 13/2014 anzuwenden war. Die beiden Bestimmungen unterscheiden sich – soweit hier interessierend – in ihrem Strafrahmen. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat seinen Bestrafungen den niedrigeren Strafrahmen des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idF vor der Novelle BGBl I 13/2014 zugrunde gelegt. Darin kann der Verfassungsgerichtshof kein willkürliches Verhalten des Landesverwaltungsgerichts Steiermark erkennen.

2.6.3. Ob die angefochtenen Entscheidungen in jeder Hinsicht dem Gesetz entsprechen, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Den Kostenbegehren des Landesverwaltungsgerichts Steiermark ist nicht zu entsprechen, weil das VfGG für einen Ersatz von Aufwendungen des Verwaltungsgerichts im verfassungsgerichtlichen Verfahren keine Grundlage bietet.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2015:E1139.2014