OGH vom 26.05.2011, 9ObA93/10g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Albert Koblizek und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Kurt H*****, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische E***** AG *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen 100 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 39/10v 11, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 1 Cga 78/09k 7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 151,34 EUR (darin 25,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom bis bei der Beklagten beschäftigt. Laut Anstellungsvertrag vom hat er Anspruch auf eine Zusatzpension, wobei auf die damals geltende Betriebsvereinbarung vom (BV ZP) verwiesen wurde. § 18 dieser Betriebsvereinbarung lautete:
„Valorisierung
Abs 1: Die Valorisierung der Zuschusspension erfolgt jeweils zum Stichtag um den Pensionsanpassungsfaktor (PAG Faktor) gemäß sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. ...“
Der Kläger ging mit in Pension. Im Verfahren 1 Cga 78/09k des Arbeits und Sozialgerichts Wien, welches zwischen den selben Parteien geführt wurde, war strittig, ob die aus Zuschusspension und ASVG Pension bestehende Gesamtversorgung einerseits mit der Bemessungsgrundlage (80 % des Letztverdienstes) zu deckeln war und andererseits ob Anpassungen der gesetzlichen Pension, die nicht prozentmäßig, sondern mit einem Fixbetrag erfolgten, im Wege einer Relationsberechnung oder einfach mit dem Fixbetrag auch für die Erhöhung der Zuschusspension zu berücksichtigen waren. In diesem Vorverfahren wurde rechtskräftig gegenüber der Beklagten festgestellt, dass die Zuschusspension des Klägers in Zukunft jährlich mit dem PAG Faktor zu erhöhen ist, der durch einen prozentuellen Wert auszudrücken ist und dass im Falle der Erhöhung der ASVG Pension nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften um einen Fixbetrag dieser Fixbetrag in einen prozentuellen Wert gemäß seinem Verhältnis zur bestehenden ASVG Pensionsleistung umzurechnen und die betriebliche Zuschusspension um diesen Prozentsatz zu valorisieren ist. Im Vorprozess gelangten Erst- und Berufungsgericht rechtlich zur Auffassung, dass die Pensionsvereinbarung des Klägers (mit dem Verweis auf die Betriebsvereinbarung) so auszulegen sei, dass nicht nur prozentuelle Erhöhungen der ASVG Pension, sondern auch Erhöhungen um einen Fixbetrag gleich zu behandeln und daher in einen Prozentbetrag umzurechnen seien. Diese in Prozenten ausgedrückte Erhöhung der gesetzlichen Pension müsse in gleicher Weise zu einer Valorisierung der betrieblichen Zuschusspension führen. Hätten die Vertragspartner, die offensichtlich die Bestimmung des § 108f ASVG im Auge gehabt haben, vorhergesehen, dass an die Stelle einer prozentuellen Erhöhung eine Fixbetragserhöhung trete, hätten sie vereinbart, dass auch ein solcher Valorisierungsfaktor in gleicher Relation zu einer Erhöhung der Betriebspension führen müsse. Diese ergänzende Auslegung wurde vom Obersten Gerichtshof zu 9 ObA 42/06a (Zurückweisung der außerordentlichen Revision) als jedenfalls vertretbar beurteilt.
In der vorliegenden Klage macht der Kläger nun geltend, dass die Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 bei Auszahlung der Betriebspension die Einmalzahlung des § 629 ASVG von jeweils 50 EUR nicht berücksichtigt habe (gemeint: die Nachfolgebestimmungen zu § 629 ASVG, nämlich § 639 ASVG für das Jahr 2008 und § 649 ASVG für Dezember 2009).
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Bei den Einmalzahlungen für die Jahre 2008 und 2009 handle es sich nicht um die im Pensionsvertrag gemeinte ASVG Pensionserhöhung, sondern um Zahlungen, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade keine Pensionsbestandteile sein sollten. Weder das seinerzeitige Feststellungsurteil noch die jetzt geltende Gesetzeslage bildeten eine ausreichende Grundlage für die Klageforderung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es hat dabei die Frage, ob der betriebliche Pensionszuschuss auf Basis der §§ 639, 649 ASVG zu valorisieren sei, zutreffend verneint. Es kann daher auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung des Berufungsurteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Lediglich ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:
Der in den §§ 108 Abs 5, 108f und 108h ASVG geregelte Mechanismus zur Anpassung der ASVG Pensionen war schon zur Zeit des Abschlusses der Pensionsvereinbarung mit dem Kläger bzw bei Abschluss der Betriebsvereinbarung Bestandteil der Rechtsordnung. Die oben wiedergegebene Formulierung der Pensionsvereinbarung lässt daher den Schluss zu, dass die damaligen Vertragsparteien mit ihrer Valorisierungsbestimmung auch auf den damals bekannten ASVG Erhöhungsmechanismus Bezug nehmen wollten. Die schon im Vorverfahren erörterte Berechnung in der Anpassungsverordnung BGBl II 598/2003 (§ 3) sah zwar erstmals eine kombinierte Berechnung in Anlehnung an die „Medianpension“ vor, wobei primär eine Prozentberechnung, für höhere Pensionen hingegen eine Fixbetragserhöhung vorgesehen war, immer aber der ausdrückliche Bezug zu § 108h ASVG hergestellt wurde. Es war also in der oben zitierten Vorentscheidung zwar schon ein Fixbetrag zu beurteilen, doch sollte dieser an die Stelle der rein prozentuellen Berechnung treten und war somit dem „normalen“ Regelwerk für die Erhöhung der gesetzlichen Pension zuzurechnen.
Mit dem Pensionsharmonisierungs-gesetz BGBl I 142/2004 erfolgte eine Abkehr von der bisherigen Nettoanpassung der ASVG Pensionen und eine Wendung in die Richtung, dass zukünftig die jährliche Pensionsanpassung auf Basis der tatsächlichen Entwicklung der Verbraucherpreise erfolgen sollte. Aufgrund dieser Koppelung mit dem Verbraucherindex wurde auch die Bestimmung des § 299a ASVG aufgehoben, welche einen Ausgleich zwischen der früheren Nettoanpassungsformel und dem Verbraucherpreisindex herstellen sollte (ErlBem RV 653 BlgNR 22. GP 15 f). Trotz dieser Maßgabe wurde aber weiterhin der Anpassungsmechanismus des ASVG (§§ 108 Abs 5, 108f, 108h ASVG) im Wesentlichen beibehalten.
Mit BGBl I 165/2007 (2. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006) wurde unter dem Titel „Einmalzahlung für das Jahr 2007“ § 629 ASVG eingeführt, welcher lautet:
„Abs 1 Allen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die im Jänner 2007 Anspruch auf eine oder mehrere Pensionen haben, gebührt für das Jahr 2007 eine Einmalzahlung in der Höhe von 40 EUR. Die Einmalzahlung ist kein Pensionsbestandteil , sie ist aber zusammen mit der jeweils (höchsten) laufenden Pensionszahlung zum auszuzahlen.
Abs 2 Die Einmalzahlung gilt nicht als Nettoeinkommen iSd § 292 Abs 3. Von der Einmalzahlung sind keine Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten.“
§ 639 ASVG (Einmalzahlung für das Jahr 2008) sieht Folgendes vor:
„Abs 1 Allen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die im Oktober 2008 Anspruch auf eine oder mehrere Pensionen haben, gebührt für das Jahr 2008 eine Einmalzahlung. Beträgt das Gesamtpensionseinkommen einer Person
1.) bis zu 747 EUR, so beläuft sich die Einmalzahlung auf 20 % des Gesamtpensionseinkommens;
2.) mehr als 747 EUR bis zu 1.000 EUR oder hat die Person Anspruch auf Ausgleichszulage, so beläuft sich die Einmalzahlung auf 150 EUR;
3.) mehr als 1.000 EUR bis zu 2.000 EUR so beläuft sich die Einmalzahlung auf eine Höhe, die zwischen den genannten Werten von 150 EUR bis 50 EUR linear absinkt;
4.) mehr als 2.000 EUR bis zu 2.800 EUR, so beläuft sich die Einmalzahlung auf 50 EUR. Gesamtpensionseinkommen ist die Summe aller Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, auf die eine Person im Oktober 2008 Anspruch hat.
Abs 2 Die Einmalzahlung ist kein Pensionsbestandteil , sie ist zusammen mit der höchsten laufenden Pensionszahlung zum auszuzahlen.
Abs 3 Die Einmalzahlung gilt nicht als Nettoeinkommen iSd § 292 Abs 3. Von der Einmalzahlung sind keine Beträge zur Krankenversicherung zu entrichten.“
Gemäß § 649 Abs 1 ASVG gebührt allen Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die im Dezember 2009 Anspruch auf eine oder mehrere Pensionen haben, eine Einmalzahlung. Beträgt das Gesamtpensionseinkommen einer Person 1.) bis zu 1.200 EUR, so beläuft sich die Einmalzahlung auf 4,2 % des Gesamtpensionseinkommens; 2.) mehr als 1.200 EUR bis 1.300 EUR, so beläuft sich die Einmalzahlung auf eine Höhe, die zwischen den genannten Werten von 4,2 % auf 0 % des Gesamtpensionseinkommens linear absinkt. Gesamtpensionseinkommen ist die Summe aller Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, auf die eine Person im Dezember 2009 Anspruch hat.
Abs 2 des § 649 ASVG führt wieder ausdrücklich an, dass die Einmalzahlung kein Pensionsbestandteil und zusammen mit der höchsten laufenden Pensionszahlung für Dezember 2009 zum auszuzahlen ist.
Nach Abs 3 dieser Bestimmung gilt die Einmalzahlung nicht als Nettoeinkommen iSd § 292 Abs 3 ASVG. Von der Einmalzahlung sind keine Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten.
Wie schon vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt, erfolgten diese Einmalzahlungen neben der „normalen“ ASVG Pensionserhöhung (§§ 108 Abs 5, 108f, 108h ASVG iVm den jeweiligen Anpassungsverordnungen BGBl II 337/2007 bzw BGBl II 365/2008), was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass diese Zahlungen explizit nicht als Pensionsbestandteil zu werten sind. Entgegen der Auffassung des Klägers ist daher nicht jede Zahlung des Pensionsversicherers für eine Valorisierung der Zuschusspension heranzuziehen. Vielmehr ergibt die Auslegung des Pensionsvertrags, dass die bei seinem Abschluss bekannten (bzw die an deren Stelle tretenden) gesetzlichen Bestimmungen über regelmäßige Pensionserhöhungen für eine Valorisierung der Zuschusspension maßgeblich sein sollten. Dazu zählen nach der Gesetzessystematik diese Einmalzahlungen (§§ 629, 639 bzw 649 ASVG) aber nicht.
Auch die vom Kläger aufgezeigte Gefahr einer Auszehrung nach § 16 Abs 2 BPG besteht nicht: Abgesehen davon, dass mehr als zweifelhaft sein muss, dass die Pensionsvereinbarung eine Deckelung vorsieht (s hiezu auch die nachvollziehbaren Argumente im Ersturteil des früheren Verfahrens), sind diese Einmalzahlungen, die nicht dem „normalen“ Erhöhungsmechanismus zuzuordnen sind, als neutral zu beurteilen und haben daher bei der Ausmessung der Zuschusspension in jeder Richtung außer Betracht zu bleiben.