OGH vom 15.07.2014, 10ObS70/14p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Romana Zeh Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 23/14g 24, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Bereits in der Berufung geltend gemachte angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die das Berufungsgericht verneint hat, können nach ständiger Rechtsprechung auch im Verfahren nach dem ASGG im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (vgl E. Kodek in Rechberger 4 § 503 ZPO Rz 9 mwN). Die behaupteten Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren. Entscheidend für die Frage der Verweisbarkeit des Klägers ist die aufgrund des ärztlichen Leistungskalküls getroffene Feststellung, in welchem Umfang er im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist bzw welche Tätigkeiten er ausführen kann. Wesentlich ist daher nur die Feststellung des (zusammenfassenden medizinischen) Leistungskalküls, das die Vorinstanzen erhoben und festgestellt haben (vgl RIS Justiz RS0084399; RS0084398). Die Feststellung des medizinischen Leistungskalküls gehört dem nicht revisiblen Tatsachenbereich an (10 ObS 141/03p mwN).
Es entspricht der bereits ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass für den Berufsschutz des § 273 Abs 1 ASVG idF BGBl I 2010/111 nur solche Pflichtversicherungsmonate zählen, während derer unselbständige Tätigkeiten, also Angestelltentätigkeiten oder solche nach § 255 Abs 1 ASVG, ausgeübt wurden. Auch für die Erlangung des Berufsschutzes nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG sind nur qualifizierte Tätigkeiten als gelernte oder angelernte Arbeiter sowie Angestelltentätigkeiten zu berücksichtigen. Zeiten einer selbständigen Tätigkeit nach dem GSVG haben daher für den Berufsschutz nach § 273 Abs 1 sowie § 255 Abs 1 und 2 ASVG außer Betracht zu bleiben (RIS Justiz RS0128674; RS0129026). Die Revisionsausführungen bieten keinen Anlass zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sind die einzelnen Sozialversicherungssysteme (ASVG, GSVG, BSVG) wegen ihrer unterschiedlichen Gestaltungen des Beitrags und Leistungsrechts nicht miteinander vergleichbar, sodass zufolge der bestehenden prinzipiellen Unterschiedlichkeit der einzelnen Sozialversicherungssysteme der Gleichheitsgrundsatz für eine einheitliche Regelung nicht ins Treffen geführt werden kann (RIS Justiz RS0107985, zuletzt 10 ObS 78/12m mwN). Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit tritt in den einzelnen Systemen der österreichischen Pensionsversicherung jeweils unter verschiedenen Bezeichnungen auf, wobei auch der Begriffsinhalt jeweils ein anderer ist. Diese unterschiedliche Regelung ist zum Großteil historisch gewachsen und für das österreichische Pensionsrecht in den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit charakteristisch (10 ObS 61/91, SSV NF 5/26). Gegen eine Nichtberücksichtigung von Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach dem GSVG bei der Frage des Berufsschutzes nach § 273 Abs 1 bzw § 255 Abs 1 ASVG bestehen daher nach Ansicht des erkennenden Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl 10 ObS 161/11s). Auch die Berücksichtigung von Versicherungszeiten nach dem GSVG und dem BSVG gemäß § 251a Abs 8 ASVG gilt nach ständiger Rechtsprechung nicht für die Frage des Berufsschutzes, sondern nur für die Wartezeit (§ 235) und die Bemessung von Leistungen (10 ObS 116/13a; RIS Justiz RS0085042).
Die außerordentliche Revision war daher im Hinblick auf die bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00070.14P.0715.000