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OGH vom 29.09.2009, 8ObS7/09a

OGH vom 29.09.2009, 8ObS7/09a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Mag. Ziegelbauer, die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Peter Schleinbach als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei DI Nikola D*****, vertreten durch Mag. Stephan Hemetsberger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei IEF-Service GmbH, Geschäftsstelle Eisenstadt, 7000 Eisenstadt, Neusiedlerstraße 10, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen 41.864,56 EUR (Insolvenz-Entgelt), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 123/08d-12, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 23 Cgs 8/08v-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe :

Der Kläger war vom bis bei der späteren Gemeinschuldnerin als Angestellter (Leiter Anlagenbau) beschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete nach seinem unbestrittenen Vorbringen durch Arbeitgeberkündigung. Als Entgelt erhielt er ein Fixum von 4.500 EUR, zahlbar 14 x jährlich, sowie eine Bonuszahlung von maximal 9.240 EUR jährlich. Der Kläger machte mehrere Diensterfindungen, die von der Gemeinschuldnerin zur Patentierung angemeldet wurden. Dafür stand ihm eine angemessene Vergütung gemäß § 8 PatG zu, die jährlich auszuzahlen war. Der Masseverwalter anerkannte diesen Anspruch für das Jahr 2006 mit einem Betrag von 73.170 EUR brutto. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am das Konkursverfahren eröffnet. Die beklagte Partei erkannte einen Nettoanspruch aus dem Titel der Dienstnehmererfindungsvergütung für das Jahr 2006 in Höhe von 7.436 EUR an, und lehnte den restlichen Anspruch mit dem angefochtenen Bescheid ab.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung der restlichen für das Jahr 2006 gebührenden Dienstnehmererfindungsvergütung in außer Streit gestellter Höhe als gesicherten Anspruch. Der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG betrage für das Jahr 2006 90.000 EUR, darin sei die gesamte begehrte Vergütung gemäß § 8 PatG enthalten.

Die beklagte Partei wandte ein, dass der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 3 Z 4 IESG für das Jahr 2006 pro Quartal 22.500 EUR betrage. Der Kläger habe für den Zeitraum bis einen Betrag von 14.050,14 brutto als Fixgehalt bereits erhalten, sodass nur mehr ein Betrag von 8.449,86 EUR brutto aus dem Titel der Vergütung für Dienstnehmererfindungen gesichert sei, dies entspreche dem von der beklagten Partei anerkannten Nettobetrag von aufgerundet 7.436 EUR.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die gemäß § 8 PatG dem Kläger gebührende Vergütung sei jährlich fällig und beziehe sich auf Diensterfindungen, die der Kläger während seiner Tätigkeit für die Gemeinschuldnerin gemacht habe. Der Anspruch sei somit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses entstanden und im Ausmaß von 73.170 EUR brutto für das Jahr 2006 am Ende des Kalenderjahres fällig. § 1 Abs 3 Z 4 IESG stelle auf die Fälligkeit der Leistung ab, weshalb der Grenzbetrag für das Kalenderjahr 2006 durch die Zuerkennung der gesamten begehrten Vergütung nicht überschritten sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs 4 Z 2 IESG erfordere, dass das Kalenderjahr, in welches Beginn oder Ende des Arbeitsverhältnisses falle, für die Bemessung des Grenzbetrags nicht in voller Dauer, sondern nur mit dem Zeitraum berücksichtigt werde, in dem das Arbeitsverhältnis bestanden habe. Das IESG solle die Arbeitnehmer vor dem Verlust jener Ansprüche bewahren, auf die sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts angewiesen seien. Durch § 1 Abs 4 Z 2 IESG solle eine nicht gerechtfertigte Besserstellung von nicht nach Zeiträumen abzurechnenden Ansprüchen gegenüber nach Zeiträumen bemessenen vermieden werden. Auch sei eine ungerechtfertigte Besserstellung von Personen, deren Prämien jährlich abgerechnet würden, gegenüber anderen, deren Prämien vierteljährlich berechnet und ausbezahlt würden, zu vermeiden. Das Gesetz stelle ausschließlich auf Abrechnungsperioden, nicht aber auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung ab. Der Grenzbetrag sei daher mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses zu aliquotieren und betrage für 2006 daher 22.500 EUR. Teilzahlungen seien zuerst auf den gesicherten Anspruch anzurechnen, bei gleichzeitiger Auszahlung von Zeit- und Leistungsentgelten stehe der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 4 IESG nur einmal zu, sodass dem Kläger die ihm zustehenden Ansprüche bereits zuerkannt worden seien.

Die Revision wurde zugelassen, weil Rechtsprechung zur Frage der Aliquotierung des Grenzbetrags gemäß § 1 Abs 4 IESG im Austrittsjahr in dem Fall, dass der Abrechnungszeitraum das Quartal übersteige und bereits zur Gänze erbrachte Leistungen abgegolten werden sollen, fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die beklagte Partei beantragte, die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionswerber führt zusammengefasst aus, dass in seinem Fall der Grenzbetrag für das gesamte Jahr 2006 zu berücksichtigen sei, wobei keine Rolle spiele, dass das Arbeitsverhältnis am geendet habe. Anders als § 1 Abs 4 Z 1 IESG, der sich auf während des Arbeitsverhältnisses entstandene und fällige Ansprüche beziehe, komme es nach § 1 Abs 4 Z 2 IESG nur auf den Grenzbetrag jenes Zeitraums an, in dem der Anspruch abzurechnen gewesen wäre. Auch aus § 3b IESG ergebe sich lediglich, dass der Anspruch, um gesichert zu sein, bereits entstanden sein müsse. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Einschränkung, dass eine Aliquotierung des Grenzbetrags für das Kalenderjahr nach Maßgabe der Dauer des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen sei, ersetze lediglich die zufällige Wahl des Abrechnungszeitraums durch den ebenfalls zufälligen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, was sachlich nicht gerechtfertigt und daher gleichheitswidrig sei. Keine Bestimmung des IESG schließe eine Sicherung bereits entstandener, aber erst nach Ende des Arbeitsverhältnisses fälliger Ansprüche aus.

Diesen Ausführungen ist die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts entgegenzuhalten, auf die gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann.

Ergänzend ist dem Revisionswerber zu entgegnen:

Die für die Erfindung eines Arbeitnehmers gebührende Vergütung stellt einen Teil des Arbeitsentgelts dar (8 ObS 16/94 = SZ 67/218), sodass der Anspruch des Klägers gemäß § 1 Abs 2 Z 1 IESG zwar gesichert ist, jedoch der Grenzbetrag gemäß § 1 Abs 3 Z 4 iVm § 1 Abs 4 IESG nicht überschritten werden darf. § 1 Abs 4 IESG regelt die Höhe des Grenzbetrags für Entgeltansprüche und unterscheidet dabei solche, die nach Zeiträumen bemessen werden (Z 1) von jenen, die nicht nach Zeiträumen bemessen werden (Z 2). Die mit dem BGBl 1986/395 vorgenommene Neuregelung des § 1 Abs 4 IESG folgte der Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofs (G 102/85 ua = VfSlg 10.623), wonach beide Entgeltarten gleichmäßig von der Beschränkung erfasst werden sollten. Die Unterscheidung in nach Zeiträumen bemessene und periodisch abzurechnende Ansprüche nahm der Gesetzgeber nur vor, um dem unterschiedlichen Charakter dieser Ansprüche Rechnung zu tragen (8 ObS 8/94 = SZ 67/14; 993 BlgNR 16. GP 7). Der Oberste Gerichtshof entschied daher, dass etwa für Provisionen, die vereinbarungsgemäß am Ende des Kalenderjahres abzurechnen seien, ein auf das Jahr bezogener Grenzbetrag heranzuziehen sei (SZ 67/14). Ebenso wurde dies im Fall einer - allerdings einmalig zu zahlenden - Abgeltung für die Erfindung eines Arbeitnehmers ausgesprochen (SZ 67/218).

Der Oberste Gerichtshof hat nämlich bereits in seiner Entscheidung 9 ObS 1, 2/90 ausgeführt, dass § 1 Abs 4 Z 2 IESG verfassungskonform auszulegen ist, um eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung von Arbeitnehmern zu vermeiden, die ein nicht nach Zeiträumen bemessenes Entgelt erzielen. Jenes Kalenderjahr, in das Beginn oder Ende des Arbeitsverhältnisses fällt, ist für die Bemessung des Grenzbetrags nicht mit seiner vollen kalendermäßigen Dauer, sondern nur mit jenem Zeitraum zu berücksichtigen, in welchem das Arbeitsverhältnis bestand (RIS-Justiz RS0065401; Liebeg, IESG³ § 1 Rz 516; Holzer/Reissner/Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4 187).

Der Zweck der Begrenzung des § 1 Abs 3 Z 4 IESG liegt darin, die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung des IESG bzw des Art 4 Abs 3 InsolvenzRL 80/987/EWG hinausgehen (8 ObS 20/03d; Liebeg aaO § 1 Rz 504; RIS-Justiz RS0076801). Der Arbeitnehmer soll nach dem Zweck des IESG generell im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers gegen das Risiko des gänzlichen oder teilweisen Verlusts seiner Ansprüche, auf die er zur Bestreitung seines und des Lebensunterhalts seiner Angehörigen angewiesen ist, geschützt werden. Dies bringt der Gesetzgeber etwa dadurch zum Ausdruck, dass die Leistung des Insolvenz-Entgelt-Fonds nicht durch einen bestimmten Höchstbetrag für die Summe der gesicherten Ansprüche oder für einen einzelnen Anspruch in Schranken gehalten werden soll, sondern durch die Begrenzung der jeweiligen Basisgröße (VfSlg 10.623), sodass der Fonds gegen übermäßige Inanspruchnahme gesichert werden soll (9 ObS 11/92; RIS-Justiz RS0076384).

Zutreffend hat das Berufungsgericht daher bei der Bemessung des gesicherten Teils des Anspruchs auf Dienstnehmererfindungsvergütung zwar einerseits den Jahresgrenzbetrag herangezogen, diesen jedoch andererseits nur für jenen Teil des Kalenderjahres 2006 berücksichtigt, in dem das Arbeitsverhältnis des Klägers aufrecht bestand. Dies entspricht der im Hinblick auf die Intention des IESG weder willkürlichen noch unsachlichen Absicht des Gesetzgebers, alle Einzelvereinbarungen, die eine unkontrollierte Belastung des Insolvenz-Entgelt-Fonds bewirken können, der Höhe nach zu begrenzen (RIS-Justiz RS0076801), und zwar wie ausgeführt gleichermaßen für Zeit- wie Leistungsentgelte.

Eine unsachliche Ungleichbehandlung des Anspruchs des Klägers gegenüber Abfertigungsansprüchen nach §§ 23, 23a AngG liegt schon im Hinblick auf die Sonderregelung des § 1 Abs 4a IESG nicht vor. Der Gesetzgeber hat für Abfertigungsansprüche mit der IESG-Novelle BGBl 1993/817 eine gemessen an der allgemeinen Regelung des § 1 Abs 3 Z 4 iVm § 1 Abs 4 IESG stärker beschränkende Grenzbetragsvorschrift geschaffen (Holzer/Reissner/Schwarz aaO 190), sodass zwar keine zeitliche Beschränkung der Sicherung von nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig werdenden Abfertigungsraten bestehen mag, jedoch eine Beschränkung der Höhe nach. Außerdem entsteht der Abfertigungsanspruch zur Gänze im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, während der Anspruch auf Dienstnehmererfindungsvergütung gemäß § 16 PatG durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht berührt wird (RIS-Justiz RS0071285). Auch daher erscheint seine Begrenzung mit der Dauer des aufrechten Arbeitsverhältnisses im Sinn des Zwecks des IESG gerechtfertigt.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden weder behauptet, noch haben sich dafür Anhaltspunkte ergeben.