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OGH vom 20.07.2010, 14Os77/10w

OGH vom 20.07.2010, 14Os77/10w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Skrdla als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom , GZ 6 Hv 62/09f 27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe :

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl K***** der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I) und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (II) sowie der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (III) und des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.

Danach hat er in Bad R***** und anderen Orten Österreichs

(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachstehende Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese und die von ihnen vertretenen Unternehmen im jeweils genannten Betrag von insgesamt 58.853,03 Euro am Vermögen schädigten, und zwar

A) im Dezember 2000 Manfred P***** als Geschäftsführer der E***** GmbH durch die Vortäuschung, er würde 280.000 S (entsprechend etwa 20.348 Euro) als Vorauszahlung für den Ankauf von Bauholz benötigen, zur Übergabe dieses Betrags;

B) durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde oder Darlehensnehmer zu sein,

1) von Mitte bis Ende des Jahres 2005 Günter D***** als Inhaber des Einzelunternehmens W***** zur Errichtung und Montage einer Wohnungseinrichtung im Wert von 24.708 Euro;

2) „an einem Tag vor dem “ Verantwortliche der W***** GmbH zur Lieferung von Waren im Gesamtwert von 281,59 Euro;

3) „an einem Tag vor dem “ Dr. Christian F***** zur Erbringung von juristischen Dienstleistungen im Wert von 2.595,44 Euro;

4) von Mitte November 2007 bis Bela B***** in mehreren Angriffen zur Gewährung eines Darlehens im Gesamtbetrag von 7.620 Euro;

5) von Herbst 2007 bis Jänner 2008 Drago B***** zur Erbringung von Dienstleistungen im Wert von 3.300 Euro;

(II) im Jahr 2007 zumindest 116.500 Euro, die ihm als Geschäftsführer der K***** GmbH von Berechtigten der A***** GmbH zur Weiterleitung an die 3 ***** GmbH anvertraut worden waren, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder die K***** GmbH dadurch unrechtmäßig zu bereichern;

(III) von bis die ihm durch die P***** GmbH durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über ihr Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht, indem er in Kenntnis nicht ausreichender Kontodeckung mit seiner Kreditkarte Zahlungen vornahm, wodurch er dem genannten Unternehmen einen Vermögensschaden von 3.015,38 Euro zufügte;

(IV) am , und nach dem eine Sache, die im Exekutionsverfahren 1 E 490/98t des Bezirksgerichts R***** behördlich gepfändet worden ist, nämlich einen BMW X5, ganz der Verstrickung entzogen, indem er dieses Fahrzeug weiter verwendete, wodurch es der pfändenden Behörde nicht zur Verfügung stand.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Welche konkreten entscheidenden Tatsachen unzureichend begründet sein sollen, wird in der Mängelrüge mit den pauschal auf die „auf S 5 bis 11“ getroffenen Feststellungen und die „als Beweiswürdigung überschriebenen Erwägungen (S 11 letzter Absatz bis 17 zweiter Absatz)“ bezogenen Behauptungen „reiner Scheinbegründung“ (Z 5 vierter Fall) und „wesentlicher Begründungsmängel, welche entscheidungswesentliche Tatsachen zum Gegenstand haben“, prozessordnungswidrig nicht deutlich und bestimmt dargelegt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Mit welchen Worten Feststellungen getroffen und begründet werden, ist sofern dies deutlich und ohne Widerspruch geschieht - im Übrigen nicht Gegenstand der Mängelrüge, weshalb auch die Übernahme der Anklagebegründung in den Entscheidungsgründen, mit der sich das Erstgericht unmissverständlich identifiziert hat, den Nichtigkeitsgrund nicht herstellt ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 396; RIS-Justiz RS0124017, RS0115236). Undeutliche oder widersprüchliche Begründung behauptet der Beschwerdeführer nicht. Inwiefern er durch die kritisierte Wiedergabe der Anklagebegründung „in seinem Recht auf ein faires Verfahren“ verletzt worden sein sollte, ist ebenso wenig verständlich wie der nicht näher konkretisierte Beschwerdehinweis, dass auch eine geständige Verantwortung des Angeklagten das Gericht nicht von der in § 2 Abs 2 StPO normierten Verpflichtung „zur amtswegigen Erforschung des Sachverhalts“ befreie.

Auch die Kritik an der eingangs der Beweiswürdigung vorgenommenen zusammenfassenden Auflistung sämtlicher aktenkundiger Beweismittel, darunter auch „die geständige Verantwortung des Angeklagten Christian K*****“ (statt Karl K*****“) und Aussagen von Zeugen, die nach dem Beschwerdestandpunkt „nicht gerichtlich und großteils auch nicht durch die ermittelnde Behörde vernommen wurden“ und teils bloß Angaben zu von der Anklage gar nicht umfassten Fakten machten, entzieht sich mangels Konkretisierung der mit diesem Einwand angesprochenen entscheidenden Tatsachen einer sachbezogenen Erwiderung. Zudem nimmt die Mängelrüge insoweit gesetzwidrig nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370) und ist daher von vornherein nicht geeignet, einen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen. Die Tatrichter haben nämlich im Folgenden (jeweils unter Bezugnahme auf die umfassend geständige Verantwortung des Angeklagten und konkret angeführte, damit im Einklang stehende Beweismittel) zu jedem einzelnen Schuldspruch ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sie zur Überzeugung von der Schuld des Angeklagten gelangten (US 12 bis 17).

Die in Betreff des Schuldspruchs wegen des Vergehens des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs 1 StGB (IV) behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nicht vor, weil der Angeklagte bei seiner Befragung durch die Kriminalpolizei angab, dass das in Rede stehende Fahrzeug „vom Gerichtsvollzieher Herrn G***** des Bezirksgerichts R***** gepfändet wurde“ (ON 7 S 15 f) und dies dem die Erwägungen des Erstgerichts interpretativ erweiternden Beschwerdevorbringen zuwider im Urteil nichts anderes zitiert wurde (US 16). Im Übrigen hat sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung „vollinhaltlich schuldig bekannt“ und die Richtigkeit der Anklagebegründung, somit auch die Kenntnis von der erfolgten Pfändung, ausdrücklich eingeräumt (ON 26 S 3).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch IV orientiert sich nicht am Verfahrensrecht. Indem sie unter Bezugnahme auf eine einzelne Urteilspassage (US 11) die Ansicht vertritt, es folge daraus „denklogisch“, dass der Angeklagte keine Kenntnis von den Verkaufsterminen haben konnte, verfehlt sie einerseits den gebotenen Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts mit dem festgestellten Sachverhalt ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581) und leitet andererseits die darauf aufbauende Behauptung fehlender Strafbarkeit nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS Justiz RS0116565). Aus welchem Grund es nämlich der Subsumtion des festgestellten Täterverhaltens unter § 271 Abs 1 StGB entgegenstehen sollte, dass „das Vollstreckungsorgan zum Zeitpunkt der Pfändung bzw. der betreibende Gläubiger im Zeitpunkt der Antragstellung“ nach der auf § 259 EO gestützten - Auffassung des Beschwerdeführers „jedenfalls die Möglichkeit gehabt hat, eine entsprechende Verwahrung durchzuführen“, die „auch durch Abnahme der Kennzeichen“ erfolgen hätte können, wird nicht erklärt.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte bei der behördlichen Pfändung des in Rede stehenden Fahrzeugs durch den Gerichtsvollzieher anwesend war, das Pfandobjekt vom Pfandort verbrachte, indem er es weiter verwendete, obwohl er wusste, dass er dies nicht durfte, das Vollstreckungsorgan weder vor den Verkaufsterminen noch nach der Anzeigeerstattung über den Verbleib des Pfandobjekts verständigte und dadurch verhinderte, dass die pfändende Behörde auf das genannte Fahrzeug zugreifen konnte (US 11, 16, 18), jedenfalls im Zusammenhalt mit dem zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden (RIS-Justiz RS0117247) Urteilstenor den - unter dem Aspekt materiellrechtlicher Nichtigkeit maßgeblichen ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 19) - Willen der Tatrichter, die der vorgenommenen Subsumtion entsprechenden Feststellungen (vgl dazu Danek in WK² § 271 Rz 12 f und 14; Hochmayr/Schmoller, SbgK § 271 Rz 26) zu treffen, hinreichend zum Ausdruck bringen.

Weshalb es zur rechtlichen Unterstellung des Sachverhalts unter Abs 2 erster Fall des § 153 StGB (Schuldspruch III) erforderlich gewesen wäre, neben der Feststellung, wonach der Beschwerdeführer der P***** GmbH durch die vom Schuldspruch III umfassten Taten einen Vermögensschaden von „3.013,38 Euro (s ON 12 zur Höhe der Kapitalforderung)“ zufügte (US 11), zusätzlich Konstatierungen dazu zu treffen, ob in der von der Geschädigten im Exekutionsverfahren betriebenen Forderung in Höhe von 3.031,20 Euro auch „Nebenforderungen (insbesonders Mahn- und Inkassogebühren)“ enthalten waren, erklärt die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht.

Sofern mit dem Hinweis auf ein Schreiben der B***** GmbH vom der Sache nach unvollständige Begründung der Konstatierungen zur Schadenshöhe im Sinn der Z 5 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO releviert werden soll, wird die Beschwerde ebenso nicht prozessordnungskonform ausgeführt, weil sie den Einwand fehlender Erörterung dieses Beweismittels nicht durch deutlichen Hinweis auf die konkrete Fundstelle in den (umfangreichen) Akten darlegt (RIS-Justiz RS0124172 [va T 5]).

Im Übrigen übersieht der Nichtigkeitswerber, dass die Rechtsvertreter der Geschädigten in dem angesprochenen Schreiben ausdrücklich anführten, dass Karl K***** erst im Zuge des Exekutionsverfahrens Zahlungen im Betrag von 1.205,74 Euro leistete, womit eine Forderung von 3.179,16 Euro (darin enthalten 2.835,78 Euro Kapital) verblieb (ON 4 S 83 f).

Soweit in diesem Zusammenhang Feststellungen zu einem auf die Zufügung eines 3.000 Euro übersteigenden Schadens gerichteten Vorsatz vermisst werden, verfehlt die Beschwerde erneut den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810), weil sie die entsprechenden Urteilsannahmen (US 11) übergeht.

Mit dem auf Z 11 (zweiter Fall) sowie „aus advokatorischer Vorsicht“ - auch auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Einwand, das Erstgericht habe Beweisergebnisse zu einer über die getroffenen Feststellungen hinausgehenden Schadensgutmachung in Betreff des Schuldspruchs I/B/3 stillschweigend übergangen, wird bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht (RIS-Justiz RS0116960).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.