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VfGH vom 25.06.1988, B999/87

VfGH vom 25.06.1988, B999/87

Sammlungsnummer

11761

Leitsatz

Keine Verletzung des Eigentumsrechtes, des Gleichheitsrechtes, des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter - jede Behörde hat incidenter zu untersuchen, ob eine Personengruppe durch Hinterlegung der Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat

Rechtsrichtige Annahme der bel. Beh. daß die "Nationaldemokratische Partei - NDP" neonazistische Ziele verfolgt - keine Rechtspersönlichkeit als politische Partei

Art144 Abs 3 B-VG; Abtretung der Beschwerde an den VwGH, soweit der Bescheid vom VfGH nicht auf seine Rechtsrichtigkeit geprüft wurde

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem VwGH zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Die NÖ Landesregierung erkannte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom den Bf. schuldig, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG 1950 iVm § 7 Abs 1 des NÖ Ankündigungsabgabegesetzes 1979, LGBl. 3704-1, begangen zu haben, daß er am eine andere Person beauftragt habe, in Krems Flugzettel zu verteilen, ohne für diese geplante Ankündigung vor ihrer Durchführung den Magistrat Krems schriftlich Meldung zu erstatten und die Ankündigungsabgabe zu entrichten. Über den Bf. wurden gemäß § 12 Abs 1 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 100 S und eine Ersatzarreststrafe von sechs Stunden verhängt.

b) Gemäß § 3 Abs 1 litc NÖ AnkündigungsabgabeG 1979 sind u.a. "Ankündigungen politischen Inhaltes der politischen Parteien" von der Ankündigungsabgabe befreit.

Der Bf. berief sich im Administrativverfahren auf diese Befreiungsbestimmung; die Ankündigung sei - obgleich im Impressum der Flugzettel der "Nationaldemokratische Verlag" aufscheine - von der politischen Partei "Nationaldemokratische Partei - NDP" vorgenommen worden, deren erster Bundessprecher der Bf. sei.

Die bel. Beh. folgte im angefochtenen Bescheid dieser Meinung nicht. In den Flugzettel sei zwar für die NDP geworben worden; sie hätten daher politischen Inhalt gehabt. Die NDP sei aber - da sie neonazistische Ziele verfolge - keine politische Partei iS des ParteienG, BGBl. 404/1975 (Text s. II.C.1.) und besitze auch sonst keine Rechtspersönlichkeit (die nähere Begründung s. u. II.c.2.), sodaß die Frage, ob die Ankündigung nun tatsächlich der NDP zuzurechnen sei, bedeutungslos werde; eine rechtlich nicht existente Vereinigung könne keinen Befreiungstatbestand für sich in Anspruch nehmen.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid vom wendet sich die vorliegende, auf Art 144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die Beschwerde wird damit begründet, daß die NDP als politische Partei iS des ParteienG zu qualifizieren sei; die Behauptung der Behörde, das Programm der NDP verstoße gegen das Verbotsgesetz, sei verfehlt (die nähere Begründung s.u. II.C.3.).

3.a) Die NÖ Landesregierung als bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde abzuweisen, soweit der VfGH diese nicht zurückzuweisen findet (dieser Eventualantrag wird nicht näher begründet).

b) Der Bf. replizierte darauf; er hält seine Anträge aufrecht und bekräftigt die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

A. 1. Der Bf. erachtet sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, daß über die Frage, ob die §§3 ff. Verbotsgesetz verletzt wurden, nicht die NÖ Landesregierung zu befinden, sondern das zuständige Strafgericht (ein Geschwornengericht) zu urteilen hätte.

2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985).

Hier ist die NÖ Landesregierung in einer in den Bereich der Landesvollziehung fallenden Verwaltungsstrafsache als zweite (und letzte) Instanz eingeschritten; hiezu war sie zuständig (§51 Abs 1 VStG 1950). Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens hat sie die Frage, ob die NDP als politische Partei iS des ParteienG Rechtspersönlichkeit erlangt hat oder ob dies deshalb, weil sie neonazistische Ziele verfolgt, nicht der Fall ist, incidenter beurteilt, wozu sie ermächtigt war (s.u. II.C.4.aa).

Allfällige Verfahrensmängel, wie sie der Bf. behauptet, können das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzen (vgl. zB VfSlg. 10140/1984).

Der Bf. ist also durch den bekämpften Bescheid nicht im soeben erwähnten Recht verletzt worden.

B. 1. Vor allem erachtet sich der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt. Abgesehen davon, daß eine Verwaltungsbehörde nicht gleichsam nebenbei einer Personengruppe den Status einer politischen Partei iS des ParteienG absprechen könne, habe die NÖ Landesregierung völlig verfehlt angenommen, die NDP verfolge Ziele, die durch das VerbotsG unter Strafsanktion gestellt sind.

2. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 10356/1983, 10482/1985) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte; ein solcher Fall läge nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hätte.

3. Unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles bestehen gegen die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Bestimmungen des NÖ AnkündigungsabgabeG 1979 (§3 Abs 1 litc, § 7 Abs 1 und § 12 Abs 1) und des § 7 VStG 1950 keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die gleichfalls herangezogenen §§3 ff VerbotsG stehen auf Verfassungsstufe, sodaß eine Erörterung der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften ausgeschlossen ist.

4. Der Bf. könnte also im Eigentumsrecht nur durch einen der Vollziehung anzulastenden Fehler verletzt worden sein. Ein solcher Fehler liegt - wie die nachstehenden Ausführungen nachweisen - nicht vor.

Die Behörde geht - unausgesprochen - davon aus, daß unter "politischer Partei" nach § 3 Abs 1 litc NÖ AnkündigungsabgabeG 1979 die "politische Partei" iS des ParteienG zu verstehen ist. Diese - vom Bf. unbestrittene - Auslegung ist keinesfalls grob verfehlt, sondern liegt nahe.

Zwar wurden am beim Bundesministerium für Inneres mit Bezugnahme auf § 1 Abs 4 des ParteienG die "Satzungen der Nationaldemokratischen Partei - NDP" hinterlegt. Die bel. Beh. nahm dessen ungeachtet an, daß dieser Vorgang nicht zur Gründung der NDP als politische Partei (die von der Ankündigungsabgabe befreit wäre) geführt hat.

Der Bf. macht ausschließlich geltend, diese Annahme der Behörde sei (grob) fehlerhaft.

Der VfGH hat also zu klären, ob die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen nämlich einen der Verfassungsbestimmung des § 1 ParteienG widersprechenden - Inhalt unterstellt hat.

C. Zur Frage der richtigen Anwendung des § 1 ParteienG hat der VfGH erwogen:

1. § 1 ParteienG lautet:

"§1. (1) Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich (Art1 B-VG).

(2) Zu den Aufgaben der politischen Parteien gehört die Mitwirkung an der politischen Willensbildung.

(3) Die Gründung politischer Parteien ist frei, sofern bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ihre Tätigkeit darf keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden.

(4) Die politischen Parteien haben Satzungen zu beschließen, die in einer periodischen Druckschrift zu veröffentlichen und beim Bundesministerium für Inneres zu hinterlegen sind. Aus der Satzung hat insbesondere ersichtlich zu sein, welches ihre Organe sind und welche hievon zur Vertretung nach außen befugt sind, sowie welche Rechte und Pflichten die Mitglieder besitzen. Mit der Hinterlegung der Satzung erlangt die politische Partei Rechtspersönlichkeit.

(5) ....."

2. Im angefochtenen Bescheid begründet die Behörde ihre Meinung, daß die in der Öffentlichkeit unter der Bezeichnung NDP auftretende Personengruppe trotz Hinterlegung von Satzungen beim Bundesministerium für Inneres am als Partei keine Rechtspersönlichkeit erlangt habe (unter Bezugnahme auf die maßgebende Judikatur des VfGH - s.u. II.C.4.), wie folgt:

"....... Nach § 2 der Statuten der NDP besteht deren Zweck u.a. in der Vertretung des nationalen Gedankengutes unter Berufung auf ihr Grundsatz- und Forderungsprogramm.

§ 3 VerbotsG, St.G.Bl.Nr. 13/45 i.d.F. BGBl. 25/1947 untersagt jedermann sich für die NSDAP oder ihre Ziele irgendwie zu betätigen, wobei von diesem Verbot auch eine nicht das gesamte nationalsozialistische Gedankengut umfassende Betätigung umfaßt ist ().

Besteht demnach die unter Berufung auf ihr Grundsatzund Forderungsprogramm unternommene parteipolitische Tätigkeit der NDP (ganz oder teilweise) in der Verfolgung der von der NSDAP vertretenen Grundsätzen und Zielen bzw. enthält das Programm selbst nationalsozialistisches Gedankengut, so kann der NDP Rechtspersönlichkeit nicht zukommen und ein Befreiungstatbestand i. S. § 3 Abs 1 litc Nö Ankündigungsabgabegesetz 1979 nicht in Frage kommen. In einem solchen Fall würde sich die Berufung schon aus diesem Grunde als unberechtigt erweisen, ohne daß näher auf die Frage eingegangen werden müßte, ob die verfahrensgegenständliche Ankündigung tatsächlich der NDP zuzurechnen ist oder nicht.

Neben anderen Kriterien zur Beurteilung von Grundsätzen und Zielen, die von einer politischen Partei vertreten werden, bietet sich insbesondere auch ihr Programm an. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß Ideengehalte, die allgemein als vom ethischen Standpunkt ablehnenswert oder gar als verbrecherisch angesehen werden, von Parteien, die solche Ideengehalte vertreten, in ihren Programmen verschleiert oder zumindest beschönigt werden. Aus diesem Grund ist zur Betrachtung der Frage der Rechtspersönlichkeit der NDP unter den Blickwinkel des § 3 VerbotsG ein Vergleich der Programme der NSDAP und der NDP nicht nur zulässig sondern auch geboten. Denn das Programm der NSDAP vom schloß - zumindest im Ansatz - alle wesentlichen Tendenzen der späteren nationalsozialistischen Herrschaftsidee ein; die nationalistisch-aggressive Lebensraumthese (Punkt 3), den antisemitischen bzw. rassistischen Grundzug (Punkte 4 - 8 u. 24) sowie den Totalitätsanspruch, der sich zwar hinter harmlos klingenden Gemeinplätzen verbarg (Punkte 10, 18, 24), doch jederzeit dazu herangezogen werden konnte und wurde, das Grundgesetz eines totalitären Staates abzuleiten (vgl.: Fest, Hitler, Frankfurt/M, Berlin, Wien, 1973 S 182f.)

Der von der NSDAP vertretenen Idee eines Groß-Deutschen-Nationalstaates, dem es gelte ausreichend Lebensraum zu verschaffen (Punkte 1 und 3 NSDAP-Programm), entspricht die von der NDP vertretene Forderung nach der 'Erhaltung der Deutschen Volkseinheit' (Punkt 1 NDP-Programm), wobei diese Forderung nur durch die Beseitigung des derzeitigen europäischen nationalstaatlichen Gefüges erfüllt werden könnte. Daß diese tatsächlich ein Anliegen der NDP ist, zeigen die Forderungen nach der 'Rückgabe der 1945 geraubten und besetzten deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neisse und im Sudetenland' sowie nach dem 'Selbstbestimmungsrecht für Südtirol und allen anderen abgetrennten deutschen Gebieten' (Punkt 2 NDP-Programm).

Weiters kann die unter Punkt 1 des NDP-Programmes dargelegte Ansicht, 'die Österreicher deutscher Muttersprache gehören dem deutschen Volk an', verbunden mit der dort vertretenen These, 'die Nation ist ein durch Geschichte, Sprache, Kultur, Abstammung und Lebensraum gekennzeichnete Großgruppe von Menschen', deren Bestand nur durch 'Abgrenzung nach Außen als Schutz vor Überfremdung und durch Integration im Inneren zur Erhaltung der Volksgemeinschaft' gesichert werden könne - trotz der Beteuerung des Bekenntnisses zur Verfassung (der Republik Österreich) - nur so verstanden werden, daß das Parteiprogramm der NDP ungeachtet der in Europa bestehenden nationalstaatlichen Grenzen von einem Fortbestehen eines Großdeutschen Reiches ausgeht, in welchem die Österreicher einen Teil des Gesamtvolkes bilden, wie etwa beispielsweise die Bayern.

Für diese Annahme spricht auch die Forderung des Programms nach dem 'Kampf gegen die Lüge von der Existenz einer sogenannten österreichischen Nation' und nach einer 'aktiven Politik für die Erhaltung des Deutschtums in aller Welt und Schutz unserer Landsleute vor Willkür und Unterdrückung durch fremde Staaten'.

Daß derartige Ansichten und damit verbundene Forderungen Ausfluß nationalsozialistischen Gedankengutes sind bedarf auch im Hinblick auf die Judikatur des VfGH (Slg. 2459/1952) keiner weiteren Erörterung.

Die dem nationalsozialistischen Gedankengut eigene rassistische Grundeinstellung, die sich insbesondere in der wenn auch verschleierten - Abwertung von Menschen nichtdeutscher Herkunft äußert (Punkte 4-8 und 24 NSDAP-Programmes) wird vom Programm der NDP - gleichermaßen verschleiert - in den Forderungen nach dem 'Kampf gegen die geistige und kulturelle Überfremdung aus Ost und West' und 'gegen die Zerstörung unserer Volkssubstanz durch die Unterwanderung durch Ausländer' übernommen (Punkt 1 NDP-Programm).

Auch die der Präambel zum Parteiprogramm entnehmbare Ansicht, es sei notwendig zu verhindern, daß 'die weiße Rasse und mit ihr die deutsche Nation vom neuen Machtraum Asien - Afrika beherrscht' werde, ist ein auf der Hand liegender Ausfluß rassistischen Gedankengutes.

Ein weiteres wesentliches Element der nationalsozialistischen Gedankenwelt ist der Totalitätsanspruch autokratischer Prägung. Dieses sich in den Punkten 10, 18, 24 und 25 des NSDAP-Programms äußernde Wesenselement findet sich in der Forderung nach dem Kampf gegen 'widernatürliche und daher unmenschliche linke Ideologien' und 'geistige Umweltverschmutzung durch Verbreitung von Lügen über unser Volk' (Punkt 5 NDP-Programm) wieder.

Das Verlangen nach völliger Kontrolle auf dem Gebiete der Kultur wird in der Forderung nach 'harten Strafen für Volksverderber und geistige Umweltverschmutzer' sichtbar. Auch das Verlangen keine öffentliche Mittel 'für Werke der entarteten Kunst' zur Verfügung zu stellen weisen in diese Richtung.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß das Parteiprogramm der NDP sowohl in den darin niedergelegten Ansichten als auch den daraus abgeleiteten Forderungen bzw. programmatischen Ankündigungen - entgegen der vom Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom geäußerten Ansicht unübersehbare Parallelen mit dem Programm der NSDAP zeigt. Es muß daher, da sich nach dem Programm der NDP ihr gesamtes politisches Wirken ausrichtet (Präambel) und es überdies nach § 2 der Statuten die Grundlage für die Vertretung des nationalen Gedankengutes ist, das Programm als im Widerspruch zu § 3 VerbotsG stehend angesehen werden. ......"

3. a) Der Bf. wendet dagegen grundsätzlich ein, es gehe nicht an, daß eine Verwaltungsbehörde quasi nebenbei über die rechtliche Existenz einer politischen Gruppierung abspreche und auf diese Weise unliebsame politische Organisationen ausgeschaltet werden könnten.

b) Sodann trägt er sehr ausführlich und detailliert vor, daß die als neonazistisch qualifizierten Ideen der NDP auch von zahlreichen anderen Personen und Organisationen vertreten werden oder zum Teil seit vielen Jahrzehnten vertreten wurden. In der Beschwerde hält er zusammenfassend der von der bel. Beh. vorgenommenen Gleichsetzung der Programme der ehemaligen NSDAP und der NDP entgegen:

"a) Im Gegensatz zur nationalistisch-aggressiven Lebensraumthese der NSDAP tritt die NDP für einen Zusammenschluß aller europäischen Völker auf der Grundlage der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung ein.

b) Mit der Forderung auf Erhaltung der Eigenart der deutschen Volkseinheit und damit auch der aller anderen Völker (siehe Gleichberechtigungsprinzip) und dem daraus abgeleiteten Kampf gegen geistige und kulturelle Überfremdung befindet sich die NDP im Einklang mit dem wohl auch von den Höchstgerichten als demokratisch anerkannten österreichischen Gesetzgeber des Volkstumsgesetzes. Wie die geistige und kulturelle Eigenart der nichtdeutschsprachigen Minderheiten in Österreich - mit Recht gegen Überfremdung durch das deutschsprachige Mehrheitsvolk geschützt wird, hatten auch das deutsche Volk als solches, in den größeren europäischen Zusammenhang gestellt, sowie die europäischen Völker in Relation zu Asien und Europa, Anspruch auf Schutz vor ausländischer Überfremdung. Dieser Grundsatz ist in allen demokratischen, europäischen und westlichen Staaten als jedenfalls vertretbar anerkannt, z.B. auch in der gewiß nicht NS-verdächtigen Schweiz. In allen pluralistischen Gesellschaftsordnungen des Westens darf man sowohl dafür als auch dagegen politisch eintreten.

All dies hat mit einer rassistischen, überheblichen Gesinnung gegen andere Völker weder des österreichischen Gesetzgebers des Volkstumsgesetzes noch der NDP zu tun.

Es verstößt gegen die Denkgesetze, wenn der angefochtene Bescheid der NDP wegen der von ihr vertretenen 'aktiven Politik für die Erhaltung des Deutschtums in aller Welt' die Vertretung von NS-Gedankengut vorwirft, obwohl sich die NDP in dieser Hinsicht ausdrücklich für eine Gleichberechtigung aller Völker einsetzt.

c) Völlig unerfindlich bleibt, aus welcher Stelle des NDP-Programms die Vertretung eines Totalitätsanspruches herausgelesen wird. Laut § 2 (Gegenstand der Partei) der Statuten der NDP ist es deren Zweck, an der politischen Willensbildung mit den Mitteln mitzuwirken, welche die Bundesverfassung und die Gesetze der Republik Österreich vorsehen. Damit bekennt sich die NDP auch zur Parteienpluralität gemäß § 1 des ParteiG. Dies schließt selbstverständlich ein (auch scharfes) Ablehnen des Gedankengutes anderer konkurrierender Parteien nicht aus, sondern folgt ja aus der Konkurrenz einer Mehrheit von Parteien.

d) Der Kampf gegen 'geistige Umweltverschmutzung durch Verbreitung von Lügen über unser Volk' kann - möge derartiges auch von der NSDAP vertreten worden sein - niemals verboten oder gar kriminell sein. Es darf als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden, daß - schon im ersten Weltkrieg, also schon vor Existenz der NSDAP und auch seither - laufend unglaubliche Lügen über das deutsche Volk verbreitet wurden und werden. Aber selbst wenn dem nicht so wäre, könnte kein österreichisches Gesetz ein 'Recht auf Lügen gegen das deutsche Volk, denen nicht widersprochen werden darf' postulieren.

....."

Schließlich kritisiert der Bf. in seiner Replik, daß sich die Behörde bei der Beurteilung, ob die NDP neonazistische Ziele verfolge (und deshalb die Hinterlegung der Satzung nicht die im § 1 Abs 4 ParteienG vorgesehene Rechtswirkung nach sich zog) nicht (ausschließlich) auf die im Jahre 1975 hinterlegte Satzung, sondern auf das "Grundsatz- und Forderungsprogramm der NDP" aus dem Jahre 1980 gestützt habe.

4. Diese Behauptungen des Bf. treffen allesamt nicht zu:

a) Der VfGH hatte sich bereits mehrfach mit dem Verhältnis des die Parteigründungsfreiheit verankernden § 1 ParteienG zu den die Bildung neonazistischer Organisationen verbietenden §§3 ff. VerbotsG zu befassen.

So hat er im Erkenntnis VfSlg. 9648/1983 ausgeführt:

". . . Nach § 1 Abs 3 ParteienG ist die Gründung

politischer Parteien frei. Ausnahmen von diesem Grundsatz

bestehen nur in den vom ParteienG selbst angeführten Fällen. Die

absolute Freiheit, politische Parteien zu gründen, ist sohin nur

insofern eingeschränkt, als nach § 1 Abs 2 ParteienG die zu

bildende Vereinigung nach ihrer Satzung das Ziel verfolgen muß,

an der politischen Willensbildung mitzuwirken, als dem § 1 Abs 3

erster Satz zufolge die zu gründende Vereinigung nach ihrer

Satzung nicht gegen bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen wie

etwa gegen § 3a des auf Verfassungsstufe stehenden Verbotsgesetzes

(wonach ua. die Gründung nationalsozialistischer Verbindungen unter

Strafsanktion untersagt ist) - verstoßen darf, und als gemäß § 1 Abs 4

zweiter Satz die Satzung bestimmten Mindestanforderungen zu genügen

hat. . . .

Das ParteienG ermächtigt . . . den Bundesminister für

Inneres nicht, die Hinterlegung einer Satzung zu verweigern; das

Gesetz ermöglicht . . . ferner keiner Behörde - auch nicht der

Bundesregierung -, die Gründung einer politischen Partei zu

verbieten; das Gesetz räumt . . . schließlich keiner Behörde auch

nicht dem Bundesminister für Inneres oder der Bundesregierung - die Befugnis ein, allgemeinverbindlich (bescheidmäßig) festzustellen, daß etwa infolge des faschistischen Charakters einer Organisation, deren 'Versuch', sich durch Vornahme der in § 1 Abs 4 ParteienG vorgesehenen Handlungen als politische Partei zu konstituieren, 'gescheitert' ist, daß also die Rechtsfolge der Rechtspersönlichkeit als politische Partei nicht eingetreten ist.

Zwar trifft es zu, daß, wenn eine Satzung die (oben)

aufgezählten Voraussetzungen nicht erfüllt, die Veröffentlichung

und Hinterlegung der Satzung beim Bundesministerium für Inneres

die in § 1 Abs 4 letzter Satz ParteienG vorgesehene Rechtsfolge

- Erlangen der Rechtspersönlichkeit als politische Partei - nicht

bewirkt. . . . Aus dem . . . Gesagten aber folgt, daß - wenn anders

den im § 1 ParteienG normierten Voraussetzungen für die Gründung

einer politischen Partei unter diesen Umständen überhaupt normative

Bedeutung zukommen soll - alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte

für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren incidenter zu

beurteilen haben, ob die Behauptung einer dort auftretenden

Personengruppe, als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu

besitzen, zutrifft oder nicht. . . ."

Aus dieser Judikatur (von der abzurücken sich der VfGH nicht veranlaßt sieht) ergibt sich - entgegen dem ersten Kritikpunkt des Bf. -, daß jede Behörde gegebenenfalls verpflichtet ist, in den bei ihr anhängigen Verfahren incidenter zu untersuchen, ob eine Personengruppe durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat. Hier war also die bel. Beh. verhalten, in dem bei ihr anhängigen Abgabe- Strafverfahren - zu klären, ob die NDP als politische Partei besteht und deshalb von der Ankündigungsabgabe befreit ist. Der VfGH ist dazu berufen nachzuprüfen, ob die Behörde diese Frage richtig beurteilt hat.

Die vom Bf. abgelehnte Konsequenz, daß gegebenenfalls jede Behörde die Frage der Rechtspersönlichkeit einer politischen Partei (incidenter) zu lösen hat, ergibt sich aber aus dem ParteienG. Dem VfGH kommt es nicht zu, über die Zweckmäßigkeit dieser vom Verfassungsgesetzgeber getroffenen Regelung zu befinden.

aa) Aus dem zitierten Erkenntnis des VfGH folgt, daß jede Behörde nach Maßgabe der ihr auf Grund ihrer allgemeinen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel beurteilen muß, ob eine Gruppierung, die eine Satzung gemäß § 1 ParteienG beim Bundesminister für Inneres hinterlegte, Rechtspersönlichkeit als Partei erlangt hat. Dies ist nicht der Fall, falls der Freiheit zur Gründung politischer Parteien bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen entgegenstehen (§1 Abs 3 ParteienG).

Die Bundesverfassung schränkt die Beweismittel, die den Behörden bei Beurteilung dieser Frage zur Verfügung stehen, nicht ein. Alle Behörden sind dem § 1 ParteienG zufolge zwar verpflichtet, diese Frage gegebenenfalls von amtswegen aufzugreifen; im übrigen haben sie aber nach dem sonst in der Sache anzuwendenden Verfahrensrecht vorzugehen.

Als bundesverfassungsgesetzliche Bestimmungen, die der Erlangung der Rechtspersönlichkeit als politische Partei entgegenstehen, kommt hier zunächst § 3 Verbotsgesetz, der jede nationalsozialistische Wiederbetätigung untersagt, in Betracht. Darüber hinaus sind die Art 4 und 9 des Staatsvertrages von Wien 1955 (StV Wien 1955) zu beachten. Art 4 StV Wien 1955 verpflichtet die Behörden, die Tätigkeit jeglicher Organisationen, welche die politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland zum Ziele haben, sowie großdeutsche Propaganda zugunsten der Vereinigung mit Deutschland zu verhindern. Art 9 StV Wien 1955 verlangt von österreichischen Behörden unter anderem,

"die Bemühungen fortzusetzen, aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß nazistische Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden, und um alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und Propaganda in Österreich zu verhindern".

Die Art 4 und 9 StV Wien 1955 bieten zwar - anders als etwa Teile des Art 7 StV Wien 1955 (vgl. VfSlg. 11585/1987) nach ihrem klaren Wortlaut keine selbständige Grundlage für ein behördliches Einschreiten, sondern verpflichten die staatlichen (Gesetzgebungs- und Vollziehungs-)Organe bloß, im Rahmen ihres gesetzlichen Zuständigkeits- und Aufgabenbereiches den in diesen Bestimmungen verpönten Handlungen entgegenzuwirken. Im Hinblick darauf, daß der StV Wien 1955 eine wesentliche Grundlage der Unabhängigkeit Österreichs ist, kommt (auch) seinen Art 4 und 9 eine besondere auslegungsbestimmende Bedeutung zu. Im hier maßgebenden Zusammenhang folgt daraus, daß die Art 4 und 9 StV Wien 1955 als Auslegungsmaxime für § 1 ParteienG heranzuziehen sind.

Bei Lösung der Frage, ob der Versuch einer Personengruppe, eine politische Partei (hier die NDP) zu gründen, einen bundesverfassungsgesetzlich verbotenen Akt darstellt, ist entgegen der Meinung des Bf. - nicht bloß auf den Wortlaut der beim Bundesministerium für Inneres (im Jahre 1975) hinterlegten Satzung, sondern jedenfalls auch auf ein die Satzung näher ausführendes Parteiprogramm, hier auf das "Grundsatz- und Forderungsprogramm der NDP" aus dem Jahre 1980, Bedacht zu nehmen, (vgl. VfSlg. 11258/1987; in diesem Beschluß hatte sich der VfGH zur Klärung einer solchen Frage nicht auf die Satzung, sondern auf ein "Provisorisches Programm" bezogen).

Im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (z.B.: , 9 Os 132/85) hat der VfGH in seinem Beschluß VfSlg. 11258/1987, dargetan, daß es bei der Beurteilung des Verhaltens einer Gruppierung nicht darauf ankommt, ob einzelne Formulierungen ihrer Satzungen oder Programme schon bei isolierter Betrachtung als Ausdruck typischer nationalsozialistischer Ideologie anzusehen sind oder ob manche Ideen in der Vergangenheit von anderen politischen Gruppierungen ebenfalls vertreten wurden und einzelne davon auch heute in Programmen demokratischer Parteien enthalten sind. Die nationalsozialistische Ideologie verfolgte nämlich nicht nur eigenständig aufgestellte Ziele, sondern übernahm auch eine ganze Reihe von Gedanken, die schon vor Entstehen der nationalsozialistischen politischen Bewegung vertreten wurden, und verband sie in einer Weise, daß sie als Grundlage für ihre Gewaltherrschaft verwendet wurden.

bb) "Die Existenz und Vielfalt politischer Parteien sind wesentliche Bestandteile der demokratischen Ordnung der Republik Österreich" (§1 Abs 1 ParteienG). Der Umstand, daß eine Gruppierung Meinungen vertritt, die im Gegensatz zur Meinung einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung stehen, ist kein Grund, sie nicht als politische Partei entstehen zu lassen. Die zitierten Verfassungsbestimmungen erfordern aber, daß nicht nur jenen Gruppierungen die Rechtspersönlichkeit als Partei nicht zukommt, die die Tätigkeit der NSDAP in allen Details fortsetzen, sondern - in Hinblick auf das Gebot des Art 9 StV Wien 1955, "alle Spuren des Nazismus" zu entfernen - auch solchen Gruppierungen, die in Kernbereichen die Ansichten des Nationalsozialismus teilen, selbst wenn sie in einigen Punkten vom Nationalsozialismus abweichende Meinungen vertreten sollten.

Auf Grund der obigen Darlegungen sind daher jene Ausführungen des Bf. vom Ansatz her verfehlt, die einzelne vom Nationalsozialismus abweichende Meinungen der NDP darstellen oder zu beweisen suchen, daß einzelne Ansichten der NDP auch von Personen vertreten wurden, die keine Anhänger des Nationalsozialismus waren. Dies gilt im besonderen Maße für Meinungen, die eine politische Vereinigung Österreichs mit Deutschland befürworteten. In der Zeit unmittelbar nach Gründung der Republik Österreich mag die Anschlußforderung zunächst dem Programm des Präsidenten Wilson über die Selbstbestimmung der Völker, auf das der Bf. mehrere Male hinweist, entsprochen haben. Durch die nationalsozialistische völkische Ideologie bekam diese Anschlußforderung jedoch eine andere, nämlich rassistische Bedeutung.

Dazu kommt noch, daß der im Verfassungsrang stehende Art 4 StV Wien 1955 angesichts der historischen Erfahrungen jede großdeutsche Propaganda (auch wenn sie nicht von sonstigen nationalsozialistischen Ideen begleitet wird) verbietet, sodaß jede auf Wiederherstellung eines großdeutschen Staates zielende Propaganda verboten ist, mag sie auch nicht den Grad einer nationalsozialistischen Wiederbetätigung erreichen. Schon wegen dieser Verfassungsbestimmung kann auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker nicht zurückgegriffen werden, um die Forderung nach einem Anschluß an Deutschland zu begründen.

cc) Der VfGH hat sohin zu prüfen, ob die NDP Ziele verfolgt, die in Kernpunkten der nationalsozialistischen Ideologie entsprechen oder die der Propaganda für den Anschluß an Deutschland dienen.

Der angefochtene Bescheid geht davon aus, daß die NDP Grundsätze vertritt, die im Sinne des § 1 Parteiengesetz bundesverfassungsgesetzlich verboten sind.

Der VfGH teilt aus folgenden Gründen im Ergebnis die Meinung der bel. Beh.:

Der Bf. widmet der Behauptung, daß die Ziele der NDP in Bezug auf den "deutschen Volks-Nationsbegriff" dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, internationalen Abkommen sowie der Kongreßbotschaft des Präsidenten Wilson vom entsprächen, breiten Raum. Ferner verweist der Bf. auf das Volksgruppengesetz vom , das Volksgruppen als Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum bezeichnet.

Wie im folgenden noch begründet wird, basiert das "Grundsatz- und Forderungsprogramm der NDP" auf einem biologisch-rassistischen Volksbegriff, sodaß schon aus diesem Grunde Parallelen zum Begriff der Volksgruppe in dem (dem Schutz von Minderheiten dienenden) VolksgruppenG oder zum Volksbegriff im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes der Völker nicht gezogen werden können.

§ 5 der Statuten der NDP verlangt, daß sich ihre Mitglieder zum deutschen Volkstum bekennen müssen. Ein bloß auf die gemeinsame Sprache und kulturelle Gemeinsamkeit (die im übrigen historisch zu Teilen der ehemaligen Monarchie in gleicher Weise wie zu Deutschland besteht) aufbauender Volksbegriff ist jedoch dem Programm der NDP ebenso fremd wie ein Abstellen der Zugehörigkeit zu einem Volk bloß auf Grund des subjektiven Bekenntnisses.

Würde die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk nämlich bloß vom subjektiven Bekenntnis des Betreffenden abhängen, so müßte es in gleicher Weise auch möglich sein, sich zu einer österreichischen Nation zu bekennen. Das "Grundsatz- und Forderungsprogramm der NDP" bezeichnet das Bekenntnis zur österreichischen Nation jedoch als Lüge.

Das Programm sieht die Gemeinsamkeit vielmehr wesentlich auch in der "biologischen Substanz" und der "Abstammung". Es fordert "Liebe zur eigenen Art", "Schutz vor Überfremdung" und den "Kampf gegen die Zerstörung unserer Volkssubstanz" (Punkt 1 des "Grundsatz- und Forderungsprogramms"). Das Heimat- und Selbstbestimmungsrecht ist die Folge des "Willens zur Arterhaltung". Die deutsche Nation ist danach ein Teil der weißen Rasse (Einleitung des "Grundsatz- und Forderungsprogramms"). Den Lebensraum des deutschen Volkes sieht das Programm durch "afro-asiatische Rassen und Völker" bedroht (Punkt 2 des "Grundsatz- und Forderungsprogramms").

Die NDP fordert "die Rückgabe der 1945 geraubten und besetzten deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße und im Sudetenland" (Punkt 2 des "Grundsatz- und Forderungsprogramms"). Erhebt eine Gruppierung, die als österreichische Partei anerkannt werden will, die Forderung nach Rückgabe der "deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße", obwohl Österreich gar nicht an diese Gebiete grenzt, so strebt sie an, daß es wieder ein einheitliches Territorium aller Deutschen unter Einschluß Österreichs und der Gebiete, die zurückgegeben werden sollen, geben soll. Diese Forderung der NDP wird durch das Verlangen nach "Erhaltung der deutschen Volkseinheit" (Punkt 1 des "Grundsatzund Forderungsprogramms") und des Schutzes des bedrohten "Lebensraumes" des deutschen Volkes (Punkte 2 und 5 des "Grundsatz- und Forderungsprogrammes") unterstützt.

Das "Grundsatz- und Forderungsprogramm der NDP" enthält somit eine nach Artikel 4 des StV Wien 1955 verbotene großdeutsche Propaganda. Da es ferner von einem biologischrassistischen Volksbegriff ausgeht, trifft sie sich in wesentlichen Kernpunkten mit Zielen der NSDAP. Auch die Forderung der NSDAP auf Zusammenschluß aller Deutschen zu einem Groß-Deutschland stützte sie im übrigen auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker (Punkt 1 des Programmes der NSDAP), wobei für die Zugehörigkeit zum deutschen Volk biologisch-rassistische Kriterien maßgebend waren (Punkt 4 des Programmes der NSDAP).

dd) Auch eine Reihe weiterer Punkte des "Grundsatz- und Forderungsprogrammes" zeigt Parallelen zu den Zielen der NSDAP auf, die noch durch die Verwendung der gleichen Terminologie unterstrichen werden:

So tritt die NDP gegen jene Kunst auf, die sie in sprachlicher Übereinstimmung mit der Kunsttheorie der NSDAP als "entartet" und damit dem Wesen eines Volkes (seiner Art) widersprechend bezeichnet (Punkt 8 des "Grundsatz- und Forderungsprogramms". Vgl. ferner die Rede Hitlers zur Eröffnung der "Großen Deutschen Kunstausstellung", 1937, veröffentlicht im Ausstellungskatalog "Nationalsozialismus und 'entartete Kunst'", München Prestel Verlag 1987; ferner das Gesetz über die Einziehung von Erzeugnissen der entarteten Kunst vom , RGBl. I/1938, S 612).

Die NDP fordert die Kastration von Triebtätern und vorbeugende erbgesundheitliche Maßnahmen (Punkt 4 des "Grundsatzund Forderungsprogrammes"). Gerade vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung der sogenannten Erbgesundheit gehörten zu den zentralen Zielen der NSDAP (vgl. u.a. das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom , RGBl. I/1933, S 529 (eingeführt in der Ostmark mit V vom , GBlÖ Nr. 1438/1939, und nach dem R-ÜG als typisch nationalsozialistisches Gedankengut nicht in die Rechtordnung der Republik Österreich eingegangen - Kundmachung der Provisorischen Staatsregierung vom , StGBl. 17/1945)).

Das Programm stellt Assoziationen zur NSDAP her, indem es auch sonst ungebräuchliche Begriffe, wie den des "Volksgenossen" (Punkt 9 des "Grundsatz- und Forderungsprogramms" der NDP im Vergleich zu Punkt 4 des Programmes der NSDAP) verwendet und sich bei der Darstellung der Abkürzung "NDP" eines im nationalsozialistischen Deutschland üblichen Schriftbildes bedient (vgl. das Schriftbild der Abkürzung "NSDAP" auf dem Einband und dem ersten Blatt des "Organisationsbuches der NSDAP", 5. Auflage, 1938, herausgegeben vom Zentralverlag der NSDAP).

Wertet man all diese Merkmale in ihrem Zusammenhang, so erweist schon das "Grundsatz- und Forderungsprogramm" der NDP, daß die Gruppierung, die sich dieses Programm gegeben hat, Ziele verfolgt, die den oben zitierten Bestimmungen des VerbotsG und des Staatsvertrages von Wien zuwiderlaufen.

ee) Die bel. Beh. nahm also zu Recht an, daß die NDP durch Hinterlegung der Satzung beim Bundesministerium für Inneres nicht Rechtspersönlichkeit nach § 1 ParteienG erlangt hat.

D. 1. Da die Behörde in dieser Hinsicht das Gesetz rechtsrichtig, im übrigen jedenfalls nicht denkunmöglich angewendet hat, und da - wie angeführt (s.u. II.B.3.) - gegen die den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken obwalten, wurde der Bf. nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

2. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (etwa im Gleichheitsrecht wegen willkürlicher Gesetzeshandhabung) oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

E. Obgleich der VfGH die Beurteilung der Rechtspersönlichkeit der NDP als politische Partei durch die bel. Beh. abschließend zu prüfen hatte, war die Beschwerde antragsgemäß nach Art 144 Abs 3 B-VG dem VwGH abzutreten. Denn es wäre möglich, daß der Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Fehler unterliefen, die der VfGH nicht aufgreifen konnte, weil er - von der Lösung der soeben erwähnten Frage abgesehen - den Bescheid nicht auf seine Rechtsrichtigkeit, sondern bloß darauf zu untersuchen hatte, ob die Behörde denkunmöglich oder willkürlich vorging. In diesem Umfang verbleibt aber für den VwGH eine - durch Art 133 Z 1 B-VG nicht ausgeschlossene - Prüfungsbefugnis.

F. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.