OGH vom 10.02.1993, 9ObA604/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Mayer und Dr.Stein als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Pharmazeutischer Reichsverband für Österreich, Organisation der angestellten Apotheker Österreichs, Wien 9, Spitalgasse 31, vertreten durch den Präsidenten Mag.pharm.J***** K*****, wider die Antragsgegner 1. Österreichischer Apothekerverband, Wien 9, Spitalgasse 31, vertreten durch *****, Rechtsanwältinnen *****, und 2. Österreichische Apothekerkammer, Wien 9, Spitalgasse 31, vertreten durch den Präsidenten Mag.pharm.F***** W*****, über den nach § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Feststellungsantrag wird, soweit er sich gegen die Zweitantragsgegnerin richtet, abgewiesen.
Es wird festgestellt, daß in Analogie zu § 22 AngG pharmazeutische Fachkräfte, die in einer öffentlichen Apotheke oder in einer Anstaltsapotheke in einem auf mindestens drei Monate befristeten Dienstverhältnis beschäftigt sind, Anspruch auf Freizeit zur Postensuche unter Entgeltfortzahlung im Ausmaß von mindestens 8 Stunden pro Woche für die Dauer haben, die der sonst für jenen Vertragspartner geltenden Kündigungsfrist entspricht, in dessen überwiegendem Interesse die Befristung lag.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Körperschaft der Arbeitnehmer, der Erstantragsgegner eine solche der Arbeitgeber im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Der Antragsteller und der Erstantragsgegner sind daher im Sinne des § 54 Abs 2 erster Satz ASGG als Parteien des besonderen Feststellungsverfahrens legitimiert.
Hingegen ist die Zweitantragsgegnerin gesetzliche Interessenvertreterin sowohl der selbständigen als auch der angestellten Apotheker, so daß es ihr mangels Gegnerunabhängigkeit und Gegnerfreiheit an der Kollektivvertragsfähigkeit für die Regelung der Arbeitsverhältnisse zwischen selbständigen und angestellten Apothekern fehlt; da ein Großteil der in § 7 Apothekerkammergesetz aufgezählten Organe der Kammer grundsätzlich paritätisch besetzt ist (insbesondere Hauptversammlung und Vorstand) und der gemäß § 9 Abs 2 Apothekerkammergesetz zur Vertretung nach außen und zur Leitung der Geschäftsführung berufene Präsident zwar selbständiger Apotheker sein muß, aber von sämtlichen Vorstandsmitgliedern gewählt wird, garantieren auch die Organisationsvorschriften der Zweitantragsgegnerin keine ausreichende organisatorische Selbständigkeit zwischen selbständigen und angestellten Apothekern (siehe auch EvBl 1991/139 = ZAS 1992/2 [als zu weitgehend abgelehnt durch Tomandl, wobei darauf hinzuweisen ist, daß für den vorliegenden Fall, in dem es um die Regelung von Arbeitsverhältnissen zwischen angestellten und selbständigen Apothekern geht, auch nach Ansicht Tomandls die Kollektivvertragsfähigkeit der gemeinsamen Kammern zu verneinen ist]). Da der Zweitantragsgegnerin daher im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung zukommt, war der gegen sie gerichtete Feststellungsantrag abzuweisen.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, daß pharmazeutische Fachkräfte, die in einer öffentlichen Apotheke oder in einer Anstaltsapotheke in einem befristeten Dienstverhältnis stehen, das für mindestens 3 Monate abgeschlossen ist, in Analogie zu § 22 AngG vor dem Ablauf des Dienstvertrages für die Dauer der für den Vertragspartner, in dessen überwiegendem Interesse die Befristung lag, geltenden Kündigungsfrist Anspruch auf wöchentlich mindestens 8 Stunden bezahlte Freizeit zur Postensuche haben.
Aufgrund des Vorbringens des Antragstellers ist davon auszugehen, daß die in diesem Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen für mindestens drei Arbeitnehmer oder drei Arbeitgeber von Bedeutung sind.
Zur Begründung des Feststellungsantrages brachte der Antragsteller folgenden Sachverhalt vor:
In öffentlichen und Anstaltsapotheken würden häufig befristete Dienstverhältnisse mit pharmazeutischen Fachkräften geschlossen. Zum befristeten Ersatz von Dienstnehmerinnen während der Schutzfrist nach MSchG oder während des Karenzurlaubes seien im Jahresdurchschnitt 100 Dienstnehmer beschäftigt, darüber hinaus sei eine steigende Anzahl von Aspiranten (heuer etwa 220) in befristeten Ausbildungsverhältnissen von einjähriger Dauer - mit der Möglichkeit einer Verlängerung von maximal drei Monaten - im Volldienst tätig. Das durchschnittliche Dienstausmaß der angestellten Apotheker - ausgenommen die Aspiranten - betrage 28 Wochenstunden; ein geringfügiger Teildienst sei nicht die Regel. Diesen befristet beschäftigten pharmazeutischen Fachkräften werde von den Dienstgebern keine Postensuchzeit analog § 23 AngG gewährt.
Der Antragsteller vertritt die Rechtsansicht, daß aus der Formulierung des § 22 AngG unter Berücksichtigung der gebotenen Gleichbehandlung sachlich gleichgelagerter Fälle sowie des sozialen Zweckes der Postensuchfreizeit nicht geschlossen werden könne, daß Dienstnehmer, die mit dem Dienstgeber gemeinsam den Endzeitpunkt des Dienstverhältnisses festlegen, nicht in den Genuß dieser Schutzbestimmung kommen sollten. Die Gründe, die den Obersten
Gerichtshof in der Entscheidung vom , 4 Ob 124/59 (=
Arb 7140 = SZ 32/145 = JBl 1960, 261 = EvBl 1960/23) bewogen hätten,
die Bestimmung des § 22 AngG analog auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden, die auf Betreiben des Arbeitgebers einvernehmlich gelöst worden seien, sprächen auch für die analoge Anwendung des § 22 AngG auf befristete Dienstverhältnisse. Darüberhinaus habe der Gesetzgeber durch andere Regelungen in Spezialgesetzen - §§ 36 SchSpG und 32 LAG - zum Ausdruck gebracht, daß die Postensuchtage nicht nur bei durch Kündigung beendeten Dienstverhältnissen gebührten. Da die Freistellung zur Postensuche zweckgebunden sei, sei es nicht notwendig, den Anspruch zum Schutz des Dienstgebers - etwa wegen einer Teilzeitbeschäftigung oder einer Befristung - in einer neuen Interessenabwägung weiter zu beschränken.
Der Erstantragsgegner beantragte, den Feststellungsantrag abzuweisen, in eventu, ihm nur soweit stattzugeben, als ein Anspruch auf Postensuchzeit bei befristeten Dienstverhältnissen erst ab einer Dauer von über einem Jahr und nur im Verhältnis der tatsächlichen Dienstverpflichtung zur Normaldienstverpflichtung (40 Stunden pro Woche) bestehe.
Der Erstantragsgegner vertrat die Rechtsansicht, daß eine planwidrige Gesetzeslücke als Voraussetzung für die analoge Anwendung des § 22 AngG auch auf befristete Dienstverhältnisse nicht vorliege. Der vom Obersten Gerichtshof in Arb 7140 gezogene Analogieschluß sei nur deswegen berechtigt gewesen, weil auch ein Dienstnehmer, der im nachhinein einer einvernehmlichen Aufhebung seines Dienstverhältnisses zustimme, ursprünglich ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen habe, so daß sich eine ähnliche Ausgangssituation ergebe, wie bei Kündigung des Dienstverhältnisses. Bei befristeten Dienstverhältnissen sei hingegen der Endtermin von vorneherein klar; der Dienstnehmer sei in der Lage, seine Lebenssituation darauf einzurichten, daß er nur auf einen gewissen, vorherbestimmten Zeitraum in einem laufenden Dienstverhältnis stehen werde. Er werde häufig gerade deshalb ein befristetes Dienstverhältnis abschließen, weil er anschließend bereits eine andere Beschäftigung vereinbart habe. Im Gegensatz dazu stelle aber die einvernehmliche Auflösung eines ursprünglich befristeten Dienstverhältnisses den Dienstnehmer vor dieselben Probleme wie die Kündigung des Dienstverhältnisses. In diesem Sinne lege der Oberste Gerichtshof § 22 AngG in der jüngeren Judikatur eher restriktiv aus. Dem Dienstnehmer solle nur während der gesetzlichen Kündigungsfrist ein Tag pro Woche zur Postensuche zustehen; Freizeitansprüche (Urlaub), die in diesem Zeitraum fielen, rechtfertigten den Anspruch auf Ersatz der Postensuchtage nicht. Daraus ergebe sich, daß der Postensuchtag keinen absoluten Freizeitanspruch begründe sondern nur dann zustehe, wenn dazu infolge des unerwarteten Ereignisses der Dienstgeberkündigung Notwendigkeit bestehe. Die Befristung sei ähnlich der Dienstnehmerkündigung zu sehen; auch in diesem Fall hänge die Festlegung des Beendigungszeitpunktes von einer freien Willensbildung des Dienstnehmers ab. In einem solchen Fall gebührten keine Postensuchtage, weil das Ende des Dienstverhältnisses vom Dienstnehmer selbst bestimmt werde. Auch aus dem Zweck der Regelung sei daher die analoge Anwendung des § 22 AngG auf befristete Dienstverhältnisse nicht zu rechtfertigen.
Mit §§ 36 SchSpG und 32 LAG habe der Gesetzgeber Ausnahmeregelungen für solche Berufsgruppen geschaffen, bei denen typischerweise die Dauer des Dienstverhältnisses von saisonalen Erwägungen abhängig sei; aus diesen Sonderregelungen sei zu erschließen, daß der Gesetzgeber in anderen Fällen eine solche Lösung nicht wünsche.
Im Bereich der Teilzeitdienstverhältnisse - rund 60 % betroffenen Dienstnehmer seien im Rahmen solcher Dienstverhältnisse beschäftigt - seien die Dienstnehmer im Gegensatz zur den Vollzeitdienstverhältnissen im Regelfall durch ihre Arbeitsverpflichtung kaum bzw. überhaupt nicht am Auffinden einer neuen Arbeitsstelle gehindert. Im Bereich dieser Dienstverhältnisse bleibe daher bereits mangels einer gleichgelagerten Interessenlage im Regelfall kein Raum für die Gewährung von Dienstfreistellungen zur Postensuche. Wenn sich aber im Einzelfall eine derartige Verhinderung doch ergeben sollte, sei zu berücksichtigen, daß das gesamte Angestelltengesetz unter der Prämisse einer 8-stündigen Normalarbeitszeit stehe, weshalb in solchen Fällen sowohl bei unbefristeten als auch befristeten Teilzeitdienstverhältnissen jedenfalls eine Aliquotierung der Postensuchzeit im Ausmaß zur Gesamtarbeitszeit erfolgen müsse. Für Teilzeitdienstverhältnisse sei daher nur eine Aliquotierungslösung sachgerecht, da dem Dienstgeber nicht zugemutet werden könne, wegen der Postensuche auf mehr als 20 % der wöchentlichen Leistung des Dienstnehmers zu verzichten; für das Ausmaß der zur Postensuche zu Verfügung stehenden Zeit müsse auch das Ausmaß der bestehenden Dienstverpflichtung maßgeblich sein. Die Einschränkung auf eine Mindestdauer des Dienstverhältnisses von drei Monaten sei wörtlich aus dem LAG übernommen worden; ebensogut hätte die Fünfmonatsfrist des § 36 SchSpG oder eine andere Frist herangezogen werden können.
Der Feststellungsantrag ist berechtigt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Oberste Gerichtshof gemäß § 54 Abs 4 Satz 1 ASGG über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhaltes zu entscheiden hat; dem Antragsgegner ist es daher in einem Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG verwehrt, dem Antrag des Antragstellers nicht nur durch den Antrag auf Abweisung des Feststellungsbegehrens entgegenzutreten, sondern unter Behauptung eines weiteren Sachverhaltes als Gegenantrag ein abweichendes Feststellungsbegehren zu stellen (vgl ecolex 1991, 269). Gegenstand des vorliegenden Feststellungsantrages ist die analoge Anwendung der Bestimmungen über die Postensuchtage auch auf befristete Dienstverhältnisse, nicht aber die sich sowohl bei befristeten als auch bei unbefristeten Dienstverhältnissen in gleicher Weise stellende Frage der Anwendung dieser Bestimmungen auf Teilzeitdienstverhältnisse. Dem Antragsgegner bleibt es unbenommen, einen eigenen Feststellungsantrag zu stellen (ecolex 1991, 269).
Es ist daher, ausgehend von dem vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt, lediglich zu prüfen, ob § 22 AngG grundsätzlich auch auf befristete Dienstverhältnisse anzuwenden ist. Hiebei ist zunächst der vom Erstantragsgegner vertretenen Rechtsauffassung entgegenzutreten, daß § 22 AngG nur bei Dienstgeberkündigung anzuwenden sei: Das Gesetz setzt lediglich eine Kündigung voraus; es ist daher gleichgültig, ob der Dienstgeber oder der Dienstnehmer kündigt (so bereits Mayer-Grünberg, Komm z Handlungsgehilfengesetz [1911], 262; Lenhoff, AngG [1922], 78; Adler-Höller in Klang2 V 327; Haslinger "Freizeit zur Postensuche" in DRdA 1967, 187 ff [190]; Wachter "Der Anspruch auf Postensuchtage" in Tomandl, Beendigung des Arbeitsvertrages, 117 ff [121]; Martinek - M. und W.Schwarz AngG7, 431 f; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 505; zur ähnlichen Bestimmung des § 1160 ABGB Krejci in Rummel, ABGB2, § 1160 Rz 4; Schwimann/Grillberger ABGB IV/2 § 1160 Rz 6). Geht man von diesem durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckten und von der Lehre einhellig vertretenen Verständnis des § 22 AngG aus, dann ist der hL beizupflichten, daß § 22 AngG auch auf befristete Dienstverhältnisse - ausgenommen solche von besonders kurzer Dauer - analog anzuwenden ist. Schon Mayer-Grünberg (aaO 262) haben darauf hingewiesen, daß der Gedanke des Gesetzes auch bei Dienstverhältnissen auf bestimmte Dauer, namentlich, wenn sie für längere Zeit abgeschlossen worden sind, zutreffe; denn naturgemäß könne sich der Dienstnehmer erst dann um eine neue Stellung umsehen, wenn das Ende des Dienstverhältnisses heranrücke. Auch Lenhoff (aaO 78) meint, daß dieses Recht bei Anstellungsverhältnissen mit Zeitbestimmung nicht versagt werden könne (§ 7 ABGB). Adler-Höller (aaO 327) halten es für durchaus angemessen, die vergleichbare Bestimmung des § 1160 ABGB auf Dienstverhältnisse auf bestimmte Zeit analog anzuwenden und verweisen dazu auf sondergesetzliche Vorschriften (§ 36 SchauSpG; § 31 LArbG). Auch Grillberger (aaO Rz 7) ist für die sinngemäße Anwendung des § 1160 ABGB auf Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis durch Zeitablauf endet, da sie auch ein befristetes Dienstverhältnis am Aufsuchen einer neuen Stelle hindern kann. Mit diesem Argument tritt auch Haslinger (aaO 190 f) der herrschenden Meinung bei und verweist dazu auf die übereinstimmende Meinung im Schrifttum in der BRD (aaO 191 FN 16).
Martinek-M. und W.Schwarz (aaO 432) und Schwarz-Löschnigg (aaO 505 f) treten für eine weite Auslegung des § 22 AngG ein. Dem Sinn des Gesetzes werde man nur mit einer solchen Auslegung gerecht; der sozialpolitische Zweck dieser Bestimmung sei darin zu erblicken, daß dem Arbeitnehmer in jedem Fall, in dem das Arbeitsverhältnis im Beendigungsstadium begriffen ist, die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, sich um eine andere Stellung umzusehen. Freizeit zur Postensuche sei demnach auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen und bei einverständlicher Lösung zu gewähren.
Krejci in Rummel (aaO Rz 6) setzt sich mit den Zweifeln Spielbüchlers (in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Individualarbeitsrecht3, 232) an der hL auseinander, der darauf verweist, daß dem Dienstnehmer bei befristetem Dienstverhältnis das Bedürfnis nach einem neuen Arbeitsplatz von Anfang an bekannt sei. Krejci hält dem entgegen, daß es dennoch möglich sei, daß das Dienstverhältnis im konkreten Fall den Dienstnehmer daran hindere, rechtzeitig einen Posten suchen zu können. Gerade bei längerwährenden, wenn auch befristeten Dienstverhältnissen könne der Dienstnehmer nicht schon vor Antritt des Dienstverhältnisses den nächsten Posten suchen. Er habe daher wenig davon, wenn er schon bei Antritt des befristeten Dienstverhältnisses wisse, wann er wieder auf Postensuche zu gehen haben wird; sei der Dienstnehmer jedoch darauf angewiesen, entsprechende Zeit vor Ablauf seines Dienstverhältnisses eine neue Beschäftigung zu suchen, erscheine eine analoge Anwendung des § 1160 ABGB geboten.
Am ausführlichsten hat sich Wachter (aaO 122 f) mit dieser Frage auseinandergesetzt. Der Gesetzgeber habe zu Beginn dieses Jahrhunderts nur eine Regelung für die Konstellation schaffen wollen, die in der Praxis den Regelfall die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bilde und bei der das Bedürfnis nach Postensuchtagen am augenfälligsten sei. Dennoch sei der Anspruch auf die Postensuchfreizeit in Sondergesetzen bald auch für Arbeitsverhältnisse auf bestimmte Zeit verankert worden. Eine Kollision zwischen der Arbeitspflicht und dem Zwang zum Aussuchen einer neuen Stelle könne sich nicht nur bei der Kündigung, sondern auch bei anderen Endigungsgründen ergeben. Ein Bedürfnis des Arbeitnehmers nach bezahlter Freizeit sei hier ebenso anzuerkennen wie bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, insbesondere wenn man die anderen Endigungsvarianten mit dem durch das Gesetz eindeutig unmittelbar erfaßten Fall der Selbstkündigung des Arbeitnehmers vergleiche.
Den von der Lehre vorgebrachten Argumenten für die analoge Anwendung des § 22 AngG (und des § 1160 ABGB) ist beizupflichten. Ein unlösbarer Wertungswiderspruch ist nur dann zu vermeiden, wenn § 22 AngG auch auf den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf analog angewendet wird.
Eine analoge Anwendung des § 22 AngG ist allerdings bei Dienstverhältnissen mit besonders kurzer Befristung nicht gerechtfertigt (vgl § 629 BGB), dabei diesen die Postensuchzeit einen verhältnismäßig großen Teil der vereinbarten Arbeitszeit erfassen würde und das Interesse des Dienstnehmers an der Möglichkeit einer Postensuche für die nicht allzu ferne Zeit nach dem feststehenden Ende des Dienstverhältnisses nicht so hoch zu bewerten ist, wie im Falle einer Beschäftigung auf unbestimmte Zeit oder einer längeren Befristung (vgl Mayer-Grünberg aaO 262; Krejci in Rummel aaO Rz 6). Dem hat der Gesetzgeber durch die in § 36 SchSpG und § 32 LAG (beide Bestimmungen sind noch in der Stammfassung BGBl 1922/441 bzw BGBl 1948/140 aufrecht) vorgesehene Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses von drei bzw fünf Monaten Rechnung getragen. Die vom Antragsteller vorgeschlagene, an der jüngeren gesetzlichen Bestimmung des § 32 LAG orientierte Einschränkung des Anspruches auf Postensuchtage auf befristete Dienstverhältnisse mit einer Dauer von mindestens drei Monaten erscheint ausreichend, weil bei Dienstverhältnissen längerer Dauer eine Postensuche schon vor Beginn des Dienstverhältnisses für die Folgezeit nach seiner Beendigung kaum in Frage kommen wird (vgl Krejci aaO Rz 6); der im SchSpG vorgesehene längere Zeitraum erscheint hingegen im Hinblick auf die Besonderheiten des Theaterbetriebes, insbesondere auf die dort übliche längere Vorausplanung der Aufführungen, gerechtfertigt. Was die gegenüber dem LAG höherer Anzahl der Postensuchtage betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß dort nicht nur kürzere Kündigungsfristen als im AngG sondern auch bei einer Kündigungsfrist von mehr als vierzehn Tagen weniger Postensuchtage vorgesehen sind, als sich bei Anwendung des § 22 AngG oder § 20 GAngG ergeben würden. Die bei analoger Anwendung des § 22 AngG auf befristete Dienstverhältnisse gegenüber den Regelungen des LAG längere Postensuchzeit entspricht daher nur den auch im Falle der Kündigung unbefristeter Dienstverhältnisse bestehenden Unterschieden zwischen Angestellten- und Landarbeitsrecht. Diese Unterschiede sind offenbar darin begründet, daß der Gesetzgeber die Erlangung eines entsprechenden neuen Postens durch einen Angestellten als schwieriger und zeitraubender ansah als die Postensuche durch einen Arbeiter. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß sich etwa im Falle eines auf fünf Monate befristeten Dienstverhältnisses bei analoger Anwendung des § 22 AngG weniger Postensuchtage ergeben, als nach dem auf befristete Dienstverhältnisse von Schauspielern anzuwendenden § 36 SchSpG.
Die Postensuchzeit ist innerhalb jener Frist vor Ende des Dienstverhältnisses zu gewähren, die der (fiktiven) Kündigungsfrist für den Fall entspricht, daß das Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden wäre (Lenhoff aaO 78; Adler-Höller aaO 328; Krejci in Rummel aaO Rz 6; Wachter aaO 123). Sollte die Befristung im Interesse beider Vertragsteile vereinbart worden sein, wäre die kürzere Kündigungsfrist maßgeblich.
Dem Feststellungsantrag war daher stattzugeben.