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VfGH vom 05.12.2009, B995/09

VfGH vom 05.12.2009, B995/09

Sammlungsnummer

18933

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Qualifizierung bestimmter Grundstücke einer Agrargemeinschaft als Gemeindegut, anderer Grundstücke jedoch als "Teilwälder" im Sinne des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996; keine Anordnung über Zuordnung und Bestimmung des Substanzwertes

Spruch

Die beschwerdeführende Gemeinde ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Eingabe vom stellte die

Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig (in weiterer Folge: Agrargemeinschaft Obsteig) den Antrag an die Agrarbehörde auf Erhebung und Feststellung, ob es sich bei der Agrargemeinschaft Obsteig um "eine typische Gemeindegutsagrargemeinschaft oder eine Altagrargemeinschaft" handelt. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom wurde gemäß § 73 litd Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (kurz: TFLG 1996) festgestellt, dass beim Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft Obsteig Gemeindegut vorliegt. Zusammenfassend wird in der Bescheidbegründung ausgeführt, dass für den Antrag auf Grund des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses VfSlg. 18.446/2008 jene Grundstücke für die Beurteilung heranzuziehen gewesen seien, welche im Zuge des Regulierungsverfahrens mit Bescheid vom rechtswidrig von der Gemeinde an die Agrargemeinschaft Obsteig übertragen worden seien. Die Behörde sei zum Ergebnis gelangt, dass die Hauptfraktion Obsteig als Rechtsvorgängerin der heutigen Gemeinde Obsteig anzusehen und sohin die Agrargemeinschaft Obsteig aus dem Gemeindegut hervorgegangen sei und auch keine Hauptteilung stattgefunden habe. Daher sei auch das oben angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auf die Agrargemeinschaft Obsteig anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Agrargemeinschaft Obsteig fristgerecht Berufung. Sie stellte den Berufungsantrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass antragsgemäß festgestellt wird, dass es sich beim Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft Obsteig nicht um Gemeindegut im Sinne der politischen Gemeindegesetze handelt, sondern um Eigentum der Nutzungsgemeinde Hauptfraktion Obsteig (einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen; agrargemeinschaftliches Grundstück gemäß § 33 Abs 2 lita TFLG 1996). Die Liegenschaft EZ 133 GB Obsteig sei vor Erlassung des Regulierungsplanes vom nicht im Eigentum der Gemeinde gestanden. Bei der im Grundbuch als Eigentümerin eingetragenen Hauptfraktion Obsteig handle es sich um "eine private Nutzungsgemeinde" bzw. um "einen historischen Siedlungsverband im Rahmen der Kirchengemeinde" bzw. um "eine Gesellschaft welche die Rechtsvorgänger der heutigen Mitglieder der Berufungswerberin [Agrargemeinschaft Obsteig], die historischen Stammsitzliegenschaftsbesitzer, gemeinschaftlich in ferner Vergangenheit gegründet hätten, um die 'Gemain-Liegenschaft' gemeinschaftlich zu nutzen und zu bewirtschaften". Mit Schriftsatz vom wurde der Berufungsantrag der Agrargemeinschaft Obsteig dahin präzisiert, den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass folgende Feststellung getroffen wird:

"'Festgestellt wird, dass das Regulierungsgebiet der Antragstellerin, Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig, nicht aus 'Gemeindegut' iSd E VfGH B464/07 vom entstanden ist. Bei der Antragstellerin, Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig, handelt es sich um eine 'reine Agrargemeinschaft' iSd E VfGH B464/07 vom .'

Gestellt wurden die weiteren Anträge,

der Antragsgegnerin den Auftrag zu erteilen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass im Zeitraum vor der Grundbuchsanlegung eine 'Fractionierung der politischen Ortsgemeinde' iSd § 5 prov. GemG 1849 erfolgte und dass durch entsprechenden Hoheitsakt u.a. eine politische 'Hauptfraktion Obsteig' und weitere Fractionen gebildet wurden;

der Antragsgegnerin den Auftrag zu erteilen, den Eigentumstitel für die 'politische Hauptfraktion Obsteig' hinsichtlich des Regulierungsgebietes vorzulegen, nachdem der bisher vorliegende Eigentumstitel, die Forsteigentumspurifikationstabelle Nr. 11 ff des Landgerichtes Silz vom 23.03.1848, auf die unregulierte Agrargemeinde 'Parzellen Obsteig, Wald, Thal und Finsterfiecht' verweist."

2. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom wird der Berufung der Agrargemeinschaft Obsteig teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass dessen Spruch wie folgt lautet:

"Festgestellt wird, dass die Gst 2415, 2530, 2693, 4385, 4386, 4388, 4389, 4391, 4535, 4742/1 und 4742/2 in EZ 133 GB Obsteig Gemeindegut sind, während die weiteren Grundstücke in EZ 133 GB Obsteig sowie die Grundstücke in EZ 38, 115, 177, 278, 413 und 90025 GB Obsteig im Eigentum der Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig nicht Gemeindegut sind."

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass sich die Bescheide der Agrarbehörde erster Instanz vom (Einleitungsbescheid), vom (Liste der Parteien), vom (Verzeichnis der Anteilsrechte) und vom (Regulierungsplan) alle auf die "ehemalige" Hauptfraktion Obsteig bezogen hätten. Die Agrarbehörde sei offensichtlich davon ausgegangen, dass das Regulierungsverfahren eine Fraktion betroffen habe, die mit der Einführung der Deutschen Gemeindeordnung aufgelöst worden sei. Eine Hauptteilung, bei der agrargemeinschaftliche Grundstücke zwischen der Gemeinde und einer Agrargemeinschaft aufgeteilt werden, habe für die Hauptfraktion Obsteig nicht stattgefunden. Im Regulierungsplan vom sei das Regulierungsgebiet in Gemeindegut bzw. ehemaliges Ortschafts- oder Fraktionsgut und Teilwälder gegliedert gewesen. Somit stehe fest, dass nicht das Gesamtregulierungsgebiet als Gemeindegut bzw. ehemaliges Ortschafts- oder Fraktionsgut festgestellt worden sei. Entsprechend der Gliederung des Regulierungsgebietes seien folgerichtig Nutzungsrechte am "verteilten Wald (Teilwälder)" und solche am "unverteilten Wald" den Stammsitzliegenschaften zugeordnet worden. Die Nutzungsrechte am "verteilten Wald" seien als Anteilsrecht in Form des ausschließlichen und unbeschränkten Holz- und Streubezugsrechtes, welches auch die Befugnis zur freien Verwertung des nach Deckung des Haus- und Gutsbedarfs verbleibenden Überschusses umfasst, definiert worden. Der "unverteilte Wald", das sind die nicht mit ausschließlichen Holz- und Streubezugsrechten belasteten Waldgrundstücke, sei im angefochtenen Bescheid als Gemeindegut festgestellt worden. Zu den Teilwäldern sei ausgeführt worden, dass zwischen dem Gemeindegut bzw. ehemaligen Ortschafts- oder Fraktionsgut einerseits und den Teilwäldern andererseits substantielle Unterschiede derart bestünden, dass nach der geltenden Rechtslage, die der Landesagrarsenat seiner Entscheidung zugrundezulegen habe, nicht (mehr) davon ausgegangen werden könne, dass die Teilwälder als eine Sonderform des Gemeindegutes anzusehen seien, wenn das Teilwaldrecht auf einem Grundstück im Gemeindeeigentum bestehe. Vielmehr hätten die Teilwälder und die Teilwaldrechte durch die Rechtsentwicklung, zuletzt durch die TFLG-Novelle LGBl. 18/1984 eine gesetzliche Ausgestaltung erfahren, die eine Subsumtion des Teilwaldes unter den Begriff des Gemeindegutes ausschließe; der Teilwald sei als selbständige Erscheinungsform bzw. eigene Kategorie der agrargemeinschaftlichen Grundstücke zu qualifizieren. Demgemäß werde festgestellt, dass die im Eigentum der Agrargemeinschaft Obsteig stehenden Teilwälder nicht Gemeindegut seien.

3. In ihrer auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde beantragt die Gemeinde, den Teil des Spruches aufzuheben, mit dem festgestellt wurde, dass "die weiteren Grundstücke in EZ 133 GB Obsteig sowie die Grundstücke in EZ 38, 115, 117, 278, 413 und 90025 GB Obsteig im Eigentum der Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig nicht Gemeindegut sind". Sie macht die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend. Die belangte Behörde habe in verfassungswidriger Weise festgestellt, dass die mit Teilwaldrechten belasteten Grundstücke nicht Gemeindegut seien. Es dürfe nicht nur formal auf den Wortlaut der Bestimmungen des § 33 Abs 2 litc und d TFLG 1996 abgestellt werden, die eine Unterscheidung zwischen Gemeindegut und Teilwäldern vornehmen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Des Weiteren erstattete die beteiligte Agrargemeinschaft Obsteig eine umfassende Gegenausführung.

II. 1.1. Mit dem Flurverfassungs-Landesgesetz 1935, LGBl. 42/1935, wurde die Kategorie der "Teilwälder" in die Regelung des § 36 TFLG über agrargemeinschaftliche Grundstücke aufgenommen. Die Bestimmung des § 36 Abs 2 lita definierte Teilwälder als "die der Ortsgemeinde grundbücherlich zugeschriebenen Waldgrundstücke, für die zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder Personen ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte einverleibt sind."

1.2. § 36 TFLG 1952, LGBl. 32, brachte keine wesentlichen Dnderungen. Er enthielt vielmehr eine wortgleiche Bestimmung über Teilwälder:

"(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind solche,

a) an welchen zwischen bestandenen Obrigkeiten und Ortsgemeinden (Ortschaften) oder ehemaligen Untertanen sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden (Ortschaften) gemeinschaftliche Besitz- und Benutzungsrechte bestehen oder

b) welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Ortsgemeinde (Ortschaft), eines oder mehrerer Gemeindeteile (Ortsteile), einer oder mehrerer Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten an Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden.

(2) Zu diesen Grundstücken sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, ferner zu zählen:

a) - c) [...]

d) das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung unterliegende Gemeindegut, bzw. ehemalige Ortschafts- oder Fraktionsgut;

e) die der Ortsgemeinde grundbücherlich zugeschriebenen Waldgrundstücke, für die zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder Personen ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte einverleibt sind (Teilwälder).

(3) - (4)"

1.3. ArtII § 1 Abs 1 der am in Kraft getretenen Verordnung zur Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Land Österreich vom lautet auszugsweise wie folgt:

"Ortschaften, Fraktionen und ähnliche innerhalb einer Gemeinde bestehende Verbände, Körperschaften und Einrichtungen gemeinderechtlicher Art werden mit dem Inkrafttreten der Deutschen Gemeindeordnung aufgelöst. Ihr Rechtsnachfolger ist die Gemeinde."

Am wurden die deutschen Gemeindevorschriften aufgehoben (StGBl. 68/1945) und ein vorläufiges Gemeindegesetz erlassen (StGBl. 66/1945), welches die Bestimmungen des Reichsgemeindegesetzes von 1862 wieder in Kraft setzte und bestimmte, dass die Gemeindeordnungen der Länder, soweit sie nicht der österreichischen Verfassung von 1920 bzw. 1929 widersprechen oder zur Anpassung des österreichischen Gemeinderechts an die Verfassung 1934 erlassen wurden, wieder Gültigkeit haben sollten. An die Stelle der nicht wieder in Wirksamkeit getretenen Bestimmungen der Gemeindeordnung für das Land Tirol vom Jahr 1935 traten die entsprechenden Bestimmungen der Gemeindeordnung 1928, LGBl. 36 (vgl. Schumacher/Cornet, Tiroler Gemeindeordnung 1966, 2. Auflage 1980, S XVII f.).

Die Tiroler Gemeindeordnung 1966 unterschied in § 76 zwischen Gemeindeeigentum, öffentlichem Gut und Gemeindegut. Die Teilwälder wurden - offensichtlich soweit die Gemeinde im Grundbuch als Eigentümerin ausgewiesen war - dem Gemeindeeigentum zugeordnet (Schumacher/Cornet, Tiroler Gemeindeordnung 1966, 2. Auflage 1980, S 91).

1.4. Im Jahr 1969 wurde das TFLG novelliert und wiederverlautbart (LGBl. 33 und 34). Teilwaldberechtigungen waren beim Verkauf agrargemeinschaftlicher Grundstücke zu berücksichtigen (§39 Abs 1 litb TFLG 1969). Nach § 39 Abs 2 leg.cit. bestand nunmehr die Möglichkeit, Teilwaldrechte gegen Entschädigung aufzuheben. Auch wurde Vorsorge getroffen, dass Teilwälder nicht als Nutzungsteilungen angesehen werden können (§52 Abs 1 letzter Satz leg.cit.). Im Besonderen aber wurde die Definition der Teilwälder insoweit erweitert, als nunmehr - den Ergebnissen der Regulierungsverfahren der Fünfziger und Sechziger Jahre Rechnung tragend - vorgesehen war, dass Teilwälder auch auf dem Grundeigentum von Agrargemeinschaften bestehen können (§32 Abs 2 litd TFLG 1969: "im Eigentum einer Gemeinde oder einer Agrargemeinschaft stehende Waldgrundstücke, an denen zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte bestehen [Teilwälder];").

1.5. Durch die Novelle LGBl. 18/1984 wurde die Regelungstechnik geringfügig modifiziert. Der neu gefasste § 33 TFLG 1978 idF LGBl. 18/1984 lautete wie folgt:

"(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.

(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:

a) - b) [...]

c) Grundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes einer im Gebiet dieser Gemeinde gelegenen Mehrheit von Stammsitzliegenschaften dienen (Gemeindegut);

d) Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs3) bestehen (Teilwälder).

(3) Teilwaldrechte sind Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes."

Im Jahr 1996 wurde das TFLG 1978 mit LGBl. 74 als TFLG 1996 wiederverlautbart. Der heute in Geltung stehende § 33 idF LBGl. 53/2007 weist im Absatz 2 litc nur eine geringfügige Änderung gegenüber der früheren Rechtslage auf.

2. Aufgrund der Forsteigentumspurifikations-Tabelle aus 1848 wurde anlässlich der am abgeschlossenen Grundbuchsanlegung ob der Liegenschaft EZ 133 GB Obsteig das Eigentumsrecht für die "Hauptfraktion Obsteig, bestehend aus den Ortschaften Wald, Thal, Finsterfiecht, Ober- und Unterstrass" einverleibt. Im C-Blatt der Liegenschaft EZ 133, GB Obsteig findet sich unter anderem folgende Eintragung:

"Rang vom 17. August 1733:

Auf Grund des Waldprotokolles vom 17. August 1733 wird auf diesem Grundbuchskörper die Dienstbarkeit des ausschließlichen und unbeschränkten Holz- und Streubezuges, welche auch die Befugnis der freien Verwertung des nach Deckung des Haus- und Gutsbedarfes vorhandenen Überschusses umfasst, zugunsten nachstehender

Grundbuchskörper ... [es folgt eine Liste zahlreicher berechtigter

Liegenschaften und der jeweils zugunsten dieser Liegenschaften belasteten Grundstücke] einverleibt."

2.1. Mit Bescheid der Agrarbehörde vom wurde das Verfahren "zur Regelung der Benützungs- und Verwaltungsrechte am Besitz der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig" in den EZ 133 II und 134 II eingeleitet. Mit Bescheid vom wurde die Liste der Parteien für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig erlassen. Mit Bescheid vom wurden die Anteilsrechte für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig festgelegt. Darin wurde auszugsweise wie folgt verfügt:

"I. Gebiet

Auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen am und werden sämtliche der (ehemaligen) Hauptfraktion Obsteig grundbücherlich zugeschriebenen und den EZl. 133 II und 134 II KG. Obsteig vorgetragenen Grundstücke gemäß § 75 FLG. als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 36 Abs 2 litd FLG. festgestellt. Die folgenden Grundstücke stellen reines Gemeindevermögen dar und sind im Zuge der Regulierungsverfahren aus der EZl. 133 ab- und einer hiefür zu eröffnenden Einlagezahl zuzuschreiben: [...]

II. Nutzungen

Die üblichen regelmäßigen Nutzungen sind:


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1.)
Holznutzung
2.)
Weidenutzung

III. Parteien und Anteilrechte

Auf Grund des bei der agrarbehördlichen Verhandlung am zwischen den nutzungsberechtigten Parteien und dem Vertreter der Gemeinde Obsteig abgeschlossenen Parteienübereinkommens gestaltet sich die Anteilberechtigung der jeweiligen Eigentümer der mit rechtskräftigem Bescheid 'Liste der Parteien' vom , Zl. IIIb1 - 87/52 in Zusammenhalt mit dem Berichtigungsbescheid vom , Zl. IIIb1 - 87/55, festgestellten Stammsitzliegenschaften vom Regulierungsgebiet wie folgt:

A./

Den jeweiligen Eigentümern der nachstehend verzeichneten Stammsitzliegenschaften stehen Anteilsrechte in Form des ausschließlichen und unbeschränkten Holz- und Streubezugsrechtes, welches auch die Befugnis zur freien Weiterverwertung des nach Deckung des Haus- und Gutsbedarfes verbleibenden Überschusses umfasst, an den bei den einzelnen Stammsitzliegenschaften angeführten Grundparzellen des Regulierungsgebietes zu: [...]

B./

Den jeweiligen Eigentümern der im Abschnitt A./ angeführten Stammsitzliegenschaften sowie den jeweiligen Eigentümern der nachfolgend angeführten Stammsitzliegenschaften stehen am unverteilten Gemeinschaftswald Gp. 494, 926, 2415, 2530, 2693, 4385, 4386, 4388, 4389, 4391, 4535, 4742, bestehend aus gleich große Anteilrechte in der Weise zu, dass sie im Genuss der aus dem Holzerlös dieses Waldes geschaffenen gemeinschaftlichen Einrichtungen stehen und an der Lastentragung für diesen unverteilten Wald nur insoweit teilnehmen, als diese aus dem Holzerlös dieses Waldes nicht gedeckt werden können. Naturalbezüge stehen sämtlichen Parteien aus dem unverteilten Wald nicht zu. [...]

C./

Hinsichtlich der Weide im Regulierungsgebiet sind alle Viehhalter in der Hauptfraktion Obsteig mit dem Vieh auftriebsberechtigt, das mit dem aus Eigen- oder Pachtgründen in der KG. Obsteig gewonnenen Futter in der Hauptfraktion Obsteig überwintert wird.

D./ Lastentragung

a) Die aus den Teilwäldern anfallenden Lasten werden von den Eigentümern der unter A./ angeführten Stammsitzliegenschaften nach Maßgabe der ihnen zustehenden Teilwaldnutzungsrechte abgedeckt.

b) Die aus dem unverteilten Wald anfallenden Lasten werden von der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten (Verzeichnis A./ und B./) zu gleichen Teilen getragen, soweit die Lasten nicht aus dem unverteilten Wald selbst gedeckt werden können.

c) Die aus dem Weidegebiet anfallenden Lasten werden auf das aufgetriebene Vieh umgelegt.

d) Erlöse aus Grundverkäufen fallen zur Gänze der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten zu und sind in erster Linie zur Verbesserung des Gemeinschaftsbesitzes zu verwenden. Ebenso fällt der anteilsmäßige Jagdpachtschilling der Gemeinschaft zu. [...]"

Aus der Zustellverfügung ergibt sich, dass der Bescheid u.a. gegenüber der nun beschwerdeführenden Gemeinde und der Agrargemeinschaft Obsteig erlassen wurde.

2.2. Schließlich wurde mit Bescheid vom von der Agrarbehörde der "Regulierungsplan für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig" erlassen. Darin wurde u.a. Folgendes verfügt:

"II. Gebiet

Das Regulierungsgebiet besteht aus:

a) sämtlichen in EZl. 133 II KG Obsteig vorgetragenen Grundstücken mit Ausnahme der unten angeführten;

b) aus der den Gutsbestand der EZl. 134 II KG. Obsteig bildenden Gp. 3665 Wiese 'Pfändtermahd'.

Die nachfolgend angeführten Bau- und Grundparzellen werden als Gemeindevermögen der Gemeinde Obsteig von der EZl. 133 II KG. Obsteig abgeschrieben und einer neu zu eröffnenden EZl. zugeschrieben: [...]

III. Nutzungen

Die üblichen regelmäßigen Nutzungen sind:


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1.)
Holznutzung
2.)
Weidenutzung
3.)
Jagd

IV. Parteien und Anteilrechte

Das Regulierungsgebiet stellt agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 36 Abs 2 litd) und e) FLG dar. Es steht im Eigentum der mit Bescheid vom . Zl. IIIb1-2108/69, körperschaftlich eingerichteten

Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig,

welcher die jeweiligen Eigentümer der in den nachstehenden Verzeichnissen angeführten Stammsitzliegenschaften als Mitglieder angehören.

A./ Nutzungsrechte am verteilten Wald

Den jeweiligen Eigentümern der nachstehend verzeichneten Stammsitzliegenschaften stehen Anteilrechte in Form des ausschließlichen und unbeschränkten Holz- und Streubezugsrechtes, welches auch die Befugnis zur freien Weiterverwertung des nach Deckung des Haus- und Gutsbedarfes verbleibenden Überschusses umfasst, an den für die einzelnen Stammsitzliegenschaften im C-Blatt des Grundbuchskörpers in EZl. 133 II KG. Obsteig angeführten Grundparzellen des Regulierungsgebietes zu: [...]

B./ Nutzungsrechte am unverteilten Wald

Den jeweiligen Eigentümern der im Verzeichnis A./ angeführten Stammsitzliegenschaften (Teilwaldnutzungsberechtigte) und den jeweiligen Eigentümern der nachfolgend angeführten Stammsitzliegenschaften stehen an den nicht mit ausschließlichen Holz- und Streubezugsrechten belasteten Waldgrundstücken des Regulierungsgebietes und zwar Gp. 494, Gp. 926, Gp. 2415, Gp. 2530, Gp. 2693, Gp. 4385, Gp. 4386, Gp. 4388, Gp. 4391, Gp. 4535, Gp. 4742, Gp. 4389 gleich große Anteilrechte in der Weise zu, dass sie im Genuss der aus dem Holzerlös dieses Waldes geschaffenen gemeinschaftlichen Einrichtungen stehen und an der Lastentragung für diesen unverteilten Wald nur insoweit teilnehmen, als diese aus dem Holzerlös dieses Waldes nicht gedeckt werden können.

Naturalbezüge aus dem unverteilten Wald stehen sämtlichen Parteien nicht zu. [...]"

Die Zustellverfügung lautete wie folgt: "Ergeht an: die Nutzungsberechtigten am Besitz der Hauptfraktion Obsteig".

2.3. Die grundbücherliche Durchführung des rechtskräftigen Regulierungsplanes erfolgte im Jahr 1963. In der Zustellverfügung des Beschlusses scheint auch die Gemeinde Obsteig auf. Mit Kundmachung der Agrarbehörde vom wurde der Abschluss des Regulierungsverfahrens für den Besitz der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig in EZ 133 II und 134 II kundgemacht.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Auf das Wesentliche zusammengefasst wird in der Beschwerde behauptet, die belangte Behörde gehe in verfassungswidriger Weise davon aus, die Grundstücke (welche zumindest vor Erlassung des Regulierungsplanes vom im Eigentum der beschwerdeführenden Gemeinde standen und mit Teilwaldrechten belastet seien) hätten die Eigenschaft, Gemeindegut zu sein, durch Novellierungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes nach dem Erkenntnis VfSlg. 9339/1982 verloren. Wesentlich sei die Frage, ob die im Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Rechtssätze auch auf mit Teilwaldrechten belastete Liegenschaften anzuwenden seien.

2. Die Agrargemeinschaft Obsteig ist das Ergebnis der Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig. Das Regulierungsverfahren war mit Bescheid vom eingeleitet worden. Im Verzeichnis der Anteilsrechte für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig vom wurden "sämtliche der (ehemaligen) Hauptfraktion Obsteig grundbücherlich zugeschriebenen [...] Grundstücke als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 36 Abs 2 litd FLG festgestellt". Im Regulierungsplan für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig vom wird Folgendes festgestellt:

"Das Regulierungsgebiet stellt agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 36 Abs 2 litd) und e) FLG dar. Es steht im Eigentum der [...] Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig, welcher die jeweiligen Eigentümer der in den nachstehenden Verzeichnissen angeführten Stammsitzliegenschaften als Mitglieder angehören."

Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Regulierungsplan vom das Regulierungsgebiet in Gemeindegut bzw. ehemaliges Ortschafts- oder Fraktionsgut (§36 Abs 2 litd FLG) und Teilwälder (§36 Abs 2 lite FLG) gegliedert habe. Daraus schließt sie, dass nicht das gesamte Regulierungsgebiet als Gemeindegut bzw. ehemaliges Ortschafts- oder Fraktionsgut festgestellt wurde. Es seien daher Nutzungsrechte am verteilten Wald (Teilwälder) und solche am unverteilten Wald den Stammsitzliegenschaften zugeordnet worden. Als unverteilter Wald seien im Regulierungsplan aus 1962 u.a. die Grundparzellen festgestellt worden, die im angefochtenen Bescheid als Gemeindegut ausgewiesen wurden. Die belangte Behörde ist weiters der Ansicht, dass nach der geltenden Rechtslage nicht (mehr) davon ausgegangen werden könne, dass die Teilwälder als eine Sonderform des Gemeindegutes anzusehen seien, wenn das Teilwaldrecht auf einem Grundstück im Gemeindeeigentum bestehe. Daraus ergebe sich, dass dem Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 nur insoweit Rechnung getragen werden könne, als es sich nicht um Teilwälder handle, da diese nicht als Gemeindegut qualifiziert werden können.

3.1. Unter "Teilwäldern" werden die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Agrargemeinschaft stehenden Waldgrundstücke verstanden, an denen zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder Personen [...] ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte bestehen" (vgl. Lang, Die Teilwaldrechte in Tirol, 1978, S 147 ff.). Ziel der Schaffung von Teilwäldern war es, durch die Aufteilung des Waldes eine bessere Bewirtschaftung des Waldes und zugleich eine Sicherung des Bedarfes an Holz und Streu zu gewährleisten (Lang, Tiroler Agrarrecht II, 1991, S 179).

Die jüngere historische Entwicklung der Teilwälder nahm ihren Ausgang bei der Forsteigentumspurifikation des Jahres 1847. Im Gefolge derselben wurden in den Jahren 1847 bis 1854 zahlreiche Wälder, darunter auch solche, die mit Teilwaldrechten belastet waren, an die damaligen Gemeinden übergeben (Lang, Die Teilwaldrechte in Tirol, 1978, S 48). Im Zuge der Grundbuchsanlegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Teilwälder (richtig: Teilwaldrechte) - wie die Liegenschaft EZ 133, GB Obsteig - vielfach als privatrechtliche Dienstbarkeiten zugunsten der berechtigten Höfe im C-Blatt des Grundbuchskörpers eingetragen, als Eigentümer der betreffenden Grundparzellen wurden die Gemeinden oder Gemeindeteile eingetragen. In einigen Fällen wurden die Nutzungsberechtigten als (Voll)Eigentümer eingetragen (Lang, Die Teilwaldrechte in Tirol, 1978, S 78 ff.). In anderen Fällen wiederum kam es wegen kontroversieller Ansichten über die Eigentumsverhältnisse an den Teilwäldern zu keiner Verbücherung derselben.

3.2. Im Erkenntnis VfSlg. 9336/1982 stellte der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit Gemeindegut fest, dass darunter jene Erscheinung zu verstehen ist, die in den früheren Gemeindeordnungen im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes 1862 und den nachfolgenden Gemeindegesetzen geregelt war und im geltenden Gemeinderecht noch als bestehend festgehalten wird. Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder aller Gemeindeglieder belastet ist, sodass die Substanz und also auch der Substanzwert und ein allfälliger Überschuss der Nutzungen der Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben.

3.3. Im Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 zum Gemeindegut der Gemeinde Mieders wurde festgestellt, dass dieses bereits 1962 als agrargemeinschaftliches Grundstück ebenso wie Bezugsmodalitäten für Nutz- und Brennholz, die Weideausübung und andere Nutzungsrechte festgelegt wurde und die Übertragung des Eigentums am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft offenkundig verfassungswidrig war. Daraus zog der Verfassungsgerichtshof den Schluss, dass der über die Summe der Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert des Gemeindegutes, der je nach Art der Nutzung möglicherweise freilich erst bei Eingriff in die Substanz oder bei Teilungen zutage tritt, der Gemeinde zusteht. Die Befugnis der Agrarbehörden zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut hätte sich auf die Regulierung der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beschränken müssen. Das ist im Hinblick auf die undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in das System des Flurverfassungsrechtes nicht geschehen.

4. Die beschwerdeführende Gemeinde macht zunächst eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend.

4.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) dann vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein willkürliches Verhalten ist der Behörde insbesondere dann vorzuwerfen, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

4.2. Die belangte Behörde hat - in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides - für bestimmte, im Spruch des angefochtenen Bescheides näher bezeichnete Grundstücke festgestellt, dass sie "Gemeindegut sind", und für weitere ebenfalls im Spruch aufgezählte Grundstücke die Feststellung getroffen, dass sie "nicht Gemeindegut sind". Sie nimmt damit eine Zuordnung nach der gesetzlichen Systematik des § 33 Abs 2 TFLG 1996 zu den Tatbeständen der litc ("Grundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes einer Mehrheit von Stammsitzliegenschaften dienen [Gemeindegut]") bzw. der litd ("Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten [Agrargemeinschaft] stehen und auf denen Teilwaldrechte [Abs3] bestehen [Teilwälder]") vor (zur Unbedenklichkeit der Qualifikation eines Teilwaldes als agrargemeinschaftliches Grundstück iSd § 33 Abs 2 litd TFLG 1978 idF LGBl. 18/1984 vgl. ). Diese Zuordnung wird in Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und der Literatur zur Frage der Teilwaldrechte näher begründet. Teilwälder sind - ungeachtet der jüngeren Regelungstechnik im TFLG - grundsätzlich dem Gemeindegut verwandt, und entsprechende Teilwaldrechte bestehen in der Regel an Gemeindegut (Lang, Tiroler Agrarrecht II, 1991, S 177). Allein durch die Subsumtion von Teilwäldern unter den gesetzlichen Tatbestand des § 33 Abs 2 litd TFLG 1996 benachteiligt sie weder die beschwerdeführende Gemeinde in unsachlicher Weise noch verkennt sie dadurch in gehäufter Weise die Rechtslage.

Anders als die Bescheide im Verfahren VfSlg. 18.446/2008 treffen der angefochtene Bescheid und der erstinstanzliche Bescheid im Spruch aber keine Anordnung über Zuordnung und Bestimmung des Substanzwertes. Lediglich in der Begründung des angefochtenen Bescheides wird unter Punkt VI. zur Begründung der Zuständigkeit der Agrarbehörde unter Hinweis auf das Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 festgestellt, dass hinsichtlich der nicht als verteilter (Teil)Wald qualifizierten Grundstücke Gemeindegut entstanden sei, das iSd genannten Erkenntnisses als Agrargemeinschaft organisiert sei. Der Umstand, dass die im angefochtenen Bescheid als Teilwälder qualifizierten Flächen im grundlegenden, für die ursprüngliche Qualifikation maßgeblichen Bescheid vom (Verzeichnis der Anteilsrechte für die Regulierung der ehemaligen Hauptfraktion Obsteig) als Grundstücke iSd § 36 Abs 2 litd TFLG und damit als Gemeindegut qualifiziert wurden, hat jedoch - wie sich aus dem Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 ergibt - zur Konsequenz, dass die Behörde für Zwecke der Zuordnung und Bestimmung des Substanzwertes zu prüfen haben wird, ob die Bedeutung nicht land- und forstwirtschaftlicher Nutzungen zugenommen hat und Änderungen in den maßgeblichen Verhältnissen auch insoweit eine Änderung des Regulierungsplanes rechtfertigen oder erfordern könnten.

5. Die beschwerdeführende Gemeinde behauptet die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Ein entsprechender Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Mit der Feststellung, dass einzelne Grundstücke aus dem seinerzeitigen Regulierungsplan vom nicht als Gemeindegut iSd § 33 Abs 2 litc TFLG 1996, sondern als "Teilwälder" iSd litd anzusehen sind, hat die belangte Behörde die Eigentumsposition der beschwerdeführenden Gemeinde für sich genommen nicht berührt. Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass Rechtsfolgen, die an die Zuordnung zur einen oder anderen Kategorie geknüpft werden, diese nachteilig berühren. Nimmt man angesichts dessen einen Eingriff in das Grundrecht an, so ist eine Verletzung im Grundrecht jedoch jedenfalls zu verneinen: Die ausführlich begründete Annahme, dass die im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Grundstücke als Teilwälder iSd § 33 Abs 2 litd TFLG 1996 qualifiziert werden, ist jedenfalls nicht denkunmöglich; dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Behörde bei der Zuordnung und Bestimmung des Substanzwertes die Erwägungen im Erkenntnis VfSlg. 18.446/2008 zu berücksichtigen haben wird.

6. Die beschwerdeführende Gemeinde behauptet ferner die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar neben den dem Gemeindegut zugewiesenen Grundstücken weitere genannt und zu diesen festgestellt, dass diese nicht Gemeindegut sind. In der Formulierung "im Eigentum der Agrargemeinschaft Hauptfraktion Obsteig" liegt jedoch entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung eine bloße Anknüpfung an den Grundbuchsstand. Darin liegt jedoch keine Ausdehnung des Verfahrensgegenstandes in Widerspruch zu § 66 Abs 4 AVG und daher auch keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

IV. 1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich

gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Gemeinde in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre; ebenso wenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Der von der beschwerdeführenden Gemeinde als verfassungswidrig gerügte § 40 Abs 5 TFLG 1996, der die Ausübung von Teilwaldrechten zum Inhalt hat, ist im Verfahren nicht präjudiziell.

Die beschwerdeführende Gemeinde wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.