OGH vom 26.07.2016, 9ObA91/16x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Wolfgang Cadilek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. O*****, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P*****, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 27/16p 13, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Ob ein in erster Instanz erstattetes Sachvorbringen als Anspruchsgrundlage so weit spezifiziert ist, dass es einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0042828; RS0044273 [T59]). Ebenso ist die Frage, ob ein bestimmtes Vorbringen Anlass zu einer Erörterung beziehungsweise Anleitung dieser Partei durch das Gericht geben könnte, grundsätzlich so einzelfallbezogen, dass auch darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS-Justiz RS0114544). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen habe der Kläger nicht ausreichend schlüssig behauptet, dass er sich zur Begründung seines Klagsanspruchs auf eine bereits vor dem bestandene Betriebsübung berufen habe, ist nicht korrekturbedürftig.
Seit Inkrafttreten des § 460 ASVG idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1988 (44. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz) am müssen die Formalvoraussetzungen dieser Bestimmung eingehalten werden, wenn sich der Arbeitnehmer auf ihn begünstigende Sondervereinbarungen – sei es auch im Rahmen einer Betriebsübung – berufen will (RIS-Justiz RS0119176; 8 ObA 97/03b). § 1 Abs 8 DO. A verweist im Übrigen ausdrücklich darauf, dass von der Dienstordnung abweichende Vereinbarungen mit einzelnen Angestellten nur dann rechtswirksam abgeschlossen werden können, wenn vorher die Zustimmung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß § 460 Abs 1 ASVG erteilt wird. Diese Zustimmung liegt hier unstrittig nicht vor. Der Kläger hat auch kein Vorbringen zu einer wenn auch nur schlüssigen Genehmigung durch den Hauptverband (und nicht nur durch den Vorstand der Beklagten) erstattet.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, unter „abweichende“ Vereinbarung iSd § 460 Abs 1 ASVG sei auch eine Regelung zu verstehen, die entgegen den auf das Dienstverhältnis anwendbaren dienstrechtlichen und arbeitszeitrechtlichen Vorschriften ausnahmsweise auch Wegzeiten als Dienstzeiten werten, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Von einer bloßen „ausgestaltenden“ Regelung kann schon wegen der aus der begehrten Regelung folgenden Entgeltpflicht der Beklagten für die Wegzeiten nicht gesprochen werden.
Auf die erstmals in der Revision vorgetragenen Anspruchsgrundlagen im Zusammenhang mit gleichbehandlungsrechtlichen, gleichheitsrechtlichen und unionsrechtswidrigen Überlegungen war mangels Erstattung eines entsprechenden Sachverhaltsvorbringens in erster Instanz nicht einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0016473).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00091.16X.0726.000