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OGH vom 14.07.2011, 13Os55/11d

OGH vom 14.07.2011, 13Os55/11d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zaza K***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Zaza K*****, Mikheil M***** und Pataa Ka***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom , GZ 24 Hv 11/10t 144, und die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf bedingter Strafnachsichten und bedingter Entlassungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Zaza K*****, Mikheil M***** und Pataa Ka***** der Verbrechen des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall und 15 StGB (A und B/a) sowie der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (D) und überdies Mikheil M***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (C) sowie Zaza K***** des Vergehens der Entwendung nach §§ 15, 141 Abs 1 StGB (B/b) schuldig erkannt.

Danach haben in Oberösterreich und der Steiermark

(A) vom bis zum Zaza K***** in neun, Mikheil M***** in acht und Pataa Ka***** in sieben Angriffen in unterschiedlichen Zusammensetzungen einverständlich gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, vornehmlich Bargeld, im Gesamtwert von rund 150.000 Euro (K*****), ca 144.000 Euro (M*****) bzw etwa 122.000 Euro (Ka*****) anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Aufbrechen von Geschäftslokalen und Aufschneiden von Tresoren weggenommen und (in zwei Fällen) wegzunehmen versucht,

(B/a) Mikheil M***** am in Wels Gewahrsamsträgern des Unternehmens I***** einen Rasierapparat im Wert von 119 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen,

(B/b) Zaza K***** am in Linz aus Not und zur Befriedigung eines Gelüstes ein gefülltes Weckerl im Wert von (laut US 23 richtig:) 2,49 Euro Gewahrsamsträgern des Unternehmens S***** zu entziehen versucht,

(C) Mikheil M***** am in Wels eine Detektivin durch Versetzen eines heftigen Stoßes zur Abstandnahme von seiner weiteren, aufgrund des zu B/a beschriebenen Diebstahls erfolgten Anhaltung genötigt sowie

(D) Zaza K*****, Mikheil M***** und Pataa Ka***** jedenfalls ab Herbst (laut US 9 richtig:) 2009 sich an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der international agierenden Organisation „D*****“, die in Österreich insbesondere auf die Durchführung von gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstählen und von Geldwäscherei ausgerichtet war, Bereicherung in großem Umfang anstrebte und sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen suchte, durch Eingliederung in die Organisationsstrukturen, Ausführung der zu A beschriebenen strafbaren Handlungen und Zahlungen an die Organisation als Mitglieder beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zaza K*****:

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) lassen die Urteilsfeststellungen, wonach sich der Beschwerdeführer in die Organisationsstruktur der „D*****“ eingliederte, zwecks Förderung der Ziele dieser Organisation die vom Schuldspruch A umfassten schweren Einbruchsdiebstähle beging und Beuteanteile an die Organisation überwies (US 9, 10), mit hinreichender Deutlichkeit (Z 5 erster Fall) erkennen, durch welche Verhaltensweisen sich der Beschwerdeführer an der kriminellen Organisation beteiligte.

Mit angeblich undeutlicher und offenbar unzureichender Begründung getätigter Geldüberweisungen spricht die Beschwerde angesichts nicht erfolgreich bekämpfter anderer Begehungsvarianten im Sinn des § 278 Abs 3 StGB keine entscheidende Tatsache an.

Die Ableitung der Feststellungen zur Mitgliedschaft an der Organisation aus Telefonüberwachungsprotokollen, wonach der Beschwerdeführer ab dem Jahr 2009 laufend zahlreiche Gespräche mit anderen Organisationsmitgliedern führte und sich dabei etwa auch dem organisationsinternen Prozedere für die Streitschlichtung zwischen Mitgliedern unterwarf (US 12, 13), ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

In Bezug auf die Teilnehmer und den Inhalt dieser Telefongespräche stützen sich die Tatrichter auf eben diese im Rahmen der kriminalpolizeilichen Ermittlungen erstellten Telefonüberwachungsprotokolle (US 12), was den Kriterien mängelfreier Begründung ebenfalls entspricht. Den diesbezüglichen Konstatierungen entgegenstehende Verfahrensergebnisse (gegebenenfalls Z 5 zweiter Fall) zeigt die Beschwerde nicht auf.

Die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht würde „nur auf Berichte des Bundeskriminalamtes im Zusammenhang mit der Operation J*****“ verweisen, „anstatt eigene Urteilsfeststellungen zu treffen“ (Z 5 erster Fall), trifft nicht zu (US 6 bis 10).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) entwickelt ihre Argumente nicht aus in der Hauptverhandlung Vorgekommenem (§ 258 Abs 1 StPO) und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 481).

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Feststellungen ließen nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer „Überweisungen an eine der Kassen der Organisation selber getätigt oder veranlasst hätte“, orientiert sich nicht am Gesetz, weil er nicht erkennen lässt, warum die vermisste Feststellung für die Subsumtion nach § 278a StGB entscheidend sein soll.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mikheil M*****:

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht begründe die Feststellungen zur Mitgliedschaft des Beschwerdeführers an der kriminellen Organisation „D*****“ nicht hinreichend (Z 5 vierter Fall), trifft nicht zu. Die Tatrichter stützen sich insoweit auf die verschränkte Betrachtung der Umstände, dass der Beschwerdeführer wiederholt im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Angeklagten Zaza K***** schwere Einbruchsdiebstähle beging, Letzterer jedenfalls seit Herbst 2009 in laufendem telefonischen Kontakt mit führenden Mitgliedern dieser Organisation, die sich in Österreich gerade auf die Durchführung schwerer Einbruchsdiebstähle spezialisierte, war und der Beschwerdeführer selbst namhafte Teile der erbeuteten Geldbeträge nach Georgien (dem Zentrum der Organisation „D*****“ [US 6 f]) überweisen ließ (US 13 bis 15), was aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu bemängeln ist.

Entgegen der Tatsachenrüge (Z 5a) setzte sich das Erstgericht mit der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers sehr wohl auseinander (US 10 bis 12; der Sache nach Z 5 zweiter Fall).

Inwieweit die „Aussage des BI Insp. Christian Sch*****, ebenfalls fortgesetzte HV vom , ON 138 S. 28 unten“ den tatrichterlichen Feststellungen erörterungsbedürftig entgegenstehen soll (erneut der Sache nach Z 5 zweiter Fall), wird nicht klar.

Im Übrigen nimmt auch die Tatsachenrüge des Mikheil M***** nicht Bezug auf in der Hauptverhandlung Vorgekommenes.

Das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Tatbestand des § 278a StPO verlange in Bezug auf die „Förderung der kriminellen Organisation“ die Vorsatzform der Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB), erschöpft sich prozessordnungswidrig in einer bloßen im Übrigen durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckten Rechtsbehauptung ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 588).

Der Einwand, die angefochtene Entscheidung enthalte keine Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen des § 278a StGB, nimmt nicht Maß an den Feststellungen des Erstgerichts (US 7 bis 10 iVm US 31) und verfehlt solcherart den (auf der Sachverhaltsebene) gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS Justiz RS0117247).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Pataa Ka*****:

Die von der Mängelrüge (Z 5) vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) zur Beteiligung des Beschwerdeführers an der kriminellen Organisation „D*****“ findet sich in den US 13 bis 15. Auf die diesbezüglichen Darlegungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Mikheil M***** wird verwiesen.

Mit dem Einwand, die Feststellungen zu den Tatbestandselementen der kriminellen Organisation (§ 278a StGB) weisen kein hinreichendes Sachverhaltssubstrat auf (der Sache nach Z 9 lit a), übergeht die Beschwerde die diesbezüglichen Konstatierungen der Tatrichter.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die Feststellungen über die Ausrichtung der Organisation auf einen Zeitraum von mehreren Jahren (US 10), deren straffe, hierarchische Struktur, das arbeitsteilige Vorgehen der Mitglieder und das professionell eingerichtete Umfeld (US 7 bis 9, 31), die Beteiligung von mindestens fünfzehn Personen (US 7 bis 9), die Ausrichtung auf die wiederkehrende Begehung schwerer Einbruchsdiebstähle (US 31) und eine Bereicherung in großem Umfang (US 7, 31) sowie die Abschirmung gegen Strafverfolgung durch die Organisationsstruktur und die gewählten Kommunikationswege, wie beispielsweise die ausschließliche Verwendung von laufend gewechselten, mit Wertkarten betriebenen Mobiltelefonen (US 31), den Tatbestandserfordernissen des § 278a StGB gerecht werden ( Plöchl in WK² § 278a Rz 4 bis 12, 20, 22; Triffterer , SbgK § 278a Rz 24 bis 29, 32 bis 38, 46 f, 53), wobei die angefochtene Entscheidung auch entsprechende Konstatierungen zur subjektiven Tatseite enthält (US 7 bis 10, 31).

Soweit die Beschwerde eine detaillierte Begründung der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe die ihm im Rahmen der kriminellen Organisation vorgesetzten Autoritäten „vorbehaltlos“ anerkannt (Z 5 vierter Fall), einfordert, bezieht sie sich nicht auf schuld oder subsumtionsrelevante Umstände.

Weshalb Feststellungen zu den verwendeten Konten für die rechtsrichtige Subsumtion erforderlich sein sollen (der Sache nach Z 9 lit a), wird nicht klar.

Die Behauptung, das Erstgericht habe zu den Schuldsprüchen A/I/1/g und A/I/3 die Aussage des Zeugen Christian Sch*****, wonach die kriminalpolizeilichen Erhebungen unter anderem zu 37 Telefonnummern und 13 Telefonen geführt haben (ON 138 S 23 des HV Protokolls vom ), übergangen (Z 5 zweiter Fall), trifft nicht zu (US 25).

Indem die Beschwerde aus dieser Aussage mittels eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) argumentiert wie auch jene der Angeklagten K***** und M***** - nicht aus in der Hauptverhandlung Vorgekommenem.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht treffe keine Feststellungen zu den Tatbestandsmerkmalen der Unternehmensähnlichkeit und der größeren Zahl von Personen, nimmt nicht Maß an den Urteilsfeststellungen (US 7 bis 9, 31) und orientiert sich solcherart ebenfalls nicht am Gesetz.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.