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VfGH vom 03.12.2012, B990/12

VfGH vom 03.12.2012, B990/12

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Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Begehrens einer Bürgerinitiative auf Durchführung einer Volksbefragung über die Einrichtung von "Grünen Zonen" zur Verhinderung der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in einer Gemeinde; kein Widerspruch einer Regelung der Nö Gemeindeordnung 1973 über die Nichtzulassung eines Initiativantrags in Angelegenheiten mit überwiegendem Einfluss auf Abgaben zum demokratischen Grundprinzip; Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung einer Parkabgabe nach dem Nö Kraftfahrzeugabstellabgabegesetz auch außerhalb von Kurzparkzonen; unterschiedliche Kennzeichnung der grünen Parkabgabezonen und der blauen Kurzparkzonen nach der StVO 1960

Spruch

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Beschwerdeführende Partei ist die durch ihren Zustellungsbevollmächtigten vertretene Bürgerinitiative "NEIN zur Grünen Zone" (in der Folge: Bürgerinitiative) in Mödling. Die Bürgerinitiative möchte die geplante Erlassung von Verordnungen der Stadtgemeinde Mödling zur "Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung" verhindern; im Verfahren wird für diese Bereiche die Bezeichnung "Grüne Zonen" verwendet.

2. Am brachte die beschwerdeführende Partei durch ihren Zustellungsbevollmächtigten einen von 2075 Wahlberechtigten unterstützten "Initiativantrag" mit folgendem Wortlaut ein:

"Bürgerinitiative

NEIN zur GRÜNEN ZONE

Ihre Unterschrift gegen diesen Wahnsinn!

Wir, die Unterzeichner dieser Bürgerinitiative,

fordern, dass die Stadt Mödling dauerhaft von der Einführung von Grünen Zonen absieht!

JA, ich bin für die Abhaltung einer VOLKSBEFRAGUNG über 'Grüne Zonen' in Mödling und unterstütze mit meiner Unterschrift den FPÖ-Initiativantrag gemäß § 16b Abs 1 NÖGO 1973 an den Gemeinderat und an den Bürgermeister der Stadtgemeinde Mödling (an diesen auch als Vorsteher des Stadtrates). Begehrt wird, dass von der Einführung sogenannter 'Grüner Zonen' in Mödling dauerhaft abgesehen wird, wobei die Frage der Volksbefragung lauten soll: 'Sollen Grüne Zonen in Mödling eingeführt werden?' und die Antwortmöglichkeiten 'Ja' und 'Nein' lauten sollen."

(Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Mödling vom wurde ausgesprochen, dass die Behandlung des Initiativantrages gemäß § 16b Abs 1 zweiter Satz iVm § 16a Abs 1 zweiter Satz 3. Fall Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 (in der Folge: NÖ GO 1973) unterbleiben würde. Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass, weil es sich bei "Grünen Zonen" um eine Form der Kennzeichnung gebührenpflichtiger Parkplätze handle, eine Angelegenheit vorliege, die Einfluss auf die Parkabgabe habe; der Initiativantrag sei daher vom Initiativrecht ausgeschlossen und auch kein Gegenstand einer zulässigen Volksbefragung. Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Mödling vom wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen, weil mit der "Grünen Zone" die Parkabgabepflicht untrennbar verbunden sei, sodass - auch wenn verkehrspolitische Überlegungen ebenfalls zu berücksichtigen seien - von einer überwiegend abgabenrechtlichen Angelegenheit iSd §§16a iVm 63 ff. NÖ GO 1973 auszugehen sei. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom abgewiesen.

4. In ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerde behauptet die beschwerdeführende Partei die Verletzung des demokratischen Prinzips gemäß Art 1 B-VG sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Initiativantrag begehrte Fragestellung sich nie auf die abgabenrechtliche Parkgebührenregelung bzw. Parkabgabe bezogen, sondern (nur) die Verhinderung der Einführung bestimmter straßenverkehrsrechtlicher Kurzparkzonen zum Ziel gehabt habe.

5. Die Niederösterreichische Landesregierung als im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

6. Die Stadtgemeinde Mödling als beteiligte Partei erstattete eine Äußerung.

II. Rechtslage

1. § 25 und § 52 Z 13d und Z 13e

Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159 idF BGBl. I 34/2011 (in der Folge: StVO 1960), lauten:

"§25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

(2) Verordnungen nach Abs 1 sind durch die Zeichen

nach § 52 Z 13d und 13e kundzumachen; § 44 Abs 1 gilt hiefür sinngemäß. Zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden.

(3) Beim Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer Kurzparkzone hat der Lenker das zur Überwachung der Kurzparkdauer bestimmte Hilfsmittel bestimmungsgemäß zu handhaben.

(4) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat durch Verordnung die Art der Überwachung der Kurzparkdauer und das hiefür notwendige Hilfsmittel zu bestimmen; er hat dabei auf den Zweck einer zeitlichen Parkbeschränkung sowie auf eine kostengünstige und einfache Handhabung des Hilfsmittels Bedacht zu nehmen.

(4a) Für Kurzparkzonen, in denen für das Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften eine Gebühr zu entrichten und für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Verwendung eines technischen oder sonstigen Hilfsmittels vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Verordnung festlegen, unter welchen Voraussetzungen dieses Hilfsmittel zugleich auch als Hilfsmittel für die Überwachung der Kurzparkdauer gilt. Wenn für die Überwachung der Gebührenentrichtung die Anbringung des Hilfsmittels am Fahrzeug vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie weiters aus Gründen der Einheitlichkeit mit Verordnung auch die Art, das Aussehen und die Handhabung des Hilfsmittels bestimmen.

(5) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf den Zweck einer nach § 43 Abs 2a verordneten Regelung durch Verordnung das zur Kontrolle notwendige Hilfsmittel zu bestimmen."

"§52. Die Vorschriftszeichen

[...]

13d. 'KURZPARKZONE'

[GRAFIK AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]

Dieses Zeichen zeigt den Beginn einer Kurzparkzone an. Wird dieses Zeichen auf der linken Straßenseite angebracht, so bezieht sich die Kurzparkzonenregelung nur auf diese Straßenseite. Im unteren Teil des Zeichens oder auf einer Zusatztafel ist die Zeit, während der die Kurzparkzonenregelung gilt, und die zulässige Kurzparkdauer anzugeben. Falls für das Abstellen eines Fahrzeuges in einer Kurzparkzone auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften eine Gebühr zu entrichten ist, so ist auf diesen Umstand durch das Wort 'gebührenpflichtig', das im unteren Teil des Zeichens oder auf einer Zusatztafel anzubringen ist, hinzuweisen.

13e. 'ENDE DER KURZPARKZONE'

[GRAFIK AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]

Dieses Zeichen zeigt das Ende einer Kurzparkzone an."

2. § 8 Abs 1 und Abs 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. 45 idF BGBl. I 100/2003 (in der Folge: F-VG 1948), lauten:

"§8. (1) Die ausschließlichen

Landes(Gemeinde)abgaben, die Zuschläge der Länder (Gemeinden) zu Bundesabgaben und die Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand wie eine Bundesabgabe werden vorbehaltlich der Bestimmungen des § 7 Abs 3 bis 5 durch die Landesgesetzgebung geregelt.

(2) - (4) [...]

(5) Die Landesgesetzgebung kann Gemeinden

ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen.

[...]"

3. §§1 und 2 NÖ Kraftfahrzeugabstellabgabegesetz, LGBl. 3706-0 idF LGBl. 3706-7 (in der Folge: NÖ KfAAG), lauten:

"§1

Geltungsbereich

(1) Die Bestimmungen über die Kurzparkzonenabgabe

gelten in jenen Gemeinden, die auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates eine Abgabe für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960 erheben.

(2) Darüber hinaus werden die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§1 StVO 1960) außerhalb von Kurzparkzonen eine Abgabe zu erheben (Parkabgabe). Dies gilt auch für den Bereich von Kurzparkzonen außerhalb der Zeit der Kurzparkzonenregelung.

§2

Kennzeichnung der Abgabepflicht

(1) Der Gemeinderat kann einzelne Kurzparkzonen von der Abgabepflicht ausnehmen. Hinsichtlich der Kennzeichnung der Abgabepflicht in Kurzparkzonen gilt § 52 lita Z. 13d StVO 1960.

(2) Der Beginn der Parkabgabepflicht (§1 Abs 2) ist durch weiße Hinweistafeln mit der grünen Aufschrift 'Gebührenpflichtige Parkplätze', deren Ende durch weiße Hinweistafeln mit der grünen Aufschrift 'Gebührenpflichtige Parkplätze - Ende' deutlich zu kennzeichnen. Im unteren Teil der Tafel oder auf einer Zusatztafel ist die Zeit, während der die Parkabgabepflicht gilt, anzugeben."

4. §§16 bis 16b und §§63 bis 66 NÖ GO 1973, LGBl. 1000-0 idF LGBl. 1000-17, lauten:

"4. Abschnitt

Gemeindemitglieder und Ehrungen durch die Gemeinde

§16

Gemeindemitglieder, Initiativrecht

(1) Gemeindemitglieder sind Personen, die in einer Gemeinde des Landes Niederösterreich zum Gemeinderat wahlberechtigt sind, oder bei Erreichung des Wahlalters wahlberechtigt wären.

(2) Das Initiativrecht der Gemeindemitglieder besteht im Verlangen, daß Aufgaben besorgt oder Maßnahmen getroffen werden, soweit sie im Interesse der Gemeinde oder einzelner Ortsteile liegen. Es ist auf den eigenen Wirkungsbereich beschränkt. Ausgeschlossen vom Initiativrecht sind individuelle Verwaltungsakte und Angelegenheiten, die ganz oder überwiegend auf Abgaben Einfluß haben.

(3) Das Initiativrecht wird durch einen Initiativantrag ausgeübt. Dieser muß enthalten:

a) ein bestimmtes Begehren;

b) das Organ, an das er gerichtet ist;

c) den Namen und die Adresse eines Zustellungsbevollmächtigten und dessen Vertreters;

d) den Namen und die Adresse sowie die Unterschrift der Unterstützer in der erforderlichen Anzahl.

(4) Der Initiativantrag muß von mindestens so vielen Wahlberechtigten unterstützt werden, als bei der letzten Gemeinderatswahl Stimmen für die Erlangung eines Gemeinderatsmandates notwendig waren. Als Stichtag dabei gilt der Tag des Einlangens des Antrages beim Gemeindeamt (Stadtamt).

§16a

Verfahren des Initiativantrages

(1) Der Initiativantrag ist beim Gemeindeamt

(Stadtamt) einzubringen.

Der Bürgermeister hat in einem an den Zustellungsbevollmächtigten gerichteten Bescheid darüber abzusprechen, daß die Behandlung des Antrages unterbleibt, wenn

o der Initiativantrag nicht den Vorschriften des § 16 Abs 3 und 4 entspricht,

o es sich um keine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches handelt,

o er individuelle Verwaltungsakten oder Angelegenheiten, die ganz oder überwiegend auf Abgaben Einfluß haben, betrifft,

o das angerufene Organ nicht zuständig ist (§6 AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I 20/2009, findet keine Anwendung), oder

o wenn der Initiativantrag Angelegenheiten betrifft, die von den zuständigen Organen bereits erledigt worden sind.

Enthält der Initiativantrag nicht den Namen und die Adresse eines Zustellungsbevollmächtigten oder dessen Vertreters, hat der Bescheid an den erstangeführten Unterstützer zu ergehen. Liegt kein Grund zur Zurückweisung vor, ist der Initiativantrag zu behandeln.

(2) Fällt die Behandlung des Initiativantrages in den Wirkungsbereich des Gemeinderates oder Gemeindevorstandes (Stadtrates), hat der Bürgermeister dafür zu sorgen, daß die Behandlung unter Einhaltung der Geschäftsordnungsbestimmungen in die Tagesordnung der nächstmöglichen Sitzung des zuständigen Organs aufgenommen wird.

[...]

§16b

Behandlung des Initiativantrages

(1) Betrifft eine Initiative die Anordnung einer zulässigen Volksbefragung und wird diese Initiative von mehr als 10 % aller Wahlberechtigten unterstützt, muß der Gemeinderat die Volksbefragung anordnen, sofern der Gegenstand vom zuständigen Gemeindeorgan nicht bereits erledigt worden ist und der Zustellungsbevollmächtigte nicht auf der Durchführung der Volksbefragung beharrt. Ob die Initiative von mehr als 10 % aller Wahlberechtigten unterstützt wird, überprüft der Bürgermeister im Rahmen des Prüfungsverfahrens nach § 16a Abs 1.

(2) Der Zustellungsbevollmächtigte ist vom Ergebnis der Behandlung des Initiativantrages durch den Bürgermeister zu verständigen."

"5. Abschnitt

Volksbefragung

§63

Anordnung einer Volksbefragung

(1) Der Gemeinderat kann über Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, ausgenommen über individuelle Verwaltungsakte und überwiegend abgabenrechtliche Angelegenheiten, eine Befragung der wahlberechtigten Gemeindemitglieder (Volksbefragung) anordnen.

(2) Die Frage, die durch die Volksbefragung zu entscheiden ist, ist so eindeutig zu stellen, daß sie entweder mit 'Ja' oder 'Nein' beantwortet oder im Falle, daß über zwei oder mehrere Varianten entschieden werden soll, die gewählte Variante bestimmt bezeichnet werden kann. Der Gemeinderat kann überdies beschließen, daß das Ergebnis der Volksbefragung einem Gemeinderatsbeschluß gleichzuhalten ist, wenn gleichzeitig für die Bedeckung allfälliger Ausgaben vorgesorgt wird.

§64

Ausschreibung der Volksbefragung

(1) Der Bürgermeister hat die Volksbefragung binnen vier Wochen nach ihrer Anordnung (§63) auszuschreiben.

(2) Die Volksbefragung ist spätestens am sechsten dem Tage der Ausschreibung nachfolgenden Sonntag durchzuführen.

(3) Die Ausschreibung und der Tag der Volksbefragung sowie der Wortlaut der Frage oder, wenn über zwei oder mehrere Varianten entschieden werden soll, der Wortlaut der Fragen sind öffentlich kundzumachen und ortsüblich zu verlautbaren.

§65

Abstimmungsbehörden und Verfahren

(1) Die Durchführung der Volksbefragung obliegt der anläßlich der jeweils zuletzt durchgeführten Wahl des Gemeinderates gebildeten Gemeindewahlbehörde. Für das Verfahren bei Durchführung der Volksbefragung gilt die NÖ Gemeinderatswahlordnung 1994, LGBl. 0350, sinngemäß, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist.

(2) Das Verzeichnis der Abstimmungsberechtigten ist aufgrund der NÖ Gemeinderatswahlordnung 1994, LGBl. 0350, anzulegen und beginnend mit der Ausschreibung der Volksbefragung für die Dauer von drei Tagen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen.

(3) Die Stimmzettel dürfen nur auf 'Ja' oder 'Nein' lauten. Im Falle, daß über zwei oder mehrere Varianten entschieden werden soll, müssen die Varianten so bezeichnet werden, daß der Wille des Stimmberechtigten eindeutig erkennbar ist.

(4) Die Bestimmungen des 18. Abschnittes des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974 i.d.F. BGBl. I Nr. 153/1998, gelten sinngemäß auch für die Volksbefragung.

§66

Abstimmungsergebnis und Durchführung

(1) Das Abstimmungsergebnis ist spätestens am dritten Tag nach dem Abstimmungstag kundzumachen und unterliegt keinem Rechtsmittel.

(2) Die gestellte Frage gilt als bejaht, wenn mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen auf 'Ja' lauten. Wenn über zwei oder mehrere Varianten entschieden wurde, so gilt die Variante als erwählt, auf die die meisten Stimmen entfallen.

(3) Das Ergebnis der Volksbefragung ist dem

zuständigen Organ der Gemeinde zur ordnungsgemäßen Behandlung zuzuleiten."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die von der Bürgerinitiative "NEIN zur Grünen

Zone" durch ihren Zustellungsbevollmächtigten erhobene Beschwerde betrifft einen Bescheid, mit dem letztendlich ein Begehren auf Durchführung einer Volksbefragung abgewiesen wurde; ein solcher Bescheid kann allein mit Beschwerde gemäß Art 144 B-VG bekämpft werden (vgl. VfSlg. 18.807/2009 mwH). Da auch die weiteren Prozessvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Bedenken gegen die den Bescheid tragenden Bestimmungen der NÖ GO 1973, mit denen Volksbefragungen auf Gemeindeebene geregelt werden, wurden von der beschwerdeführenden Partei nicht vorgebracht und sind vor dem Hintergrund der vorliegenden Beschwerde auch beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden.

2.2. Soweit die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des demokratischen Grundprinzips behauptet, ist ihr entgegenzuhalten, dass dieses grundsätzlich in Form einer repräsentativen Demokratie ausgestaltet ist, die durch direkt-demokratische Instrumente lediglich ergänzt wird (vgl. zB VfSlg. 13.500/1993, 16.241/2001). Bei dem durch § 16b iVm §§63 ff. NÖ GO 1973 eingeräumten Recht, die Durchführung einer Volksbefragung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu verlangen, handelt es sich um eine Konkretisierung der in Art 117 Abs 8 B-VG verankerten Möglichkeit des Landesgesetzgebers, in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorzusehen, wodurch jede Rechtsverletzung unmittelbar auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Durchführung einer Volksbefragung auf Gemeindeebene verletzt (vgl. VfSlg. 18.029/2006, 18.807/2009). Die konkrete Ausgestaltung der Teilnahme und Mitwirkung bleibt dem Landesgesetzgeber überlassen. Der Verfassungsgerichtshof kann daher nicht erkennen, dass die Nichtzulassung eines Initiativantrages, der ganz oder überwiegend auf Abgaben Einfluss hat, dem demokratischen Grundprinzip widerspricht.

2.3. Mit einem Initiativantrag können Gemeindemitglieder gemäß § 16 Abs 2 NÖ GO 1973 verlangen, dass im Rahmen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde Aufgaben besorgt oder Maßnahmen getroffen werden, soweit sie im Interesse der Gemeinde oder einzelner Ortsteile liegen. Ausgeschlossen vom Initiativrecht sind individuelle Verwaltungsakte und Angelegenheiten, die "ganz oder überwiegend" auf Abgaben Einfluss haben; ein Initiativantrag ist beim Gemeindeamt einzubringen und hat ein bestimmtes Begehren, das Organ, an das er gerichtet ist, den Namen und die Adresse eines Zustellungsbevollmächtigten und dessen Vertreters sowie den Namen und die Adresse sowie die Unterschrift der Unterstützer in der erforderlichen Anzahl zu enthalten (§16 Abs 3, § 16a Abs 1 erster Satz leg.cit.). Betrifft eine Initiative die Anordnung einer zulässigen Volksbefragung und wird diese Initiative von mehr als 10 % aller Wahlberechtigten unterstützt, muss der Gemeinderat (abweichend von § 63 Abs 1 NÖ GO 1973) eine Volksbefragung nach Maßgabe des § 16b Abs 1 leg.cit. anordnen. Der Bürgermeister hat gemäß § 16a Abs 1 zweiter Satz leg.cit. auszusprechen, dass die Behandlung des Antrages unterbleibt, wenn ein Initiativantrag u.a. eine Angelegenheit betrifft, die "ganz oder überwiegend" auf Abgaben Einfluss hat. Die Durchführung der Volksbefragung erfolgt nach Maßgabe der §§63 ff. NÖ GO 1973.

2.4. Im vorliegenden Fall war der durch die beschwerdeführende Partei eingebrachte Initiativantrag auf die Durchführung einer Volksbefragung zur Frage: "Sollen Grüne Zonen in Mödling errichtet werden?" gerichtet. Der belangten Behörde kann aus folgendem Grund nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass der vorliegende Initiativantrag eine Angelegenheit betrifft, die überwiegend auf Abgaben Einfluss hat:

2.4.1. Gemäß § 25 Abs 1 und 2 StVO 1960 kann die Behörde, wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Verordnungen sind durch die Zeichen nach § 52 Z 13d und Z 13e leg.cit.

kundzumachen; zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden (§25 Abs 2 leg.cit.).

2.4.2. Die Bestimmungen über die Kurzparkzonenabgabe des NÖ KfAAG gelten gemäß dessen § 1 Abs 1 in jenen Gemeinden, die auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung (vgl. § 15 Abs 3 Z 5 Finanzausgleichsgesetz 2008) durch Verordnung des Gemeinderates eine Abgabe für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960 erheben. Darüber hinaus hat der niederösterreichische Landesgesetzgeber die Gemeinden mit der - auf Grund des § 8 Abs 1 und Abs 5 F-VG 1948 ergangenen - Bestimmung des § 1 Abs 2 NÖ KfAAG ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§1 StVO 1960) außerhalb von Kurzparkzonen eine Abgabe zu erheben (Parkabgabe); dies gilt auch für den Bereich von Kurzparkzonen außerhalb der Zeit der Kurzparkzonenregelung. Gemäß § 2 Abs 2 KfAAG ist der Beginn der Parkabgabepflicht durch weiße Hinweistafeln mit der grünen Aufschrift "Gebührenpflichtige Parkplätze", ihr Ende durch weiße Hinweistafeln mit der grünen Aufschrift "Gebührenpflichtige Parkplätze - Ende" deutlich zu kennzeichnen. In den übrigen Bestimmungen werden die näheren Merkmale dieser Abgabe, insbesondere deren Höchstausmaß (§4 leg.cit.), festgelegt. Andere Rechte der Gemeinde, insbesondere solche auf dem Gebiet der Verkehrsplanung oder der Parkraumbewirtschaftung, werden durch dieses Gesetz nicht geregelt. Auch wenn aus den Gesetzesmaterialien (s. die Materialien zur Novelle zum NÖ KfAAG LGBl. 3706-7, Ltg.-593/A-1/41-2010) hervorgeht, dass durch die Einhebung der Parkabgabe eine stärkere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie von bereits errichteten Parkhäusern und Parkgaragen bewirkt werden soll, ändert dies nichts daran, dass Gemeinden ausschließlich zur Einhebung einer Geldleistung (Abgabe) ermächtigt werden sollen. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, mit einer primär fiskalisch orientierten Abgabe auch Lenkungszwecke zu verfolgen (zB VfSlg. 5859/1968, 14.597/1996 mwN, 16.378/2001).

2.5. Die belangte Behörde geht im vorliegenden Fall zu Recht davon aus, dass mit dem Begriff "Grünen Zone" im Initiativantrag solche "Zonen" gemeint sind, in denen die Gemeinde zur Erhebung einer Parkabgabe für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen auf bestimmten Verkehrsflächen durch Verordnung des Gemeinderates gemäß § 1 Abs 2 NÖ KfAAG ermächtigt wird. Gemäß § 2 Abs 2 leg.cit. sind nämlich solche "Zonen" durch weiße Tafeln mit der grünen Aufschrift "Gebührenpflichtige Parkplätze" und "Gebührenpflichtige Parkplätze - Ende" zu kennzeichnen. Demgegenüber sind Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960 durch die Anbringung von Tafeln gemäß § 52 Z 13d und Z 13e StVO 1960 zu kennzeichnen, wobei das den Beginn einer Kurzparkzone anzeigende Verkehrszeichen (§52 Z 13d leg.cit.) einen blauen Kreis mit rotem Rand und rotem Durchstrich auf weißem Grund zeigt; zusätzlich können Kurzparkzonen gemäß § 25 Abs 2 StVO 1960 durch blaue (Boden )Markierungen gekennzeichnet werden. Die Einhebung einer Gebühr in solchen Kurzparkzonen bedarf eines zusätzlichen Rechtsaktes und einer ausdrücklichen Kennzeichnung. Die Bezeichnung "Grüne Zonen" im Initiativantrag lässt sich daher mit der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, die Initiative habe "(nur) die Verhinderung der Einführung bestimmter straßenverkehrsrechtlicher Kurzparkzonen zum Ziel", nicht in Einklang bringen, weil Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960, wenn sie farblich kenntlich gemacht werden, mit blauer Farbe gekennzeichnet sind. Auch lässt sich die Festlegung einer sogenannten "Grünen Zone" - also eines Gebietes, das durch Hinweiszeichen gemäß § 2 Abs 2 NÖ KfAAG zu kennzeichnen ist - nicht von der Abgabepflicht trennen, weil schon der Wortlaut dieser Bestimmung ("Der Beginn der Parkabgabepflicht [...] ist durch weiße Hinweistafeln mit der grünen Aufschrift [...] deutlich zu kennzeichnen") eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Festlegung der "Grünen Zone" die Abgabepflicht zwingend zur Folge hat, ohne dass es einer zusätzlichen Anordnung bedarf.

Da der Initiativantrag darauf gerichtet ist, die Erlassung einer solchen die Einhebung einer Parkabgabe gestattenden Verordnung zu verhindern, deren Erlassung zwingend zur Einhebung einer Abgabe führt, handelt es sich um einen Initiativantrag, der "ganz oder überwiegend" auf Abgaben Einfluss hat (§16 Abs 2 dritter Satz NÖ GO 1973) und somit nicht Gegenstand einer Volksbefragung nach § 16b Abs 1 iVm §§63 ff. NÖ GO 1973 sein kann. Der Antrag auf Durchführung einer Volksbefragung wurde daher zu Recht abgewiesen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung dahingehend, ob auch weitere Abweisungsgründe vorlagen.

2.6. Auch das Vorbringen zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit trifft nicht zu: Beim Initiativantrag auf Durchführung einer Volksbefragung handelt es sich um ein politisches Partizipationsrecht (vgl. ); die Mitwirkung an der Willensbildung der Gemeinde ist durch die politischen (Grund )Rechte gewährleistet und insoweit von der Ausübung der Freiheitsrechte wie Art 10 EMRK abzugrenzen (vgl. Berka, Die Grundrechte, 1999, Rz 96; VfSlg. 775/1927). Die vorgesehenen Beschränkungen des Initiativrechtes zielen nicht auf eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit ab (vgl. VfSlg. 11.651/1988, 16.635/2002 mwN). Im Übrigen stellt die Beschränkung des Rechts, die Durchführung einer Volksbefragung zu verlangen, auf bestimmte, gesetzlich vorgesehene Angelegenheiten auch keinen Eingriff in das durch Art 10 EMRK verankerte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung dar, weil die durch diese Bestimmung garantierte Freiheit zur Mitteilung von (politischen) Meinungen jedenfalls nicht in einer grundrechtlich relevanten Art und Weise berührt wird.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die beschwerdeführende Partei in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.

2. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war keine Folge zu geben, weil es sich bei den von § 16b iVm §§63 ff. NÖ GO 1973 eingeräumten Rechten lediglich um eine Konkretisierung des Art 117 Abs 8 B-VG handelt und somit jede Rechtsverletzung unmittelbar auch Art 117 Abs 8 B-VG verletzt, sodass für eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß Art 133 Z 1 B-VG kein Raum mehr bleibt (vgl. VfSlg. 16.241/2001, 18.029/2006 und 18.807/2009).

4. Dem Antrag der beteiligten Partei auf Kostenersatz war nicht stattzugeben, da es sich bei dem von ihr eingebrachten Schriftsatz, mit dem sie von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht hat, nicht um einen abverlangten Schriftsatz handelt (zB VfSlg. 16.463/2002) und die von ihr erstattete Äußerung nicht zur Rechtsfindung beigetragen hat (zB VfSlg. 15.916/2000).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.