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VfGH vom 26.11.1990, B975/90

VfGH vom 26.11.1990, B975/90

Sammlungsnummer

12530

Leitsatz

Keine denkunmögliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs wegen weiterer Grundstückszersplitterung

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin erwarb mit Schenkungsvertrag vom von ihrem Lebensgefährten die Grundstücke 258, 259, 260 und 261, KG Gamp, im Gesamtausmaß von 10.855 m2.

2.a) Die Grundverkehrskommission für den politischen Bezirk Hallein versagte diesem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom unter Berufung auf § 3 und § 4 Z 4 und 8 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), die grundverkehrsbehördliche Zustimmung.

b) Die Grundverkehrslandeskommission Salzburg holte, nachdem die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Berufung eingebracht hatte, in einem ergänzenden Ermittlungsverfahren Stellungnahmen der Bezirksbauernkammer Hallein und der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg ein, die im wesentlichen folgenden Inhalt hatten:

Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Hallein vom :

"F A, geboren am , wohnhaft 5400 Hallein, Sonnenscheinweg 17, ist teilweise Alleineigentümer und teilweise Miteigentümer von Grundstücken des 'Brücklpointgutes' in Hallein - Gamp.

Nach eingehenden Erhebungen beim Grundbuch in Hallein gliedert sich der Besitzstand des Herrn F A wie folgt:

EZ 145, KG Gamp, Alleineigentum, bestehend aus den Grundstücken 258, 259, 260, 261 und 262 im Gesamtausmaß von 15.757 m2 (landwirtschaftliche Nutzfläche).

Aus dieser Liegenschaft hat Herr A die erstgenannten drei Gst. im Ausmaß von 10.855 m2 mit Schenkungsvertrag vom an seine Lebensgefährtin E L, wh. Adnet Wimmberg 30, übergeben. EZ 18, KG Gamp, 1/3-Miteigentümer, an einer Gesamtfläche von

49.939 m2 (land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen). EZ 39, KG Gamp, 1/9 Miteigentümer, am Gst. 67 mit 40 m2 (Baufläche).

Das 'Brücklpointgut' hatte nach den bei uns vorliegenden Unterlagen (siehe Kopie in der Beilage) ein Gesamtausmaß von 15,61 ha, davon 6,96 ha LN und 7.32 ha FN.

Nach dem Tode der Mutter von F A hat sein Bruder J A vor mehreren Jahren den anteiligen Hälftebesitz grundbücherlich übernommen. Nach dem Tode des Vaters, T A, wurde innerhalb der vier Geschwister vor dem Notar Dr. E K, Hallein, eine Übergabsvereinbarung errichtet und das Gut anlehnend an die bereits bestehenden Eigentumsverhältnisse bzw. nach freier Vereinbarung aufgeteilt. Angesichts der schwierigen familiären und besitzrechtlichen Verhältnisse wird das 'Brücklpointgut' von den neuen Eigentümern teilweise selbst bewirtschaftet und teilweise von Nachbarn abgeerntet.

Abschließend wird auch noch angemerkt, daß zwei Schwestern von F A, die auch Teilflächen im Alleineigentum übernommen haben, in der Schweiz leben."

Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg vom :

"Der Schenkungsgegenstand ist ein Teil des ehemaligen 'Brücklpointgutes' in Hallein, welches infolge Erbteilung bereits auf mehrere Kinder aufgeteilt wurde. Der Geschenkgeber ist ein Sohn des verstorbenen Brücklpointbauern und Alleineigentümer aufgrund der Erbteilung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Ausmaß von 1,57 ha. Aus diesem dem Geschenkgeber allein eigentümlichen Grundflächen schenkt F A mit Schenkungsvertrag vom an seine Lebensgefährtin E L einen Grundstücksteil im Ausmaß von 1,08 ha, sodaß die Restfläche des Geschenkgebers 0,49 ha beträgt. Weiters ist der Geschenkgeber noch Miteigentümer (1/3-Eigentümer) einer land- und forstw. Nutzfläche mit seinen 2 Schwestern, die in der Schweiz leben, im Ausmaß von 4,9 ha, somit beträgt sein ideelles Miteigentum 1,66 ha.

Schließlich ist der Geschenkgeber noch 1/9-Miteigentümer an einer Baufläche von 40 m2, sodaß dem Geschenkgeber nach der Schenkung unter Berücksichtigung des ideellen Miteigentums ein Grundausmaß von rund 2 ha verbleibt.

Die Landwirtschaftskammer ist der Ansicht, daß die Auflösung des Brücklpointgutes bereits durch die Erbteilung im wesentlichen bewirkt wurde. Sie gibt aber zu bedenken, daß durch das vorliegende Rechtsgeschäft eine Verstärkung der in diesem Bereich bereits entstandenen Tendenz einer nachteiligen Agrarstruktur (Zersplitterung) eintritt."

Mit Bescheid vom wies die Grundverkehrslandeskommission die Berufung der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung dieses Bescheides führt die Behörde - nach der Wiedergabe der eben zitierten Stellungnahmen - folgendes aus:

"Als Rechtsgeschäft unter Lebenden, das die Übertragung des Eigentums an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück bezweckt, bedarf der vorliegende Schenkungsvertrag gemäß § 2 Salzburger Grundverkehrsgesetz 1986 der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde.

Gemäß § 4 Zif 4 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986 darf dem Rechtsgeschäft insbesondere dann die Zustimmung nicht erteilt werden, wenn zu besorgen ist, daß eine land- oder forstwirtschaftliche nachteilige Agrarstruktur (Enklavenbildung im rein land- und forstwirtschaftlichen Siedlungs- und Wirtschaftsraum, Grundstückszersplitterung, Beeinträchtigung der inneren oder äußeren Verkehrslage) entsteht.

Beim gegenständlichen Rechtsgeschäft handelt es sich um eine Schenkung an die Lebensgefährtin, welche selbst keine Landwirtschaft besitzt. Durch die Schenkung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Ausmaß von 1,08 ha, verbleiben dem Geschenkgeber unter Berücksichtigung seines ideellen Miteigentums nur mehr rund ca. 2 ha.

Die Einwendung der Geschenknehmerin, die Grundstücke nach Übereignung gemeinsam mit dem Geschenkgeber landwirtschaftlich zu nutzen bzw. eine Kleintierhaltung zu betreiben, kann nicht berücksichtigt werden, da einerseits ein maßgebender Versagungsgrund, nämlich eine nachteilige Agrarstruktur durch die Abtrennung vorliegt, sowie eine Grundstückszersplitterung durch den Erwerb einer Nichtlandwirtin entstehen würde und andererseits auch die Landwirtschaftskammer in ihrem Gutachten ausdrücklich zu bedenken gab, daß durch das vorliegende Rechtsgeschäft die Agrarstruktur der verbleibenden Flächen erheblich benachteiligt und die Tendenz der Grundstückszersplitterung in diesem Bereich weiter verstärkt wird."

3. Gegen den Bescheid der Grundverkehrslandeskommission richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

4. Die Grundverkehrslandeskommission als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

Gegen die Entscheidungen der Grundverkehrslandeskommission ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht gegeben (s. § 17 Abs 3 SGVG 1986). Da mithin der Instanzenzug erschöpft ist und auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

III. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

1.a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985).

b) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten gesetzlichen Vorschriften hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht; auch beim Verfassungsgerichtshof sind solche Bedenken aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

c) Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde jedoch vor, Willkür geübt zu haben. Dieser Vorwurf wird im wesentlichen folgendermaßen begründet:

Die belangte Behörde habe unberücksichtigt gelassen, daß eine Zersplitterung der im Eigentum des Veräußerers stehenden Grundstücke - die dieser im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschafte - bereits jetzt vorliege. Dabei habe die belangte Behörde den § 4 Z 4 SGVG 1986 insofern denkunmöglich ausgelegt, als sie die im ideellen Miteigentum des Veräußerers stehenden - nicht bescheidgegenständlichen - Anteile an Grundstücken wie (Allein-)Eigentum an real geteilten Grundstücken gewertet habe.

Weiters habe die belangte Behörde verkannt, daß - mit Rücksicht auf § 2 Abs 2 lita SGVG 1986, wonach die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zu einem zwischen Ehegatten abgeschlossenen Rechtsgeschäft nicht erforderlich ist - der Umstand, daß die Beschwerdeführerin und der Veräußerer in Lebensgemeinschaft leben, nicht schlechthin unbeachtlich sein könne.

Die belangte Behörde habe des weiteren jegliche Ermittlungen über die näheren Umstände der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes des Veräußerers unterlassen, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Veräußerer erfolgt sei.

Schließlich vermöge die - bloße - Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Bezirksbauernkammer Hallein und der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg die rechtlich gebotene Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu ersetzen.

2. Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde darzutun.

a) Der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung in erster Linie zugrundegelegte § 4 Z 4 SGVG 1986 hat folgenden Wortlaut:

"§4.

Einem Rechtsgeschäft darf insbesondere die Zustimmung nicht erteilt werden, wenn zu besorgen ist, daß

...

4. eine land- oder forstwirtschaftlich nachteilige Agrarstruktur entsteht (z. B. Enklavenbildungen im rein land- und forstwirtschaftlichen Siedlungs- und Wirtschaftsraum, Grundstückszersplitterung, Beeinträchtigung der inneren oder äußeren Verkehrslage);

..."

b) Die belangte Behörde vertritt im Ergebnis die Auffassung, daß der Versagungsgrund des § 4 Z 4 SGVG 1986 nicht auf jene Fälle eingeschränkt ist, in denen noch keinesfalls von einer Zersplitterung des Grundbesitzes die Rede sein kann, sondern daß dieser Versagungstatbestand auch dann vorliegt, wenn das zustimmungspflichtige Rechtsgeschäft eine weitere Grundstückszersplitterung nach sich ziehen würde.

Die Prüfung der Frage, ob diese Auslegung des § 4 Z 4 SGVG 1986 richtig ist oder nicht, obliegt nicht dem Verfassungsgerichtshof. Die von der belangten Behörde vorgenommene Auslegung ist jedenfalls nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht schlechterdings ausgeschlossen und damit auch keinesfalls denkunmöglich.

c) Eine denkunmögliche Auslegung des § 4 Z 4 SGVG 1986 kann insbesondere auch nicht darin erblickt werden, daß die belangte Behörde den mit diesem Versagungstatbestand umschriebenen öffentlichen Interessen größeres Gewicht beimaß als den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten privaten Interessen (Lebensgemeinschaft zwischen den Vertragsparteien, gemeinsame Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke des Veräußerers durch beide Vertragsparteien; vgl. in diesem Zusammenhang etwa , S 12).

d) Aus diesen Darlegungen ergibt sich auch, daß die Unterlassung der von der Beschwerdeführerin gewünschten Ermittlungen - wie immer man die Gesetzmäßigkeit des Vorgehens der belangten Behörde beurteilt - jedenfalls keinen in die Verfassungssphäre reichenden Mangel des angefochtenen Bescheides zur Folge hat.

e) Die Beschwerdeführerin ist mithin durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

3.a) Ihre Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden zu sein, begründet die Beschwerdeführerin damit, daß die belangte Behörde das Fehlen der Landwirtseigenschaft der Beschwerdeführerin als maßgeblichen Grund für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung herangezogen habe.

b) Es ist der Beschwerdeführerin zuzugestehen, daß das durch Art 6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen richtet, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art 6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art 6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit dann berührt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981, 10797/1986).

c) Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid - mag in seiner Begründung auch erwähnt sein, daß die Beschwerdeführerin keine Landwirtin sei - die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nicht versagt, um den Erwerb der in Rede stehenden Grundstücke durch die Beschwerdeführerin deswegen zu verhindern, weil sie nicht Landwirtin ist; die Versagung der Zustimmung erfolgte, wie dargelegt, vielmehr deshalb, weil die belangte Behörde den Versagungsgrund des § 4 Z 4 SGVG 1986 als gegeben ansah.

d) Die Beschwerdeführerin ist somit durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat mithin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden ist.

Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.