VfGH vom 07.12.2004, b16/02
Sammlungsnummer
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Spruch
Die Beschwerdeführerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Stadt Wien ist schuldig, den Beschwerdeführerinnen zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die mitbeteiligte Partei stellte am beim Magistrat der Stadt Wien den Antrag auf baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit zwei Wohnungen auf dem vorderen bebaubaren Bereich nächst der Verkehrsfläche auf der Liegenschaft Kaasgrabengasse 83, KG Untersievering, 1190 Wien. Die Baubehörde erster Instanz führte in der Folge mehrere mündliche Bauverhandlungen durch, im Zuge derer die Beschwerdeführerinnen Einwendungen gegen das geplante Projekt erhoben.
2. Mit Bescheid vom bewilligte der Magistrat der Stadt Wien (MA 37/19) die Errichtung des geplanten Wohnhauses unter Bezugnahme auf den Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom , dessen weitere Gültigkeit zuletzt am gemäß § 11 der Bauordnung für Wien bestätigt worden war.
3. Die Bauoberbehörde für Wien wies die von den Beschwerdeführerinnen gegen diesen Baubewilligungsbescheid erhobenen Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid vom als unbegründet ab.
4. Gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Beschwerdeführerinnen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und des Gebotes der Bestimmtheit von Gesetzen (Art18 B-VG) sowie die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien vom , Plandokument 5779 (idF: PD 5779) und die Verfassungswidrigkeit des ArtVIa der Bauordnung für Wien idF LGBl. Nr. 44/1996 behaupten.
5. Die Bauoberbehörde für Wien als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
6. Die Beschwerdeführerinnen erstatteten eine Replik.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B16/02-11, gemäß Art 139 Abs 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien, Pr. Z. 1947/85 (Plandokument 5779), Beschluss des Gemeinderates vom , Beschlussfassung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1985 vom sowie im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom , soweit damit für das Grundstück Kaasgrabengasse Nr. 83 auf dem vorderen, näher zur Kaasgrabengasse befindlichen Liegenschaftsteil eine Baufluchtlinie festgelegt wird, eingeleitet.
Mit Erkenntnis vom , protokolliert zu V33/04, hat der Verfassungsgerichtshof die genannte Verordnung in dem in Prüfung gezogenen Umfang als gesetzwidrig aufgehoben.
2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen nachteilig war. Die Beschwerdeführerinnen wurden durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.